kriterien der freigabe nach § 35 abs. 2 inso

  • Bei der Entscheidung ob freigegeben wird oder nicht, bin ich mir in Grenzfällen unsicher welche Kriterien denn nun entscheidend sind. Klar, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird, gebe ich frei. Jetzt habe ich einen 1-Mann-Betrieb (Flaschnerei), der auf dem Geschäftskonto noch 10.000 EUR hat und einen laufenden Auftrag, bei dem das Guthaben auf dem Konto eine Vorauszahlung des Kunden ist, mit der das restliche Material gekauft werden muss. Nach Angaben des Schuldners kann der Auftrag im Januar 2012 fertig gestellt und ein Gewinn von ca. 2000 EUR erzielt werden. Anscheinend stehen nächstes JAhr lukrative Aufträge ins HAus.

    So, wenn ich jetzt das Kontoguthaben einziehe und dann den Betrieb nebst Konto freigebe, habe ich 10000 EUR Masse. Wenn ich nicht freigebe, muss das MAterial gekauft werden, aber eventuell wird im Laufe der nächsten Monate mehr Gewinn gemacht als 10.000 EUR. Reine Ermessenssache oder existieren harte Entscheidungskriterien, die eine Entscheidung zwingend vorgeben?

  • Kostenrisiko der Masse ./. Gewinnchancen (wobei dem Schuldner dabei auch ein Selbstbehalt zu belassen ist). Wenn ich schon sehe, dass die letzten Jahre nur Verluste oder Kleinstgewinne, die durch den Selbstbehalt des Schuldners und die Kosten der Betriebsfortführung "aufgefressen" werden, erzielt wurden, gebe ich frei.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei der Entscheidung ob freigegeben wird oder nicht, bin ich mir in Grenzfällen unsicher welche Kriterien denn nun entscheidend sind. Klar, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird, gebe ich frei. Jetzt habe ich einen 1-Mann-Betrieb (Flaschnerei), der auf dem Geschäftskonto noch 10.000 EUR hat und einen laufenden Auftrag, bei dem das Guthaben auf dem Konto eine Vorauszahlung des Kunden ist, mit der das restliche Material gekauft werden muss. Nach Angaben des Schuldners kann der Auftrag im Januar 2012 fertig gestellt und ein Gewinn von ca. 2000 EUR erzielt werden. Anscheinend stehen nächstes JAhr lukrative Aufträge ins HAus. So, wenn ich jetzt das Kontoguthaben einziehe und dann den Betrieb nebst Konto freigebe, habe ich 10000 EUR Masse. Wenn ich nicht freigebe, muss das MAterial gekauft werden, aber eventuell wird im Laufe der nächsten Monate mehr Gewinn gemacht als 10.000 EUR. Reine Ermessenssache oder existieren harte Entscheidungskriterien, die eine Entscheidung zwingend vorgeben?



    Es muss immer die Abwägung 'erwartbarer Massezufluss' ./. 'Kostenrisiken' angestellt werden. In Deinem Fall steckt, soweit man das von hier beurteilen kann, einiges an Unsicherheit ('anscheinend' stehen lukrative Aufträge ins Haus). Letztendlich ist das Deine Ermessensentscheidung. Ein gutes Kriterium ist natürlich die Ertragslage der letzten Monate/Jahre, denn es ist ja recht wahrscheinlich, dass sich an der nichts grundlegendes ändern wird.

  • a wenn das Teil sanierungsfähig wäre, oki, aber sonst..... 10.000,-- EUR Masse ist besser als nix.... Ne Freigabe geht garnicht: Entweder Du führst fort, oder liquidierst ! Die Angst des Tormans vor dem Elfmeter.......

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ...wenn du die 10000 einziehst,wäre eine anschließende freigabe schon etwas zynisch, denn den Auftrag kann er ja nicht mehr erfüllen, er kann ja kein material mehr kaufen, es wäre ja praktisch die Liquidation... Wenn am Ende ein Gewinn von 2000 € rauskommt (d.h. also Gewinn vor Steuern, nur E./.A) , man dann noch Selbstbehalt und Krankenversicherung abzieht usw.......also, Def, ich weiß nicht, warum man da nicht freigeben sollte. Ist das ein Eigenantrag mit Stundung ?

  • Naja, liquidieren ist bei den kleinen Selbständigen nicht so ganz einfach, so von wegen Grundrechte und Berufsfreiheit.
    Mit dem Auftrag und den 10.000 Euronen dürfte der Gläubiger aber Pech haben. Hier müsste der IV doch die Erfüllung gem. § 103 InsO ablehnen, oder sehe ich da was falsch? Die Masse hat dann 10.000 € und der Gläubiger eine Insolvenzforderung in entsprechender Höhe. Zu Konkurszeiten gab es doch den Spruch mit Vorleistung und selber schuld...
    Dieser Auftrag hat aber m.E. keinen Einfluss auf die Freigabe, da er sowieso nicht mehr zu den vereinbarten Konditionen abgewickelt wird - außer der Schuldner entschließt sich nach Freigabe für lau zu arbeiten.

  • a wenn das Teil sanierungsfähig wäre, oki, aber sonst..... 10.000,-- EUR Masse ist besser als nix.... Ne Freigabe geht garnicht: Entweder Du führst fort, oder liquidierst ! Die Angst des Tormans vor dem Elfmeter.......

    Nein die Pflicht des Insolvenzverwalters sich an bestehende Gesetze zu halten, §3 36 InsO, 811 ZPO. Ich habe manchem Insolvenzverwalter schon ganz erfolgreich den Zahn gezogen, weil er meinte, den Geschäftsbetrieb des forrtführungswilligen Einzelunternehmens liquidieren zu können.

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  • ...wenn du die 10000 einziehst,wäre eine anschließende freigabe schon etwas zynisch, denn den Auftrag kann er ja nicht mehr erfüllen, er kann ja kein material mehr kaufen, es wäre ja praktisch die Liquidation... Wenn am Ende ein Gewinn von 2000 € rauskommt (d.h. also Gewinn vor Steuern, nur E./.A) , man dann noch Selbstbehalt und Krankenversicherung abzieht usw.......also, Def, ich weiß nicht, warum man da nicht freigeben sollte. Ist das ein Eigenantrag mit Stundung ?

    Ja, Eigenantrag ohne Stundung, Sch. hat 1.500 Vorschuss gezahlt. Freigabe wäre vielleicht zynisch, denn der Auftrag kann definitiv dann vom Schuldner nicht mehr ausgeführt werden. Aber als IV hab ich den Auftrag möglichst viel Masse zu generieren und wenn ich der Meinung bin, eine Fortführung bringt nicht mehr ein, dann ist es doch vertretbar, wenigstens die 10.000 zu vereinnahmen.

  • 1. ..wirst Du um eine Erklärung nach § 36 II InsO nicht umhinkommen, wenn der Schuldner das entsprechende Signal setzt.

    2. die Kalkulationsgrundlagen von Personen, die insolvent sind, sind sicherlich überprüfenswert. ( Ich finde es auch immer wieder erstaunlich, das insolvente Personen, die einmal sonstwas erlernt haben, ihr jetziges Einkommen durch Vermögensberatung verdienen). Unter Berücksichtigung dessen, dass dem Schuldner nicht nur Unterhalt aus der Masse zu gewähren wäre, sondern ein Schnaps mehr, die sonstigen Betriebskosten (ich habe keine Ahnung, was so ein Flaschner alles macht und braucht),Miete, Steuern und das Haftungsrisiko, wenn der Auftrag gegen den Baum läuft, sind wunderbare Argumente, einer "Chance" von 2.000 EUR - X eine Absage zu erteilen.

    Auch wenn jetzt der großartige Sanierungsgedanke im Vordergrund steht, "Das Phönix-aus-der-Asche-Syndrom", der Verwalter kommt und alles läuft gut, überlasse ich der Märchenstunde des goatfathers.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • a wenn das Teil sanierungsfähig wäre, oki, aber sonst..... 10.000,-- EUR Masse ist besser als nix.... Ne Freigabe geht garnicht: Entweder Du führst fort, oder liquidierst ! Die Angst des Tormans vor dem Elfmeter.......

    Nein die Pflicht des Insolvenzverwalters sich an bestehende Gesetze zu halten, §3 36 InsO, 811 ZPO. Ich habe manchem Insolvenzverwalter schon ganz erfolgreich den Zahn gezogen, weil er meinte, den Geschäftsbetrieb des forrtführungswilligen Einzelunternehmens liquidieren zu können.


    Eine Freigabe nach Einziehung des Kontoguthabens ist natürlich unproblematisch und hadert auch nicht mit 811 ZPO.
    Nur zur Klarstellung: mein lieblingsfall zu § 811: der selbständige Ferari-Verleiher hat leider nur noch einen GTO in der Garage; LSW: ca 3,5 Mio. Pfändbar ? Klar ! Geschützt ist allenfals seine Tätigkeit als Kfz-Verleiher, das geht auch mit einem Trabbi !

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  • Nix gegen den Glehnen aus Zwiggau. Auf den haben viele Menschen lange gewartet.Naja Dein Beispiel hinkt. Ist er Ferrari-Verleiher ist das Fahrzeug unpfändbar. Ist er einfach Auto-Verleiher könnte es vielleicht, vielleicht!, anders aussehen.

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  • ...wenn du die 10000 einziehst,wäre eine anschließende freigabe schon etwas zynisch, denn den Auftrag kann er ja nicht mehr erfüllen, er kann ja kein material mehr kaufen, es wäre ja praktisch die Liquidation... Wenn am Ende ein Gewinn von 2000 € rauskommt (d.h. also Gewinn vor Steuern, nur E./.A) , man dann noch Selbstbehalt und Krankenversicherung abzieht usw.......also, Def, ich weiß nicht, warum man da nicht freigeben sollte. Ist das ein Eigenantrag mit Stundung ?

    Ja, Eigenantrag ohne Stundung, Sch. hat 1.500 Vorschuss gezahlt. Freigabe wäre vielleicht zynisch, denn der Auftrag kann definitiv dann vom Schuldner nicht mehr ausgeführt werden. Aber als IV hab ich den Auftrag möglichst viel Masse zu generieren und wenn ich der Meinung bin, eine Fortführung bringt nicht mehr ein, dann ist es doch vertretbar, wenigstens die 10.000 zu vereinnahmen.

    Na ja, das würde sich aber mit dem, was Du oben sagtest, beissen (lukrative Aufträge nächstes Jahr....) Andererseits ist in § 1 InsO als Verfahrensziel der Erhalt des Einzelunternehmens, mit Ausnahme im Planverfahren, ja so explizit auch nicht zu entnehmen...verstehe schon, dass Du zwischen Baum und Borke bist....wahrscheinlich würde ich freigeben und dem Schuldner die Regelungen des 295 i.V.m. 35 II sehr deutlich machen. Wenn es gut läuft, kriegst Du auf diese Weise mittelfristig sogar mehr rein.....vielleicht.....:confused:

  • ...und dem Schuldner die Regelungen des 295 i.V.m. 35 II sehr deutlich machen. Wenn es gut läuft, kriegst Du auf diese Weise mittelfristig sogar mehr rein.....vielleicht.....:confused:


    :wechlach::wechlach:

    Die Freigabe nach § 35 II InsO ist die Insolvenz in der Insolvenz. Neben den Problematik des § 295 II InsO, der gerade Ärzte kaputtspielen wird, stellt sich zudem die Frage der Reichweite von Abtrittserklärungen, IX ZR 61/09 und die Möglichkeiten der Verrechnung von Ansprüchen (Vorsteuererstattungen versus Steuerverbindlichkeiten oder ähnlich).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Nix gegen den Glehnen aus Zwiggau. Auf den haben viele Menschen lange gewartet.Naja Dein Beispiel hinkt. Ist er Ferrari-Verleiher ist das Fahrzeug unpfändbar. Ist er einfach Auto-Verleiher könnte es vielleicht, vielleicht!, anders aussehen.

    Na das ist doch mein Lieblingsfall um es zu verdeutlichen: die Verwertung ist eben kein Eingriff in die Berufsausübung. Diese ist abstrahiert zu betrachten, aber ich bin ja zum Glück nicht im Recht der Einzel-ZV; die GLV kann ja die Betriebsstillegung beschließen :D

    I.Ü: nix gegen Trabbi, geile Rennpappe (i.Ü.: könnte ich einen Melkus - oki wartburg-technik - mein eigen nennen, wäre ich stolz !)

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  • Die GLV kann beschließen, was immer sie lustig ist. Ob die Beschlüsse wirksam sind, ist aber eine ganz andere Frage. M.E. kann sie GLV die Einstellung beschliessen. Und dann. Macht der Schuldner einfach weiter. Darf er ja. Und dann gilt eben Par. 811 ZPO. Lieber Def. nimm es mir nicht übel. Aber ich denke, hier gehen Deine Vorstellungen und Wünsche an der Gesetzeslage vorbei.

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  • Die GLV kann beschließen, was immer sie lustig ist. Ob die Beschlüsse wirksam sind, ist aber eine ganz andere Frage. M.E. kann sie GLV die Einstellung beschliessen. Und dann. Macht der Schuldner einfach weiter. Darf er ja. Und dann gilt eben Par. 811 ZPO. Lieber Def. nimm es mir nicht übel. Aber ich denke, hier gehen Deine Vorstellungen und Wünsche an der Gesetzeslage vorbei.


    Natürlich kann die GLV Einstellung des Geschäftsbetriebs und Liquidation beschließen; steht irgendwie sogar im Gesetz :D
    Aushebeln ließe sich dies nur über 78 II InsO (hab ich auch schon gemacht).
    Nur um es nochmal zu exemplifizieren: Schuldner hat einen Ferrari GTO (ca. 3,5 Mio); das Teil soll nach § 811 Nr. 5 unfpändbar sein, weil er es zur Berufsausübung (GTO-Verleiher) benötigt.... äh, das findet m.E. keine Stütze im Gesetz..... Mit diesem Argument ließen sich künftig auch keine Aktendepots und Kontenguthaben mehr zur Gläubigerbefriedigung nutzen, wenn der Schulder "Spekulant" ist (nur um das ganze ad absurdum zu führen.... )

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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  • Ich halte es nicht für gut, die bestehende Rechtslage/ Argumentation dem gewünschten Ergebnis anzupassen. Wenn es bei Anwendung von Par. 811 ZPO zu "schiefen" Ergebnisse muss man es eben hinnehmen. Das Beispiel mit dem Spekulanten hinkt meines Erachtens. Denn - wie wir gesehen haben - kann ein Spekulant auch ohne eigenes Vermögen spekulieren und sich verspekulieren.

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  • ... einen Ferrari GTO (ca. 3,5 Mio)...

    Lire oder Drachmen oder bezieht sich das auf die gefahrenen Kilometer ? Ein im Jahr 2011 zugelassener 599 GTO ist schon für 424.890,00 EUR zu bekommen. Für den o.g. Betrag gibt es einen ganzen Fuhrpark....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wobei wir dann natürlich bei der Frage wären, wieviele Ferraris ein Ferrari-Verleiher für die Aufrechterhaltung seiner selbständigen Tätigkeit benötigt.

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