Umfang einer Vollmacht

  • Grundstück des Vollmachtgebers wurde mittels notariell beurkundeter Vorsorgevollmacht an eine Tochter "verkauft". Es hat der bevollmächtigte Sohn A gemeinsam mit einem weiteren bevollmächtigten Sohn B gehandelt. A hat grundsätzlich Alleinvertretungsbefugnis, jedoch nach dem Wortlaut der Vollmacht nicht für "entgeltliche und unentgeltliche Grundstücksverfügungen".

    Weiter heißt es in der Vollmacht: "Schenkungen dürfen nur in dem Rahmen vorgenommen werden, wie sie einem rechtlichen Betreuer gestattet sind." Und weiter hinten: "Ab sofort ist die Vollmacht nach außen unbeschränkt wirksam".

    Es liegt der "Verdacht" sehr nahe, dass es sich um eine gemischte Schenkung handelt. Ich schätze den Schenkungsteil grob auf mind. 25 %.
    Muss und darf ich hier als GBA in eine weitere Prüfung einsteigen (gemischte Schenkung ja/nein, ggfs. Anstandsschenkung entsprechend Betreuer)?

  • Wenn die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt ist, müsstest Du sichere Kenntnis davon haben, dass gegen Vorgaben des Innenverhältnisses missbräuchlich verstoßen wird. Das OLG München führt dazu in Rz. 28 des Beschlusses vom 29.07.2014, 34 Wx 138/14
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-03099?hl=true
    aus:

    „Auch eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht unterliegt Grenzen. So darf das Grundbuchamt aufgrund des Legalitätsprinzips durch seine mit den formellen Regeln übereinstimmende Eintragungstätigkeit nicht bewusst daran mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen (vgl. BGHZ 35, 135/139 f.; BayObLGZ 1967, 13; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 209; Wilsch NZM 2007, 909/910). Auch dann, wenn es sichere Kenntnis vom Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen hat, kann und muss es die Eintragung ablehnen (Meikel/Hertel GBO 10. Aufl. § 29 Rn. 59). Demgemäß hat auch dieser Senat bereits entschieden (Beschluss vom 20.2.2013, 34 Wx 439/12 = FGPrax 2013, 111). = http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-06376?hl=true

    Zwar gibt es im Innenverhältnis die Einschränkung in Bezug auf das Schenkungsverbot des § 1804 BGB, von dem auch gemischte Schenkungen erfasst werden (Veit im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1804 RN 8 mwN). Von dem Grundsatz des § 1804 Satz 1 BGB macht jedoch Satz 2 eine Ausnahme für Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

    Auch geht der Vollmachtgeber selbst davon aus, dass anhand der Vollmacht auch unentgeltliche Verfügungen vorgenommen werden können. Er hat für diesen Fall lediglich die Einzelvertretungsbefugnis des A ausgeschlossen. Wenn A zwar „grundsätzlich Alleinvertretungsbefugnis hat, jedoch nach dem Wortlaut der Vollmacht nicht für entgeltliche und unentgeltliche Grundstücksverfügungen“, dann können solche -entgeltlichen und unentgeltlichen- Verfügungen nur durch beide Bevollmächtigte zusammen getätigt werden.

    Um von einem Missbrauch der im Außenverhältnis unbeschränkt erteilten Vollmacht ausgehen zu können, müsstest Du also von einem evidenten Vollmachtmissbrauch durch beide Bevollmächtigte sichere Kenntnis haben (s. Otto im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.05.2017, § 29 RN 91 mwN). Deshalb stellt sich die Frage, worauf Deine Vermutung, der Kaufpreis beinhalte lediglich eine 75-prozentige Gegenleistung, beruht. Auch müssten diese Umstände für die Erwerberin erkennbar sein. Das OLG Frankfurt/Main führt dazu im Beschluss vom 29.03.2004 - 20 W 33/04, aus: „Dabei kommt es bei der reinen Innenvollmacht auf die Verständnismöglichkeit des Bevollmächtigten an, wohingegen bei der nach außen kundgegebenen oder in einer Urkunde gemäß § 172 BGB verlautbarten Vollmacht für die Auslegung auf die Sicht des Geschäftsgegners abzustellen ist. Deshalb können bei der Auslegung einer Vollmachtsurkunde nur solche Umstände herangezogen werden, die dem Geschäftsgegner bekannt oder jedenfalls für ihn erkennbar sind (vgl. RGZ 143, 199; BGH, NJW 1983, 1906 und 1991, 31411)“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hänge mich mal mit meinem Fall hier dran:

    Mir liegt ein Kaufvertrag vor, beantragt ist die Eintragung einer Vormerkung. Die Verkäuferin wird vertreten durch ihren Sohn aufgrund Vollmacht. In der Vollmacht ist nun folgender Passus enthalten:

    "Zu folgenden Rechtsgeschäften ist der Bevollmächtigte nicht berechtigt:
    - unentgeltliche Verfügungen über meinen Grundbesitz einschließlich gemischter Schenkungen,
    - Verfügungen über das Vermögen im Ganzen."

    Meines Erachtens wäre nun die Genehmigung der Verkäuferin zu fordern, da ich weder ausschließen kann, dass es sich um keine gemischte Schenkung handelt, noch dass es sich um keine Verfügung über das Vermögen im Ganzen handelt.

    Was meint ihr?

  • Sehe ich auch so. Wenn der Passus "Verfügung über das Vermögen im Ganzen" nicht wäre, hätten man sich alternativ auch ein Wertgutachten vorlegen lassen könne...
    Einen Passus, dass die Vollmacht nach außen hin unbeschränkt sein soll, hast du nicht ?

  • Das wäre auch meine Frage. Diese Generalvollmachten enthalten meist diese Einschränkungen, dass diese "Einschränkungen nur im Innenverhältnis zum Vollmachtnehmer gelten". Gibt es da einen Passus?

  • Es gibt folgenden Passus: "Im Innenverhältnis gilt folgendes: Der Bevollmächtigte wird angewiesen von der Vollmacht erst dann Gebrauch zu machen, wenn ich durch Krankheit, Unfall oder Alter an der Besorgung meiner Angelegenheiten gehindert bin."

    Bezug auf die genannten Rechtshandlungen gibt es nicht, sodass ich hier von einer nach außen beschränkten Vollmacht ausgehe.

  • Ich wollte mal mitteilen, wie meine Sache ausgegangen ist:

    Gegen meine Zwischenverfügung hat der Notar Beschwerde eingelegt, sodass die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Das OLG hat in dieser Sache einen Freibeweis akzeptiert. So wurde meine Zwischenverfügung um den Punkt erweitert, dass aktuelle Konto- und Depotauszüge der Eigentümerin vorzulegen sind, sodass festgestellt werden kann, dass es sich um keine Verfügung über das Vermögen im Ganzen handelt. Bezüglich der gemischten Schenkung wies das OLG zum einen darauf hin, dass dies bei Eintragung einer Vormerkung noch nicht zu prüfen ist, gleichzeitig wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich in meinem Fall um einen Verkauf an Dritte (mangels anderweitiger Anhaltspunkte) handle, sodass von Entgeltlichkeit auszugehen ist. Dabei wird auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 2205 BGB hingewiesen.

  • ..dass dies bei Eintragung einer Vormerkung noch nicht zu prüfen ist,

    War das zufällig OLG FFM? Die haben so etwas schon mal beim TV entschieden, dass die Entgeltlichkeit erst bei der Auflassung zu prüfen ist, sie stehen damit aber allein auf weiter Flur.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • muss mich nach Jahren hier mal wieder ranhängen:
    A verkauft für E ein Grundstück und handelt aufgrund Vorsorge nebst Betreuugns- und Patientenverfügung

    Es wurde folgende Vollmacht vorgelegt:
    1.
    Ich bevollmächtige A und B hierbei jeden für sich, mich gegenüber jedermann in allen Angelegenheiten zu vertreten.
    Die Vertretungsmacht soll sich auf alle Rechtsgeschäfte und Handlungen erstrecken, die von mir oder mir ggenüber vorgenommen werden können, soweit eine Vertretung zulässig ist Hierzu zählen insbesondere die Verwaltung , Verfügung über Vermögensgegenstände ....
    Die Vollmacht gilt auch gegenüberr Gerichten und umfasst die Befugnis mich in außergewöhnlichen Angelegenheiten zu vertreten.

    2.
    Die Vollmacht berechtigt - soweit erforderlich , nach Einholung der bertreuungsgerichtlichen Genehmigung - auch (Unterstreichung ist durch mich erfolgt) zu allen Rechtshandlungen, zu denen ein Betreuer gem. §§ 1896 ff BGB mit umfassendem Aufgabenkreis befugt ist. Sie berechtigt insbesondere jetzt folgt Aufzählung Gesundheitszustand, Arzt- und Heilbehandlungen, § 1904 BGB, Freiheitsentziehung, Aufenthaltsbestimmung

    3. Vollmachtgeber möchte erreichen, dass ausschließlich einerr der Bevollmächtigten oder eine von diesen unterbevollmächtigte Person als Vertreter für sie auftritt bzw. als Betreuer nach § 1896 ff BGB für sie bestellt wird. Sollte Betreuerbestellung trotz Vollmacht erforderlich sein, sollen bevorzugt die bevollmächtigten Betreuer werden. Vollmacht soll neben einer angeordneten Betreuung durch eine Dritten unverändert Bestand haben.

    4. Von der Vollmacht soll nur Gebrauch gemacht werden, wenn durch Alter, Krankheit daran gehindert ist für sich selbst zu sorgen. Die Bestimmung ist jedoch keine Beschränkung der Vollmacht gegnüber Dritten, sondern lediglich eine Anweisung an den Bevollmächtigten, die nur im Innenverhältnis gilt. im Außenverhältnis gegenüber Dritten und Behörden ist die Vollmacht ubeschränkt.


    Ich hatte nun eine Zwischenverfügung erlassen, da ich Punkt 2 für eine Einschränkung der Generalvollmacht halte, dass Schenkungen nicht möglich sind, da auf die Betreuung verwiesen wurde und somit sollte nachgewiesen werden, dass eine vollentgeltliche Verfügung vorliegt oder die Genehmigung von E.
    Punkt 4 bezieht sich sich meiner Meinung anch nur auf das Gebruaxchmachen udn nicht auf den Inhalt der Vollamcht.

    Wie seht ihr Punkt 2.

    Notar teilte mit, dass durch das unterstrcichene Wort auch nur eine Klarstellung erfolgt ist und keine Einschränkung, dass auch die Befugnisse eines Betreuers von der Vollamcht umfasst sind. Es handelt sich bei Punkt 2 um eine declaratorischen Hinweis. Im übrigen müsste bei einer Einschränkung die Voraussetzung des Betreuungsfalls gegeben sein, Dies sei nicht der Fall die Eigentümerin sei voll geschäftsfähig.

  • Wenn Ziffer 1. der Vollmacht keine Einschränkungen enthält, hätte ich keine Bedenken gegen unentgeltliche Verfügungen.
    Ich lese Ziffer 2. nicht als Einschränkung von Ziffer 1, sondern als Klarstellung dahin, dass der Bevollmächtigte nicht nur umfassend über Vermögensgegenstände verfügen darf, sondern den Vollmachtgeber auch in persönlichen Belangen (wie z. B. Arzt- und Heilbehandlung) vertreten darf.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Wenn Ziffer 1. der Vollmacht keine Einschränkungen enthält, hätte ich keine Bedenken gegen unentgeltliche Verfügungen.
    Ich lese Ziffer 2. nicht als Einschränkung von Ziffer 1, sondern als Klarstellung dahin, dass der Bevollmächtigte nicht nur umfassend über Vermögensgegenstände verfügen darf, sondern den Vollmachtgeber auch in persönlichen Belangen (wie z. B. Arzt- und Heilbehandlung) vertreten darf.

    So würde ich das auch verstehen. Ziffer 2 ist auch m. E. eine Erweiterung und Klarstellung, aber keine Einschränkung von Ziffer 1.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Allerdings ist in Ziffer 4 ausdrücklich hervorgehoben, dass die dortigen Regelungen keine Einschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis enthalten, während dieser Hinweis bei den Regelungen in Ziffer 2 fehlt. Ich denke daher, dass sich schon die Ansicht vertreten lässt, wonach Ziffer 2 eine Einschränkung der Vollmacht enthält.

    Ich halte die Vollmacht nicht für inhaltlich zweifelsfrei beurkundet.

  • Ich sehe gerade, dass der Bevollmächtigte verkauft. In diesem Fall gilt der Freibeweis (siehe OLG FFM oben wie bei TV) und bei einer Veräußerung an einen Dritten wird man wohl von einer entgeltlichen Verfügung ausgehen dürfen.

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