Vertretungsbefugnis des Liquidators einer nach dem Musterprotokoll gegründeten UG

  • Hallo miteinander, :)

    ich weiß, dass dieses Thema schon einmal ähnlich erörtert wurde, doch hat es mir leider nicht die benötigte Antwort geliefert.

    Ich habe eine nach dem Musterprotokoll gegründete UG (ein Gesellschafter bzw. Geschäftsführer), deren Gesellschaftsvertrag auch niemals geändert wurde.

    Nun wurde die Auflösung beschlossen und angemeldet.

    Der Gesellschafter hat sich als GF abberufen und zum Liquidator bestellt. Zugleich hat er in der Gesellschafterversammlung eine vom Gesetz abweichende allgemeine Vertretungsregelung beschlossen und erklärt, dass durch Beschluss der Gesellschafterversammlung Einzelvertretungsbefugnis sowie Befreiung vom § 181 BGB erteilt werden darf und sich diese sogleich beide selbst erteilt.

    Ich bin mir nun unschlüssig, inwiefern diese Abweichung von der (zulässigerweise beschlossenen) allgemeinen Vertretungsregelung möglich ist. Eine Satzungsgrundlage für die Befreiung vom § 181 BGB gibt es in dem Sinne beim Musterprotokoll ja nicht und die Möglichkeit der Erteilung von Einzelvertretungsbefugnis ohnehin nicht. Reicht mir da ein einfacher Gesellschaftsbeschluss? Was meint ihr? :gruebel:

  • Ich denke, dass die Einzelvertretungsbefugnis durch Beschluss erteilt werden kann, wenn Gesellschaftsvertrag nicht widerspricht/konkret etwas anderes regelt bzgl. der Liquidatoren.

    Die Möglichkeit der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB muss in der Satzung bzgl. der Liquidatoren verankert sein, um sie beschließen zu können (DNotZ 1986, 170) und das ist sie bei Musterprotokollen ja nie.
    Oder gibt es dazu etwas Aktuelles?

  • Das heisst, hinsichtlich der Vertretungsbefugnis ist bei Liquidatoren so gut wie alles möglich, sofern die Satzung dem nicht entgegensteht und die besondere Vertretungsbefugnis keine Einschränkung gegenüber der allgemeinen Vertretungsregelung darstellt ?

    Hinsichtlich des § 181 BGB habe ich nichts Gegenteiliges gefunden, so dass die Satzungsgrundlage wohl weiterhin erforderlich sein dürfte.

  • Ich denke, dass die Einzelvertretungsbefugnis durch Beschluss erteilt werden kann, wenn Gesellschaftsvertrag nicht widerspricht/konkret etwas anderes regelt bzgl. der Liquidatoren.


    :dito:

    Die Möglichkeit der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB muss in der Satzung bzgl. der Liquidatoren verankert sein, um sie beschließen zu können (DNotZ 1986, 170) und das ist sie bei Musterprotokollen ja nie.
    Oder gibt es dazu etwas Aktuelles?


    Sie muss zumindest bezüglich der Geschäftsführer möglich sein, nicht unbedingt ausdrücklich bzgl. der Liquidatoren, zumindest nach OLG Zweibrücken, B. vom 06.07.2011, AZ: 3 W 62/11.
    Strenger sieht es das OLG Hamm, B. vom 06.07.2010, AZ: 15 Wx 281/09

    Das heisst, hinsichtlich der Vertretungsbefugnis ist bei Liquidatoren so gut wie alles möglich, sofern die Satzung dem nicht entgegensteht und die besondere Vertretungsbefugnis keine Einschränkung gegenüber der allgemeinen Vertretungsregelung darstellt ?


    Meiner Meinung nach ja. :)

    Jedes Mal, wenn man mir sagt, ich wäre nicht gesellschaftsfähig, werfe ich einen Blick auf die Gesellschaft und bin überaus erleichtert... :unschuldi

  • Ich sehe das etwas anders.
    Für Gesellschaften (egal ob GmbH oder UG) gilt grundsätzlich:

    Die gesetzlichen Vorschriften finden Anwendung, es sei denn im Gesellschaftsvertrag wird eine abweichende Regelung bestimmt.

    Das heißt für die Vertretungsbefugnis:
    Wenn keine abweichende Bestimmung, dann gesetzlicher Regelfall.
    Sowohl bei Geschäftsführern als auch bei Liquidatoren lautet diese:
    Ist nur einer bestellt, dann vertritt er alleine. Sind mehrere bestellt, vertreten sie gemeinsam.

    Das heißt, dass ich sowohl für die Erteilung von Einzelvertretungsbefugnis als auch für die Befreiung von § 181 BGB immer eine Regelung im Gesellschaftsvertrag brauche, da Abweichung vom gesetzlichen Regelfall.

  • § 35 Abs. 2 GmbHG sagt explizit, dass mehrere Geschäftsführer gemeinsam vertretungsberechtigt sind, wenn der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt.
    § 68 GmbHG sagt bei den Liquidatoren dagegen nur, dass etwas anderes bestimmt sein muss, nicht aber, dass diese andere Bestimmung im Gesellschaftsvertrag zu erfolgen hat, so dass meiner Meinung nach auch ein einfacher Gesellschafterbeschluss ausreicht.

    Ebenso: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Auflage, RdNr. 5 zu § 68 und Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Auflage, RdNr. 9 zu § 68.
    Gem. Baumbach/Hueck gibt es aber auch eine Gegenmeinung in Hachenburg/Hohner Rn 5 zu § 68, aber den Kommentar habe ich nicht...

    Jedes Mal, wenn man mir sagt, ich wäre nicht gesellschaftsfähig, werfe ich einen Blick auf die Gesellschaft und bin überaus erleichtert... :unschuldi

  • Kann ich denn das Musterprotokoll unter Umständen dahingehend auslegen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer, der ja vom § 181 BGB befreit ist, auch als Lquidator vom § 181 BGB befreit werden kann?

    Nein, das geht auf keinen Fall!
    Die Bestimmung im Musterprotokoll ist ein unechter Satzungsbestandteil und gilt wirklich nur für den ersten Geschäftsführer.
    Das Sonderrecht erlischt mit Abberufung des Geschäftsführers.

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