vollstreckbare Titel - 30 Jahre sind bald abgelaufen

  • Dem armen Schuldner ist die Frau samt Kindern zu einem steinreichen Kerl entlaufen, auch hat sie vorher alle Konten geplündert und das Haus versteigern lassen. Da die Frau alle Zustellungen entgegengenommen hat während der Mann arbeiten war, kam die Erkenntnis zu spät. Das Besuchsrecht wurde wegen fehlender Unterhaltszahlungen verweigert. Um der Sozialhilfe nicht zur Last zu fallen hat sich der Ärmste sodann zu Goodbey Deutschland entschieden. Er gehört nicht weiter verfolgt. :teufel:

    Ich weiß ja nun mittlerweile, daß ich hier mit meiner Meinung offenbar ganz allein dastehe, aber dieses von GS überspitzt dargestellte Szenario ist in den Grundzügen schon mal nicht ganz unüblich.

    Ich hab hier übrigens eine Adoptionsakte liegen (Stiefkindadoption), da soll der Vater gehört werden. Gegen ihn wurde auch unterhaltsmäßig vollstreckt. Er wendet jetzt ein: Verantwortung ist keine Einbahnstraße. Er mußte für die Kinder zahlen, gegen ihn wurde deswegen auch vollstreckt, er hat deswegen seinen Betrieb aufgeben müssen und jetzt ist er nicht damit einverstanden, sich das Verwandtschaftsverhältnis nehmen zu lassen, denn auch er kann einmal in die Situation kommen, seinen Kindern gegenüber unterhaltsberechtigt zu sein.

    Überhaupt geht mir die - zumindest häufig auch vom Jugendamt verbreitete Stimmungsmache - gegen unterhaltsverpflichtete Väter an der Sache vorbei und hat oft persönliche Züge. Letztens war eine Frau bei mir, die hat einen Antrag auf ein vereinfachtes Unterhaltsverfahren gestellt. Im Gespräch ergab sich, daß bei dem Schuldner ohnehin nichts zu holen ist. Ich habe sie dann gefragt, warum sie dies alles dann betreibt. Antwort: Wenn ich den Titel dann habe, kann ich ihn endlich mal richtig ärgern...

    Bei allem Verständnis für die Probleme der unterhaltsberechtigten Kinder sollte halt auch mal die Schattenseite der Medaille betrachtet werden.

    Soweit es um Kindesunterhalt geht, besteht aber eine geseigerte Verpflichtung des Kindesvaters, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

  • Vielleicht hat der Schuldner ja Rentenansprüche in Deutschland...
    Ein Pfändungsversuch würde ggfs. die Verjährung unterbrechen.

    Und selbst wenn er keine Rentenansprüche in Deutschland haben sollte: Ruhig (irgendeine) Pfändung beantragen. Was passiert schlimmstens? Die Pfändung geht ins Leere. Dennoch dürfte nach meiner Ansicht die Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB in jedem Fall erneut beginnen, da kein Fall des § 212 Abs. 2, 3 BGB vorliegt.


    Das in Brasilien wahrscheinlich nur schlecht als recht vollstreckt werden kann, ist daher nur insoweit schade, als dass aus Brasilien für den Gläubiger kein Geld reinkommt. Für die Verjährung ist dies m. E. aber egal, da auch ein erfolgloser Vollstreckungsversuch in Deutschland für § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausreichend ist.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    3 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (11. Januar 2012 um 22:23)

  • :zustimm:

  • Hallo, ich meine mich dunkel zu erinnern, dass in einem solchen Falle die Verjährung mit einer entsprechenden Feststellungsklage unterbrochen werden könnte. LG August93

  • Ein örtliches RA-Büro rief gerade an, da hier ein PfÜb aufgrund eines Titels aus dem Jahre 1976 erlassen wurde. Die titulierte Forderung sei verjährt und der PfÜb hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Dame war ganz erstaunt, als ich ihr mitteilte, dass derartige Einwendungen im Rahmen des fomalisierten Vollstreckungsverfahrens nicht über § 766 ZPO zu klären wären, sondern über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO vor dem Prozessgericht.
    Und § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB war bis zu meinem Hinweis hin auch unbekannt.

  • Ein örtliches RA-Büro rief gerade an, da hier ein PfÜb aufgrund eines Titels aus dem Jahre 1976 erlassen wurde. Die titulierte Forderung sei verjährt und der PfÜb hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Dame war ganz erstaunt, als ich ihr mitteilte, dass derartige Einwendungen im Rahmen des fomalisierten Vollstreckungsverfahrens nicht über § 766 ZPO zu klären wären, sondern über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO vor dem Prozessgericht.
    Und § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB war bis zu meinem Hinweis hin auch unbekannt.

    Autschn...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Ein örtliches RA-Büro rief gerade an, da hier ein PfÜb aufgrund eines Titels aus dem Jahre 1976 erlassen wurde. Die titulierte Forderung sei verjährt und der PfÜb hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Dame war ganz erstaunt, als ich ihr mitteilte, dass derartige Einwendungen im Rahmen des fomalisierten Vollstreckungsverfahrens nicht über § 766 ZPO zu klären wären, sondern über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO vor dem Prozessgericht.
    Und § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB war bis zu meinem Hinweis hin auch unbekannt.

    Autschn...

    Man kann doch aber auch nicht ALLES wissen. Aus der Berufsschule ist noch entfernt bekannt, dass Titel 30 Jahre gültig sind (so ähnlich wird´s einem dort vermittelt, wenn ich mich recht entsinne). Das war´s dann aber auch. Und dann wird mit diesem berufsschulischen Halbwissen dem Rechtspfleger, der ja von nix ´ne Ahnung hat, die Hölle heiß gemacht. :D

  • Wir hatten uns über 100 Jahre daran gewöhnt, dass in den alten Verjährungsvorschriften immer nur von "Unterbrechung der Verjährung" die Rede war und messerscharf daraus geschlossen, dass die Zeit nach einer Unterbrechung weiterläuft. Der Gesetzgeber war es wohl leid und hat allen Milchmädchen den § 212 BGB n.F. präsentiert. Die neue Vorschrift gilt gerade mal erst 10 Jahre. Wir sollten diesen Thread am 1.1.2102 noch mal aufrufen und nachschauen, ob Grimm´s Märchen immer noch aktuell sind.

  • Ein örtliches RA-Büro rief gerade an, da hier ein PfÜb aufgrund eines Titels aus dem Jahre 1976 erlassen wurde. Die titulierte Forderung sei verjährt und der PfÜb hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Dame war ganz erstaunt, als ich ihr mitteilte, dass derartige Einwendungen im Rahmen des fomalisierten Vollstreckungsverfahrens nicht über § 766 ZPO zu klären wären, sondern über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO vor dem Prozessgericht.
    Und § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB war bis zu meinem Hinweis hin auch unbekannt.

    Autschn...

    Man kann doch aber auch nicht ALLES wissen. Aus der Berufsschule ist noch entfernt bekannt, dass Titel 30 Jahre gültig sind (so ähnlich wird´s einem dort vermittelt, wenn ich mich recht entsinne). Das war´s dann aber auch. Und dann wird mit diesem berufsschulischen Halbwissen dem Rechtspfleger, der ja von nix ´ne Ahnung hat, die Hölle heiß gemacht. :D

    Grad beim Gockel auf dieses alte Thema gestoßen.

    In einer Facebook-Gruppe will mir eine Kollegin grad weismachen, dass es "früher" - also sie hat 1994 ihre Prüfung gemacht - so gewesen sei, dass Titel ihre Gültigkeit nach 30 Jahren verloren haben. Das sei erst nach der Reform 2002 anders geworden. Mein Einwand, dass es Hemmung und Unterbrechung der Verjährung "damals" auch schon gegeben habe, spiele keine Rolle. Die Titel erledigten sich nach 30 Jahren.

    Wieso hält sich das so hartnäckig? Das war doch auch in den 1990ern schon nicht so, eigentlich noch nie, oder bin ich jetzt völlig auf dem Holzweg? :gruebel:

  • Ich tippe da auf eine "leicht getrübte" Erinnerung an das Gelernte.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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