Vergütung nach Entlassung des Vorbetreuers nach § 1908 b Abs. 1 BGB

  • Moin.

    Nachdem ich über die SuFu nichts wirklich Erhellendes gefunden habe, schildere ich mal den Fall:

    Das AG beschließt Entlassung des Vorbetreuers nach § 1908 b Abs. 1 BGB, "da ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt", verweist auf den Bericht der Betreuungsbehörde und bestellt mich mit sofortiger Wirkung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Vertretung ggü. Behörden und der Pflegeeinrichtung.

    Der Betreute kann nicht gehen, ist schwer krank (Leukämie, Anus praeter etc.) und mittellos (ihm bleibt nur das Taschengeld der Grundsicherung), zudem sehr unvernünftig im Umgang mit dem wenigen Geld.

    Es folgt eine dürftige Übergabe weniger Schriftstücke, dabei eine "Lachnummer" von Rechnungslegung.
    Dann stellt sich heraus, daß es entgegen der RL erhebliche Mietrückstände des Betreuten im Heim und eine unerledigte Privatinsolvenz gibt, kein Feststellungsantrag beim Versorgungsamt gestellt ist, neue Forderungen gegen den Betreuten nicht bearbeitet und nun beim Inkasso gelandet sind, die Rückstände mangels Bankauszügen nicht zu klären sind (kostenpflichtige Ersatzauszüge kann sich der Betreute nicht leisten), darlehensweise Übernahme der gesetzlichen Zuzahlung war nicht geklärt...

    Inzwischen hat der Betreute einen Schwerbehindertenausweis, Beförderungspauschale ist beantragt, Zuzahlung ist geregelt, Übernahme der Mietrückstände durch die Grundsicherung etc., außerdem ist der persönliche Kontakt zwar kontrovers, aber intensiv und sachorientiert.
    Der Betreute hat z.B. seinen Personalausweis wieder, den er über ein Jahr nicht gesehen hat...

    Nun möchte ich meinen Vergütungsantrag stellen.
    Und hätte gern mehr als die sechs Stunden für das Folgequartal.

    Wenn ich es recht sehe, bleibt nur ein Antrag auf Anerkennung als Erstbestellung, Vergütung aus der Staatskasse.
    Was wäre für Euch Voraussetzung für eine Bewilligung?

  • Der entspr. Antrag könnte natürlich konkludent mit dem ersten Vergütungsantrag "verbunden" sein.

    War der Vorbetreuer ehrenamtlich bestellt oder ebenfalls Berufsbetreuer ?

  • Wenn der Vorbetreuer Berufsbetreuer war , dann ist wohl der Ofen aus.

    Lediglich beim Wechsel Ehrenamtler zu Berufsbetreuer wurden in der Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen , wenn die Entlassung wegen Pflichtwidrigkeit erfolgte.
    Nach meiner Erinnerung - die auch trügen kann - waren das damals die OLGs Zweibrücken und Braunschweig.
    Soweit ich weiß , waren das aber auch eher Mindermeinungen.

    Daher erfolgte meine Zwischenfrage.

  • Palandt, BGB, § 5 VBVG; RN 21, nennt für Ausnahmen nicht nur Ehrenamtler: "Von einem Neubeginn ist auszugehen, wenn der vorherige Betreuer entlassen wurde mangels Eignung, oder wegen Pflichtwidrigkeiten, wie bei einer faktischen Nichtausübung der Tätigkeit."

    Im Zweifel muss das gleichzeitig mit dem Vergütungsantrag vorgebracht und glaubhaft gemacht werden.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Palandt, BGB, § 5 VBVG; RN 21, nennt für Ausnahmen nicht nur Ehrenamtler: "Von einem Neubeginn ist auszugehen, wenn der vorherige Betreuer entlassen wurde mangels Eignung, oder wegen Pflichtwidrigkeiten, wie bei einer faktischen Nichtausübung der Tätigkeit."

    Palandt-Diederichsen a.a.O. führt hierzu zustimmende (LG Wiesbaden 4 T 642/05 = BtPrax 06, 115 - hier im Leitsatz dargestellt; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1060; OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1272 LS; unerwähnt bleibt LG Kiel FamRZ 2006, 223) und verneinende (OLG Frankfurt BtPrax 07, 136; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1271 LS; LG Bückeburg FamRZ 2009, 1709; wohl auch OLG Schleswig FamRZ 2006, 649) Rechtsprechung an.

    Ich halte es mehr mit MüKo-Fröschle denn mit Palandt-Diederichsen, schließe mich also Gänseblümchen und Sonea an und bin der Meinung, dass eine Vergütung mit der Stundenzahl der ersten Betreuungsmonate auch unter den hier geschilderten Umständen nicht ein zweites Mal in Frage kommt.

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (16. Januar 2012 um 20:07) aus folgendem Grund: Link nachgetragen

  • In der vorl. Fallkonstellation ebenso :daumenrau vgl. bereits #6.

    Wäre der Vorbetreuer Ehrenamtler ( gewesen ) , erscheint es zweckmäßig sich nochmal mit OLG Zweibrücken und Braunschweig zu beschäftigen.
    Zugegeben mit offenem Ende.

  • Hast Du die Fundstellen zu den beiden Entscheidungen?

    Bin nicht Steinkauz, vermute aber, dass die Entscheidung des OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1060, wie im Palandt benannt, gemeint ist.
    Entscheidung des OLG Braunschweig dürfte 2 W 60/06 sein, die sowohl beim Bundesverfassungsgericht als auch beim BGH auf wenig Wohlwollen stieß. Verfahrensgang: AG Clausthal-Zellerfeld, 20.03.2006 - 9 XVII 42/04; LG Braunschweig, 11.04.2006 - 8 T 301/06 116; OLG Braunschweig, 14.11.2006 - 2 W 60/06; BVerfG, 06.02.2007 - 1 BvL 10/06; OLG Braunschweig, 14.03.2008 - 2 W 60/06; BGH, 21.10.2009 - XII ZB 66/08.

  • Schönen Dank für die erhellende Diskussion.

    Ich denke, ich versuche es einfach - schlimmstenfalls wird der Vergütungsantrag abgelehnt und es ergeht ein Beschluß auf Vergütung im Folgequartal.
    Die substantiierte Darlegung der Unterlassungen meines Vorgängers erfordert natürlich einigen Aufwand, das ist es mir aber wert und führt jedenfalls zur Klärung.

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