Insolvenzanfechtung gegenüber Arbeitnehmern

  • Ich muss das Thema bei der neuerdings insoweit gebotenen Vorsicht nochmals hochholen. Ein Kollege hat mich nämlich um eine "Risikoanalyse" gebeten.

    Die Arbeitnehmerin bekommt Lohnzahlungen in Kenntnis dessen, dass mehrere Krankenkassen bereits Insolvenzanträge gestellt bzw. derartige Anträge angekündigt haben. Sie verteidigt sich damit, dass ihr auch bekannt war, dass ein von dem Unternehmen beauftragter Anwalt insoweit Ratenzahlungsvereinbarungen vereinbaren wollte. Deshalb habe sie nicht gedacht, dass das Unternehmen zahlungsunfähig sein. Leider bekommt sie sowohl von einem nichtsahnenden Kollegen und der Bundesagentur für Arbeit Rückendeckung.

    Sollte man hier die Insolvenzanfechtung wagen oder lieber die Finger von lassen? Ich bin mir recht unschlüssig.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • nachdem im letzten Jahr das BAG vollmundig der Bargeschäftseinwand bis in die Steinzeit aufgeweicht hat, sehe ich da keine pos. Prognose.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • dem Einwand könnte man doch im Rahmen des § 133 InsO leicht begegnen

    Bei Arbeitnehmern gibt es keine Anfechtungsmöglichkeit nach § 133 InsO, BAG 1 AZR 2345/14.;)

    gibt es nicht :eek: :eek: :eek:

    (Anm.: Das Aktenzeichen kann nicht stimmen, es sei denn, Du kannst zukünftige Entscheidungen erahnen. Gab es 1914 eigentlich schon ein Reichsarbeitsgericht :gruebel:)

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • leider sehe ich, aus den bekannten und oft diskutieren Problemen bei der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen vor den Arbeitsgerichten eher schwarz, und dies auch unter dem Aspekt der Kostentragungspflicht in der Instanz.

    Das Geld ist sicher besser angelegt, wenn Du mit Deinem Lieblingsrechtspfleger einen saufen gehst. Dafür gibt es wenigstens einen schönen Kater.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Okay wir haben eine Lösung. Wir stellen beim Arbeitsgericht einen isolierten PKH-Antragund lassen die Sache köcheln.

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  • Arrgh, wir wissen doch alle, dass die Lohnzahlungen in diesem Bereich anfechtbar sind, menno.
    Soweit durch InsGeld gedeckt wird ne Lösung gesucht, daneben liegt regelmäßig ne Entreicherung vor und alle decken den sozial gefärbten Mantel des Schweigens drüber (das mir als Gesetzespositivisten mal solche Äußerungen aus der Tasta fließen....)
    Oh je, wenn das jetzt Frau Brenner lesen würde: Aufsichtsdefizit bei den "Vollstreckungsgerichten", da machen das ja nur die Rechtspfleger..... Würde sie es lesen: Zuweisung der Insolvenzverfahren an die "Handelsgerichte" (was immer das dann bei uns sein mag) da sitzen dann bestimmt die Anfechtungsspezialisten :wechlach:

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ....Oh je, wenn das jetzt Frau Brenner lesen würde: Aufsichtsdefizit bei den "Vollstreckungsgerichten", da machen das ja nur die Rechtspfleger..... Würde sie es lesen: Zuweisung der Insolvenzverfahren an die "Handelsgerichte" (was immer das dann bei uns sein mag) da sitzen dann bestimmt die Anfechtungsspezialisten :wechlach:

    Hier sind die Anfechtungsspezialisten des BAG gefragt...

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  • Die Arbeitnehmerin bekommt Lohnzahlungen in Kenntnis ... Leider bekommt sie sowohl von einem nichtsahnenden Kollegen und der Bundesagentur für Arbeit Rückendeckung.
    Sollte man hier die Insolvenzanfechtung wagen oder lieber die Finger von lassen? Ich bin mir recht unschlüssig.


    Rückendeckung von der BA in welcher Form?
    Nicht ganz klar wird mir aus dem Sachverhalt, ob nicht die BA der richtige Anfechtungsgegner ist, § 187 S. 3 SGB3.
    In diesem Falle: machen.
    (Die bei den ArbG eingebaute AN-Privilegierung schlägt vielleicht nicht ganz so durch, wenn es gegen die BA geht...)

  • Der Leiter der Insolvenzgeldstelle hat der Arbeitnehmerin erklärt, dass sie da gar nix zurückzahlen muss. Auf diese Aussage beruft sich diese nun.

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  • Der Leiter der Insolvenzgeldstelle hat der Arbeitnehmerin erklärt, dass sie da gar nix zurückzahlen muss. Auf diese Aussage beruft sich diese nun.


    Möglicherweise hat der Leiter der Insolvenzgeldstelle damit ja recht, weil sich der Anfechtungsanspruch nicht gegen die Arbeitnehmerin, sondern gegen die BA richtet.

  • Und da hast Du ein Paradoxon. Die Ansprüche und die "Anfechtung" gehen erst mit dem Insolvenzgeldantrag auf die Bundesagentur für Arbeit über. Einen solchen Antrag kann der Arbeitnehmer wegen 144 Abs. 1 InsO aber erst stellen, nachdem er den Arbeitslohn im Wege der Insolvenzanfechtung zurück erstattet hat. Bis dahin bestehen doch gar keine Ansprüche auf Insolvenzgeld. Der Lohn ist erst einmal "zivilrechtlich wirksam" gezahlt.

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  • Und da hast Du ein Paradoxon. Die Ansprüche und die "Anfechtung" gehen erst mit dem Insolvenzgeldantrag auf die Bundesagentur für Arbeit über. Einen solchen Antrag kann der Arbeitnehmer wegen 144 Abs. 1 InsO aber erst stellen, nachdem er den Arbeitslohn im Wege der Insolvenzanfechtung zurück erstattet hat. Bis dahin bestehen doch gar keine Ansprüche auf Insolvenzgeld. Der Lohn ist erst einmal "zivilrechtlich wirksam" gezahlt.

    Sehe ich nicht so. Satz 3 besagt ausdrücklich, daß sich bereits die Anfechtung von vorneherein gegen die BA richtet. Ein Anfechtungsanspruch gegen den AN besteht gar nicht erst. Klage des IV gegen den AN wäre unbegründet, weil der nicht passivlegitimiert ist.

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