Vergleich nicht protokolliert

  • Gilt eigentlich im Sozalrecht auch der Grundsatz, dass die Kostenfestsetzung nur auf der Grundlage eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels ergehen kann?
    Im SGG habe ich einen derartigen Ausspruch noch nicht gefunden und die ZPO gilt ja hier nicht - wird mir immer gesagt.
    Problem: Ich habe immer mal einen wie auch immer gearteten Vergleich: Beklagter schreibt: Wir unterbreiten folgenden Vergleichsvorschlag:
    1. Der Beklagte zahlt an den Kläger....
    2. Der Beklagte übernimmt 1/2 der notwendigen Kosten des Klägers.
    3. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.
    Dann scheibt der Kläger: Ich nehme den Vergleichsvorschlag an.
    Fertig. Was ist das nun? Kostentechnisch wird dann abgerechnet, wie bei einem Vergleich - mit Einigungsgebühr. Aber habe ich hier überhaupt einen zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel? kann ich überhaupt einen KfB erlassen?
    In § 199 SGG sind alle Vollstreckungstitel aufgeführt. Dort wird nur vom gerichtlichen Vergleich gesprochen. Das habe ich aber hier gerade nicht. Ein Anerkenntnis ist es aber auch nicht.....oder ist es vielleicht doch als solches auszulegen? Eine Kollegin (die auch erst kurz hier ist) meint, es wäre noch ein richterlicher Beschluss nötig. Wie läuft das an anderen Sozialgerichten?

  • Nach § 101 SGG gibt es im sozialgerichtlichen Verfahren keinen außergerichtlichen Vergleich. Einige, mE nicht mehr zu überhörende, Stimmen wollen über § 202 SGG den Anwaltsvergleich nach § 796a ZPO gelten lassen.
    Nach Leitherer im gängigen SGG-Kommentar (§ 197 Rn 6) reicht ein "Vergleich" als Grundlage für die Kostenfestsetzung aus.
    Bei uns werden die außergerichtlich getroffenen Vergleiche von den meisten Richtern mittels Beschluss festgestellt. Dann gibt es gar keine Probleme.
    Andererseits ist das angenommene Anerkenntnis des Beklagten, die Kosten (ggf. anteilig) zu tragen ebenfalls Grundlage für die Kostenfestsetzung. Ob dies in der Vereinbarung zu sehen ist, kannst du sicher auslegen.

  • Ich ziehe das noch mal hoch, weil das Ganze jetzt bei uns etwas Staub aufwirbelt. Wir haben hier nicht nur die in #1 genannten außergerichtlichen Vergleiche, sondern auch oft diese Konstellation: Richter macht normales Anschreiben an beide Parteien mit einem Vergleichsvorschlag, wo auch ein Vorschlag für eine Kostenregelung drin ist. Beklagter teilt mit, dass er einverstanden ist und der Rechtsstreit damit beendet sein kann. Kläger teilt mit, dass er einverstanden ist und der Rechtsstreit damit erledigt ist. Das war`s. Und nun sollen wir daraufhin einen Kfb erlassen. Das hat eine Kollegin jetzt abgelehnt und nun stehen die Richter ratlos da und meinen, das geht doch nicht. Da mit außergerichtlichen Vergleichen oder angenommenen Vergleichsvorschlägen offenbar auch anderswo in der Kostenfestsetzung rumgemoschelt wird, habe ich mir im Anhang mal ein paar Gedanken gemacht und hätte dazu gerne mal ein paar Meinungen gehört, ob ich richtig liege oder nicht. Ich habe bewusst die ZPO völlig außen vor gelassen, weil unsere Richter meinen, die würde hier überhaupt nicht gelten, obwohl im Meyer-Ladewig, 8. Auflage, Rn. 2 zu § 197 SGG drin steht: "Die entspr. Vorschriften sind §§ 103 bis 107 ZPO."
    Was das für Auswirkungen bei der PKH-Vergütung und den Übergang auf die Staatskasse hat, habe ich jetzt noch gar nicht angesprochen. Normalerweise dürften wir hier keine Kosten vom Beklagten einziehen.

  • Ich hatte in der geschilderten Konstellation noch nie Probleme damit eine Festsetzung durchzuführen.

    Was ist ein Vergleich?

    Eine gütliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten im Beisein des Gerichts.
    Dies geht, wenn alle Beteiligten dabei sein sollen, nur in einem Termin.

    Dies wird bei uns als Vergleich ausgetragen (so statistisch erledigt).

    Erfolgte eine Einigung zwischen den Beteiligten im schriftlichen Weg oder nach Vorschlag des Gerichtes, wird dies als Anerkenntnis oder Teilanerkenntnis gewertet (und so statistisch erledigt "Erledigung in der Hauptsache").
    Und insoweit habe ich auch keine Probs mit § 195 SGG.

    Wird in dem Anerkenntnis nichts über die Kostenerstattung gesagt und zahle ich PKH aus, dann lasse ich mir das Antragsrecht gem. § 193 SGG vom Kläger abtreten und der Bezi stelllt den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (um mal auf die PKH-Frage einzugehen).


    Man kann diese Handhabung "Rummoscheln" nennen. Aber sie hat immer zu Ergebnissen geführt.

  • Deine Ausführungen kann ich gut nachvollziehen. Das wird ein schönes Thema für die nächste hier anstehende Kostenbeamtenbesprechung.

    Aber so eine Katastrophe ist es für die Richter auch nicht. Dann wird halt durch Beschluss festgestellt, dass z.B. die Beklagte - gemäß der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom ... - die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 50% zu tragen hat.

    Ich wühle gerade in der Literatur nach einer anderen Meinung. Von "Die Kostenfestsetzung" (v. Eicken u.a.) bin in gerade überrascht. Da steht in Randnummer D 129 - aus meiner Sicht ganz offensichtlich falsch - dass in jedem Verfahren eine Entscheidung von Amts wegen über die Kosten getroffen werden muss.

  • Das SGG kennt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur drei Arten unstreitiger Verfahrenserledigungen:
    + den gerichtlichen Vergleich (§ 101 Abs 1 SGG),
    + das angenommene Anerkenntnis (§ 101 Abs 2 SGG) und
    + die Rücknahme (§ 102 Satz 2 SGG).
    Nach diesen Vorschriften ist ein außergerichtlicher Vergleich nicht geeignet den Rechtsstreit zu erledigen. Typischerweise bringen die Beteiligten des Rechtsstreites in einem außergerichtlichen Vergleich aber übereinstimmend zum Ausdruck, dass der Rechtsstreit mit der außergerichtlichen Einigung in vollem Umfang zum Abschluss gebracht werden soll. Ein derartiger außergerichtlicher Vergleich kann in prozessualer Hinsicht als angenommenes Teilanerkenntnis und Rücknahme der weitergehenden Klage gewertet werden (so SG Stade, zuletzt Beschluss vom 4.8.2009 – S 34 SF 60/08 – in http://www.sozialgerichtsbarkeit/).
    Diese Anerkenntniserklärung kann in der Form eines bestimmenden Schriftsatzes gegenüber dem Gericht erklärt werden; eine Protokollierung des Anerkenntnisses ist nicht erforderlich (genaueres dazu mit Fundstellen in: von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., 2011, D 38 Seite 224).
    Damit ist auch der außergerichtliche Vergleich, sofern er einen Kostenausspruch enthält zur Vollstreckung geeignet und eine Kostenfestsetzung ist. möglich. Ich persönlich bin auch für klare Kostenbeschlüsse im Sinne des § 193 SGG, aber die sind nicht immer von den Richtern zu erhalten, oft geht es nur über die bereits von Zubbel geschilderte Art des Übertragenlassens des Antragsrechts.

    Dulce et decorum est pro patria mori.

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