Vorsteuerabzugsberechtigte PKH- Partei - Umsatzsteuer auf die Vergütung

  • hierzu dürfte es jetzt etwas neues geben. habe den beschluss bereits in der entscheidungssammlung erwähnt, aber auf ihn sei hier nochmals ausdrücklich hingewiesen.

    OLG Celle: Beschluss vom 04.10.2013 - 2 W 217/13
    Der Geltendmachung der Umsatzsteuer der auf die gesamte Honorarforderung entfallenen Umsatzsteuer verpflichteten Rechtsanwalt steht die Vorsteuerabzugsberechtigung seines bedürftigen Mandanten entgegen.

    :daumenrau Danke für das Einstellen der Entscheidung. Das hilft vielen weiter, die sich mit dem Problem befassen müssen...

  • interessant in diesem Zusammenhang auch die Aufsätze von
    Norbert Schneider, NJW-Spezial 2014, 315: Das OLG Celle verkenne, dass das Gesetz keine Beiordnung zu Nettobedingungen vorsehe, § 120 Abs. 1 ZPO
    Heinz Hansens, RVG-Report 2014, 21-22, der die Auffassung des OLG Celle ebenfalls ablehnt.

    Ich wurde von meiner Bezirksrevisorin angewiesen, die Mehrwertsteuer nicht festzusetzen.

  • Obgleich es sich um "mein" OLG handelt: Aus den Gründen der beiden obigen Lit.-Quellen wird selbst bei uns die Celler Ansicht abgelehnt.

  • Ich wurde von meiner Bezirksrevisorin angewiesen, die Mehrwertsteuer nicht festzusetzen.

    :gruebel:

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  • Das "angewiesen" lässt mich aber auch stutzen. Das stimmt nicht wirklich oder?

  • Ich versuche gerade, mir die Auswirkungen vorzustellen, wenn man die USt nicht mit festsetzt (ich hoffe, ich übersehe eine steuerliche Auswirkung, denn sonst ist das Ergebnis irgendwie absurd):

    a) Der Rechtsanwalt stellt gegenüber der Staatskasse eine Rechnung mit USt, ist also gemäß § 14c UStG jedenfalls verpflichtet, diese USt auch an das Finanzamt abzuführen. Die entsprechende Einnahme wird ihm jedoch nicht gewährt.
    b) Gegenüber seinem Mandanten kann er keine Rechnung über die Hauptsache stellen, da er diese gegenüber der Landeskasse bereits gestellt hat. Also kann er mangels Ausweisung der Hauptsache auch keine USt gegenüber dem Mandanten abrechnen. Eine isolierte USt-Rechnung sieht das UStG m.W. jedoch nicht vor, vielmehr ist die erbrachte Leistung einschließlich USt abzurechnen, § 14 UStG.

    Fazit: Der RA bleibt auf der an das FA abzuführenden USt sitzen.

    Oder:

    a) Der Rechtsanwalt rechnet gegenüber der Staatskasse ohne USt ab und verstößt so gegen seine Verpflichtung zur Rechnungsstellung einschließlich USt
    b) Der Rechtsanwalt kann nach wie vor gegenüber seinem Mandanten die USt nicht gesondert abrechnen, weil es den Tatbestand des gesonderten USt-Einzugs per gesonderter Rechnung nicht gibt

    Fazit: Der RA begeht USt-Hinterziehung, weil er entgegen seiner Verpflichtung USt nicht einzieht.


    Ergo: Der Rechtsanwalt ist der Gekniffene. Ihm bleibt also nur:
    - Beantragung der USt auch im PkH-Verfahren, da er keine Rechnung ohne USt-Ausweis stellen darf, Hinnahme der Nichtfestsetzung und
    - unter Verstoß gegen seine steuerrechtlichen (und wohl auch zivilrechtlichen) Pflichten Stellung einer Rechnung nur über USt an seinen Mandanten - in der Hoffnung, dass dieser bezahlt und der weiteren Hoffnung, dass bei einer steuerlichen Prüfung der RAKanzlei nicht bemängelt wird, dass er USt letztlich zweifach abgerechnet (aber nur einmal erhalten und einmal abgeführt) hat.

    Und das nur, weil man zu Lasten des Steuerfiskus PkH nicht gewähren will, während im Auszahlungsfall umgekehrt zu Lasten des Justizfiskus Steueransprüche abgewickelt werden. :gruebel:


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich versuche gerade, mir die Auswirkungen vorzustellen, wenn man die USt nicht mit festsetzt (ich hoffe, ich übersehe eine steuerliche Auswirkung, denn sonst ist das Ergebnis irgendwie absurd):

    a) Der Rechtsanwalt stellt gegenüber der Staatskasse eine Rechnung mit USt,


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Da der RA keine Leistung ggü. Der Staatskasse erbracht hat, stellt er auch keine Rechnung iS. des UStG.

  • Ich versuche gerade, mir die Auswirkungen vorzustellen, wenn man die USt nicht mit festsetzt (ich hoffe, ich übersehe eine steuerliche Auswirkung, denn sonst ist das Ergebnis irgendwie absurd):

    a) Der Rechtsanwalt stellt gegenüber der Staatskasse eine Rechnung mit USt,


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Da der RA keine Leistung ggü. Der Staatskasse erbracht hat, stellt er auch keine Rechnung iS. des UStG.

    Ok, stellt er dann seine Rechnung nur gegenüber dem Mandanten und beantragt dann die Festsetzung gegrnüber der Staatskasse?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Der Inanspruchnahme des Mandanten steht zudem § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen, verstößt er dagegen, hat der RA neben dem Finanzamt im Zweifel noch die StA am Hals.

    Die Bewilligung der PKH bewirkt, dass der RA die gesetzliche Vergütung - und dazu gehört auch die Umsatzsteuer als Auslage - aus der Staatskasse erhält, § 45 RVG. Auslagen werden nur dann nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. Das soll der Bezirksrevisor mal dem Finanzamt bei der Umsatzsteuer erzählen:D. Im RVG findet sich nirgendwo eine entsprechende Einschränkung für die Umsatzsteuer. Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach dem Bewilligungsbeschluss, und da habe ich bisher noch keine "Nettobewilligung" gesehen.

    Bei Nichtfestsetzung der USt müsste der RA im Ergebnis diese dennoch abführen, obwohl er sie nicht erhalten hat. Da freut sich der PKH-Anwalt, der ja aber bei den wahnsinnig hohen PKH-Gebühren nach Auffassung einiger eh schon zuviel verdient.:gruebel:

  • M.E. wird bei der vorstehenden Argumentation übersehen, dass der Mandant wegen der Umsatzsteuer aufgrund bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung nicht hilfebedürftig ist. Mit der Problemstellung hat sich der BGH in seinem Beschluss vom 12.06.2006 in II ZB 21/05 ausführlich befasst.

    Diese Berechtigung bleibt ggf. nach Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit bestehen - vgl. FG Köln, B. 06.05.2010 in 10 Ko 4314/08. Weshalb die Vorsteuerabzugsberechtigung bei Festsetzung nach § 126 ZPO und bei der Ermittlung des Anspruchs nach § 59 RVG wohl auch gemeinhin beachtet wird. Nach dem o.g. BGH-Beschluss ist die Vorsteuer dem Mandanten von seinem Anwalt in Rechnung zu stellen. Es handelt sich für den Mandanten um einen durchlaufenden Posten.

  • Der Vollständigkeit halber, OLG Hamburg, 4 W 60/13. Ums.st. gibts immer bei VKH erstattet.


    Nur so kenne ich das in Übereinstimmung mit den Vertretern der Landeskasse auch.

  • Nochmal was aktuelles, OLG Braunschweig, 07.08.2017, 2 W 92/17.

    Der PKH-RA erhält die Mwst. immer aus der Staatskasse, auch wenn der Mandant vorsteuerabzugsberechtigt ist.

    Achtung: Beim Übergang § 59 RVG kann der unterlegene Gegner die Vorsteuerabzugsberechtigung einwenden, d.h. Übergang nur zum Nettobetrag und Geltendmachung der Mwst. gegen PKH-Partei, § 122 ZPO steht dem nicht entgegen.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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