§ 101 Abs. 2 InsO und § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO

  • Und mal wieder so richtig mitten aus dem Leben.

    Schuldnerin im Regelverfahren legt eine doch irgendwie lückenhafte Buchführung vor.
    Genauer gesagt, legt nicht Schuldnerin die vor, sondern der Ehemann.
    Dieser war offiziell bei der Schuldnerin als Arbeitnehmer beschäftigt.
    Aus der Art des Gewerbes, der Berufsausbildung der Schuldnerin und dem Auftreten des Ehemanns im Eröffnungsverfahren schließe ich aber messerscharf, daß letzterer derjenige war welcher eigentlich tatsächlich.
    Mißtrauisch wie IV sind, einige Nachforschungen bei dem Hauptauftraggeber der Schuldnerin. :lupe:
    Oha! Der hat erhebliche (sechsstellige) Beträge an die Schuldnerin gezahlt, über deren Verbleib die wie gesagt stark lückenhafte Buchführung keinen Aufschluß gibt.
    Schuldnerin, zur Stellungnahme und Aufklärung aufgefordert, stellt sich tot. Gerichtliche Ladung wird ignoriert. Vorführung scheitert, man trifft nur den Ehemann an, der mitteilt, die Schuldnerin sei verreist.

    So weit, so frech.

    Und nun: wie bekomme ich von dem Ehemann, der höchstwahrscheinlich bedeutend besser als die Schuldnerin weiß, wohin sich die fraglichen Euronen verkrümelt haben, Auskünfte?

    Über § 4 InsO kann ich die §§ 373 ff ZPO heranziehen und den Ehemann als Zeugen gerichtlich vernehmen lassen. Hat bloß den Nachteil, daß dann wohl auch § 383 ZPO anzuwenden sein soll. Das nähme dem ganzen etwas die Würze.

    Erste Frage: kann das richtig sein? Ich meine, daß § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hier nicht anwendbar ist, weil schließlich auch die Schuldnerin selbst auskunftspflichtig ist. Hat jemand schon mal einen Schuldnerehegatten als Zeugen vernommen?

    Zudem, es war der Gutste hier ja auch Arbeitnehmer der Schuldnerin und ist somit nach § 101 Abs. 2 InsO auskunftspflichtig. Die üblichen Kommentare lese ich so, daß beides nebeneinander steht, also sowohl Zeugenvernehmung nach ZPO als auch Auskunftsverlangen nach InsO möglich ist. Die Auskunftsverpflichtung nach § 101 Abs. 2 InsO sei aber nicht mit den Zwangsmitteln des Insolvenzgerichts durchsetzbar, im Weigerungsfalle müsse der IV vor'm Prozeßgericht auf Auskunft klagen.

    Zweite Frage: könnte der Ehemann sich, wenn man das denn im Rahmen einer Zeugenvernehmung bejaht, auch gegenüber einer solchen Klage auf § 383 ZPO berufen? Ich meine, daß nicht.

    Hat irgendjemand schonmal etwas vergleichbares gehabt oder sogar eine Auskunftsklage durchgezogen?

    Einmal editiert, zuletzt von zonk (1. Februar 2012 um 07:07)

  • Spannende Frage.

    Ich würde die Auskunftsklage eindeutig vorziehen.

    Ansonsten würde ich mal ein bisschen recherchieren. Wann hat Drittschuldner gezahlt und in welcher Weise. Derartige Beträge übergibt man nur selten bar an den Auftraggeber. Dann würde ich weiter schauen, wo ist das Geld eingegangen, wie ist es verwendet worden. Gab es Überweisungen? Falls es solche gab, wann und wohin. Vielleicht ergeben sich aus dem mühseeligen Klein-Klein der täglichen Arbeit eines Insolvenzverwalters einige Anhaltspunkte. Aber wenn Du mich fragst, Auskunftsklage ist natürlich schöner. Du siehst, ich schleiche bezüglich der Frage, ob der Ehemann ein Auskunftsverweigerungsrecht hat, rum wie die Katz um den heißen Brei.

    Mal noch eine andere Ansage: Unsere Freunde :) von den Strafverfolgungsbehörden haben da auch so ihre Mittelchen. Bei uns ist die Aussage: Polizei (Staatsanwaltschaft) Dein Freund und Helfer Ernst zu nehmen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Man kann das Ganze, wie Gegs sagte, vielleicht von hinten aufzäumen: wo ist das Geld denn hingefloßen - wenn auf eine Bank, dann schnellstens das dortige Konto dichtmachen. Das wirkt ja schon meistens Wunder. Ansonsten kann man ja auch mal ein Rundschreiben an eventuell beteiligte Banken raushauen und um Auskunft bitten, ob Geschäftsverbindungen bestehen - dann wird das Konto ja auch meistens gesperrt...

    Ansonsten ist auch die Frage, ob der Schuldnerin an einer Restschuldbefreiung gelegen ist. Dann könnte man über die Daumenschraube Stundung (so diese vorhanden) mit Vefahrensaufhebung bzw. Versagung drohen.

  • Wann hat Drittschuldner gezahlt und in welcher Weise. Derartige Beträge übergibt man nur selten bar an den Auftraggeber. Dann würde ich weiter schauen, wo ist das Geld eingegangen, wie ist es verwendet worden. Gab es Überweisungen? Falls es solche gab, wann und wohin.


    Die früheren Zahlungen des Auftraggebers angabegemäß per Überweisung. Bloß daß von den Kontoauszügen der Schuldnerin ein gutes Drittel fehlt. Und die späteren Zahlungen in der Tat bar. Die Barzahlungen des Auftraggebers an die Schuldnerin machen allein ca. 60T€ aus. Kassenbuch wurde zu der Zeit nicht mehr geführt, jedenfalls nicht daß ich wüßte.
    Da muß ich leider denjenigen, der die Scheinchen in die Hand gezählt bekommen hat, festnageln, sonst komme ich nicht weiter.

    Unsere Freunde :) von den Strafverfolgungsbehörden haben da auch so ihre Mittelchen. Bei uns ist die Aussage: Polizei (Staatsanwaltschaft) Dein Freund und Helfer Ernst zu nehmen.


    Habe ich auch schon erwogen. Ein kooperatives Verhältnis mit der Wikri-Abteilung ist Goldes wert. Aber: solange ich noch versuche, auf zivilem Wege Auskünfte zu bekommen, wären die nicht begeistert, weil da immer die Gefahr besteht, daß Schuldnerin doch noch Aussagen macht, und wegen § 97 Abs. 1 S. 3 InsO der Sachverhalt auf einmal nicht mehr strafrechtlich verwertbar ist. Dann hätte die StA umsonst 'ne Akte angelegt. Die Strafanzeige hebe ich mir also als allerletztes Mittel auf.

    Ansonsten ist auch die Frage, ob der Schuldnerin an einer Restschuldbefreiung gelegen ist. Dann könnte man über die Daumenschraube Stundung (so diese vorhanden) mit Verfahrensaufhebung bzw. Versagung drohen.


    Keine Stundung, und den RSB-Antrag hat die Schuldnerin auch verpeilt. Von dem wegen ist sie an der Front nachvollziehbarerweise völlig schmerzfrei - da ist nix aufzuheben und nix zu versagen. Leider also kein Druckmittel vorhanden.

  • PS.
    @ Gegs
    Schönen Gruß an dein Finanzamt, daß dieses Verfahren hier eröffnet wurde und ich jetzt Gelegenheit habe, den Ehemann der Schuldnerin zu stalken, lag auch nur an einem offensichtlichen Anfechtungsanspruch gegen FA, ansonsten wäre es mangels Masse ins Altpapier gewandert...

  • Nachdem ich - ganz handzahm - meine nicht mehr ganz so neue Schuldnerin gestalkt und ein paar andere ganz furchtbar wichtige Dinge erledigt werden mussten, kam mir ganz nebenbei die Idee, nicht das Pferd, sondern den Reiter aufzuzäumen. Der Drittschuldner sollte Zahlungen nachweisen können. Kann er dies nicht, hat er - wie schon so oft im Leben - Pech. Warum den schweren Weg, wenn es doch so einfach geht.

    Den Begriff "Schuldner stalken" muss ich mir merken und ich gebe zu, die Klage den Ehemann finde ich einfach geil interessant. Mach nur so weiter zonk :D. Wirst schon sehen, was Dein Verwalter von Dir hat.

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  • Den Ehemann nach § 97 InsO als Zeugen vernehmen lassen. :teufel:

    Frage an alle Inso-Rechtspfleger: 1 Verwalter beantragt, den Ehemann der Schuldnerin zu bestimmten Vorgängen aus der Vermögenssphäre der Schuldnerin als Zeugen zu vernehmen. Der Verwalter ist der Meinung, daß eine Belehrung des Ehemanns über ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht erfolgen müsse, ja nicht einmal dürfe, weil die Vorschrift hier nicht anwendbar sei, also der im Insolvenzverfahren als Zeuge vernommene Ehegatte des Schuldners kein Zeugnisverweigerungsrecht habe. Wie würdet ihr euch zu diesem Ansinnen stellen und warum?

  • Ich fand die Diskussion, was ein Verwalter in dieser Situation tun kann, spannender. Selbst ist der Insolvenzverwalter. Frag nicht, was Dein Insolvenzgericht für Dich tun kann. Frag, was Du für das Insolvenzgericht tun kannst.

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  • Selbst ist der Insolvenzverwalter.


    Schon. Aber spätestens dann, wenn es ohne die Anwendung hoheitlichen Zwangs nicht voran geht, beziehe ich das Gericht doch gerne mit ein. Selber darf ich nun mal nicht.

  • ohne Euch den Spaß an der Anwendung von archiaischen Daumenschrauben vermiesen zu wollen, fehlt mir hier die Berücksichtigung von Lebenserfahrungen.

    Was macht Ihr, wenn der gute Mann zwar zur Auskunft bereit ist, aber leider, leider sich an nix mehr erinnern kann ? Soll ja auch bei Politikern, ich krame mal Friedrich Zimmermann raus, schon mal vorgekommen sein. Und dann...?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Dann warten wir, bis er Bundespräsident ist :D.

    (Sorry zu wahrhaft intelligenten Beiträgen bin ich zu müde.)

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  • Selber darf ich nun mal nicht.

    klingt, als würdest Du es bereuen


    Ja nun, man überlegt halt schon jedesmal, ob man das Gericht wirklich mit etwas behelligen muß. Es würde manches vereinfachen und beschleunigen. wenn man ohne diesen Umweg auskäme und direkt selbst aktiv werden könnte, wenn ein Verfahrensbeteiligter sich unziemlich obstruktiv zeigt...

  • Selber darf ich nun mal nicht.

    klingt, als würdest Du es bereuen


    Ja nun, man überlegt halt schon jedesmal, ob man das Gericht wirklich mit etwas behelligen muß. Es würde manches vereinfachen und beschleunigen. wenn man ohne diesen Umweg auskäme und direkt selbst aktiv werden könnte, wenn ein Verfahrensbeteiligter sich unziemlich obstruktiv zeigt...

    Boah, in so einem Fall wäre ich aber schon "amtswegig" unterwegs !
    Dat janze volx vorladen. Ehemann als Zeugen (soll er mal selber auf Verweigungsrechte kommen); die vermeintlichen Drittschuldern (da lässt sich gut ein Vorhalt gegenüber dem Ehemann draus machen). Und dann wird tacheles geredet !
    Wenn der sich dann auf Zeugnisverweigerungsrecht beruft, Akte an die STA.... und :D
    Auf jeden Fall nach dem Aufenthalsort der Schuldernin befragen, Residenzgebot nach § 97 III InsO (da überleg ich immer noch, ob man nicht Reisepässs einkassieren darf oder eine Ausreisesperre anordnen kann (würde so richtig Spass machen am Flugplatz auf dem Weg in sonnige Gefielde...); desweitern Anordnung der Postsperrre; Schuldnerin gibt keine Auskünfte, ist nicht da, von daher Anhörung nicht mögich (boah was man über Postsperren so alles rausfindet..Ihr glaubt es kaum).

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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