Anfechtung eines Arbeitsvertrages nach §§ 130, 131 Inso

  • Hi,
    stehe bei einem Fall etwas auf dem Schlauch. Ein Arbeitnehmer hat im August 2011 ein neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Innerhalb eines Monats stellt der Arbeitgeber nun einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wird eröffnet. Der Insolvenzverwalter vergisst zu kündigen.... und kommt dann auf die Idee, den "Arbeitsvertrag" also nicht bestimmte Zahlungen auf dem Arbeitsvertrag nach § 131 Inso anzufechten. Er ist der Meinung, dass es auf eine Kenntnis des Arbeitnehmers von der Insolvenz nicht ankomme, da dieser ja keinen Anspruch auf einen Arbeitsvertrag hatte und dieser daher inkongruent sei. Mithin das Verpflichtungsgeschäft anfechtbar sei. Nach meiner Ansicht stellt der Abschluss eines Arbeitsvertrages bereits keine Handlung zur "Befriedigung" oder "Sicherung" dar, so dass eine Anfechtung nach der Insolvenzordnung nicht in Betracht kommen kann. Dieses würde nach meiner Ansicht nur dann in Betracht kommen, wenn die Insolvente Firma einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer hatte und diesem durch den Arbeitsvertrag eine Sicherung durch Aufrechnung ermöglicht wird. Ich bin mir beim besten Willen aber nicht sicher und halte es für möglich, dass ich hier einem Denkfehler unterliege. Habe zur Anfechtung eines Arbeitsvertrages nach Inso auch keine Rechtsprechung gefunden. Meine Frage ist insoweit abstrakt, ob die Insolvenzanfechtung nach § 131 auch "Verpflichtungsgeschäfte" erfasst, welcher vor der Insolvenz abgeschlossen werden? Könnt ihr mir ein Urteil nennen?:gruebel::gruebel:

  • Bestimmte Dauerschuldverhältnisse sollten nur et nunc beendet werden können, weil sonst die Welt im schwarzen Chaos versinkt. Dann müßte man wohl hier argumentieren, dass nur Rechtshandlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefochten werden können.

    Nachteilige Verpflichtungsgeschäfte können angefochten werden; aber wo ist im vorliegenden Fall die Gläubigerbenachteiligung. Sofern der Arbeitnehmer einen realen Lohn für geleistete Arbeit erhält, handelt es sich um ein unverdächtiges Austauschgeschäft.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Aber wie subsumierst Du ein bloßes Verpflichtungsgeschäft unter "Befriedigung" oder "Sicherung"?

    Der § 142 Inso ist ja eigentlich grade nicht anwendbar, weil es mangels Erfüllung auch kein echtes "Bargeschäft" gibt.....

    Die Arbeitsleistung wurde erbracht, ob die allerdings so knapp vor der Inso für die Gesellschaft noch Sinn machte, ist eine andere Frage. Mir geht es eigentlich nur darum, dass der § 131 I InsO keine Kenntnis der Insolvenzlage voraussetzt und der Arbeitnehmer hier nun weder Gehalt noch Insolvenzausfallgeld erhalten soll. Der IV weigert sich nämlich auch die Unterlagen für die Agentur für Arbeit auszufüllen.....

    Im Ergebnis halte ich es auch für vertretbar ein negatives Verpflichtungsgeschäft anzufechten, welches kein angemessenen Austausch von Leistungen vorsieht, aber irgendwie habe ich einfach ein Problem damit, dieses unter den § 131 InsO zu subsumieren..... Wäre dies nicht eher eine Anfechtung nach § 138 BGB?

  • Der Insolvenzverwalter vergisst zu kündigen.... und kommt dann auf die Idee, den ... Arbeitsvertrag nach § 131 Inso anzufechten.

    Aua aua.

    Wäre dies nicht eher eine Anfechtung nach § 138 BGB?

    Ich würde wenn dann an §§ 133, 134 InsO denken, etwa bei Kollusion. (Vgl. zur Anfechtung von Verpflichtungsverträgen nach diesen §§ etwa OLG Brandenburg 3 U 112/10 oder OLG Frankfurt 17 U 239/09.)

    Auf § 131 InsO abzustellen scheint mir Unsinn zu sein. Für die Deckungsanfechtung muß der Anfechtungsgegner vor der angefochtenen Handlung Insolvenzgläubiger gewesen sein, also einen Anspruch gegen den Schuldner gehabt haben.

  • Keine Angst, dass ist überhaupt kein Fall aus der Ausbildung....

    Das ist ein Fall aus meiner Praxis als Abwickler einer Anwaltskanzlei :cool: Also leider nicht Praxisfern...

    Wie gesagt auch ich denke, dass § 131 InsO hier nicht einschlägig ist, aber das ist nun wirklich nicht mein Spezialgebiet und deswegen wollte ich die Fachleute fragen.

    Danke für Eure Überlegungen

  • Das ist jetzt arg Off-Topic: Wie wird man den als Rechtspflegersnwärter zum Abwickler einer RA-Kanzlei.Nochmals sorry, aber ich kann es nicht glauben, das sich Insolvenzverwalter derart verhalten. In letzter Zeit gab es hier einige Fälle aus ihrer Ausbildung eingestellt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der Lösungsansatz über § 130, 131 InsO scheint mir doch arg ergebnisorientiert zu sein, insbesondere weil man über § 131 InsO sowohl die ZU, das Wissen um die ZU ausblenden und alleinig auf die Rechtshandlung abstellen will.

    Wenn überhaupt, wird man wohl nur über § 132 oder 133 InsO weiterkommen.

    Zur Vertiefung: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post774084

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  • et nunc

    ex nunc :teufel:

    Im übrigen Zustimmung zu Gegs. Die zutreffende Ansicht von Gegs, dass derlei in der Regel nicht anfechtbar ist, weil, wie sie sagt, "der Arbeitnehmer einen realen Lohn für geleistete Arbeit erhält", es sich sich also "um ein unverdächtiges Austauschgeschäft" handelt, wird einhellig in jedem Kommentar so aufgestellt, ich habe es in fünf InsO-Werken nachgesehen. Wie der Threadstarter habe ich aber keine Rspr. gefunden, nur Literatur. Vielleicht ist es so selbstverständlich, dass es keine Urteile dazu gibt.

  • Anfechtung nach § 130 InsO setzt voraus, dass das Gehalt geflossen ist.
    Anfechtung nach § 131 InsO wohl nur, wenn lediglich vorgeschobener Nutzen ohne Gegenleistung, so wohl LAG Hamm, 2 Sa 1563/01. Entscheidung habe ich nicht einsehen können, wird zitiert bei Gottwald, § 105, Rn 31a.

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