fondgebundener Riestervertrag genehmigen?

  • Hallo Zusammen,

    eine Betreuerin hat für ihre Betreute ( 42 jahre, erwerbstätig, ca. 900 - 1000€ Nettoeinkommen) eine fondgebundene Rentenversicherung mit Garantieleistung abgeschlossen. Monatlich werden 35€ einbezahlt. Das Basisgarantiekapital beträgt 10.500€. Daraus wird eine Rente in Höhe von 39,90€ gebildet.

    M.E. ist der Vertrag zu genehmigungsbedürftig ( § 1907 Abs. 3 BGB = Vertrag, der zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet). Ich habe mich auch gefragt, ob es nicht auch eine Geldanlage im Sinne von § 1811 BGB ist.

    Ich kann verstehen, dass die Betreuerin etwas für die Altersfürsorge der Betreuten machen möchte, da sie bei 900-1000€ Nettoeinkommen wahrscheinlich nicht so viel in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt hat.

    Das, was ich bisher über den fondgebundenen Riestervertrag gelesen habe, ist teilweise sehr widersprüchlich:

    Viele schwören auf den fondgebundenen Rieservertrag, da das Stammkapital ja sicher angelegt ist und man für den "Rest" vom Aktienmarkt profitieren kann. Andere widerrum sind sehr skeptisch, da man a.) wohl nicht das tatsächlich einbezahlte Kapital zurückbekommt, sondern nur das, was einen laut der aktuellen Lebensaltertabelle zusteht und b.) man in der Regel von dem Teil, der riskioreich angelegt ist, gewöhnlich weniger profitiert, als von einem klassischen Riestervertrag.

    Anderseits frage ich mich, ob ich als Betreuungsgericht die Produktwahl des Betereurs anzweifeln kann, wenn ich den Riestervertrag aus insgesamt sinnig finde.

  • § 1811 BGB ist - wenn überhaupt anwendbar - ein Nebenkriegsschauplatz, weil es sich um eine reine Innengenehmigung handelt. Der fondsgebundene Riestervertrag ist auch dann wirksam abgeschlossen, wenn die Genehmigung im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliegt.

    Entscheidend ist § 1907 III BGB und da kommt es darauf an, ob die Betreute vor Ablauf von vier Jahren aus dem Vertrag wieder aussteigen kann und dabei keine allzu großen wirtschaftlichen Einbußen erleidet.

    Wegen der staatlichen Förderung scheint die Sache freundlich zu sein. Wenn also tatsächlich ein Genehmigungsbedürfnis vorliegt, dann würde ich genehmigen.

    Dein letzter Gedanke ist richtig. Die Auswahl, wie, wo und wieviel Geld unterzubringen ist, trifft der Betreuer. Dein Regulativ ist die Genehmigung. Keinesfalls kann das Gericht vorschreiben, Geld in einer bestimmten, von ihm ausgesuchten Form unterzubringen. Wäre dies möglich, könnte das Gericht selbst Betreuer spielen.

  • Danke für die Rückmeldung. Bei § 1811 BGB habe ich es bisher immer so gehandhabt, dass ich einem Betreuer, der z.B. bereits Geld in einer risikobehafteten Anlageform untergebracht hat meine Bedenken mitgeteilt habe und um die künftige Beachtung von § 1811 BGB gebeten habe. Wenn er weiterhin daran festhalten wollte - Akte zur lfd. Reg.

    Im hiesigen Fall war ich mir wegen § 1907 BGB etwas unsicher, da ja z.B. auch unbefristete Mietverhältnisse mit gesetzlicher Kündigungsfrist oder Heimverträge darunter fallen.

  • Die Riesterrente lohnt sich laut den Fachleuten (siehe Interent o.ä.) ab einem monatlichen Einkommen von etwa 1.300 Euro, lohnende Förderquoten erhalten Familien mit Kindern. Personen mit sehr geringem Einkommen wird von einer Riesterrente abgeraten.Zunächst kann man dies nicht glauben, weil doch angenommen wird, dass sich gerade bei einer sehr kleinen Rente die private Vorsorge lohnt. Tatsächlich ist es aber so, dass bei einer Rente, die nicht den Lebensunterhalt decken kann, Grundsicherung gezahlt wird. Es macht wenig Sinn, wenn Geringverdiener monatlich einen Teil ihres Einkommens für die Riesterrente sparen müssen. Was will die Betreute mit 39.- € Rente?? Außerdem wird hier fondsgebunden angelegt, so dass die Geldanlage auch noch einem gewissen Risoko unterliegt. Natürlich muss die Geldanlage nach § 1811 BGB als nicht mündelsichere Anlage genehmigt werden. Genau das würde ich aber nicht tun, siehe oben. Innengenehmigung von mir aus; ich würde die Betreuerin auffordern, den Vertrag rückgängig zu machen (Gericht macht Ärger ....)

  • Aus wikiepdia:
    Personen, die die Altersgrenze erreicht haben oder wegen Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, erhalten damit eine Unterstützung, mit der das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt werden kann. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine Leistung der Sozialhilfe und erfüllt die gleiche Funktion wie die Hilfe zum Lebensunterhalt, jedoch für einen speziellen Personenkreis.

    Die Betroffene dürfte demnach - der jezige Erwerbsstand hochgerechnet - keine Grundsicherung, sondern allenfalls Sozialhilfe erhalten. Kleine semantische Korrektur.

    Falls die Betreute Person den Riestervertrag wünscht, kann man sich dem nicht widersetzen, dies gilt auch dann, wenn sie geschäftsunfähig ist.

    Eine Anweisung an den Betreuer, den Vertrag rückgängig zu machen, ist von § 1837 BGB nicht gedeckt.

    Zu § 1907 III BGB:
    Wie schon ausgedrückt, ist die Genehmigungsbedürftigkeit auch dann gegeben, wenn zwar vor Ablauf von vier Jahren der Vertrag gekündigt werden kann, die wirtschaftlichen Verluste aber hoch sind (BGH 28, 78 bzgl. Minderjährige; der Grundsatz gilt auch hier).
    Frogs Beitrag stimmt also nicht in dieser Absolutheit.

  • Also laut Palandt gilt § 1907 Abs. 3 BGB auch für unbefristete Mietverträge und Heimverträge. Habe allerdings gerade nur die 67. Auflage zur Hand. Hier Rdnr. 8 zu § 1907 BGB.

    Über Sinnigkeit und Unsinnigkeit lässt sich hier wohl mächtig streiten.

    Sehe den Betreuer aber auch als alleinigen Entscheidungsträger und habe z.B. noch nie eine Genhmigung zur einer konservativen Anlageform versagt, weil man z.B. bei einer anderen Bank 0,2% mehr Zins bekommt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!