Arbeitgeber nicht informiert - Absicherung durch Bürgschaft?

  • ...
    @ Mosser:
    Du weißt doch, wir Verwalter sind unseren Insolvenzrechtspflegern gern behilflich.

    Mir wäre da eher der alte Artillerie-Spruch in Kopf gekommen: Wir kennen weder Freund noch Feind, nur lohnende Ziele...;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Der Spruch von Mosser erinnert irgendwie an die guten alten Zeiten der KO :D

    Die eingangs angegangene Frage nach Bürgen kann man sich knicken, denke ich.
    Wir haben - wenige - Fälle, in denen die Insolvenzeröffnung dem Arbeitgeber nicht angezeigt wird.
    Eine Praxis die seit Jahren erfolgreich funktioniert; sie ist mit Schuldnerberatung, Gericht und Verwaltern generell abgesprochen.
    Voraussetzungen:
    - Anregung des Schuldners mit Begründung (falsche Scham uninteressant; es ist konkret darzulegen, dass die
    Offenlegung zum Arbeitsplatzverlust oder zur Umsetzung auf eine weniger einträgliche Stelle führt oder das
    Fortkommen im Unternehmen hindert)
    - Erklärung des Gerichts, dass es mit der "Nichtoffenbarung" einverstanden ist
    - Einschätzung des Verwalters, dass die Anregung des Schuldners begründet ist
    - monatliche Abrechnung des Schuldners mit dem Verwalter

    Regelmäßig tragen die Schuldner diese Dinge persönlich bei Gericht vor und werden entsprechend "gebrieft" (sieht bei mir so aus: monatlich unverzügliche Vorlage der Lohnabrechnung an den Verwalter; Grobberechnung des pfändbaren Betrages mit Schreiben an Verwalter, x Euro werden überwiesen - darf auch ein bischen mehr sein - und wir kommen in der Sache schon rum

    Rechtliches:
    - der Verwalter ist im Interesse der Gläubiger verpflichtet, den Arbeitgeber zu informieren
    - führt die Information aber zu einer Einschränkung der Masse, kann der Verwalter bei mitarbeitendem Schuldner
    davon absehen; diese Einschätzungsprärogative ist dem Verwalter zuzubilligen
    - eine Schutzpflicht des Verwalters gegenüber dem Arbeitgeber sehe ich nicht (Schuldner ist Bankangestellter und geht
    regelm. mit hohen Barbegrägen um -> da ist der Verwalter nicht in der Pflicht eine mögliche Veruntreungsgefahr
    gegenüber dem Arbeitgeber zu beachten)
    - m.E. hat das Gericht die Aufgabe, nach sachlicher Prüfung dem Verwalter mitzuteilen, ob es Bedenken gegen die
    angeregte Verfahrensweise hat oder nicht (wer trotz sachlicher Gründe davor Angst hat, sollte was anderes machen,
    sorry, sehe ich so krass !) wer aber so richtig Angst hat, kann ja ne Gläubigerversammlung einberufen....
    - keinesfalls hat das Gericht dem Verwalter da dreinzuschwätzen, das ist klar

    Praktisches:

    der Verwalter hat - auch wie bei einer Inkenntnissetzung des Arbeitgebers - monatlich zu kontrollieren, ob die Abführungsbeträge stimmen (also nix von wegen Mehraufwand)
    Kommt der Selbstabführer dem verspätet nach, muss natürlich schnell reagiert werden (Anrufen und sofortiges Vorsprechen erforderlich; wenn erfolglos, subito Arbeitgeber anfaxen).

    Es sind in meinem Pensum nicht viele Fälle, aber die laufen wirklich gut. Da sind leutz drin, die mittlerweile bessser dotierte Jobs haben als zum Zeitpunkt der Antragstellung, ebenfalls leuz die nach der Probezeit übernommen wurden.
    Die InsO hat nicht das Ziel, die leuz aus dem Job zu kicken, sondern eben auch die Gläubigerbefriedigung.
    Von daher ist InsO eben kein "Flächenbombardement"

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Was sind denn die Besonderheiten dieses Sonderfalles?

    Vertriebsmitarbeiter, der immer einjährige Zeitverträge bekommt. Führt sehr zuverlässig selber ab (ja, ich weiß, das heißt nix) und dürfte tatsächlich Probleme kriegen, wenn ArbGeber was mitbekommt vom Verfahren.

    Haben uns jetzt so geeinigt: Er führt die nächsten drei Monate den doppelten geschuldeten Betrag ab, so dass hier ein Puffer entsteht. Sobald was mit dem Abführen schiefläuft, wird der Arbeitgeber informiert. Läuft alles glatt, kriegt er am Ende des Verfahrens die Sicherheitsleistung wieder.

    Hoffe, es geht alle glatt. Das wird auch der letzte Fall dieser Art sein, denn bei allen neuen Verfahren kenne wir 'keine Gnade mehr'. Und: Auch ich habe noch nicht einen Fall gesehen, in dem tatsächlich der Job deswegen weg war.

  • [quote='Schmetterling1','RE: Arbeitgeber nicht informiert - Absicherung durch Bürgschaft? vom Verfahren.

    Haben uns jetzt so geeinigt: Er führt die nächsten drei Monate den doppelten geschuldeten Betrag ab, so dass hier ein Puffer entsteht. Sobald was mit dem Abführen schiefläuft, wird der Arbeitgeber informiert. Läuft alles glatt, kriegt er am Ende des Verfahrens die Sicherheitsleistung wieder.


    ..und da ist er wieder, der Fluch der guten Tat.


    Das bringt Dir zunächst zwar eine Sicherheit in Bezug auf die Abführungsmodalitäten, schafft aber ein Problem bei der Auskehr nach § 292 InsO mit erhöhtem Überwachungs und Kommunikationsbedarf. Insbesondere wenn man es nicht selbst macht, sondern ein Sachbearbeiter, der für die Abrechnung lediglich in die BuHa schaut. So etwas läuft dann unter der Rubrik friendly fire....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Und: Auch ich habe noch nicht einen Fall gesehen, in dem tatsächlich der Job deswegen weg war.

    Ich schon zwei Mal. :(

    Arbeitgeber war jedes Mal ein kleiner Handwerker. Die wollten sich damit nicht belasten, wech damit. Da hatte dann von der Offenlegung keiner mehr was.

  • @Def: Den ArbG nicht anzuschreiben und selbst zu kontrollieren ist tatsächlich erheblich mehr Arbeit, aus verschiedenen Gründen, und egal wie man es dreht. Ich habe auch schon überlegt, dass die Schuldner einen Puffer anlegen müssen, aber auch das ist kompliziert und die meisten können das finanziell auch gar nicht. Und die Mehrarbeit bleibt, da bewegt man sich im Bereich des Ehrenamts der Sympathie halber.

    Ich benachrichtige in Neufällen ausnahmslos, vor allem wegen der Mehrarbeit und weil üblicherweise keine Probleme im Job auftreten. Dabei lasse ich den Leuten, wie reifenpanne, eine Woche Zeit und gebe ihnen den Hinweis an die Hand, dass wenn Veruntreungsgefahr da war, diese vor der Insolvenz bestand, jetzt ist doch alles geregelt.

    Allerdings hatte ich gerade in den letzten Monaten zwei Kündigungen, die zeitlich mit der Offenlegung zusammen hingen. Einmal Kleinarbeitgeber, der keine Lust auf Berechnung hatte, tatsächlich aber die ständig kranke Arbeitnehmerin loswerden wollte (also eigentlich anderer Grund) und das andere Mal Zeitarbeitsfirma, Schuldner in Probezeit.

    Der Hammer war aber nun ein Schuldner, der mir nach Aufforderung seine Abrechnungen vorlegte mit der dringenden Aufforderung, den Arbeitgeber nicht anzuschreiben. Beim genauen Hinsehen habe ich entdeckt, dass er dort schon über ein Jahr beschäftigt ist - vor einem dreiviertel Jahr hat er mir seinen da noch gültigen ALGII-Bescheid geschickt. Pfändungsbeträge gab es zwar nicht, aber er hat von mir erstmal den Bundes-Zuverlässigkeits-Orden erhalten und der Bericht einen Eintrag zu der Erfüllung der Obliegenheiten...

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