Entlassung Vormund § 1886 BGB

  • Hallo, habe hier u.U. einen Fall zur Entlassung eines Vormundes zu entscheiden. Ein derartigers Verfahren hatte ich noch nie. Kurze Fallschilderung:elterliche Sorge wurde auf Mutter übertragen. Mutter danach gestorben. Vater im Gefängnis. Kinder (2 Schwestern)leben bei Tante, welche auch Vormund ist. Vater stellt Geeignetheit des Vormunds seit einigen Monaten extrem in Frage. Nun habe ich durch Zufall erfahren, dass mittlerweile ein Kind vom Jugendamt aufgrund Inobhutnahme in einer Jugendeinrichtung untergebracht wurde. habe nun schon einen Bericht vom Jugendamt angefordert und Termin zur Anhörung mit dem Vormund vereinbart. Kinder werde ich erst anhören, wenn ich zu dem Entschluss komme, dass Vormundswechsel möglich und erforderlich ist.
    Die Entziehung nach § 1886 kann ja nur erfolgen, wenn die Fortführung des Amtes, insbes. wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens, das Interesse des Mündels gefährdet und keine milderen Maßnahmen möglich sind. Die Inobhutnahme zeigt mir, dass etwas Schlimmeres vorgefallen sein muss (aus dem angeforderten Bericht vom Jugendamt erwarte ich Genaueres zu erfahren). Dass es zu einer Inobhutnahme kommt, stellt m. E. ein pflichtwidriges Verhalten dar. Dies ist aber evtl. auch nur mein persönliches Empfinden. Bin mir daher unschlüssig, ob die Entlassung im vorliegenden Fall erfolgen darf.

    Hatte jemand bereits einen derartigen Fall? Kann mir jemand eine Anregung hierzu geben?

  • Ja, so einen Fall hatte ich erst vor paar Monaten.

    Großmutter war Vormund. Sie war mit dem Amt aber überfordert, was sich besonders darin zeigte, dass sie nicht in der Lage war etwas dagegen zu unternehmen, dass der volljährige Bruder seine Schwester (= Mündel) ständig schlug, sodass dieses schon mehrfach bei Ärzten vorstellig werden musste. Das Jugendamt war auch schon mehrfach vor Ort und stellte am Rande auch noch fest, dass bestimmte Gesundheitsfürsorgepflichten vernachlässigt wurden. Letztlich wurde das Mündel auch in Obhut genommen.

    Ich habe das 16-jährige Mündel, das Jugendamt und die Großmutter zu einem Erörterungstermin geladen, die Großmutter erschien aber unentschuldigt nicht. Die 16-jährige und der Vertreter vom JA haben übereinstimmende Aussagen gemacht.

    Letztlich habe ich sie als Vormund entlassen.

    Danach hat sie sich einen Anwalt genommen und Beschwerde gegen meinen Beschluss eingelegt.

    Das OLG hat die Beschwerde aber zurückgewiesen, die Entlassung war rechtmäßig und richtig im Interesse des Mündels. Nun habe ich erst mal das JA bestellt, wobei es da noch gewisse Ambitionen des leiblichen Vaters zur Sorge gibt, aber das ist dann nicht mehr mein Bier ...

  • ah super, vielen Dank. Ich denke auch, dass es in meinem Fall sinnvoll wäre, den Vormund zu entlassen. Aber jetzt wart ich erstmal die Stellungnahme vom Jugendamt ab und hör den Vormund mal an. kurze Frage: Ist die Entscheidung vom OLG (welches) veröffentlicht? Könnte ich dann Az., DAtum haben, dann würd ich mir den Beschluss bei Juris raussuchen. Danke schon mal.

  • sehs auch wie Andy, hatte das auch 2-3 mal so gehandhabt, hat sich bisher niemand beschwert.

    Ich denke man sollte § 1886 zugunsten des Minderjährigen auslegen und selbst wenn die Gefährdung nur möglicherweise besteht, handeln, denn ich denke lieber den Vormund einmal zuviel gewechselt, als ein Kind misshandelt oder Schlimmeres...Dann bestelle ich auch wie andy das Jugendamt, die können sich die Sache angucken und wenn die der Auffassung sind, dass der alte Vormund doch oder wieder fähig ist die Vormundschaft zu übernehmen kann man darüber nachdenken.

  • Ich häng mich hier mal dran , weil ich grad auf dem Schlauch stehe:

    Berufsvormund ist bestellt.
    Nunmehr haben die Großeltern des Jugendlichen ( 16. Jahre ) beantragt , als Vormund bestellt zu werden und den Berufsvormund zu entlassen.

    Bin mir nicht ganz sicher , ob der Wechsel von beruflichem Vormund zum Ehrenamtlichen nur unter den ( rel. engen ) Grenzen des § 1886 BGB möglich ist.
    Einerseits hat ja das Ehrenamt Vorrang; andererseits sprechen vorl. auch gewichtige Gründe gegen die Bestellung der Großeltern.
    Diese möchte ich an der Stelle ( noch ) nicht ausführen, weil mirs erst mal um die "Norm" für das Entlassungsverfahren geht.

    Ich bräucht jetzt jemand, der mich vom Schlauch wegschubst.:)

  • Nach Palandt soll § 1886 BGB auch anwendbar sein zur Korrektur einer verfehlten Auswahlentscheidung nach § 1779 II BGB (dort vielleicht Satz 2 am besten passend) (BayObLG NJW 61, 1865, FamRZ 91, 1353).

    Irgendwie sagt einem ja auch das Bauchgefühl, dass sowas möglich sein muss. Aus der Not heraus bestellt man einen Berufsvormund, aber Verwandte, die ggf. erst später ermittelt werden können, sind nunmal vorzuziehen, sofern nichts dagegen spricht .... und dann wären wir schon bei deinen Bedenken gegen die Großeltern.

  • Hallo,

    ich habe da einen ähnlichen Fall und bin hinsichtlich der Entscheidung etwas hin und her gerissen.

    Mutter ist verstorben. Das Jugendamt ist Amtsvormund. Mündel ist 4 Jahre alt. Die Großeltern, vertreten von einer Rechtsanwältin, (58 und 60) beantragen die Vormundschaft auf sie zu übertragen.
    Das Jugenamt teilte in einer Stellungnahme mit, dass die Großeltern als Pflegeeltern eingesetzt werden sollen und ein Vormundschaftswechsel auf Grund des Alters nicht befürwortet wird. Außerdem wurde mitgeteilt, dass große Unsicherheit bei behördlichen Angelegenheiten bestehen. Eine enge Bindung bestehe auf jeden Fall.

    Heute hatte ich dann die Großeltern und das Jugendamt zur Anhörung geladen, um mir ein persönliches Bild machen zu können. Leider ist die Ladung ans Jugendamt nicht angekommen, daher waren nur die Großeltern da.

    Diese führten aus, dass sie mit dem Jugendamt nicht zu recht kommen und allein handeln wollen. Sämtliche Antragstellungen dauern Ihnen zu lange und Absprachen werden wohl nicht eingehalten. Sie fühlen sich zu sehr in der Schwebe und wollen Gewissheit. Die Einsetzung als Pflegeeltern lehnen Sie ab.

    Ich hab Ihnen erklärt, dass soweit es dem Kind gut geht, auch bei Ihnen bleiben soll. Keiner will Ihnen die Kleine wegnehmen.

    Hat jemand schon mal einen ähnlichen Fall gehabt?

  • Jein. Wo ist das Problem? Das Kind befindet sich bei den Großeltern, Kindesvater scheint wohl als nicht geeignet befunden worden zu sein, die elterliche Sorge zu erhalten (§ 1680 II BGB), ich hätte keine Bedenken,erst recht nicht aus Altersgründen, einem Großelternteil die Vormundschaft zu geben.

    Es ist Quatsch, die Großeltern als faktische Pflegeeltern zu ernennen, das gibt es nicht (§ 1630 BGB sieht dies nicht vor). Es gibt die Möglichkeit, einen Großelternteil als rechtlichen Pfleger zu bestimmen. Aber für welchen Teilbereich der elterlichen Sorge?

  • Hallo,
    ......aus Altersgründen.....
    Ich hab Ihnen erklärt, dass soweit es dem Kind gut geht, auch bei Ihnen bleiben soll. Keiner will Ihnen die Kleine wegnehmen. ....

    Mich würde ein solcher Ausspruch überhaupt nicht beruhigen, wenn Altersgründe (wessen Alter?) irgendeine Rolle spielen. Ob da nicht doch klammheimlich eine Herausnahme geplant ist? Ungeachtet dieser Fantasien:

    Der Amtsvormund dürfte zu seiner persönlichen Entlastung beim Jugendamt Hilfe zur Erziehung in der Pflegefamilie bei den Großeltern beantragt haben. Wenn diese Hilfe - aus welchen Gründen auch immer - nicht zustande kommt, muss er sich persönlich um alles kümmern. Insbesondere erhalten die Großeltern nicht die Befugnisse nach § 1688 BGB. Damit ist dem Vormund eine intensive Einmischung in die Familie gesetzlich vorgeschrieben. Das ist - zumindest für die Erziehenden, aber auch für den Amtsvormund - nur selten erträglich. Eine Auflösung durch Entlassung liegt also sehr nahe.

    Blöd nur, wenn das JA Bedenken gegen die Großeltern als Vormund äußern sollte. So eine ablehnende Stellungnahme steht im Raum und verbaut eventuell einen späteren Weg zur Hilfe durch das Jugendamt. Benachteiligt wäre dann das Kind.

    Die Angelegenheit ließe sich vielleicht dadurch entschärfen, wenn zunächst die Anwältin zum Berufsvormund bestellt wird. Das dürfte positiven Einfluss auf die zu erledigenden Angelegenheiten haben. Dem Kind zumindest wäre damit gedient. Nach einiger Zeit und gutem Verlauf, etwa nach der Einschulung, kannst Du die Großeltern erneut fragen, ob sie die Vormundschaft nicht übernehmen wollen.

  • Ich hänge mich hier auch mal ran und würde gerne eure Meinung hierzu wissen:

    Das Kind wird aus der Pflegefamilie genommen, welche auch gleichzeitig Vormund sind, weil es wohl ständige Differenzen in der Pflegefamilie gab und kommt in eine 200km entfernte Pflegefamilie.
    Nun beantragen die neuen Pflegeeltern die Vormundschaft und möchten, dass die alten Pflegeeltern entlassen werden und sie zum neuen Vormund bestellt werden.
    Die alten Pflegeeltern wollen die Vormundschaft unbedingt behalten, obwohl nur noch unregelmäßige Besuche und telefonische Kontakte stattfinden :confused:.


    Das müsste doch auch ein Fall nach § 1886 BGB mit Rechtspflegerzuständigkeit sein oder ? Hattet ihr so einen schon mal?
    Ich tendiere dazu die neuen Pflegeeltern zum Vormund zu bestellen, da dieser zur Übernahme der Vormundschaft geeignet sind (Bericht Jugendamt) und das Kind schon seit längerer Zeit bei denen wohnt.

  • Ich hänge mich hier auch mal ran und würde gerne eure Meinung hierzu wissen:

    Das Kind wird aus der Pflegefamilie genommen, welche auch gleichzeitig Vormund sind, weil es wohl ständige Differenzen in der Pflegefamilie gab und kommt in eine 200km entfernte Pflegefamilie.
    ........

    Die Herausnahme und Unterbringung muss doch mit dem Willen der Vormünder vollzogen worden sein. Wenn ja, dann würde ich an sie appellieren, für eine gute Vertretung des Kindes an seinem neuen Lebensort zu sorgen.

    Wenn die Vormünder nicht einverstanden waren, muss die Herausnahme erfolgt sein, weil die Vormünder eine Gefahr für das Kindeswohl nicht abwehren konnten. Das ist m.E. ein wichtiger Entlassungsgrund.

    Fordere doch beim Jugendamt einen Entwicklungsbericht vom Kind an.

  • Die Herausnahme ist tatsächlich mit dem Willen der Vormünder erfolgt, da es zwischen ihnen und dem Kind gewisse Spannungen gab.
    Eine Kindeswohlgefährdung liegt nicht vor. Das Kind und die Vormünder haben sich einfach nicht mehr so gut verstanden.

    Aus diesem Grund ist das Kind in eine neue Pflegefamilie gekommen, welche übrigens mit der alten Pflegefamilie verwandt ist.
    Das Jugendamt hat sich ebenfalls für einen Wechsel ausgesprochen.

  • Die Rechtspflegerzuständigkeit dürfte wohl unzweifelhaft sein.

    Die Anhörung des Jugendamtes sollte zumindest dann erfolgen, wenn eine förmliche Entscheidung zu veranlassen ist.

    Im Übrigen sehe ich dem Sachverhalt nach keine Gründe für einen Vormundwechsel. Es scheint weder ein Fall des § 1886 BGB vorzuliegen, noch wurde ein Antrag nach § 1889 BGB gestellt.

    Ich für meinen Teil würde alle Beteiligten laden und versuchen, die Sache persönlich zu klären.

  • Kann denn der Vormund, der über 200km entfernt wohnt, weiterhin die Vormundschaft ausüben, obwohl das Kind nun bei anderen Pflegeeltern wohnt?

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