Aufwendungsersatz des Ehrenamtlers - Verpflegung, Übernachtung etc.

  • Hallo zusammen,

    ich habe gerade zum ersten Mal die RL bei einer sehr vermögenden Betreuten zu prüfen (3 Mio).

    Ehrenamtliche Betreuerin ist die Schwester. Sie lebt in München. Die Betroffene wohnt in Berlin; ebenso der Sohn der Betreuerin.

    Die Betreuerin besuchte die Betreute 6x im vergangenen Jahr und veranschlagt für die Besuche von München nach Berlin Flugkosten, Übernachtung (Hotel), Verpflegung und Taxikosten. Belegt werden sämtliche Auslagen und daran sehe ich, dass sie wirklich jeden einzelnen Kaffee etc. als Auslage abrechnet.

    Ausgehend davon, dass die Betreuerin auch zu Hause Verpflegung zu sich hätte nehmen müssen, bin ich etwas ungehalten, ihr die Auslagen vollständig zuzugestehen. Flug- und Hotelkosten sehe ich nicht so eng, aber die Verpflegung und Taxikosten bereiten mir Kopfzerbrechen:
    Zumal aus den Rechnungen hervorgeht, dass bestimmt 2 Personen an jedem Kaffeetrinken, Essengehen (2 Hauptgerichte, 6 Getränke) teilgenommen haben. Die 2. Person könnte die Betroffene oder der Sohn der Betreuerin, der zufällig auch in Berlin wohnt, sein.
    Und muss denn jeder Weg mit dem Taxi gefahren werden? Gerade in Berlin sind doch überall öffentliche Verkehrsmittel vorhanden. Eine Fahrt vom Flughafen zum Hotel schlägt jeweils mit über 30,- € zu Buche.

    Insgesamt werden für Verpflegung und Taxi für das letzte Betreuungsjahr gute 1.000,- € (ohne Flug- und Hotelkosten!) geltend gemacht.

    Ich habe Bedenken gegen die Höhe. Bin ich zu geizig? Mein Vorgänger hat alles gewährt und noch zusätzlich 1.500,- € Vergütung jährlich festgesetzt, weil die Vermögensverwaltung (diverse Wertpapiere und Beteiligungen) übermässig aufwändig ist.

    Update:
    Benzinkosten für Fahrten zum Flughafen München werden ebenfalls veranschlagt (130,- €). Ich tendiere dazu auf die Kilometerpauschale zu verweisen ... oder kann man Benzinkosten auch geltend machen?

  • Wenn die Betreuerin ihre Arbeit sehr gut macht, bin ich bei großem Vermögen auch großzügig. Allerdings hätte ich mit der Dame vorher vereinbart, was zu welchem Preis bezahlt wird. Ich denke, das kann man auch jetzt noch nachholen.

    In einer Akte habe ich gesehen, dass sich Betreuer und Gericht darauf verständigt haben, dass als Verpflegungspauschale der Betrag gilt, den das Finanzamt bei Arbeitnehmern anerkennen würde. Das nur als Beispiel.

    Ist die Betreute geschäftsfähig, dann kann man das Problem ja mit ihr mal persönlich besprechen. Anzuhören ist sie ja auf jeden Fall.

  • In einer Akte habe ich gesehen, dass sich Betreuer und Gericht darauf verständigt haben, dass als Verpflegungspauschale der Betrag gilt, den das Finanzamt bei Arbeitnehmern anerkennen würde. Das nur als Beispiel.Ist die Betreute geschäftsfähig, dann kann man das Problem ja mit ihr mal persönlich besprechen. Anzuhören ist sie ja auf jeden Fall.

    Den Finanzamts-Tagessatz anwenden, finde ich als Überlegung gar nicht schlecht. Die Betreuerin wird sich dann ganz schön umgucken, weil Sie seit 2008 von meinem Vorgänger immer alles bekommen hat, was sie wollte ... aber das ist ja nicht mein Problem. Angehört wurde die stark demente Betreute dazu bisher nie (seit 2008) ... ich befürchte ich müsste sogar einen Verfahrenspfleger bestellen, weil sie sich nicht mehr sachgerecht äußern kann. Ich sehe schon, dass ich mich in der Sache noch sehr unbeliebt machen werde :(Hat denn noch jemand eine Meinung zu dem Thema Verpflegung, Taxi, Benzin?

  • Also Benzin mit Sicherheit nichts, dafür ist die Km-Pauschale von 0,30 € zuständig, die alle Autofahrtkosten abdeckt.
    Ansonsten würde ich die Aufwendungsangelegenheiten durchgehen lassen aus folgender Überlegung heraus:

    Das Betreuungsgericht prüft die RL formal, nicht inhaltlich. Es hat nicht zu prüfen, ob der Aufwand x dem Grunde und der Höhe nach berechtigt ist.
    Falls der Rpfl. der Meinung ist, dass betriebener Aufwand unberechtigt oder in der geltend gemachten Höhe nicht erstattbar ist, hat er das im Prüfvermerk niederzulegen und diesen dem Richter vorzulegen zwecks Bestellung eines Verhinderungsbetreuers, der das unberechtigt Entnommene (§§ 292, 168 I FamFG) von der Betreuerin zurückfordert. Über dieses Verlangen entscheidet das Zivilgericht.

    Nebenbei kann der Richter auch prüfen, ob die Betreuerin geeignet im Sinne des Gesetzes ist.

  • :daumenrau
    Wie mein Vorposter.

    Benzinrechnungen erkenne ich auch grs. nicht an.
    Ausnahme : Die Rechnung liegt unterhalb dessen , was mit dem Kilometergeld für die Reise zu erzielen wäre.:cool:

  • Ich würde alles problemlos erstatten und -wie der Vorgänger im Amt- auch eine Vergütung bewilligen. Der immense Zeitaufwand der Betreuerin ist mit einer "läppischen" Jahresvergütung von 1.500 € keinesfalls ausreichend abgegolten, sodass die Vergütung allenfalls Anerkennungscharakter besitzt.

    Weshalb sollte sich die Betreuerin mit irgendwelchen Pauschalen zufrieden geben, die bekanntermaßen die wahren Kosten nicht annähernd decken? Und könnte man etwas einwenden, wenn die Betreuerin den Betroffenen einmal im Monat besucht? Wohl kaum.

    Alles andere ist die übliche Erbsenzählerei, die mir -mit Verlaub- schon lange zum Halse heraushängt. Wir sollten froh sein, dass wir ehrenamtliche Betreuer haben und sie "zur Belohnung" nicht auch noch auf der Aufwendungsseite piesacken. Das heißt natürlich nicht, dass überzogenen Forderungen nicht Einhalt zu gebieten wäre. Hierfür sehe ich im vorliegenden Fall aber keinen Anhaltspunkt.

  • Dieser Meinung kann ich mich gern anschließen.
    Was die Taxifahrten angeht, kann man auch fragen: Wie alt ist die Betreuerin? Wie gut ist sie zu Fuß? Welchen Lebensstandard führt sie sonst? (Wer eine millionenschwere Schwester hat, nagt selten am Hungertuch. Und in manchen Kreisen wird die Benutzung von Bus und Bahn gar nicht in Erwägung gezogen - namentlich in Berlin kann ich das sogar verstehen.)

  • ... (Wer eine millionenschwere Schwester hat, nagt selten am Hungertuch. ....)

    Richtig, umso weniger verstehe ich, weshalb man sich jeden Handschlag vergolden lassen sollte. Gerade Gutbetuchte sind nicht selten die "echten Pfennigfuchser". Die Verpflegung, zumindest für Dritte, würde ich nicht durchgehen lassen. Der Rest ist O.K. Die Vergütung lässt sich mit dem SV nicht einschätzen. Zu bedenken ist, dass der Ehrenamtl. weit mehr als ein BB mit dem höchsten Satz bekommt.

    Und, nicht die "Reichen", sondern die "Armen" machen dem Betreuer nicht selten viel Arbeit, sei es Streit mit dem JC, der Krankenkasse oder ähnl., und da geht es nicht um viel, aber um Lebensnotwendiges.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Was die Taxifahrten angeht, kann man auch fragen: Wie alt ist die Betreuerin? Wie gut ist sie zu Fuß? Welchen Lebensstandard führt sie sonst? (Wer eine millionenschwere Schwester hat, nagt selten am Hungertuch. Und in manchen Kreisen wird die Benutzung von Bus und Bahn gar nicht in Erwägung gezogen - namentlich in Berlin kann ich das sogar verstehen.)

    Um auf deine Fragen einzugehen:
    Die Betreuerin ist 65 Jahre alt und gut zu Fuß (habe sie schon persönlich kennengelernt). Sie selbst ist mittellos und wird durch die Betroffene mit 500,- € pro Monat seit vielen Jahren (auch schonvor der Betreuung) unterstützt, da die eigene Rente nicht ausreicht.

  • Wenn die Betreute ihre mittellose Schwester bereits monatlich unterstützt ,wäre sie sicherlich auch bereit ihr die Kosten für die persönlichen Kontakte zu erstatten, da die Betreuerin sich ansonsten die Besuche wahrscheinlich gar nicht leisten könnte.
    Man könnte allerdings mal nachfragen,ob sie während der Besuche nicht bei ihrem Sohn unterkommen könnte ,der doch ebenfalls in Berlin lebt und den sie wahrscheinlich ebenfalls besucht.
    Die Verpflegung für 2 Personen würde ich allerdings auch nicht durchgehen lassen (man muss es ja nun mit der Großzügigkeit anderer Leute nicht übertreiben).

  • Wenn die Betreute ihre mittellose Schwester bereits monatlich unterstützt ,wäre sie sicherlich auch bereit ihr die Kosten für die persönlichen Kontakte zu erstatten, da die Betreuerin sich ansonsten die Besuche wahrscheinlich gar nicht leisten könnte.


    Ich vermute auch, dass die Betroffene die Erstattung befürworten würde. Es ist jedoch wegen den schweren Demenz nicht so leicht herauszufinden :(

    Hört ihr die Betroffene in solchen Fällen trotzdem selbst an? Oder bestellt ihr gar einen Verfahrenspfleger? Es wurde seit 2008 nie eine Anhörung für die Betreuervergütung oder für den Aufwandsersatz veranlasst... Ich weiß, dass das kein Grund ist auf die Anhörung auch weiterhin zu verzichten, aber die Betreuerin wird aus allen Wolken fallen, daher möchte ich sicher sein, dass es nicht noch einen anderen Weg gibt...

  • Bei der Ermessensvergütung nach § 1836 II ( 1908 i I BGB ) höre ich - im Gegensatz zur Pauschaölvergütung des Berufsbetreuers - beim ersten Mal immer persönlich an und in den Folgejahren grs. schriftlich.
    Hab die betroffenen alten Damen aber auch gerne mal jährlich besucht, wenn mir nach Kaffee war.;)

  • Wir hatten die Probleme immer bei mittellosen Betreuten, wenn die (verwandten) Betreuer ganz normale Besuchsfahrten als unbedingt notwendig erklären und die Fahrt- und HOtelkosten aus der Staatskasse haben wollten. (gern Besuche alle zwei Wochen).

    Da haben wir immer versucht zu unterscheiden, welche Besuche im Rahmen der rechtlichen Betreuung notwendig waren. Bloße Besuchsfahrten zur Kontaktpflege sind nicht erstattungsfähig.
    Wenn die Betroffene stark dement ist, bezweifele ich, dass die Besuch notwendig sind, weil vor Ort was zu regeln war, was nicht telefonisch geht, oder etwas mit der Betroffenen persönlich besprochen werden musste.

    Im vorliegenden Fall wäre ich allerdings großzügiger.
    Wenn man streng ist, könnte man durch die Betreuerin und einem Verhinderungsbetreuer einen Vertrag schließen lassen, nach der ihr die Besuchsfahrten erstattet werden. (Am besten pauschal, dann muss man nicht jeden Beleg prüfen).
    Oder einfach feststellen, dass der Betreuten die Besuche guttun (kann man ja mal mit den Ärzten sprechen,ob die z. B. ihre Schwester überhaupt noch erkennt und Reaktionen zeigt) und das Geld erstatten.
    Wenn die Betroffene schon vor der Betreuung sehr großzügig ihrer Schwester gegenüber war und sie ohne Verpflichtung mit 500 EUR unterstützt hat, würde ich einfach mal annehmen, dass eine solche Verfahrensweise dem Willen der Betroffenen entspricht.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

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