§ 16 UStG = § 36 EStG ?

  • Daß man als IV Post vom Finanzamt bekommt, diese studiert und sich sagt: das geht doch so gar nicht ... kommt schon mal vor.
    Doch diesmal kam ich bei genauerem Bedenken etwas ins Zweifeln.

    Schuldner selbständig. Verfahren unterjährig eröffnet. Nach Eröffnung wird die ESt-Vorauszahlung für das 4. Quartal fällig, die wir dementsprechend, da Masseverbindlichkeit, entrichten. Später ESt-Festsetzung für das Eröffnungsjahr. Festgesetzte Jahressteuer und deren Aufteilung in Insolvenzforderung und Masseverbindlichkeit soweit in Ordnung.
    Der Haken: die von uns aus der Masse geleistete Vorauszahlung ist höher als der auf die Masse entfallende Anteil der Jahressteuer. Weshalb sich, was ja schön ist, aus der Festsetzung der Jahressteuer keine weitere Masseverbindlichkeit ergibt. Bloß daß das FA nun beigegangen ist und den überschießenden Betrag mit der Insolvenzforderung für den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung verrechnet hat. Begründung des FA: § 36 Abs. 4 EStG. Spontane Reaktion meinerseits: geht nicht. Die Vorauszahlung kam aus der Masse, den Rest will ich wiederhaben.

    Allerdings...

    Zitat von BFH v. 24.11.2011 - V R 13/11

    Die Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. UStG unterliegt weder den Beschränkungen der Insolvenzaufrechnung noch denen der Insolvenzanfechtung.

    Preisfrage: kann oder gar muß man das auf das EStG übertragen? Entspricht also im Hinblick auf die §§ 94 ff. InsO die Anrechnung der Vorauszahlungen nach § 36 EStG der Absetzung von Vorsteuerbeträgen nach § 16 UStG?

  • kannst Du diesse Entscheidung überhaupt heranziehen ?

    Hier gibt es doch nichts zum anfechten, weil Deine Zahlungen nach IE geleistet worden sind.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hier gibt es doch nichts zum anfechten

    Anzufechten nicht. Aber ich muß mich ja, wenn ich gegenüber dem FA geltend machen will, daß es nicht verrechnen darf, auf § 96 InsO stützen. Und wenn das nicht ginge, schaute ich etwas blöd aus der Wäsche. Der BFH meint zur USt-Berechnung (aaO Rn 21, 26):

    Zitat

    Die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. UStG ist keine Aufrechnung, so daß sie auch nicht den Beschränkungen der §§ 94 ff. InsO unterliegt. (...) Anders als bei einer Aufrechnung, die selbständige Forderungen voraussetzt, sind die im Rahmen der Steuerberechnung nach §§ 16 ff. UStG miteinander zu saldierenden Steueransprüche, Vorsteuerbeträge und Berichtigungen lediglich unselbständige Besteuerungsgrundlagen innerhalb einer Steuerberechnung und -festsetzung, nicht aber Ansprüche mit verfahrensrechtlichem Eigenleben; erst wenn sich bei der Steuerberechnung gemäß §§ 16 ff. UStG als Saldo eine Steuerschuld oder -als Vergütungsanspruch- ein rechnerischer Überschuß und damit eine "negative Steuerschuld" zugunsten des Unternehmers ergibt, besteht ein selbständiger und damit abtretbarer oder aufrechenbarer Steuer- oder Vergütungsanspruch...

    Das heißt, nach BFH sind die §§ 94 ff. InsO auf den Verrechnungsvorgang nach § 16 UStG von vorneherein nicht anwendbar. Und bei § 36 EStG?

  • Durfte denn für den Einkommensteuerteil, der sich auf den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung bezieht, eine Steuerfestsetzung erfolgen?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Durfte denn für den Einkommensteuerteil, der sich auf den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung bezieht, eine Steuerfestsetzung erfolgen?


    Nö, insoweit erteilt das FA eine Berechnung, die Grundlage der Tabellenanmeldung wird. Aber über die Masseverbindlichkeit ergeht natürlich ein Bescheid gegenüber dem IV. Der Bescheid weist eine Masseverbindlichkeit von Null aus, nach "Ausgleich gemäß § 36 Abs. 4 EStG". Vom Rechenweg her ist da korrekt die Jahressteuer (einheitlich) bestimmt, dann diese in ESt/Insolvenzforderung und ESt/Masseverbindlichkeit aufgeteilt, dann - jeweils - Verrechnung mit den vorinsolvenzlich vom Schuldner bzw. nach Eröffnung vom IV geleisteten Vorauszahlungen. Danach verbleibt rechnerisch eine Nachzahlung als Insolvenzforderung und im Massebereich eine Erstattung. Und die letztere wird dann nochmal nach § 36 Abs. 4 EStG "ausgeglichen" dh mit der Insolvenzforderung verrechnet. Alles innerhalb desselben Veranlagungszeitraums (Eröffnungsjahr).

    Waza/Uhländer/Schmittmann meinen (in Rdnr. 1536 der 8. Auflage von 2010), das gehe nicht. Aber im Lichte der o.g. BFH-Entscheidung aus November 2011 frage ich mich halt.

  • Festgesetzt werden konnte nur der Teil ab IE. Nur eine festgesetzte Steuer kann im Abrechnungsteil mit Vorauszahlungen des IV getilgt werden. Danach verblieb hier ein Erstattungsanspruch.

    Das FA hat hier den der Masse zustehenden Erstattungsanspruch mit Insolvenzforderungen aufgerechnet.

    Eine Analogie zur USt ist fernliegend.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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