Bundesfinanzhof - VII R 10/06

  • Ich komme leider mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.03.2008, VII R 10/06, nicht klar. Danach ist es dem Massegläubiger gestattet, bezüglich die Altmasseverbindlichkeiten die Aufrechnung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit dann zu erklären, wenn der Gegenanspruch (in meinem Fall ein Anfechtungsanspruch) bereits vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden ist. Ich dachte immer, das aus § 210 InsO gefolgerte Aufrechnungsverbot wäre absolut.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ja, das liest sich schon so beim BFH. Interessante Frage. Hatte ich noch nie. Aber wenn er andererseits sagt,

    Zitat von BFH

    Ebenso können Neuforderungen, die erst nach Feststellung der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, nicht zur Aufrechnung gestellt werden.


    dann sollte man wohl die Masseunzulänglichkeit immer sofort nach Eröffnung anzeigen. Denn dann sind alle Forderungen des FA gegen die Masse Neumasseverbindlichkeiten.

  • Leider ist der Sachverhalt hier anders; Masseunzulänglichkeit wurde erst nach Beendigung der Betriebsfortführung angezeigt.

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  • Kann man mal sehen. Fast 10 Jahre Insolvenzverwaltung und das Problem ist bei mir bisher noch niemals aufgetreten :eek::D. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich nie mit der Konkursordnung beschäftigen musste.

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  • das Problem ist bei mir bisher noch niemals aufgetreten


    Bei mir wie gesagt auch nicht. Könnte aber auch daran liegen, daß es sich primär in Konstellationen zeigt, die zu vermeiden wir uns bemühen: erst Masseverbindlichkeiten ggü FA begründen und erst danach feststellen, daß wir sie nicht bezahlen können. Sollte eigentlich möglichst nicht vorkommen.

  • Sollte eigentlich möglichst nicht vorkommen.

    Naja bei der Umsatzsteuer aus Verwertung der Masse kommt es schon gelegentlich vor.

    Vorliegend ist die Betriebsfortführung am obstruktiven Verhalten des Insolvenzschuldners gescheitert :oops:.

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  • Jetzt wird die ganze Sache noch viel interessanter:

    Gegen den Steuerbescheid, welcher hier - salopp gesagt - zur Aufrechnung gestellt wird, wurde Einspruch eingelegt; eine Aussetzung der Vollstreckung aber abgelehnt.

    Ach und der Anfechtungsanspruch wäre, wäre er nicht gerichtlich geltend gemacht worden, verjährt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Und was ist jetzt interessanter? Ein fälliger, weil nicht von der Vollziehung ausgesetzter, Anspruch steht einem nicht verjährten Anspruch gegenüber. Business as usal.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wenn der PKH-Antrag (in der Phase sind wir derzeit) jetzt abgewiesen wird, habe ich noch genau ein halbes Jahr Zeit, bis der Anfechtungsanspruch verjährt. So schnell entscheiden unsere Finanzämter aber nicht. Dauer des durchschnittlichen Einspruchsverfahren bei uns 18 - 24 Monate. Was ist denn, wenn dem Einspruch später stattgegeben wird? Dann stehe ich mit einem verjährten Anfechtungsanspruch da.

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  • Versteh jetzt den Sachverhalt nicht ganz. Will das Finanzamt nicht auf die Einrede der Verjährung verzichten, musst du den Anfechtungsanspruch gerichtlich geltend machen, damit er nicht verjährt. Kannst du das nicht, weil kein PKH und keine Masse, war's das doch. Dann eben keine Anfechtung.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Derzeit ist der Anfechtungsanspruch und damit der PKH-Antrag noch unbegründet. Die aufrechenbare Steuerforderung ist in der Welt und fällig, weil keine Aussetzung der Vollziehung erfolgt ist. Würde dem Einspruch stattgegeben, wäre der Anfechtungsanspruch begründet. Doof ist nur, dass er dann verjährt ist. Denn wie heißt es so schön: Eher geht ein Kamel durch's Nadelöhr, als das dieses Finanzamt auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Will damit sagen: wenn die Erfolgsaussichten derzeit nicht abschließend beurteilt werden können, weil ein externes Verfahren insoweit vorgreiflich ist, muß PKH bewilligt und anschließend das Hauptsacheverfahren ausgesetzt werden. Vgl. LAG Berlin v. 04.01.2008 - 6 Ta 2548/07.

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