Titulierung nachrangiger Forderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

  • Die (Haupt)Forderung war nicht tituliert. Sie wird unter Vorlage von Rechnung etc. angemeldet und festgestellt. Nachrangige Forderungen werden nicht angemeldet (keine Aufforderung). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der natürlichen Person wird aufgehoben, ein Restschuldbefreiungsverfahren schließt sich nicht an (Gründe sind m.E. unerheblich - es gibt eben kein RSB-Verfahren).

    Der Gläubiger möchte nun natürlich aus dem Tabellenauszug vollstrecken. Problem: Zinsen/Kosten - alles nur bis zum Tag der Eröffnung. Über weiteres gibt es keinen Titel.

    Zinsen könnten im Klagewege geltend gemacht werden. Auch kein Problem.

    Was ist mit den Kosten der Gläubigervertretung im Insolvenzverfahren (Forderungsanmeldung)? Können die gem. § 788 ZPO festgesetzt werden als notwendige Kosten der ZV? M.E. spricht dagegen, dass wir ja noch gar nicht in der ZV waren, weil es vor dem Insolvenzverfahren keinen ZV-Titel gab. Falls sie im Wege der Festsetzung tituliert werden könnten, ist das Inso-Gericht dafür zuständig?

    Oder bleibt auch hier nur der Klageweg?

  • ... und so richtig beantwortet wird ja meine Frage dort auch nicht. Das hat mit meinem Sachverhalt i-wie nicht viel zu tun. :(

    Unstreitig dürfte wohl sein, dass der Gläubiger einen Erstattungsanspruch hat hinsichtlich der Anmeldungskosten. Und die können ja nun nach § 201 InsO nach Aufhebung weiter geltend gemacht werden.

    Wenn es vor EÖ schon einen Titel gegeben hätte, würde wohl eine Festsetzung nach § 788 ZPO durchaus in Frage kommen (ob nun beim InsoGericht oder nicht, sei mal dahingestellt). Aber so?

  • Tja, leider fangen die Probleme einer ReNo da an, wo die Insolvenzakte zugemacht wird. Der Inso-Mensch ist mit der Akte fertig und die ReNo ist ratlos. :)

    Hinter der Frage steckt ein realer Fall und muss doch irgendwie lösbar und schon mal vorgekommen sein. :gruebel:

    Ich gogle mir die Finger wund und lese Bücher, aber ich finde nix. Einklagen oder festsetzen lassen?

    Zinsen nach EÖ müssen / können eingeklagt werden (sogar bei laufender Wohlfühlphase). Und die Kosten des Gläubigers? Keiner ´ne Idee - nur so mal rein hypothetisch und theoretisch betrachtet?

  • Ich glaube, da wirst Du hier auch nicht schlauer. Wenn Du "Glück" hast, dann melden sich ganz viele und letztlich wirst Du alle Facetten hören.
    Aber nun gut, ich fange mal an. In den Kommentierungen steht ja irgendwie nix dazu. Ich würde mal sagen, die Kosten sind einzuklagen. Zwangsvollstreckungskosten dürften es nicht sein, denn die Kosten sind ja für die "Schaffung des Titels" entstanden. Man könnte da dann zwar an die Kostenfestsetzung über §4 InsO und dann 91,104 ZPO nachdenken. Aber da es sich beim Insolvenzverfahren nicht um einen Parteienstreit oder ähnliches handelt, meine ich, geht das nicht. Insofern bleibt nur das einklagen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • das ist jetzt dünnes Eis, aber:

    per Definition sind Zinsen und Kosten, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen einzuordnen als nachrangige Forderungen im Sinne des § 39 InsO, also Insolvenzforderungen.

    Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ist des einem Gläubiger möglich, trotz WVP und § 294 InsO seine (Haupt)Forderungen auf dem Klageweg titulieren zu lassen (weil er verabsäumt hat, am Verfahren teilzunehmen), um damit, im Falle der Versagung der RSB, die Verjährung zu verhindern. Aus dem Titel kann er in der WVP bloß nicht vollstrecken, LG Arnsberg vom 27.02.2004, 3 S 22/04.

    Wenn die Analogie erlaubt ist, kann ein Gläubiger dies dann auch für die nachrangigen Forderungen genauso betreiben.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ist des einem Gläubiger möglich, trotz WVP und § 294 InsO seine (Haupt)Forderungen auf dem Klageweg titulieren zu lassen (weil er verabsäumt hat, am Verfahren teilzunehmen), um damit, im Falle der Versagung der RSB, die Verjährung zu verhindern. Aus dem Titel kann er in der WVP bloß nicht vollstrecken, LG Arnsberg vom 27.02.2004, 3 S 22/04.

    Für Zinsen hat ´s der BGH ja auch bereits im Rahmen der laufenden WVP für zulässig erklärt, auch wenn der Gläubiger seine Forderung angemeldet hat - zwar im Zusammenhang mit einer v.b.u.H., aber das würde ich hier auch locker mal übertragen auf den Fall, dass gar keine WVP läuft (IX ZR 67/10). Jaja, beim Gockeln war ich nicht ganz erfolglos. :)

    Klar ist ja auch hier: Es gibt keinen Titel über die Zinsen nach Eröffnung.

    Mosser:
    Der Hinweis auf § 91 ZPO ist gar nicht so schlecht. Warum eigentlich nicht? Die ZPO ist ja meist anzuwenden, wenn die InsO die Probleme nicht löst. Warum sollte sie nicht auf die Kostenfestsetzung anwendbar sein? Bei § 91 ZPO hab ich noch nicht in die Bücher geguckt. Komisch wäre es schon, wenn das Problem noch niemals nicht irgendwo erörtert worden sein sollte. Ist doch eigentlich gar nicht sooooo ungewöhnlich.

    Ich danke euch schon mal für´s Mit- und Weiterdenken.


    edit:
    Wenn die Forderung vor EÖ bereits tituliert gewesen wäre, könnte man von einer Festsetzung nach § 788 InsO ausgehen? Zuständigkeit InsoGericht?

  • ... Mosser:
    Der Hinweis auf § 91 ZPO ist gar nicht so schlecht. Warum eigentlich nicht? Die ZPO ist ja meist anzuwenden, wenn die InsO die Probleme nicht löst. Warum sollte sie nicht auf die Kostenfestsetzung anwendbar sein? Bei § 91 ZPO hab ich noch nicht in die Bücher geguckt. Komisch wäre es schon, wenn das Problem noch niemals nicht irgendwo erörtert worden sein sollte. Ist doch eigentlich gar nicht sooooo ungewöhnlich...

    DAS steht wiederum in den Kommentierungen. § 91 ff. nicht anwendbar, da eben kein Parteistreitiges Verfahren. Ein Kostenfestsetzung ist nur in Ausnahmefall möglich. Insoeröffnungsverfahren, Gläubiger gegen Schuldner und Gläubigerantrag wird abgewiesen, weil kein EÖ-Grund.

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  • ... Mosser:
    Der Hinweis auf § 91 ZPO ist gar nicht so schlecht. Warum eigentlich nicht? Die ZPO ist ja meist anzuwenden, wenn die InsO die Probleme nicht löst. Warum sollte sie nicht auf die Kostenfestsetzung anwendbar sein? Bei § 91 ZPO hab ich noch nicht in die Bücher geguckt. Komisch wäre es schon, wenn das Problem noch niemals nicht irgendwo erörtert worden sein sollte. Ist doch eigentlich gar nicht sooooo ungewöhnlich...

    DAS steht wiederum in den Kommentierungen. § 91 ff. nicht anwendbar, da eben kein Parteistreitiges Verfahren. Ein Kostenfestsetzung ist nur in Ausnahmefall möglich. Insoeröffnungsverfahren, Gläubiger gegen Schuldner und Gläubigerantrag wird abgewiesen, weil kein EÖ-Grund.

    Dann hat über diesen speziellen Fall eben noch keiner nachgedacht und er gehört da halt auch hin. :D

    Nicht dass nachher einer daherkommt und sagt: Klage abgewiesen, es gibt ein einfacheres Verfahren!

  • Warum kann man eigentlich nicht bis zur Titulierung von einem Parteiverfahren ausgehen? Der Gläubiger stellt den Antrag auf Feststellung zur Tabelle - also auf Titulierung. Selbst wenn der IV die Forderung feststellt, hat der Schuldner immer noch die Möglichkeit vor Titulierung zu widersprechen. Beteiligt sind an der Titulierung also beide "Parteie": Der Gläubiger und der Schuldner.

    Vor der Titulierung der bis Eröffnung entstandenen Forderungen stehen sich beide also gleichberechtigt gegenüber. Der Schuldner kann sich gegen die Feststellung wehren, wenn er will.

    Ich tendiere immer mehr zur Festsetzung der Anmeldekosten i. S. v. § 91 ZPO durch das Insolvenzgericht.

  • Ach guck, was man über den Gockel alles so findet :)

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…olvenzverfahren

    Auch hier gab es offenbar keine abschließende Erkenntnis. Kann doch irgendwie nicht sein in 11 Jahren Insolvenzordnung, oder? Das Problem - hier nur in einer anderen Konstellation über § 11 RVG - taucht offenbar immer mal wieder auf und ergebnislos verdrängt? Es MUSS eine Lösung geben. :D

    Und hier auch noch mal was ähnliches.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…m-Insoverfahren

    Insbesondere ab Nr. 10

    Oft diskutiert, aber nie ein richtiges Ende gefunden.:gruebel:

    Einmal editiert, zuletzt von Jamie (14. April 2012 um 14:53)

  • Na, dann ist es doch bei Dir an der richtigen Stelle. Dann ziehe es doch mal durch. Antrag beim Insogericht auf Festsetzung, bei Ablehnung Beschwerde, bei weiterer Ablehnung, weitere Beschwerde, dann Festsetzung gem. § 788 ZPO beim Vollstreckungsgericht bei Ablehnung Beschwerde, bei weiterer Ablehnung, weitere Beschwerde; Vielleicht gibt es irgendwann gar die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde zum BGH. Doof wäre natürlich, wenn schon das Insogericht die Kosten einfach festsetzt, denn dann kriegen wir ja wieder keine Klärung;)...

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  • Muss ich einer Kollegin weiterempfehlen, ist nicht mein Fall, wurde nur an mich herangetragen und ich glaubte, das dürfe nicht all zu schwierig zu lösen sein. Dachte, das würde sich häufiger abspielen, scheint indes nicht so. Vermutlich, weil die meisten ReNos an diesem Punkte aufgeben und denken: Wenn es schon die Insolvenzler nicht verstehen, wie dann ich? Und warum dann die Chefs nichts weiter unternehmen, hat sich mir noch nicht erschlossen, scheint ein Thema zu sein, bei dem sich alle irgendwie drücken.

    Mal angenommen, beide Gerichte - InsoG und VollstrG - weisen zurück und bei beiden Verfahren wird keine Rechtsbeschwerde zugelassen. Wie kriegt man dann die Kuh vom Eis? BVerfG? :gruebel:

    Nochmal zurück zur Zwischenfrage:
    Warum kein Parteiverfahren? Der Schuldner wird angehört, er kann Widerspruch einlegen. Erst wenn er das nicht tut, wird tituliert.

  • "Parteiverfahren" ist natürlich Blödsinn. Parteistreitiges (kontradiktatorisches) Verfahren habe ich natürlich gemeint. Es ist kein Verfahren Kläger gegen Beklagter o.ä..
    Das hat ja nix damit zu tun, dass der Schuldner Widerspruch etc. einlegen kann. Wenn's danach gehen würde, bräuchten wir ja gar keinen Zivilprozess mehr. Und die Kostenfestsetzung ist eben nur bei/nach solchen Verfahren zulässig.

    Da drückt sich keiner, sondern es kommt einfach nix heraus. In den meisten Fällen (nat. Person) wird die RSB erteilt oder die Firma (jur. Person) aufgelöst, also warum sollte jemand noch titulieren?!

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  • ....., sondern es kommt einfach nix heraus.

    Und was ist mit den etlichen Verfahren, die ohne RSB enden? Ist doch gar nicht so selten: Aufhebung der Kostenstundung wegen "bin-dann-mal-verschwunden" oder "muss-mich-doch-nicht-melden", dann keine Zahlung wegen "na-vielleicht-bezahl-ich-den-dödel-auch-noch?" und dann Versagungsantrag vom Treuhänder. Kommt bei mir zwei bis drei Mal im Jahr vor. Einige Gläubiger holen sich - oh Überraschung und großer Zauber - tatsächlich den Tabellenauszug. Und dann? Vergessen sie die Kosten der Anmeldung beizutreiben? Kann ich kaum glauben. :gruebel:

  • Ist aber so. Wie Du schon sagst: der Treuhänder stellt den Antrag. Wann hat man denn wirklich einen Antrag eines Gläubigers? wann hat man denn mal überhaupt eine Anfrage in der WVP, wie's läuft? Hier gilt einfach die "normative Kraft des Faktischen": da es nirgendwo ein Problem ist bzw. problematisiert wird (jetzt ausser Du;)), wird (nahezu) keiner diese Kosten geltend machen.

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  • Was würde passieren, wenn ein Gläubiger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Versagung der RSB (oder wegen fehlendem Antrag auf RSB) eine Kostenentscheidung beantragt?

  • Du schriebst in Post 1, dass das Verfahren aufgehoben worden ist.

    M.E. ist der Fall leicht zu lösen.

    Unter Vorlage des vollstreckbaren Tabellenauszuges ( als Schuldtitel) kann der Gläubiger die weiteren Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO sich festsetzen lassen.

    Der Einwand, es handele sich nicht um Zwangsvollstreckungskosten geht fehl, weil nach meiner bescheidenen :DAuffassung das Insolvenzverfahren ein spezielles (Zwangs)Vollstreckungsverfahren darstellt.

    Zuständig ist das allgemeine Vollstreckungsgericht am Sitz des Schuldners.

    Netterweise setzt der Rechtspfleger auf Antrag die notwendigen Kosten fest.

  • Also ich schließe bereits nach meinem persönlichen Befinden derzeit § 788 ZPO aus. Fast jedenfalls. Ich argumentiere mich mal selbst tot:

    Das Problem ist ja, dass erst die Forderungsanmeldung durch den Gläubiger zur Titulierung führte. Vor Eröffnung gab es keinen Titel und damit auch keine Zwangsvollstreckung. So können die Kosten der Forderungsanmeldung wohl keine ZV-Kosten sein. Zur Zwangsvollstreckung kommt es ja nun erst nach der Aufhebung des VErfahrens und Erteilung des vollstr. Tabellenauszuges.

    Wäre die Forderung bereits tituliert gewesen, als das Inso-Verfahren eröffnet wurde, könnte man wohl durchaus von Vollstreckungskosten im Sinne von § 788 ZPO ausgehen.

    Dennoch sollten sie nun irgendwie titulierbar sein. Und zwar m.E. vor dem Inso-Gericht. Hierzu bedarf es einer Kostengrundentscheidung, sonst keine Festsetzung gegen den Schuldner. Was spricht dagegen, dass der Gläubiger beantragt, wegen § 201 InsO i.V.m. § 39 InsO eine Kostengrundentscheidung herbeizuführen? "Die Kosten der Gläubigervertretung sind vom Schuldner zu erstatten."

    Einmal editiert, zuletzt von Jamie (19. April 2012 um 12:02) aus folgendem Grund: es fehlte Text!

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