JVEG - funktionelle Zuständigkeit

  • Wer ist eigentlich funktionell für die Primärentscheidung über die Entschädigung bzw. Vergütung nach dem JVEG zuständig?* Die Rechtsprechung geht regelmäßig vom Kostenbeamten und manchmal vom Urkundsbeamten aus. Ich habe nirgends eine Vorschrift zur funktionellen Zuständigkeit gefunden. Wer kann helfen?

    * Ich meine nicht die gerichtliche Festsetzung nach § 4 JVEG!

  • Primärentscheidung über die Entschädigung

    Förmlich entschieden wird, soweit ich es aus Anschauung aus der Praxis sagen kann, nur selten. Die Entschädigung wird zur Zahlung angewiesen. Der Zeuge bekommt wohl eine Berechnung, wie sich der Betrag zusammensetzt, aber das kann ich nicht beschwören, vielleicht bleibt das auch nur in der Akte.

    Jedenfalls: Keine Angelegenheit des gehobenen Dienstes. Die Zeugenentschädigung wird bei Gericht bestimmten Urkundsbeamten oder Angestellten per Geschäftsverteilung zugewiesen. Es handelt sich meines Wissens nach um eine herausgehobene Tätigkeit.

    Dass die Rechtsprechung mal "Urkundsbeamter" sagt, mal "Kostenbeamter", das sollte man wohl nicht auf die Goldwaage legen. Ich bin in dem einen oder anderen Beschwerdeverfahren bzgl KFB's, die ich erlassen habe, vom Gericht auch als "Kostenbeamtin" bezeichnet worden... :gruebel:

    Hilft Dir das weiter?


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Bei uns wird diese Tätigkeit ebenfalls von einem (speziellen) Beamten des mD wahrgenommen. Der Posten schimpft sich bei uns "Zeugengebühren-Anweisungsstelle". Die Abwicklung erfolgt ausschließlich unbar. Die Zeugen geben das ihnen übersandte Formular zur Kostenerklärung ausgefüllt ab und danach wird vom Anweisungsbeamten die Berechnung der Entschädigung erstellt.

  • Im Meyer/Höver/Bach (24.Auflage, 2007) wird in Randnummer 2.7 die Ansicht vertreten, zuständig sei "der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle - UdG - (Anweisungsstelle)".

    Ich persönlich denke, dass hier der Festsetzende eigentlich weder als UdG noch als Kostenbeamter tätig wird sondern als Verwaltungsbeamter oder -beschäftigter. Insbesondere bei der Tätigkeit als UdG müsste die Festsetzung doch wohl eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung darstellen. Und das ist im Sonerfall JVEG ja eben nicht der Fall.

    Die Differenzierung in der Rechtsprechung ist hier wohl als Ansatzpunkt tatsächlich ungeeignet. Ich habe hier auch Beschlüsse, wonach ich als UdG einen Kostenansatz nach § 59 RVG erstellt habe, als Kostenbeamter die anwaltliche Vergütung nach § 55 RVG festsetze usw.

    Die Zuständigkeit ist bei uns sehr gemischt. Befundberichte (gibt es hier ja tonnenweise) werden in den Serviceeinheiten (also vom mittleren Dienst oder entsprechend eingruppierten Beschäftigten) bearbeitet. Zeugenentschädigungen macht der mittlere Dienst. Gutachtenentschädigungen laufen sowohl im mittleren als auch (noch) im gehobenen.

  • Ich kann auch nur bestätigen, was Garfield gesagt hat. Hier werden Befundberichte und Zeugen von den Serviceeinheiten (wenn sie entsprechend tariflich eingestuft sind) bearbeitet, Gutachtenentschädigungen nehmen bei uns die dafür im Geschäftsverteilungsplan extra benannten Kostenbeamten des mittleren Dienstes vor (herausgehobene Tätigkeit). Bisher waren sie nur für die Vertragsgutachter zuständig und der gehobene Dienst für die anderen. Seit einiger Zeit (1.2.12) sind ihnen alle Gutachtenentschädigungen übertragen worden.

  • Wenn es eine Bestimmung über die Zuständigkeit geben sollte, kenne ich sie jedenfalls auch nicht. Ich sehe es so wie Garfield. Der Mitarbeiter wird als Verwaltungsbeamter tätig und prüft die Rechnung, damit er die rechnerische Richtigkeit (die ja die Bescheinigung, dass auf der Grundlage des JVEG korrekt abgerechnet worden ist, einschließt) bestätigen kann.

  • Das ist ja spannend, es gibt also tatsächlich keine Vorschrift zur funktionellen Zuständigkeit? Gibt es außer § 4 JVEG überhaupt Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit? Nach meiner Auffassung kann es dann schon mal nicht der Urkundsbeamte sein. Garfield bringt es eigentlich schon auf den Punkt: Wäre der Urkundsbeamte zuständig, wäre dessen Entscheidung sogar rechtsmittelfähig den "Umweg" über § 4 JVEG bräuchte man dann nicht.
    Bliebe der (Kosten-)Beamte. Dieser müsste aber mangels gesetzlicher Vorgaben erst von der jeweiligen Behörde beauftragt werden (z.B. über die Geschäftsverteilung). Die primäre Entscheidung über die Vergütung und Entschädigung nach dem JVEG wäre (wie Garfield und SiGI schon andeuteten) eine reine Verwaltungsaufgabe. Erst die Regelung der sachlichen Zuständigkeit nach § 4 JVEG würde das Gericht ansich ins Spiel bringen. Dann ist aber ganz bestimmt nicht der Urkundsbeamte zuständig, sondern der Richter oder Rechtspfleger. Ist schon erstaunlich, wie leichtfertig die Rechtsprechung mit den Begriffen Kostenbeamter und Urkundsbeamter umgeht!

  • Wirklich seltsam. Auch im Gesetzesentwurf zum JVEG (BT-Drs. 15/1972, z.B. S.179) findet man keine Aussage zur eigentlichen funktionellen Zuständigkeit für die Festsetzung. Das war im ZSEG nicht anders, oder? Vielleicht kann man der damaligen Gesetzesbegründung etwas entnehmen. Aber ich fürchte, die wird man im Netz nur schwer finden.

  • In NRW handelt es sich um Sonderschlüsselaufgaben des mIttleren Dienstes (RV d. JM vom 3.7.1996 (2325 - I B. 24) in der Fassung vom 12.10.2006 Abschnitt II Nr. 35:

    "§ 3 der Funktionsgruppenverordnung zu § 26 Abs. 4 Nr. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) lässt eine Überschreitung der Obergrenzen des § 26 Abs. 1 BBesG für Beamte des mittleren Dienstes zu, die...

    ...b) überwiegend Sachbearbeiteraufgaben wahrnehmen, die dem Eingangsamt des gehobenen Dienstes zugewiesen waren, die aber seit dem 1. April 1957 dem Spitzenamt des mittleren Dienstes übertragen worden sind, ohne dass sich Inhalt und Wertigkeit der Aufgaben wesentlich geändert haben (§ 3 Nr. 4).

    b) Sachbearbeiteraufgaben im Sinne von Abschnitt I b) sind:

    ...
    35.
    Die rechnerische und sachliche Feststellung der Rechnungsbelege und darüber hinausgehende Bearbeitung nach Weisung der Behörden- bzw. der Dezernatsleitung betreffend

    a)
    Anträge auf Vergütungen und Vorschüsse für Sachverständige, Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer und Anträge auf Entschädigungen und Vorschüsse für Zeuginnen, Zeugen, ehrenamtliche Richterinnen und ehrenamtliche Richter und Dritte, auf Ersatz von Auslagen der zu Verteidigerinnen und Verteidigern bestellten Referendarinnen und Referendare sowie die Veranlassung der Wiedereinziehung der in diesen Bereichen zuviel gezahlten Beträge; (Fn 6)"


  • ...
    35.
    Die rechnerische und sachliche Feststellung der Rechnungsbelege und darüber hinausgehende Bearbeitung nach Weisung der Behörden- bzw. der Dezernatsleitung betreffend ...


    Das bestätigt ja meine These, dass die Aufgaben explizit zugewiesen werden müssen.

    Im Übrigen sind wir uns sicher einig, dass die oben genannte RV keine Zuständigkeit regelt, sondern lediglich für das Besoldungsrecht die Sonderschlüsselaufgaben des mittleren Justizdienstes regelt.

  • Hoppala, Du hast natürlich Recht. Ich habe in der JVV-Sammlung eine Zeile zu hoch angeklickt. Schien aber irgendwie auch zu passen :oops:

    Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 4 Abs. 2 der Geschäftsstellenordnung:

    § 4 Aufgaben der Geschäftsstelle

    (1)
    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Service-Einheit erledigen alle Aufgaben, die ihnen nach Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder dieser AV obliegen oder übertragen sind. Sie unterstützen vor allem die Spruchkörper der Gerichte und die Entscheiderinnen und Entscheider bei den Staatsanwaltschaften bei der Erfüllung des Rechtsschutzauftrages.

    (2)
    Ihnen obliegen auch
    - die Fertigung von Beschluss- und Verfügungsentwürfen einfacher Art,
    - die Bearbeitung von Anträgen auf Zahlung von Vergütung, Entschädigungen und Vorschüssen für Zeuginnen bzw. Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher,Übersetzer und
    ehrenamtliche Richterinnen bzw. Richter, die Bearbeitung von Anträgen auf Ersatz von Auslagen der zu Verteidigerinnen bzw. Verteidigern bestellten

  • Beim Sozialgericht Berlin sind diese Aufgaben der "Festsetzungsstelle für Zeugen- und Sachverständigenentschädigungen" übertragen (Nr. 66 Abs. 1 Nr. 3 GesAnwSG). Diese ist mit einer Mitarbeiterin des gehobenen Dienstes und fünf Mitarbeiter/innen des mittleren Dienstes besetzt. Hier werden zusätzlich noch die Aufgaben der Geldausgabestelle (Zahlstelle) und der Pauschgebührenerhebung gem. § 189 SGG wahrgenommen. Die Zentralisierung hat sich bei uns bewährt, da die Mitarbeiter über eine hohe Sachkompetenz insbesondere bei der Abrechnung von Sachverständigenentschädigungen verfügen.

  • Im GKG-Kommentar von Binz u.a. (Beck-Online) wird zu § 4 JVEG vom "Anweisungsbeamten" gesprochen. Vielleicht passt dieser Begriff tatsächlich noch am besten. "Kostenbeamter" und "Rechnungsprüfungsbeamter" sind ja schon vergeben, "Festsetzungsbeamter" ist (auch im Hinblick auf § 55 RVG) missverständlich und vor "Entschädigungsbeamter" oder "Vergütungsbeamter" gruselts mir ;)

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