Nachzahlung von Übergangsgeld Insolvenzmasse?

  • Hallo Zusammen,
    hat vielleicht jemand einen Lösungsansatz für folgendes Problem:

    IK-Verfahren wurde 2011 eröffnet. Der (ledige, kinderlose) Schuldner hat im Jahr 2009 (also weit vor Insolvenzantragstellung) fünf Monate lang Übergangsgeld i. H. v. monatlich rd. 900,00 EUR bezogen. Nun stellt sich aufgrund einer Neuberechnung durch die hierfür zuständige Behörde heraus, dass dem Schuldner viel mehr zugestanden hätte, nämlich ein monatlicher Betrag von 1200,00 EUR.

    Den Differenzbetrag von immerhin fast 2.400,00 EUR würde ich jetzt natürlich gerne zur Masse ziehen. N
    Nun hat die Behörde aber Bedenken gegen eine Auszahlung an mich geltend gemacht , weil der Betrag dem Schuldner ja eigentlich schon im Jahr 2009, also noch vor Insolvenzantragstellung, zugestanden hätte. Im übrigen könne ich - wenn überhaupt - nur die über dem pfändungsfreien Betrag liegende Differenz verlangen, die hier bei ca. 270,00 EUR monatlich gelegen hätte und sich damit auf nur rd. 1.350,00 EUR stellen würde.

    Das halte ich im Ergebnis nicht für richtig; mir fehlen aber ad hoc schlagende Argumente....:gruebel:

  • Hallo Zusammen,
    hat vielleicht jemand einen Lösungsansatz für folgendes Problem:

    IK-Verfahren wurde 2011 eröffnet. Der (ledige, kinderlose) Schuldner hat im Jahr 2009 (also weit vor Insolvenzantragstellung) fünf Monate lang Übergangsgeld i. H. v. monatlich rd. 900,00 EUR bezogen. Nun stellt sich aufgrund einer Neuberechnung durch die hierfür zuständige Behörde heraus, dass dem Schuldner viel mehr zugestanden hätte, nämlich ein monatlicher Betrag von 1200,00 EUR.

    Den Differenzbetrag von immerhin fast 2.400,00 EUR würde ich jetzt natürlich gerne zur Masse ziehen. N
    Nun hat die Behörde aber Bedenken gegen eine Auszahlung an mich geltend gemacht , weil der Betrag dem Schuldner ja eigentlich schon im Jahr 2009, also noch vor Insolvenzantragstellung, zugestanden hätte. Im übrigen könne ich - wenn überhaupt - nur die über dem pfändungsfreien Betrag liegende Differenz verlangen, die hier bei ca. 270,00 EUR monatlich gelegen hätte und sich damit auf nur rd. 1.350,00 EUR stellen würde.

    Das halte ich im Ergebnis nicht für richtig; mir fehlen aber ad hoc schlagende Argumente....:gruebel:

    Die Behörde hat mit der zweiten Alternative recht.

    Nur was pfändbar war und ist kann zur Masse gezogen werden (§ 36 Abs. 1 InsO).

    Die erste Alternative der Behörde ist natürlich wegen § 35 Abs. 1 InsO falsch.

  • Die Ansicht der Behörde bzgl. der Pfändungsgrenzen trifft zu. Nach § 54 Abs. 4 SGB I sind die Leistungen ja wie Arbeitseinkommen pfändbar, damit gilt auch § 850c ZPO. Eine Spezialvorschrift zur Pfändbarkeit des Übergangsgelds habe ich jetzt nicht im Kopf. Das was dann aber über der Pfändungsgrenze liegt unterliegt aber dem Insolvenzbeschlag.

  • Nun hat die Behörde aber Bedenken gegen eine Auszahlung an mich geltend gemacht , weil der Betrag dem Schuldner ja eigentlich schon im Jahr 2009, also noch vor Insolvenzantragstellung, zugestanden hätte. Im übrigen könne ich - wenn überhaupt - nur die über dem pfändungsfreien Betrag liegende Differenz verlangen, die hier bei ca. 270,00 EUR monatlich gelegen hätte und sich damit auf nur rd. 1.350,00 EUR stellen würde.

    Hätte, könnte, würde.

    Wo genau steht nochmal, daß man solche Nachzahlungen, die im eröffneten Verfahren in einer Summe anfallen, einer hypothetischen Verteilung auf x Monate unterziehen und ebenso hypothetische monatliche Pfändungsbeträge ausrechnen darf?

    Der Schuldner hat jetzt eine Forderung von 2.400 €.

  • @ zonk:

    Allgemeine Auffassung in unserer Kanzlei - reicht dies :D?

    Und Stöber unterstützt Deine Meinung in Rdn. 1042...:daumenrau

    Es kann doch nicht sein, dass alles weg ist, nur weil einer die Ansprüche nicht direkt bei Entstehung erfüllt hat.

  • Wo genau steht nochmal, daß man solche Nachzahlungen, die im eröffneten Verfahren in einer Summe anfallen, einer hypothetischen Verteilung auf x Monate unterziehen und ebenso hypothetische monatliche Pfändungsbeträge ausrechnen darf?

    § 850c ZPO:
    (1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, (...)

  • @ zonk:

    Allgemeine Auffassung in unserer Kanzlei - reicht dies :D?

    Und Stöber unterstützt Deine Meinung in Rdn. 1042...:daumenrau

    Es kann doch nicht sein, dass alles weg ist, nur weil einer die Ansprüche nicht direkt bei Entstehung erfüllt hat.

    Ich sehe es auch so wie Du. Zu dem Argument "Es kann doch nicht sein dass alles weg ist nur weil einer die Ansprüche nicht direkt bei Entstehung erfüllt" fiele mir allerdings spontan ein, dass der Schuldner dann halt erstmal Pecht hatte und sich bei seinem Debitor schadlos im Wege des Schadenersatzes halten solle. Zu Ende gedacht habe ich das selber aber noch nicht.

  • Gebe dagegen zu bedenken:

    Zitat von LG Landshut 34 T 1026/04

    Nach Ablauf der Siebentagesfrist besteht für Rücklagen, die aus pfandfreien Sozialleistungen aufgelaufen sind, kein Pfändungsschutz mehr. Die Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe ist mit derartigen Rücklagen gleichzusetzen.


    und

    Zitat von LG Lübeck 7 T 414/04

    Grundsätzlich ist somit auch bei Nachzahlungen der pfandfreie Betrag für die jeweiligen Abrechnungszeiträume anhand der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO zu ermitteln. Da das Verbraucherinsolvenzverfahren aber mehr den Interessen des Schuldners als denen der Gläubiger dient, muß zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse eine direkte Anwendung der Vorschriften der ZPO entfallen. Im konkreten Fall scheint es sinnvoller dem Schuldner eine Quote des Nachzahlungsbetrags (hier: 1/3) zuzubilligen, die sowohl ihm, als auch den Gläubigern gerecht wird.

  • Ich habe gerade keine Entscheidung zur Hand (insbesondere die Aussage, das InsO-Verfahren diene mehr den Interessen des Schuldners halte ich für fragwürdig) möchte ich noch als Pro-Argumentation der gedanklichen Aufteilung auf die verschiedenen Monate folgendes Besipiel anführen:

    Ein Arbeitgeber zahlt 3 Monate lang den Lohn nicht, sagen wir mal 2.000,00 € netto bei 4 Unterhaltsverpflichtung. Da wären keine Beträge pfändbar. Wird das dann auf einmal ausgezahlt, wären bei (3 x 2.000,00 € =) 6.000,00 € zumindest 3.000,00 € voll pfändbar...


  • Wobei man mit dieser Argumentation auch zur ersten Alternative der Behörde kommen könnte. Denn seinerzeit war ja in dem Sinne mangels Insolvenzverfahren nichts zu pfänden.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ein Arbeitgeber zahlt 3 Monate lang den Lohn nicht, sagen wir mal 2.000,00 € netto bei 4 Unterhaltsverpflichtung. Da wären keine Beträge pfändbar. Wird das dann auf einmal ausgezahlt, wären bei (3 x 2.000,00 € =) 6.000,00 € zumindest 3.000,00 € voll pfändbar...

    Hmja. Andererseits dient der Pfändungsschutz für laufende Leistungen dazu, daß der Schuldner in dem betreffenden Monat seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dieser Zweck ist mE nicht mehr wirklich einschlägig, wenn Jahre später durch Neuberechnung eine Nachzahlung anfällt...

  • Ein Arbeitgeber zahlt 3 Monate lang den Lohn nicht, sagen wir mal 2.000,00 € netto bei 4 Unterhaltsverpflichtung. Da wären keine Beträge pfändbar. Wird das dann auf einmal ausgezahlt, wären bei (3 x 2.000,00 € =) 6.000,00 € zumindest 3.000,00 € voll pfändbar...

    Hmja. Andererseits dient der Pfändungsschutz für laufende Leistungen dazu, daß der Schuldner in dem betreffenden Monat seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dieser Zweck ist mE nicht mehr wirklich einschlägig, wenn Jahre später durch Neuberechnung eine Nachzahlung anfällt...


    Da wird man noch einmal die Vorschriften des §§ 832f ZPO durchsehen müssen, vergl. MüKo ZPO, § 850c Rn 8...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Nein, erstens wirkt hier § 35 Abs. 1 InsO, weil er das Geld jetzt erst bekommt, auch wenn es ihm vorher zugestanden hätte, andererseits hat er es zur Eröffnung gehabt, wenn man heute sagt, dass es ihm für die Zeit vor der InsO nachgezahlt wird. Nachträglich ausgeben und zur Eröffnung nichts mehr haben geht also nicht.

    Wenn man aber die pfändbaren Beträge für die Zeit vor der Eröffnung mit den höheren Leistungen neue berechnet, bekommt man halt eben einen pfändbaren Betrag raus, der dann zur Masse zu ziehen ist. Allerdings könnte da der volle Nachzahlungsbetrag hin gehören, wenn der neue ermittelte pfändbare Betrag höher wäre als die Nachzahlung.

    Das LG Lübeck sollten sich mal mit § 36 Abs. 1 InsO auseinandersetzen.

    Ich höre auch immer wieder das Argument, dass der Schuldner in der Zeit auch ohne das Geld gelebt hat und es daher nicht mehr braucht.

    Den Unsinn, den die Lübecker Richter da verzapft haben, kann man wohl kaum noch überbieten.

    Der Pfändungsschutz des Arbeitseinkommens und aller Leistungen, die wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können, bildet eine Ausnahme, damit der Lebensunterhalt des Schuldners und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen gesichert ist.

    Von diesem Pfändungsschutz gibt es wieder Ausnahmen, die zugunsten der Gläubiger in § 850c Abs. 4 ZPO, § 850d ZPO und in § 850f Abs. 2 und 3 ZPO normiert sind. Ebenso gibt es die Ausnahme nach § 850f Abs. 1 ZPO zugunsten des Schuldners.

    Diese Ausnahmen von der Ausnahme müssen eng gesehen und ausgelegt werden. Der BGH hat verschiedentlich schon dazu entschieden, dass für eine weite Auslegung kein Raum ist.

    Warum das trotz der Vorschrift des § 36 Abs. 1 InsO anders sein soll, kann man aus dem Leitsatz des Gerichts nicht erkennen und Juris hat den Langtext nicht.

    Die Begründung aus dem Kurztext ist aber schon der Hammer. Dies insbesondere unter dem Aspekt, dass es gerade bei Sozialgeldleistungen nicht unüblich ist, dass nicht rechtzeitig gezahlt wird und es deswegen extrem häufig zu Nachzahlungen kommt.

    @ Zonk

    Du siehst das jetzt aber zu einseitig und ohne Dir über Varianten im Klaren zu sein.

    Beispiel:

    Der Schuldner erhält weniger als ihm zusteht (aus welchen Gründen auch immer). Monate spägter bekommt er das zustehende Geld nachgezahlt. Wo willst Du jetzt eine Grenze ziehen? Bei drei, sechs zwölf oder wie vielen Monaten.

    Es könnte doch sein, dass er wegen des geringen Geldes das er zur Verfügung hat, sein Konto überzogen hat (na ja, in der InsO wohl kaum, aber bei Pfändungen durchaus möglich). Oder das Konto von der Ehefrau oder hat die Mutter oder wen auch immer angepunpt, weil er nicht das Geld zur Verfügung hatte, das ihm zustand.

    Entweder ist das so oder nicht, aber nicht gefühlt anders, das geht nicht.

  • Grundsätzlich halte ich ja auch die 2. Variante für richtig.
    Allerdings hätte die Masse gar nichts von dem Geld gesehen, hätte der Schuldner gleich die korrekten Zahlungen erhalten. Schließlich war er damals noch nicht in der Insolvenz. Insofern finde ich die Ansicht der Behörde vom Grundsatz her durchaus nachvollziehbar. Auch wenn jetzt natürlich §§ 35 und 36 InsO gelten ;)

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

    Einmal editiert, zuletzt von Maus (18. April 2012 um 14:33)

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