Verdienstausfall bei Selbständigen

  • Strafverfahren gegen Mandanten endete mit Freispruch. Kosten und Auslagen trägt Staatskasse.

    Mandant ist selbständig. Habe also für diesen Verdienstausfall in Höhe von 17,00 Euro pro Stunde geltend gemacht für Besprechungstermine bei uns sowie den Hauptverhandlungstermin. Jetzt kommt die Festsetzung. Es wurden nur 3,00 Euro gem. § 20 JVEG anerkannt mit dem Hinweis, daß nicht vorgetragen und nachgewiesen wurde, weshalb die Besprechungstermine nicht in die arbeitsfreie Zeit des Angeklagten gelegt wurden bzw. daß hierfür und auch im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins ein konkreter Verdienstausfall mit dem Höchststundensatz des § 22 JVEG entstanden ist.

    Hatte dem Gericht bereits vorab folgende Begründung zur Erstattungsfähigkeit geschrieben:

    "Der Angeklagte ist selbständig tätig.

    Die Entschädigung für Verdienstausfall ist in § 22 JVEG geregelt. Das JVEG sieht nicht vor, daß ein Nachweis hierüber geführt werden muß (Meyer/Höver/Bach, JVEG-Kommentar, 24. Auflage, § 22 Rn. 22.3). Selbständige Erwerbstätige haben im Allgemeinen ohne Nachweis einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall (a. a. O. Rn. 22.17), wobei hier auch vom Höchstsatz ausgegangen werden muß.

    Weiter wird auf die Entscheidung des OLG Hamm, Beschluß vom 15.12.2005 zu Aktenzeichen 4 Ws 357/05 verwiesen, wonach Selbstständigen in aller Regel ein Verdienstausfall bis zum gesetzlichen Höchststundensatz, der als Entschädigung für Verdienstausfall gem. § 22 S. 1 JVEG zugebilligt werden kann, auch ohne Nachweis - der auch nur schwer zu führen wäre – zuzuerkennen ist (vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 22 Rn. 22.17 lit. b; KG Berlin, Beschl. v. 28.04.1992 – 1 W 1703/92 = juris). Ein Selbstständiger erleidet als Zeuge während seiner Heranziehung einen echten Verdienstausfall und nicht nur einen Vermögensschaden, der als solcher nicht nach § 22 JVEG zu entschädigen wäre (Zimmermann, JVEG, § 22 Rn. 4 m.w.N.).

    Die Privatentnahmen spielen insoweit keine Rolle, da sie sich für die Gewinn- und Verlustrechnung nicht auswirken.

    Die Parteiauslagen sind damit antragsgemäß festzusetzen."

    Erinnerung gegen Kürzung auf Zeitversäumnis i.H.v. 3,00 Euro pro Stunde. Hier habe ich auf obige Ausführungen verwiesen und weiter mitgeteilt, daß Besprechungen in der arbeitsfreien Zeit des Angeklagten nicht möglich waren, da dann auch dann unser Büro - ebenfalls Selbständigkeit - geschlossen ist.

    So, heute kam Schreiben des Gerichtes wie folgt:

    "... wird vor Entscheidung über das Rechtsmittel nochmals Gelegenheit gegeben den tatsächlichen Verdienstausfall für die betreffenden Zeiträume nachzuweisen. Entgegen der Auffassung im Schreiben vom ... (meine Ausführungen in #1) geht das Gericht nicht davon aus, daß bei Selbständigen generell der Höchststundensatz bei der Festsetzung der Entschädigung für Verdienstausfall anzusetzen ist. Aus der Staatskasse sind prinzipiell, wie auch im Kostenausspruch formuliert, nur die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu erstatten. Aus diesem Grunde ist für eine entsprechende Festsetzung die Vorlage von Nachweisen (z.B. Auftragserteilung für die selbständige Tätigkeit an den Antragsteller für die betreffenden Zeiträume, Betriebswirtschaftsanalyse zum Nachweis des Verdienstes oder auch eine Vereinbarung über den Stundensatz mit dem Autraggeber für die betreffenden Zeiträume) unerläßlich."

    Verstehe es nicht wirklich. Vielleicht kann mir einer weiterhelfen.

    Sorry, daß es etwas umfangreich geworden ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Liesel (30. Mai 2012 um 15:18)

  • Da muß man wohl aus dem konkreten Einzelfall heraus argumentieren und nicht mit allgem. Rspr.
    Hatte mal einen Tätowierer und da kam auch der Einwand vom Revisor, dass er ja seine Tätowiertermine anders legen kann und gar keinen konkreten Ausfall hatte. Anwältin hat dann argumentiert, dass er auch in der kundenfreien Zeit selbstst. Arbeiten verrichten muß, z.B. Sterilisation der Geräte usw. Hat dann 17,-- € bekommen.

    Würd auch noch beantragen, dass eine weitere Beschwerde zugelassen wird. Das LG ist viell. wieder anderer Ansicht.
    Du zitierst ja auch schon einen Kommentar, wo auf eine andere Ansicht verwiesen wird.

    Vielleicht sind dem Richter bei Dir beide Ansichten egal und er hat seine eigene Meinung. Die hat er ja auch schon kund getan. Und nur die ist zunächst entscheidend, nicht die vom OLG Hamm. Deshalb mußt Du im Hinblich auf den konkreten Einzelfall heraus argumentieren. Dazu müßte man wíssen, welche Tätigkeit Dein Mandant ausübt.

  • Ich kann nachvollziehen, dass bei Selbstständigen nicht generell 17,- EUR/h angesetzt werden und würde eine derartige Pauschalierung auch nicht für gerechtfertigt halten.

    Abgesehen davon, dass sicher manche Selbstständige ihre Arbeitszeit so einteilen können, dass Besprechungstermine mit dem RA oder Termine bei Gericht nicht in die Arbeitszeit fallen, habe ich auch schon diverse Selbstständige erlebt, die mit Vorlage des Bescheides über ergänzendes ALG II Beratungshilfe beantragten.

    Daher sollte bei Selbstständigen nicht generell unterstellt werden, dass es diesen wirtschaftlich prima geht und sie auf jeden Fall mehr als 17,- EUR Stundenlohn erzielen.

  • Nicht mal wenn er schwarz arbeitet wird er einen Ausfall von 17 € pro Stunde haben :teufel:

    Da müßte man wirklich konkret darlegen, dass er z.B. genau um diese Zeit (Zeit der Terminsteilnahme) immer bei der Wohnanlage XY Schnee räumt etc. etc. Das kommt in Betracht, wenn er feste Auftraggeber hat, bei denen er immer die gleichen Arbeiten termingerecht machen muß. Oder er kann gerade am Terminstag einen einmaligen Auftrag nachweisen, bzw. glaubhaft machen, dass er genau an diesem Tag dies oder das machen wollte...

    Wenn er sich seine Arbeiten auch anders legen kann.... würd ich ihm vermutlich auch nur 3 € geben.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!