Ermittlung der Vermächtnisnehmer

  • Hallo,

    habe eine ganz praktische Frage:

    Es liegt ein Testament vor, in welchem eine Person als Alleinerbe eingesetzt ist.
    Vermögen ist nur noch vorhanden Sparhaben in beträchtlichem Umfang. Der Alleinerbe hat die Erbschaft angenommen:

    Folgende Formulierung im Testament:
    " Die gesetzlichen Erben beider Ehegatten erhalten als Vermächtnis zu gleichen Teilen das vorhandene Sparguthaben".

    Die Ermittlung der gesetzlichen Erben gestaltet sich äußerst schwierig wenn nicht unmöglich. Es geht bis in die Erben der 3. Ordnung.

    Frage:
    Muss ich als Nachlassgericht alle Vermächtnisnehmer in wahrscheinlicher jahrelanger Kleinarbeit ermitteln?
    Kann ich zur Ermittlung eine Nachlasspflegschaft anordnen wenn der Alleinerbe zustimmt?
    Kann ich als Nachlassgericht selbständig einen Erbenermittler beauftragen zur Ermittlung der VERMÄCHTNISNEHMER.

    Danke für Eure Antworten schon jetzt.

  • Also für mich ist hier nicht klar, ob der "Allein-Erbe" wirklich Erbe ist. Das sieht jetzt gerade eher danach aus, als wären die gesetzlichen Erben der beiden Ehegatten zu testamentarischen Erben berufen, obwohl sie vielleicht nur als Vermächtnisnehmer bezeichnet sind, was ja unschädlich ist.

    Wenn dem so ist, dann ist das ein klarer Fall für eine Nachlasspflegschaft aber mit dem Ziel die Erben zu ermitteln!

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de


  • Es liegt ein Testament vor, in welchem eine Person als Alleinerbe eingesetzt ist.
    Vermögen ist nur noch vorhanden Sparhaben in beträchtlichem Umfang. Der Alleinerbe hat die Erbschaft angenommen:

    Folgende Formulierung im Testament:
    " Die gesetzlichen Erben beider Ehegatten erhalten als Vermächtnis zu gleichen Teilen das vorhandene Sparguthaben".

    Leider ist der Satz im Beitrag etwas verunglückt...aber verstehe ich richtig: Der Nachlass besteht derzeit im Wesentlichen nur noch aus dem Sparguthaben, das laut Testament an die "Vermächtnisnehmer" gehen soll, ja? Was erbt denn dann der eingesetzte Erbe?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Es wird zu klären sein, welchen Inhalt der Vermächtnisanspruch überhaupt hat. Dafür könnten folgende Umstände maßgeblich sein:

    Wie hoch war das Sparguthaben im Zeitpunkt der Testamentserrichtung und wie hoch im Zeitpunkt des Erbfalls?

    Handelt es sich im Vergleich der Zeitpunkte von Tetamentserrichtung und Erbfall überhaupt um ein und dasselbe Sparguthaben (Kontonummer) bei ein und derselben Bank?

    Sollte sich das Vermächtnis auf alle Sparguthaben -gleich wann und wo angelegt- erstrecken?

    Ist "das vorhandene Sparguthaben" im Testament näher bezeichnet?

  • Cromwell: Und genau darum, weil eben nicht klar ist, wer Erbe ist, würde ich eine Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB anordnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • So wie ich den Sachverhalt verstehe, hat sich das Nachlassgericht aber bereits im Hinblick auf den Eintritt der Erbfolge festgelegt, denn sonst würde der Passus keinen Sinn machen, wonach der eingesetzte Alleinerbe die Erbschaft angenommen hat. Unter dieser Prämisse kann man schlecht eine Kehrtwendung machen und auf einmal behaupten, dass der Erbe unbekannt sei.

  • Ich frage mich, ob die Erblasser mit den "gesetzlichen Erben" nur die Abkömmlinge gemeint hat. Wer setzt denn Vermächtnisse in die 3. Erbordnung aus? Dazu müsste es zunächst Abkömmlinge gegeben haben, die weggefallen sind. Dann wäre es gut, wenn es weitere Anhaltspunkte dafür gäbe, was sich die Erblasser gedacht haben.

    Ist das Vermächtnis nach dem Schlusserbfall bei gegenseitiger Erbeinsetzung angeordnet oder lebt noch ein Ehegatte?

  • So wie ich den Sachverhalt verstehe, hat sich das Nachlassgericht aber bereits im Hinblick auf den Eintritt der Erbfolge festgelegt, denn sonst würde der Passus keinen Sinn machen, wonach der eingesetzte Alleinerbe die Erbschaft angenommen hat. Unter dieser Prämisse kann man schlecht eine Kehrtwendung machen und auf einmal behaupten, dass der Erbe unbekannt sei.

    Genau das bezweifel ich. Ich glaube, das Gericht hat sich darüber keine Gedanken gemacht sondern den als Erben im Testament bezeichneten Herrn einfach so behandelt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Nun ja, zunächst müssen wir natürlich einmal vom mitgeteilten Sachverhalt ausgehen, aus dem ich im Übrigen auch ableite, dass nunmehr der Überlebende der testierenden Ehegatten verstorben ist und keine Abkömmlinge vorhanden sind (Erbe also ein Dritter ist).

  • Habe folgendes Problem "geerbt":

    Ehegatten haben sich in einem Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.

    Auf den Tod des Überlebenden haben wir eine Schlusserbeinsetzung und diverse Vermächtnisse, u.a. zu Gunsten der "Verwandten der Ehefrau, die ihre gesetzlichen Erben wären, zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Vermächtnisse".

    Die Ehefrau hat keine Abkömmlinge, der Ehemann hat Abkömmlinge (wovon aber im Erbvertrag nix steht).

    Ehefrau ist Januar 2014 verstorben.
    Zuständiger Nachlassrichter hat den Erbvertrag eröffnet und den Inhalt in einer Eröffnungsverhandlung im Beisein des Ehemannes dem Ehemann als Alleinerben mitgeteilt. Die gesetzlichen Erben der Ehefrau (Seitenverwandschaft) hat der Nachlassrichter nicht ermittelt und insoweit den Erbvertrag auch niemandem mitgeteilt.

    Nunmehr (im April 2014) stirbt der Ehemann unter Hinterlassung von 2 Abkömmlingen (wie gesagt: im Erbvertrag steht von denen nichts).

    Erbe des Ehemannes wird ein eingetragener Verein (der als solcher nicht existiert). Es gibt aber eine Stiftung, die (lt. Internetrecherche) einen ähnlichen Namen führt. Der den Erbvertrag beurkundende Notar hat aber bei der Errichtung des Erbvertrags bei dem eingetragenen Verein (der jetzt Alleinerbe des Ehemannes werden soll) keinen Sitz bzw. keine sonstigen Anhaltspunkte angegeben. Es heißt halt: "Sollte der Ehemann der Überlebende sein, setzt er zum Alleinerben ein: den x. e.V."

    Sei es wie es ist: der Erbe ist (zumindest derzeit) unbekannt.

    Diesbezüglich wurde zwischenzeitlich Nachlasspflegschaft angeordnet. Aufgabenkreis des Nachlasspflegers: Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, Ermittlung der Erben.

    Problem: Die Vermächtnisse zu Gunsten der Verwandten der im Januar 2014 verstorbenen Ehefrau (deren gesetzliche Erben zum jetzigen Zeitpunkt). Wie gesagt, den Nachlassakten kann nichts entnommen werden. Werde versuchen über Geburtsstandesamt und den dortigen Geburtseintrag an die Namen der Eltern der Ehefrau zu kommen. Vielleicht kann dann deren letzter Wohnsitz ermittelt werden, ggf. über evtl. noch vorhandene Nachlassakten die Erben der ebenfalls vorverstorbenen Eltern).

    Der bestellte Nachlasspfleger wird die Vermächtnisnehmer nicht ermitteln (müssen).

    Deshalb meine Frage:
    Wie weit muss das Nachlassgericht Ermittlungen anstrengen, an die Vermächtnisnehmer zu kommen, um seiner Mitteilungspflicht nachzukommen? Wie gesagt: aus keiner der beiden Nachlassakten ergeben sich Anhaltspunkte auf die gesetzlichen Erben. Aus den Akten der im Januar 2014 verstorbenen Ehefrau nicht einmal Hinweis, dass Abkömmlinge nicht vorhanden sind.

    Müsste nicht das Betreuungsgericht im Rahmen eines betreuungsgerichtlichen Zuweisungsverfahrens auf entsprechenden Hinweis seitens des Nachlassgerichts einen Pfleger für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB) bestellen? Das Vermächtnis beinhaltet Grundbesitz.

    :) Zuständig wäre der Nachlassrichter -jetzt als Betreuungsrichter-, der im Januar 2014 in Kenntnis des Wortlauts des Erbvertrags in Anwesenheit des Ehemannes den Erbvertrag eröffnet hat und außer dem -seit GNotKG nicht mehr erforderlichen- Nachlasswert keine Erklärungen des Ehemannes protokolliert hat (nicht mal eine Annahmeerklärung des jetzt verstorbenen Ehemannes).

  • Ich teile die Ansicht, dass der Nachlasspfleger nicht zur Ermittlung der Vermächtnisnehmer berufen ist, weil es sich dabei um die Verwandten der Ehefrau handelt und diese keinesfalls als gesetzliche Erben des Ehemannes in Betracht kommen. Zudem würden sich die - gleich welchen - Erben schön bedanken, wenn der Nachlasspfleger auf ihre Kosten die Vermächtnisnehmer ermitteln würde.

    Demzufolge ist die Pflegschaft nach § 1913 BGB für die unbekannten gesetzlichen Erbprätendenten (= die unbekannten Vermächtnisnehmer) der richtige Weg. Ich würde aber zunächst versuchen, von den Kindern des Erblassers diesbezügliche Auskünfte zu erlangen. Denn es ist in der Regel unwahrscheinlich, dass diese nicht einmal einen einzigen Verwandten der Stiefmutter kennen. Und wenn man diesen einen Verwandten hat, kommt man meist auch zur übrigen Verwandtschaft.

  • Wäre ich der Nachlasspfleger, würde ich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses beim Betreuungsgericht die Bestellung eines Pflegers nach § 1913 BGB beantragen.

    Natürlich muss ich nicht die Vermächtnisnehmer ermitteln, aber ich hätte ja als NLP bis zur Geltendmachung des Vermächtnisses den gesamten Nachlass zu verwalten, so dass hier wohl insbesondere für die Immobilie auch nicht unerhebliche Verwaltungskosten entstehen dürften, die letztlich die Erben und nicht die Vermächtnisnehmer zu tragen hätten.

    Da die Vermächtnisansprüche aber (ohne Kenntnis der Vermächtnisnehmer vom Anspruch) nicht verjähren, wäre der Nachlass ggf. lange Zeit zur Verwaltung verpflichtet und es bestünde immer eine latente Gefahr, dass die Vermächtnisse irgendwann zu erfüllen wären.

    Ich halte es daher durchaus für eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme, wenn man hier als NLP das Ziel verfolgt, dass die Vermächtnisnehmer Kenntnis vom Anspruch haben (über den 1913-Pfleger) und dann zumindest einmal die Verjährung zu laufen beginnt.

    Gleichwohl hat sicher das Nachlassgericht über § 348 III FamFG eine eigene Möglichkeit, beim Betreuungsgericht eine Pflegschaft für die nicht (einfach) ermittelbaren Beteiligten (Vermächtnisnehmer) anzuregen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Nach der Kommentierung im Keidel zu § 348 FamFG kann die Ermittlung unterbleiben, wenn Namen und Anschriften nur aufwändig zu ermitteln sind. Die Bestellung eines Pflegers ist in der Regel nicht veranlasst.

    Das mag im Einzelfall für enterbte gesetzliche (und nicht pflichtteilsberechtigte) Erbprätendenten im Rahmen der Beteiligung im Nachlassverfahren gelten, nicht aber für Vermächtnisnehmer.

  • Nach der Kommentierung im Keidel zu § 348 FamFG kann die Ermittlung unterbleiben, wenn Namen und Anschriften nur aufwändig zu ermitteln sind. Die Bestellung eines Pflegers ist in der Regel nicht veranlasst.

    Das mag im Einzelfall für enterbte gesetzliche (und nicht pflichtteilsberechtigte) Erbprätendenten im Rahmen der Beteiligung im Nachlassverfahren gelten, nicht aber für Vermächtnisnehmer.

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