Neuerwerb im noch laufenden Insolvenzverfahren nach RSB

  • Die Begründung zum RegE versteht den BGH in erstgenanntem Sinne.

    Zitat von Begr. RegE S. 50/51

    Der Bundesgerichtshof hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 3. Dezember 2009 (IX ZB 247/08) Direktiven zum Verfahren in diesen Fällen aufgestellt. Dabei hat er auch die Zugehörigkeit des Neuerwerbs zur Insolvenzmasse auf die Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Absatz 2 Satz 1 InsO beschränkt. Mit dem Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung soll danach der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb entfallen, wenn dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren Restschuldbefreiung erteilt wird. Allerdings hat der Insolvenzverwalter den pfändbaren Neuerwerb bis zur rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung einzuziehen und für die Masse zu sichern.
    Der Gesetzentwurf übernimmt insoweit die vom Bundesgerichtshof entwickelte Lösung. Denn aus dem Regelungszweck des § 287 Absatz 2 InsO folgt, daß der Masse die Abtretung beziehungsweise der Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist nicht mehr zugute kommen soll, wenn Restschuldbefreiung erteilt wird. Andernfalls würden die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen durch die Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation verwandelt werden (§ 301 Absatz 3 InsO), nicht gerechtfertigte Vorteile erlangen, die lediglich aus der längeren Laufzeit des Insolvenzverfahrens resultieren. Zudem würden sie die Befriedigungsaussichten der Gläubiger schmälern, denen nach § 302 InsO eine privilegierte Forderung zusteht.

  • Der Sinn eines "finalen Cuts" scheint klar zu sein, wird aber im letzten Teil des zweiten Satzes wieder auslegungsfähig bzw. unklar.


    Zitat von § 300a InsO (RegE)

    Wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist ... erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse.

    Satz 1 gilt nicht für Vermögensbestandteile, die aufgrund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden oder die aufgrund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits
    oder aufgrund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören.




    Denn was ist, wenn der Verwalter z.B. einen Betrieb zur Masse fortführt, die Laufzeit der Abtretungserklärung abgelaufen und die RSB erteilt ist, er das Verfahren aber nicht abschließt oder einfach nicht abschließen will? Weitere "1000 Jahre Fortführung" unter Insolvenzbeschlag unter Verhinderung des gesetzlich gewollten Neustarts nach sechs Jahren?


  • Denn was ist, wenn der Verwalter z.B. einen Betrieb zur Masse fortführt, die Laufzeit der Abtretungserklärung abgelaufen und die RSB erteilt ist, er das Verfahren aber nicht abschließt oder einfach nicht abschließen will? Weitere "1000 Jahre Fortführung" unter Insolvenzbeschlag unter Verhinderung des gesetzlich gewollten Neustarts nach sechs Jahren?

    Wo ist den da die Diskrepanz ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Denn was ist, wenn der Verwalter z.B. einen Betrieb zur Masse fortführt, die Laufzeit der Abtretungserklärung abgelaufen und die RSB erteilt ist, er das Verfahren aber nicht abschließt oder einfach nicht abschließen will? Weitere "1000 Jahre Fortführung" unter Insolvenzbeschlag unter Verhinderung des gesetzlich gewollten Neustarts nach sechs Jahren?

    Wo ist den da die Diskrepanz ?

    Die sehe ich auch nicht.
    Aber das Prob: Grundstück, mal scheiß immo-preise vorausgesetzt, Mieten gehen dann an den Schuldner, Masseverbindlichkeiten gehen dann weiter.... oki, selten auftretender Fall, aber ich hab schon Verfahren erlebt, bei denen keine Grundlasten mehr drauf sind...
    aber egal, die beim BGH und BMJ werden dafür bezahlt, schlau zu sein, ich ziehe mich in das schneckenhaus meiner dummheit zurück :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Hat jemand schon ein "asymmetrisches" Verfahren gehabt, bei dem zum Stichtag der Schuldner noch fortgeführt wurde? Was ist denn dann mit dem fortgeführten Gewerbe, das kann ja wohl kaum per Stichtag 6 Jahre quasi automatisch, ohne eine explizite Freigabeerklärung des Verwalters, aus dem Insolvenzbeschlag herausfallen.

  • Dieser Konstellation sind wir begegnet, in dem man zu einem "guten" Zeitpunkt, nah am Ablaufzeitpunkt den Betrieb freigegeben haben, um so in erster Linie eine saubere Abgrenzung der Masseverbindlichkeiten hinzubekommen. Ansonsten hätte man die Problematik der Einnahmeverwahrung vs. Kosten der BFF, was dann zu GOA und sonstigen Spassbringern führt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hat jemand schon ein "asymmetrisches" Verfahren gehabt, bei dem zum Stichtag der Schuldner noch fortgeführt wurde? Was ist denn dann mit dem fortgeführten Gewerbe, das kann ja wohl kaum per Stichtag 6 Jahre quasi automatisch, ohne eine explizite Freigabeerklärung des Verwalters, aus dem Insolvenzbeschlag herausfallen.

    Solche Verfahren hatten wir jetzt in der Praxis schon ein paar. Egal welche Lösung man dann findet (Freigabe kurz vorher / automatische Freigabe durch Ablauf der 6 Jahre) so richtig glücklich bin ich mit keiner davon.
    Ergänzung: Wenn der aktuelle Gesetzentwurf durchgeht und u.U. nach nur 3 Jahren RSB erteilt wird, wird dieses Problem noch aktueller. Wie dass dann mit dem Ziel der InsO - bestmögliche Gläubigerbefriedigung - zusammenpasst, weiß ich nicht mehr so richtig.

    Einmal editiert, zuletzt von Queen (10. November 2012 um 20:39) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ergänzung: Wenn der aktuelle Gesetzentwurf durchgeht und u.U. nach nur 3 Jahren RSB erteilt wird, wird dieses Problem noch aktueller. Wie dass dann mit dem Ziel der InsO - bestmögliche Gläubigerbefriedigung - zusammenpasst, weiß ich nicht mehr so richtig.

    Wobei sich dann noch die Frage stellt, auf was sich der Prozentsatz bezieht. Was macht man denn mit den fdA, wenn die Immobile noch nicht verwertet ist? Da kommen wir doch gleich wieder auf das Problem des vermögenden Schuldners zurück, wie schon bei der IX ZB 247/08.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der BGH hat nun die Lösungskarte aufgedeckt:

    Nach Erteilung der Restschuldbefreiung im andauernden Insolvenzverfahren entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung, auch wenn er von dieser nicht erfasst wäre.
    BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - IX ZB 23/13

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Und ins neue Gesetz gegossen ist die Problematik auch schon. Haben die schon beim Gesetzentwurf gewusst, wie der BGH entscheiden würde?

  • Der BGH hat nun die Lösungskarte aufgedeckt:


    Nach Erteilung der Restschuldbefreiung im andauernden Insolvenzverfahren entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung, auch wenn er von dieser nicht erfasst wäre.
    BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - IX ZB 23/13

    Ich muss mal dieses alte Ding hochholen. Ich kann aus der Entscheidung leider nicht herauslesen, wie das mit Steuererstattungen aus dem Jahr der RSB-Erteilung ist. Muss man die aufteilen nach dem Zeitraum vor RSB-Erteilung (= Neuerwerb) und danach (= kein Neuerwerb)?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!