Auswahl Zwangsverwalter

  • Nach Lektüre der hier von Kai dankenswerterweise verlinkten Entscheidung des BGH bin ich schier vom Stuhl gekippt.

    Wie soll man denn zukünftig seine Zwangsverwalter bestellen? Muss man in jedem Verfahren eine Begründung schreiben, warum man Verwalter A und nicht Verwalter B, C oder D ausgewählt hat? :gruebel:

    Ich finde diese Entscheidung mehr als realitätsfremd.
    Klar, nicht jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, hat auch einen Anspruch drauf, als Zwangsverwalter bestellt zu werden. Aber er hat einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung und kann diese jederzeit überprüfen lassen.

    Wenn das so weiter geht, werde ich auch noch Zwangsverwalter. Ein paar Verfahren müssen sie mir ja geben :cool:.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

    Einmal editiert, zuletzt von hiro (8. August 2012 um 13:17)

  • Also wenn man mal von der Rechtsprechung ausgeht, die für Insolvenzverwalter bestellt, hat der jeweilige Zwangsverwalter einen Anspruch auf eine überprüfbare Entscheidung, generell von einem Gericht vorgesehen, d.h. auf eine Vorauswahlliste gesetzt, zu werden. Gleiches gilt, wenn ein Verwalter generell nicht mehr bestellt werden soll. Ein Anspruch auf die Bestellung in einem bestimmten Verfahren besteht dagegen generell nicht. Deine Befürchtungen sind also umsonst.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ja, aber ...

    Wenn ich den Zwangsverwalter auf die Vorauswahl-Liste setze und ihn dann in keinem einzigen Verfahren bestelle. Was dann?
    Die Auslegung deines Beitrages lautet doch, dass ich, wenn ich eine bestimmte Person generell nicht bestelle, dies auch begründen muss.
    Oder?

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ja, das hat mich auch einigermaßen umgehauen. Ein "kaltes Delisting" kann es hier aber nicht geben, weil wir nicht mal ein "Listing" haben. Außerdem gibt's zur Zeit sowenig Zwangsverwaltungsverfahren, dass da nicht einmal ein Verwalter von satt wird. Der Vergleich mit Insolvenzverwaltern hinkt zudem, wie ich finde.

  • Vorab: Bei uns gibt es keine (offizielle) Liste.

    Genau dieselben Fragen habe ich mir bei der Lektüre des Beschlusses auch gestellt. Beantworten kann ich sie derzeit nicht.

    Das Beste wird sein erst mal abzuwarten, ob irgendjemand auf den Zug aufspringt. Wir haben hier ca. 100 Personen, die sich als zwnagsverwalter angeboten haben. Wenn ich da zu jedem schreiben soll warum er gerade nicht genommen wurde, brauch ich für den Anordnungsbeschluss alleine schon einen ganzen Tag.

    Also ruhig Blut bewahren und im Fall des Falles mal bei den Kollegen Richtern aus der InsO-Abteilung nachfragen, wie es dort gehandhabt wird. Die haben das Problem ja schon länger.

  • Der Vergleich mit Insolvenzverwaltern hinkt zudem, wie ich finde.

    Finde ich nicht, in beiden Fällen vergibt das Gericht als Monopolist Aufträge an Dritte.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der Vergleich mit Insolvenzverwaltern hinkt zudem, wie ich finde.

    Finde ich nicht, in beiden Fällen vergibt das Gericht als Monopolist Aufträge an Dritte.


    Finde ich schon, da es im Zwangsverwaltungsverfahren keine vergleichbare Vorschrift wie die des § 56 InsO und keine Verpflichtung zur Führung von Vorauswahllisten gibt. Im Zwangsverwaltungsverfahren kann jede beliebige geeignete natürliche Person zum Verwalter bestellt werden. Die muss das Amt dann nur noch annehmen.

    Was eine Begründung der Auswahl des Zwangsverwalters angeht: Auch die Auswahl des Insolvenzverwalters unterliegt keiner Begründungspflicht. Da würde ich mir also keinen Kopf machen.

  • Ja, aber ...

    Wenn ich den Zwangsverwalter auf die Vorauswahl-Liste setze und ihn dann in keinem einzigen Verfahren bestelle. Was dann?

    Dann gab es eben noch kein Verfahren, für das er besser geeignet war als der, der genommen wurde. Kommt aber bestimmt noch.

    Liste? Niemand hat die Absicht eine Liste zu führen...

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wir sind ein kleines Gericht und haben entsprechend wenig L-Verfahren.

    Ich habe ungefähr 6 Zwangsverwalter, die für mich arbeiten.
    Seit einigen Jahren führe ich eine Liste, damit ich die Zwangsverwalter gleichmäßig bestelle.
    Seit diesem Jahr habe ich die Liste umgestellt und schreibe mir auf, wieviel ein Zwangsverwalter im Jahr bei mir verdient. Entsprechend wird er nun genommen.

  • Wir sind ein kleines Gericht und haben entsprechend wenig L-Verfahren.

    Ich habe ungefähr 6 Zwangsverwalter, die für mich arbeiten.
    Seit einigen Jahren führe ich eine Liste, damit ich die Zwangsverwalter gleichmäßig bestelle.
    Seit diesem Jahr habe ich die Liste umgestellt und schreibe mir auf, wieviel ein Zwangsverwalter im Jahr bei mir verdient. Entsprechend wird er nun genommen.


    Kriterium sollte doch Leistung, Qualität, Spezialisierung, Ausstattung, Erreichbarkeit, höchstpersönliche Tätigkeit, Ortsnähe etc sein... (Ortsnähe=tatsächliche Nähe und nicht "Briefkopfnähe")
    In Charlottenburg sehen sich die Richter in InsO-Verfahren zunächst sehr genau das Büro/die Kanzlei vor Ort an...

  • Wir sind nur eine relativ kleine Stadt. Unsere Zwangsverwalter kommen alle aus den Nachbarstädten. Zwangsverwalter, die z. B. 100 km oder mehr von unserem Gerichtsbezirk wohnen, werden erst gar nicht bestellt.
    Mit der Arbeit der von mir bestellten Zwangsverwalter bin ich zufrieden. Erreichbar sind sie auch alle, jedenfalls für mich und Gläubiger und Schuldner haben sich noch nie beschwert.
    Mir jetzt irgendwelche Gründe aus den Fingern zu saugen, warum der eine Zwangsverwalter für das Verfahren besser sei als der andere, käme mir etwas konstruiert vor.


  • Mit der Arbeit der von mir bestellten Zwangsverwalter bin ich zufrieden. Erreichbar sind sie auch alle, jedenfalls für mich und Gläubiger und Schuldner haben sich noch nie beschwert.
    Mir jetzt irgendwelche Gründe aus den Fingern zu saugen, warum der eine Zwangsverwalter für das Verfahren besser sei als der andere, käme mir etwas konstruiert vor.


    Das finde ich an der BGH-Entscheidung im Übrigen auch durchaus bemerkenswert - der Beschwerdeführer wurde wegen Erpressung verurteilt. In zweiter Instanz wurde das Verfahren zwar eingestellt, aber eine Einstellung ist kein Freispruch. Natürlich weiß man nicht, was genau war, und selbstverständlich ist die Unschuldsvermutung eines der höchsten Rechtsgüter überhaupt, aber ob nach sowas die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit noch gegeben ist?

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ich bin ebenfalls fassungslos. Der Hang zur Erpressung setzt sich fort und wird auch noch honoriert.

    Wir haben schon mehrfach Personen nicht mehr berücksichtigt. Gerade bei Zwangsverwaltungen merkt man doch erst nach geraumer Zeit, ob alles so läuft, wie es soll. Ich spreche hier nicht von Fehlverhalten, was zu sanktionieren wäre.
    Zum Beispiel war eine Person so unterbeschäftigt, dass sie in jedem Verfahren seitenlange Berichte verfasst hat, sich um nicht gefugte Klinkerfassaden beim selbstgenutzten Eigenheim ohne Einkünfte gekümmert und bei jedem Pieps der Mieter oder Eigentümer sich persönlich zum Objekt bemüht hat. Die Folge waren Abrechnungen, die in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlich notwendigen Tätigkeit standen, ohne dass man konkrete Dinge hätte beanstanden bzw. kürzen können. Bei Anfängern drückt man da mal ein, zwei Augen zu, versucht aber durch vorsichtige Gespräche auf den richtigen Weg zu lenken. Merkt man, es nutzt nichts, sind vielleicht schon 2 Jahre ins Land gegangen. Wie will ich dem denn anders beikommen als durch Nichtbestellung ?

    In einem andern Fall haben wir bei einem bewährten Verwalter gemerkt, dass er nicht mehr das qualifizierte Personal im Hintergrund hatte und dadurch mehr und mehr schlampig gearbeitet wurde (säumige Berichte, fehlerhafte Abrechnungen pp), eine Summe von Kleinigkeiten. Das haben wir in persönlichen Gesprächen über Monate moniert, es wurde nur pauschal Besserung versprochen, aber nichts Konkretes zur Abhilfe dargelegt. Sollen wir den nun wieder bestellen und mindestens ein Jahr "ausprobieren"?
    Wir denken nicht daran, das Vertrauen ist dahin.

    Wie wäre denn aber nun der korrekte Weg: Müsste das Versteigerungsgericht dem betroffenen Verwalter mitteilen, aus den und den Gründen nehmen wir Sie nicht mehr ? Das haben wir aus Anstand ja bei Letzterem im persönlichen Gespräch geklärt, das muss ich doch nicht aktenkundig machen.

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