Fiktive Reisekosten des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts ?

  • Hallo liebe Forengemeinschaft,
    mich würde Eure Meinung zu meinem Fall interessieren:
    Es gibt einen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht A. Kläger ist B und Beklagter C. Dem Kläger B ist Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Anwalt D bewilligt. Die Bewilligung ist nicht auf die Bedingung eines ortsansässigen Rechtsanwalts beschränkt.
    Das Verfahren endet mit einem Vergeleich und einer Kostenquotelung.
    Der PKH-Anwalt D hat den Termin beim AG A nicht wahrgenommen, sondern den Verkehrsanwalt E eingeschaltet. E ist im Verfahren nie beigeordnet worden. Nun rechnet A für sich die Verfahrensgebühr und die AP sowie für den Verkehrsanwalt eine Terminsgebühr und Abwesenheitsgeld ab.
    Nach Rücksprache mit meinem Bezirsrevisor habe ich nur die Kosten des Hauptbevollmächtigten festgesetzt, also die Verfahrensgebühr und die Auslagenpauschale und die übrigen Positonen abgesetzt, da der Verkehrsanwalt von der PKH-Bewilligung nicht gedeckt war.
    Hiergegen hat der Rechtsanwalt D nunmehr Beschwerde eingelegt und macht nunmehr für sich eine VG, eine TG, AP sowie die fiktiven Fahrtkosten für sich selbst geltend. Die fiktiven Fahrtkosen sind höher als die Kosten des Unterbevollmächtigten !
    Die TG könnte ich mir vorstellen noch festzusetzen, da diese ja auch entsteht, wenn er mit der Gegenseite entsprechende Verhandlungen geführt hat ohne Beteiligung des Gerichts.
    Hinsichtlich der Fahrtkosten bin ich aber geneigt, der Beschwerde nicht abzuhelfen, da die Fahrtkosten ja nicht tatsächlich entstanden sind. Ich hab dazu aber noch keine passende Rechtsprechung gefunden - kann jemand vielleicht mit einer Fundstelle dienen ?
    Ich bin der Meinung, der Anwalt hätte sich eben vor Beendigung des Verfahrens darum kümmern müssen, dass auch der Verkehrsanwalt beigeordnet wird. Dass er dies nicht getan hat, ist sein eigenes Verschulden und kann nicht zu Lasten der Staatskasse gehen.

    Wie seht Ihr den Fall ?
    Besten Dank im Voraus
    hamburg

  • Die entscheidende Frage für mich ist hier, ob wir hier einen Unterbevollmächtigten oder einen Vertreter nach § 5 RVG haben.

    Von daher verwirrt mich die Bezeichnung "Verkehrsanwalt" ein wenig.

    Der Unterbevollmächtigte muss gesondert beigeordnet werden, da dieser gegen die Partei einen eigenen Gebührenanspruch hat. Durch eine Beiordnung tritt die Staatskasse an die Stelle der PKH-Partei.

    Der Vertreter nach § 5 RVG verdient die Gebühren für den Hauptbevollmächtigten. Gesonderte Reisekosten entstehen dabei nicht.

    Im Übrigen ist gegen die Absetzung der PKH-Vergütung zunächst nur die Erinnerung als Rechtsmittel gegeben, da du hier als UdG tätig wirst.

  • Der Anwalt E hat meines Wissens in Untervollmacht den Termin wahrgenommen (genau kann ich erst heut mittag sagen, ich hab momentan nur Kopien des KfA vorliegen, da ich gerade an meiner anderen Dienststelle bin; aber ich bin mir mit der Untervollmacht ziemlich sicher)

  • Gut, also schon mal kein "Verkehrsanwalt".

    Wichtig ist hier die Frage, wer den auftretenden RA E beauftragt hat. Danach kannst du dann ganz einfach feststellen, ob du eine Beiordnung brauchst oder nicht (s. #3).

    In jedem Fall kannst du ohne Beiordnung jedoch nicht mehr als VG + TG + Pauschale + Mwst. erstatten.

  • Gut, also schon mal kein "Verkehrsanwalt".

    Wichtig ist hier die Frage, wer den auftretenden RA E beauftragt hat. Danach kannst du dann ganz einfach feststellen, ob du eine Beiordnung brauchst oder nicht (s. #3).

    In jedem Fall kannst du ohne Beiordnung jedoch nicht mehr als VG + TG + Pauschale + Mwst. erstatten.

    In jedem Fall? Besagt die o.g. Entscheidung des KG nicht etwas anderes - ebenso § 46 Abs. 2 S. 2 RVG?

  • Ja, hab mir beim zweiten Lesen schon gedacht, dass das missverstanden werden kann.

    In jedem Fall bezieht sich auf die Beauftragung durch den Hauptbevollmächtigten selbst und zielt auf die Absetzung der fiktiven Reisekosten ab.

  • @Doppelte Halbtagskraft:
    So richtig nachvollziehen kann ich Deine Aussagen in #3 und #5 bisher nicht. Worauf stützen sich diese?

    In juris eingestellte Entscheidungen zur Frage, welche Kosten aus der Landeskasse zu erstatten sind/ erstattet werden können, wenn der beigeordnete RA einen Anwalt in Untervollmacht mit der Terminswahrnehmung beauftragt (BRAGO):

    OLG Zweibrücken, B. v. 30.01.2003 in 6 WF 7/03
    Brandenburgisches OLG, B. v. 06.06.1996 in 10 WF 131/95
    OLG Schleswig, B. v. 30.08.1984 in 9 W 79/84

  • Wenn ich die Fundstelle von Little Steven richtig interpretiere, müsste ich der Erinnerung doch abhelfen, weil die Kosten für den Unterbevollmächtigen geringer sind als die fiktiven Reiskosten ? So verstehe ich fast auch Mayer/Kroiß RVG § 46 Rdn. 90.

    Hat der beigeordnete RA seine Auslagen für den Unterbevollmächtigten belegt - sprich liegt die Rechnung des Unterbevollmächtigten vor?
    Welche Position vertritt denn nun der Bezirksrevisor, nachdem ein Rechtsmittel vorliegt?

  • ...

    In juris eingestellte Entscheidungen zur Frage, welche Kosten aus der Landeskasse zu erstatten sind/ erstattet werden können, wenn der beigeordnete RA einen Anwalt in Untervollmacht mit der Terminswahrnehmung beauftragt (BRAGO):

    OLG Zweibrücken, B. v. 30.01.2003 in 6 WF 7/03
    ...

    Das OLG Zweibrücken sagt:

    Entweder du beauftragst einen Vertreter (noch nach § 4 BRAGO, heute § 5 RVG) oder du fährst selbst zum Termin.

    Ein Unterbevollmächtigter im Auftrag der Partei mit der Konsequenz der Gebühren nach Nr. 3401, 3402 VV-RVG wird nicht beigeordnet.

    Ich habe bisher ebenfalls nichts anderes gesagt. Der eigentliche Bevollmächtigte kann einen Vertreter beauftragen und durch diesen die Terminsgebühr verdienen, § 5 RVG. Dies wäre durch seine Beiordnung gedeckt.

    Ein echter Unterbevollmächtigter hat einen eigenständigen Gebührenanspruch, der sich unmittelbar gegen die Partei bei Beiordnung unmittelbar gegen die Staatskasse richtet. Diese Kosten kann der Hauptbevollmächtigte nicht verlangen, es sei denn er verfügt über eine entsprechende Vollmacht. Hat die Partei selbst also den UBV beauftragt, scheidet ohne Beiordnung (und Vollmacht) eine Erstattung an den Hauptbevollmächtigten ganz aus.


  • Wie steht es denn mit § 46 Abs. 2 S. 2 RVG? Der beigeordnete Anwalt macht die Ihm als Auftraggeber von dem Unterbevollmächtigten in Rechnung gestellten Kosten als Auslagen geltend?

  • Du meinst Satz 3, oder? Du willst die Kosten für die Beauftragung des Vertreters als Aufwendungen gegenüber der Partei / bei PKH ggü. der Staatskasse geltend machen, richtig?

    Dies dürfte nicht möglich sein, da es sich ausschließlich um Kosten des RA handelt und nicht um die Kosten der Partei. Der RA erhält die Terminsgebühr, welche der Terminsvertreter für ihn verdient. Wie der Vertreter dafür vergütet wird, ist weder das Problem der Partei noch der Staatskasse. Das machen RA und Vertreter im Innenverhältnis aus.

    Edit:
    Ausnahme: der RA beauftragt den UBV im Namen der Partei. Dann braucht er aber trotz alledem für den UBV eine Beiordnung.

  • Ich merks nur am Rande an, aber das sind genau die Probleme, aufgrund derer ich mir angewöhnt habe, bei Beiordnung und weiter entfernten Gerichten den Antrag zu stellen, unter Abänderung des PKH-Beschlusses einen dort ansässigen RA als PB und meine Chefin als Verkehrsanwältin beizuordnen... ;)

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Du meinst Satz 3, oder? Du willst die Kosten für die Beauftragung des Vertreters als Aufwendungen gegenüber der Partei / bei PKH ggü. der Staatskasse geltend machen, richtig?

    Dies dürfte nicht möglich sein, da es sich ausschließlich um Kosten des RA handelt und nicht um die Kosten der Partei. Der RA erhält die Terminsgebühr, welche der Terminsvertreter für ihn verdient. Wie der Vertreter dafür vergütet wird, ist weder das Problem der Partei noch der Staatskasse. Das machen RA und Vertreter im Innenverhältnis aus.

    Edit:
    Ausnahme: der RA beauftragt den UBV im Namen der Partei. Dann braucht er aber trotz alledem für den UBV eine Beiordnung.

    @ Doppelte Halbtagskraft:
    Kannst Du Deine Aussagen bitte einmal durch Literatur oder Entscheidungen untermauern?

    Zitat aus der o.g. Entscheidung des KG:
    "Zu den notwendigen Pflichten der beigeordneten Rechtsanwältin gehörte die Vertretung des Klägers in den Terminen vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Diese konnte sie entweder selbst wahrnehmen, wodurch entsprechende Reisekosten entstanden wären, die von der Landeskasse als Auslagen nach § 126 BRAGO zu erstatten gewesen wären, wie auch vom Amtsgericht in den angefochtenen Entscheidungen zutreffend angenommen. Oder sie konnte einen in Berlin ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der Termine beauftragen, wie hier geschehen. Dieser hat mangels Beiordnung keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse. In diesem Fall sind die Kosten des Unterbevollmächtigten als notwendige Auslagen ebenfalls nach § 126 BRAGO grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. z. B. OLG München JurBüro 1980, 1694; v. Eicken in: Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Auflage, § 126 Rn 23 a.E.). Der Höhe nach sind sie allerdings durch die ersparten Reisekosten begrenzt."

  • Ich habe hier gerade mal eine Entscheidung des Brandenburgischen OLG gefunden:
    http://www.brandenburg.de/sixcms/media.php/4250/10 WF 045-07.pdf
    Und ich verschiebe das mal ins PKH-Unterforum.

    Wie trefflich.
    Die Problematik stellt sich allerdings auch in der Kostenfestsetzung nach § 126 ZPO und selbst dann wenn der beigeordnete Anwalt die Festsetzung der Kosten nicht im eigenen Namen sondern nach § 104 ZPO für seinen Mandanten beantragt. Siehe insoweit Ausgangsfall:
    Vergleich und Kostenquotelung (möglicherweise haben sowohl der beigeordnete Anwalt als auch der unterbevollmächtigte Anwalt eine Einigungsgebühr verdient).

  • Gut, ich gebe mich geschlagen.

    Sind die Kosten des von der Partei oder im Namen der Partei beauftragten UBV geringer als die fiktiven Kosten des Hauptbevollmächtigten bei Selbstwahrnehmung des Verhandlungstermins, brauche ich keine Beiordnung, weil die Kosten des UBV als notwendige Auslagen nach § 46 RVG geltend gemacht werden können (OLG Brandenburg, Beschluss vom 5.3.2007, 10 WF 45/07 beldel war schneller).

    Beauftragt der RA jedoch einen Vertreter nach § 5 RVG, bleibt es dabei, dass nur die Terminsgebühr und keine weiteren Kosten zu erstatten sind.

  • Gut, ich gebe mich geschlagen.

    Sind die Kosten des von der Partei oder im Namen der Partei beauftragten UBV geringer als die fiktiven Kosten des Hauptbevollmächtigten bei Selbstwahrnehmung des Verhandlungstermins, brauche ich keine Beiordnung, weil die Kosten des UBV als notwendige Auslagen nach § 46 RVG geltend gemacht werden können (OLG Brandenburg, Beschluss vom 5.3.2007, 10 WF 45/07 beldel war schneller).

    Beauftragt der RA jedoch einen Vertreter nach § 5 RVG, bleibt es dabei, dass nur die Terminsgebühr und keine weiteren Kosten zu erstatten sind.

    Nicht nur OLG Brandenburg (s.o.).

    Ferner ist die Aussage zu § 5 RVG in ihrer Allgemeinheit nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zutreffend.

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