Testamentsvollstreckung oder nicht?

  • Antrag auf Grundbuchberichtigung wegen Erbfolge durch den Erben. Es liegen vier notarielle Testamente vor:

    1. Zu Erben werden Sohn A und Nichte B eingesetzt; Vermächtnisse werden bestimmt; Testamentsvolltreckung wird angeordnet; TV ist RA X

    2. TV wird A

    3. Die Erbeinsetzung wird geändert: A wird Alleinerbe

    4. Die Bestimmungen über die Testamentsvollstreckung werden neu gefasst: "Aufgabe des TV ist es, den Nachlass zwischen den Erben entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen auseinander zu setzen und bis dahin zu verwalten. Dazu zählen u. a. auch die Abwicklung der Rechtsverhältnisse mit meinem Vermieter, Banken, Versicherungen, Bestattungsinstitut etc. sowie die Auflösung des Hausstandes. TV ist RA Y. Der TV erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung von 3% des Nachlasswertes. Kein Ersatz-TV".

    Mit den Bestimmungen im 4. Testament komme ich jetzt irgendwie nicht darauf, warum das Grundstück der Verwaltungsbefugnis des TV unterliegen soll. Eine Auseinandersetzung gibt es mangels Erbengemeinschaft nicht, und anlässlich des Todesfalls abzuwickelnde Rechtsverhältnisse gibt es nicht, wenn man mal von der Grundbuchberichtigung absieht, die der Erbe nunmehr nach Ablauf der Frist des § 60 IV KostO beantragt hat, nachdem sich der TV zuvor hier nie gerührt hat. Ich neige daher dazu, den Testamentsvollstreckervermerk vorliegend nicht einzutragen und dem RA Y hierüber eine Mitteilung zukommen zu lassen. Meinungen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich würde einen Testamentsvollstreckervermerk eintragen, stelle dir doch einmal vor, dass die Banken oder Versicherungen noch hohe Ansprüche gegen den Erblasser haben könnten und in der sonstigen Nachlassmasse ist kein Vermögen vorhanden, dann ist es doch nicht ausgeschlossen , dass der TV zur Begleichung der Schulden evt. auch auf das Grundstück zurückgreifen muss.

  • Grundsätzlich sicher richtig. Soweit dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses unterliegt, ist er für die Begleichung der Verbindlichkeiten zuständig. Sie können grds. auch gegen ihn geltend gemacht werden (§ 2213 BGB). Insofern muß er zur Not auch berechtigt und in der Lage sein, die Nachlassmasse zur Begleichung der Verbindlichkeiten zu veräußern. Nur hier denke ich ebenfalls, daß die Anordnung ins Leere läuft. Ohne Erbengemeinschaft gibt es keine Auseinandersetzung und damit auch kein "bis dahin".

  • Wenn es zutrifft, dass Testament Nr. 4 zeitlich nach Testament Nr. 3 errichtet wurde, würde ich mir die Frage stellen, ob Testament Nr. 4 nicht auch einen Widerruf von Testament Nr. 3 beinhalten könnte.

    Schon einmal einen Blick in die Nachlassakten geworfen? Wenn ein Nachlassgericht in Bayern zuständig ist, findet sich in den Akten sicher etwas zur Frage der TV (amtliche Erbenermittlung).

  • Im (zeitlich nach Testament Nr. 3 errichteten) 4. Testament steht klar, dass die vorherigen Bestimmungen mit Ausnahme der nachstehend getroffenen Änderungen aufrechterhalten bleiben. Also kann Testament Nr. 3 nicht aufgehoben worden sein.

    Aus den Nachlassakten ergibt sich, dass ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt wurde. Irgendwelche Einschränkungen sind darauf nicht vermerkt. Bislang ist es nicht eingezogen worden, der TV hat sich zur Nachlassakte auch nicht mehr gemeldet.

    Ob es für die Führung der Nachlassangelegenheit bei dem (nicht unserem) Nachlassgericht von Bedeutung ist, dass wir bislang keine Mitteilung nach § 83 GBO bekommen haben, obwohl das Nachlassverzeichnis den hiesigen Grundbesitz nennt? Aber das sehe ich wohl zu eng ...

    Ach ja, als Sahnehäubchen, obwohl es mit der Sache an sich nichts zu tun hat: Alle vier Testamente sind beim gleichen Notar beurkundet worden.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Da das TV-Zeugnis keine Beschränkungen enthält, ist die Sache nach meiner Ansicht klar. Denn ein inhaltlich unbeschränktes Zeugnis kann nur erteilt werden, wenn die Testamentsvollstreckung die Regelwirkungen des § 2211 Abs.1 BGB im Hinblick auf den gesamten Nachlass hat.

    Es fragt sich demnach aus grundbuchrechtlicher Sicht nicht, ob sich die TV auf den Grundbesitz bezieht (das ist nach dem Inhalt des Zeugnisses der Fall), sondern ob sie inzwischen wieder beendet ist. Für letzteres fehlen derzeit ausreichende Anhaltspunkte, zumal die Nachlassakten insoweit "schweigen".

    Man könnte aber eine Mittellösung wählen und sowohl den Alleinerben als auch den TV zur Frage der Eintragung des TV-Vermerks anhören. Je nachdem, wie darauf reagiert wird, stellt sich dann die Frage, ob der TV-Vermerk vielleicht doch nicht einzutragen ist und wie die etwaige Beendigung der TV nachzuweisen wäre.

  • Die ursprünglich dem TV zugedachte Aufgabe, die Erbauseinandersetzung zu betreiben, ist zwar durch die Alleinerbeneinsetzung des A. obsolet geworden. Aber lt. 1. Testament sind ja auch Vermächtnisse angeordnet. Der Alleinerbe kann zum Vermächtnisvollstrecker bestimmt werden. Reimann führt dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 2223 Randnummern 18 ff aus:

    „…..Der Alleinerbe kann zum Vermächtnisvollstrecker iSv § 2223 bestellt werden (Winkler Rn 163; KGJ 33, A 163; KGJ 48, A 142). Seine Aufgabe erschöpft sich dann in der Sorge um die Ausführung der dem Vermächtnisnehmer auferlegten Beschwerungen. Seiner Verwaltung unterliegt lediglich der Vermächtnisgegenstand, damit greift auch die Schutzherrschaft des § 2214 (Adams, Interessenkonflikte des Testamentsvollstreckers 91).........Der Alleinerbe kann auch zum Testamentsvollstrecker zur Erfüllung eines Vermächtnisses (vgl Rn 2) bestellt werden (BGH ZEV 2005, 204, vgl § 2197 Rn 53). Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Testamentsvollstrecker den Vermächtnisanspruch für den Vermächtnisnehmer zu verwalten hat (vgl Rn 4). Diese Frage ist (auch unter Zugrundelegung der Argumente des BGH) zu verneinen, da der Vermächtnisanspruch nach § 2147 S 2 gegen den Erben gerichtet ist. Hingegen kann der Alleinerbe als Dauervollstrecker über den Vermächtnisgegenstand (vgl Rn 5) bestellt werden….“

    Zu den Beschwerungen des Vermächntisnehmer mit einer Auflage s. auch BayObLG, NJW-RR 1986, 629 = Rpfleger 1986, 226 = DNotZ 1986, 549 = MDR 1986, 589: Einzige Aufgabe des Vermächtnisvollstreckers kann auch die Erfüllung einer Auflage sein, mit der der Vermächtnisnehmer beschwert wurde.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ... als solche explizit zu bezeichnende Vermächtnisvollstreckung.

    Ich muss hier mal (wahrscheinlich dumm :oops: ) nachfragen:
    Woraus ergibt sich das?


    Im übrigen: Kann man die Testamente nicht doch so auslegen, dass TV eben für die Erfüllung der Vermächtnisse gewollt ist? (da doch keine andere sinnvolle Tätigkeit übrig bleibt)

  • Ich denke, das Testamentsvollstreckerzeugnis muss schon eine Aussage darüber treffen, welches Vermögen der Testamentsvollstrecker überhaupt vertreten darf.

    Meiner ist als TV über den Nachlass des XY eingesetzt. Ich fürchte, da gibt es nichts auszulegen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Auch auf die Gefahr hin, mich zu blamieren:
    Woraus ergibt sich das denn, dass das TV-Zeugnis eine solche Aussage treffen muss?

    Wäre es nicht eher viel logischer zu sagen, wenn keine Einschränkung auf eine bestimmte Vermögensmasse ausgesprochen ist, gilt es eben für alles?

  • Nein, dann gilt sie für den Normalfall = über den Nachlass, aber eben nicht für den Sonderfall "für die Vermächtnisnehmer".

    Vgl. Palandt/Weidlich § 2368 Rn. 2 und (insbesondere) 3.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn das TV-Zeugnis "schweigt", verlautbart es immer den Regelfall der Testamentsvollstreckung, also die den Erben (bzw. Vorerben) beschwerende Vollstreckung als Abwicklungsvollstreckung (Dauervollstreckung wäre ausdrücklich zu vermerken). Die hiervon in personeller Hnsicht zu unterscheidenden Sonderfälle müssen daher explizit im Zeugnis angegeben werden. Das ist nicht nur die Vermächtnisvollstreckung, sondern auch die Vollstreckung nach § 2222 BGB.

    Des Pudels Kern ist, dass es sich hier nicht um ein und dieselbe, sondern um mehrere und rechtliche selbständige Vollstreckungen handelt, auch wenn sie als eine einzige Vollstreckung erscheinen kann, weil oft die gleiche Person zum TV ernannt ist.

  • Kaum habe ich etwas über TV gelernt, bekomme ich eine Akte, die ich aber leider doch nicht geregelt bekomme.
    Ich muss deshalb nochmals um Hilfe bitten.

    Im GB sind Eheleute zu je 1/2 eingetragen, die Ehefrau ist französische Staatsangehörige. Beide sind verstorben.
    a) Erbschein nach der Ehefrau, Alleinerbe Ehemann. Zusatz: "TV ist angeordnet für Vermächtnisse der Erblasserin".
    b) Erbschein nach Ehemann, Alleinerbe ein Verein (e.V.). Zusatz: "TV ist angeordnet für Vermächtnisse der vorverstorbenen Ehefrau".
    c)Ein (einziges) TV-Zeugnis ist erteilt. Danach ist Frau X zum TV "über den Nachlass der Ehefrau" ernannt. Weiter: "Das TV-Zeugnis ist beschränkt auf die in Deutschland gelegenen Nachlassgegenstände".

    Der Verein beantragt nun GB-Berichtigung. Von einem TV-Vermerk ist dabei nicht die Rede.

    Ich habe zwei Probleme.
    1)Darf der Erbe bei TV selbst die GBB beantragen? Die Meinungen/Rechtsprechung hierzu ist geteilt; wie seht Ihr das? Vorliegend entstehen nicht unerhebliche Kosten.
    2)Ist ein TV-Vermerk einzutragen?
    In den Erbscheinen ist TV ja nur für die Vermächtnisse angeordnet. Müsste ich jetzt prüfen, ob "mein" Grundbesitz darunter fällt? Es liegen mehrere handschriftliche Testamente vor.
    Das TV-Zeugnis widerspricht doch den Erbscheinen, oder nicht? Danach würde der Grundbesitz doch auf jeden Fall der TV unterliegen.

    Was mache ich jetzt?

  • Ich würde die Nachlassakten beider Ehegatten anfordern, der Erbschein nach dem Ehemann mit dem TV-Vermerk ist schon sansibar!
    Aus dem TV-Zeugnis müsste sich eigentlich ergeben, für welche Vermächtnisse die TV angeordnet ist.

  • Mit den Nachlassakten finge ich auch an.

    Mei, was sollte sich nicht alles aus dem TVZ ergeben. Vor allem nach den hehren Vorstellungen der Grundbuchkommentare, nach denen zur Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks das TVZ vorzulegen sei. Indes, die Praxis ... letztens bekam ich ein Zeugnis, wonach die Testamentsvollstreckung "zur Erfüllung der in den Testamenten genannten Vermächtnisse" angeordnet sei. Gerade dass sie sich die Bezugnahme gespart haben ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich habe die Nachlassakten da.
    Auf den Erbscheinen und dem TV-Zeugnis stehen wörtlich die Sätze, die ich oben geschrieben habe, mehr nicht.

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