§ 13 FamFG: Akteneinsicht / Auskunft

  • Liebe Kollegen,

    ich bin seit kurzem in der Nachlassabteilung für die Eröffnungen zuständig. Dort habe ich nun einige Akten, bei denen teilw. Beteiligte und Vertreter von Beteiligten und auch unbeteiligte Dritte Auskünfte bezüglich Ausschlagungen / Erben und Verlauf des Verfahrens haben möchten.

    Ich bin mir dort in der Regel sehr unsicher, wann nun ein berechtigtes Interesse gegeben ist und wann nicht. Ich wollte nun mal fragen, ob ihr mir da ein wenig aus eurer praktischen Erfahrung berichten könnt.
    Gibt es fälle, bei denen ihr grundsätzlich ein berechtiges Interesse bejaht / verneit?
    In welcher Form wird Akteneinsicht gewährt? Einfach Antwortschreiben oder durch Übersendung der Akten?

    Worauf habe ich in der Praxis besonders zu achten?

    Bin - wie gesagt - mit dem Thema noch nicht ganz vertraut und deshalb noch etwas unsicher und freue mich über jeden guten Tipp!

    Danke schonmal :)

  • Beteiligte (§ 7 FamFG und § 345 FamFG) und deren Vertreter (§ 10 FamFG) haben immer ein volles Einsichtsrecht (§ 13 I FamFG).

    Sonstige Dritte nur insoweit (das hat auch was mit dem Umfang des Einsichtsrechts zu tun), als dass diese ein berechtigtes Interesse haben.
    Was ist ein Berechtigtes Interesse?

    So z.B.:

    Berechtigtes Interesse ist ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse, das auch tatsächlicher (wirtschaftlicher) Art sein kann. Die Kenntnis der Akten muss in der Regel als Bestimmung für künftiges Handeln notwendig sein; dieses Interesse kann auch außerhalb des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit liegen (OLG Oldenburg, Rpfleger 68, 120; LG Berlin, FamRZ 71, 474),

    Das auf § FAMFG § 13 FAMFG § 13 Absatz II FamFG gestützte Gesuch auf Akteneinsicht in einer Nachlasssache erfordert die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, das sich nicht auf ein bereits vorhandenes Recht stützen muss, sondern schon dann vorliegt, wenn ein künftiges Verhalten des Antragstellers durch die Aktenkenntnis beeinflusst sein kann – wie hier bei den Kindern des nichtehelichen Sohnes des Erblassers.

    OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. 7. 2011 - 8 W 212/11


    Im Kommentar zu § 13 FamFG läßt sich eine ganze Menge an Beispielen etc. ersehen.


    Die Ausgestaltung des Einsichtsrechts (neben der Aktenversendung an an Gericht im Wege der Rechtshilfe oder der Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle) ergibt sich über § 13 III FamFG recht eindeutig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (16. Oktober 2012 um 10:19)

  • Grundsätzlich gewähre ich die Akteneinsicht hier auf meiner Geschäftstelle, wenn der Einsichtnehmende ausserhalb unseres Bezirks liegt versende ich die Akten an das im Bezirk des Antragsstellers liegende Nachlassgericht. Teile dem Einsichtnehmenden mit, von wann bis wann dort Einsicht genommen werden kann.
    In seltenen Ausnahmefällen versende ich die Akte, dann auch nur an einen Rechtsanwalt/in bzw. Notar.

    Bezüglich des Einsichtsrechts stimme ich TL zu :daumenrau

  • Was glaubt ihr, wie ich mich schon auf die elektronische Akteneinsicht freue. ;)

    Bist du 2062 noch als Rechtsanwalt zugelassen???? :wechlach:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Bis hierin schonmal vielen Dank für die tolle Hilfe!

    Wie gestaltet sich die Akteneinsicht denn, wenn ich von dem RA einer Beteiligten (gesetzlichen Erbin) ein Schreiben kriege zur Eröffnungsakte, worin höflich um Mitteilung gebeten wird, ob weitere Nachlassvorgänge (Ausschlagungen, Erbscheinsanträge) vorhanden sind.

    Da nützt es ihm ja nichts, wenn ich sage, dass er sich die Akte ruhig anschauen darf, weil die weiten Nachlassvorgänge ja ohnehin in einer gesonderten VIer-Akte geführt werden.
    Teile ich ihm diese Auskünfte dann in einem Schriftsatz mit?

    Ergänzung: Also Hintergedanke der Anfrage wird wohl sein, dass die gesetzliche Erbin keinen Schimmer hat, ob Vermögen vorhanden ist oder nicht. Aus der Eröffnungsakte geht jedoch hervor, dass 500.000€ Bankguthaben vorhanden sind. Das würde dem RA dann ja vielleicht doch weiter helfen.
    Aber eigentlich muss ich ja strenggenommen nur seine Frage beantworten und keinerlei weitergehende Auskünfte erteilen, oder?

    (wie ihr merkt, ich bin wirklich erfahren darin :D)

  • Man sollte nicht am Wortlaut der Anfrage kleben bleiben, sondern dem Einsender das mitteilen, was er offenbar wissen will (und darf - in diesem Fall eines gesetzlichen Erben ist dies ja unproblematisch). Ich würde ihm daher nicht nur mitteilen "ja, Vorgänge vorhanden", sondern auch ihren wesentlichen Inhalt ("bekannte Erben haben ausgeschlagen" oder Übersendung einer Erbscheinskopie usw.). Es ist auch uninteressant, ob der RA nur das IV- oder gar kein Aktenzeichen angibt. Seine Anfrage deckt immer sämtliche Nachlassvorgänge ab. Alles andere ist Förmelei und macht
    - wegen der Folgeanfragen - nur zusätzliche Arbeit.

  • da stimme ich zu, wichtig ist für den Vertreter des Erben ob evtl durch jemand anderes der Wertermittlungsbogen ausgefüllt wurde oder woher die Angabe über die 500.000 Euro stammt.

  • Ist ja wirklich super, wie hilfsbereit hier alle sind! Danke...

    Nun habe ich eine Akte in der ein RA, der eine gesetzliche Erbin vertritt, anfragt, ob wir ihm die Akte zur Einsicht übersenden können oder wann er sie auf der Geschäftstelle einsehen kann.
    Wenn ich nun alles richtig verstanden habe, dann wird einem gesetzlichen Erben ja grundsätzlich ein berechtigtes Interesse unterstellt. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Testamentseröffnung - kein Problem.
    Aber die Schwester der Antragstellerin hatte zur Akte unter Einreichung der Sterbeurkunde ein Schreiben beigefügt, in dem sie nicht gerade nett über die besagte Antragstellerin spricht. Ich vermute, dass es die Schwester daher nicht gerade begrüßen würde, wenn wir der Antragstellerin nun ihr Schreiben zeigen. Mit Familienstreitigkeiten wäre dann zu rechnen :D ...

    Wie gehe ich da jetzt vor? Darf ich einzelne Teile von der Akteneinsicht ausnehmen, obwohl ein berechtigtes Interesse vorliegt?:confused:

  • Dito.
    Wenn Sie uns mit ihren Familienstreitigkeiten behelligt - nach denen Du sicher nicht gefragt hat - ist das ihr Pech.

    Hatte mal ein notarielles Testament in dem die Enterbung in einer Anlage lang und breit (und überflüssigerweise) nicht nett begründet wurde und die Erbin mich bat, das nicht die gesetzlichen Erben zu übersenden.
    Habe ich aber getan - war ausdrücklich als Anlage bezeichnet und das Testament verwies auch auf diese.
    Den Gag fand ich hierbei, dass nicht nur der Notar offenbar nicht richtig belehrt hat, sondern der Testator selbst auch Notar war.:D

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Dito.
    Den Gag fand ich hierbei, dass nicht nur der Notar offenbar nicht richtig belehrt hat, sondern der Testator selbst auch Notar war.:D


    :wechlach: Da bin ich mir sicher . der hat genau gewusst was er tut . :teufel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • ...Aber die Schwester der Antragstellerin hatte zur Akte unter Einreichung der Sterbeurkunde ein Schreiben beigefügt, in dem sie nicht gerade nett über die besagte Antragstellerin spricht. Ich vermute, dass es die Schwester daher nicht gerade begrüßen würde, wenn wir der Antragstellerin nun ihr Schreiben zeigen. Mit Familienstreitigkeiten wäre dann zu rechnen :D ...

    ...

    Wer ein Schreiben an das Gericht sendet, muss davon ausgehen, dass dieses zu einer Akte genommen wird, und muss auch damit rechnen, dass andere diese Akte einsehen. Dann hätte sie eben netter sprechen bzw. ihre bissigen Bemerkungen in dem Schreiben weglassen müssen. Daher: Unbeschränkte Akteneinsicht

  • Auch für Behörden gilt § 13 FamFG.

    Ist die Behörde nicht Beteiligter, hat sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft zu machen. Dazu hat die Behörde m.E. wenigstens ganz kurz darzulegen, aus welchem Grund die Akteneinsicht benötigt wird. Insoweit kann dann auch der Umfang des Einsichtsrechts beschränkt werden.

    Beispiel: Die KFZ-Zulassungstelle dürfte wohl nur Interesse an der Benennung der Erben haben, nicht jedoch hinsichtlich evtl. Pflichtteilsberechtigter usw.. Das Gleiche gilt wohl für das Einkommensteuerfinanzamt als Gläubiger des Nachlasses.
    Beim Erbschaftsteuer-Finanzamt sieht es dann anders aus. Das hat nach § 3 I Nr. 1 ErbStG z.B. auch ein Interesse zu erfahren, wer der Pflichtteilsberechtigte ist.

    Wenn also eine Behörde wg. Akteneinsicht anfragt, muss zwar die Latte hinsichtlich der Glaubhaftmachung nicht hoch liegen (Brief mit Briefbogen reicht zur Glaubhaftmachung aus), aber es muss der Zweck der Akteneinsicht genannt werden um ggf. die Rechte der am Verfahren Beteiligten zu schützen.

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  • Sehe ich genauso. Ich frage auch bei Behörden bzw. anderen Gerichten nach dem Grund der Akteneinsicht, um das berechtigte Interesse zu bewerten.
    Allerdings richtet sich diese bei nicht beteiligten Behörden nach Art. 35 GG (Amtshilfe) und nicht nach dem FamFG.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • FamFG ist Lex Specialis.

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  • Auch wenn's eigentlich egal ist, nach welcher Vorschrift:
    M. E. gilt § 13 FamFG nur für
    1. Beteiligte
    2. nicht beteiligte Personen.

    Nicht beteiligte Behörden sind nicht umfasst, weil die ohnehin ein Recht auf Amtshilfe nach dem GG haben.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Es gibt natürliche und juristischen "Personen".

    Eine Behörde ist laut Rechtswörterbuch ebenfalls Teil einer juristischen Person:
    http://www.rechtswoerterbuch.de/recht/b/behoerde/

    Behörden sind alle Stellen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die organisatorisch verselbständigt sind und dazu berufen sind, unter eigenem Namen für die juristische Person verbindlich Verwaltungsentscheidungen zu treffen.


    Das Grundgesetz regelt nur das Grundsätzliche. Die Gesetze und Verordnungen, wie in dem Fall das FamFG, regeln dann die spezielle Ausgestaltung dieser im GG verankerten Amtshilfe. Für den Fall, dass eine Behörde meinen sollte, Sie hätte ein Einsichtsrecht und Ihr wird dieses jemals über § 13 FamFG rechtskräftig verwehrt, kann die Behörde sich an das Bundesverfassungsgericht wenden und sich auf Art. 35 GG stützen. Einen direkten Anspruch aus dem Grundgesetz gibt es aber nicht. Erst wenn der ordentliche Rechtsweg im FamFG-Verfahren erfolglos beschritten ist, kommt die "Waffe" Grundgesetz.

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    5 Mal editiert, zuletzt von TL (26. Oktober 2012 um 11:21)

  • Würdet ihr das berechtigte Interesse bejahen, wenn ein Notar schriftlich mitteilt, dass er für den Erblasser Beträge auf seinem Notaranderkonto hat und nun die Erben wissen will?

    Weiteres an Info gibt der Notar trotz Nachfrage nicht raus. Ich bin mir da gerade etwas unsicher. Sonst habe ich meist nur Fälle, in denen der Notar einen Beteiligten vertritt und in dessen Namen Akteneinsicht bzw. Auskünfte will.

    Für mich ist dieser Fall vielleicht so ähnlich, wie eine Bank, die sich meldet, dass bei ihr noch Konten mit Guthaben für den Erblasser bestehen.

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