Lastschriftrückgabe durch Gläubiger nicht möglich?

  • Hallo,

    muss mich mit einem recht sonderbaren Fall auseinandersetzen, zu dem ich weder hier noch in der Fachliteratur etwas finden konnte.

    Mein Kunde hat einen Vertrag über die Lieferung von Waren mit dem Schuldner geschlossen. Dieser hat zwar den Kaufpreis per Lastschrift eingezogen, die Ware jedoch nicht geliefert. Kurz darauf wurde über das Vermögen des Schuldners das Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Der Gläubiger hat nun die Lastschrift innerhalb der (noch) gültigen 6-Wochen-Frist wegen Widerspruchs zurückgegeben. Der Inso-Verwalter hat nun der Rückgabe widersprochen und den Betrag wieder dem Konto des Gläubigers belasten lassen. Zurecht?

    Danke für sachdienliche Hinweise! ;)

    LG rotweiß

  • Verständnisfrage 1: Handelte es sich um eine Einzugsermächtigung (mit Widerspruchsrecht) oder einen Abbuchungsauftrag (dann kein Widerspruchsrecht)?

    Verständnisfrage 2: Welche Frist ist mit "6-Wochen-Frist" gemeint?

    • die Frist für die Genehmigung durch Stillschweigen (Nr. 7 Abs. 2 AGB-Banken: 6 Wochen nach Zugang eines Rechnungsabschlusses)
    • die Frist im Interbankenverkehr alt (Abschn. III Nr. 2 S. 1 LSA 2009: 6 Wochen ab Belastung)
    • die Frist im Interbankenverkehr neu (Abschn. III Nr. 2 S. 1 LSA 2012: 8 Wochen ab Belastung)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Zu 1: Es handelt sich um ein Einzugsermächtigungsverfahren.

    Zu 2: Ich bezog mich auf die 6-Wochen-Frist nach dem Lastsschriftabkommen (alt). Die vermeintliche 8-Wochen-Frist nach dem Lastschriftabkommen (neu) war mir nicht bekannt (Zahlungsverkehrsrecht ist nicht mein Fachbereich), aber diese wurde dann ja ebenso eingehalten.

  • Vorausgesetzt,

    • es erfolgte vor dem Ablauf der Frist keine konkludente Genehmigung der Lastschrift durch den Kunden (hierzu neue BGH-Rechtsprechung!), so dass der Kunde noch widersprechen konnte,


    • und der Widerspruch erfolgte berechtigt (wegen Nichtlieferung), also nicht rechtsmissbräuchlich, so dass der Kunde noch widersprechen durfte,


    sehe ich auf Grundlage des geschilderten Sachverhaltes keinen Einwand, der das Verhalten des Verwalters rechtfertigen könnte. Daher: erneut zurückbuchen!

    Der Verwalter kann sich allenfalls bei der Bank des Insolvenzschuldners (erste Inkassostelle) schadlos halten. Denn diese trägt nach dem LSA das Risiko, dass sie den an Euch zurückgebuchten Lastschriftbetrag nicht mehr dem Schuldnerkonto belasten kann (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.1979 - II ZR 85/78; BGH, Urt. v. 27.11.1984 - II ZR 294/83) oder wegen § 96 Abs. 1 InsO nicht mehr wirksam aufrechnen kann.

    Zum Ganzen recht lesenswert und bei Euch (hoffentlich) vorrätig: Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 3.502ff.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Vorausgesetzt,

    • es erfolgte vor dem Ablauf der Frist keine konkludente Genehmigung der Lastschrift durch den Kunden (hierzu neue BGH-Rechtsprechung!), so dass der Kunde noch widersprechen konnte,
    • und der Widerspruch erfolgte berechtigt (wegen Nichtlieferung), also nicht rechtsmissbräuchlich, so dass der Kunde noch widersprechen durfte,

    sehe ich auf Grundlage des geschilderten Sachverhaltes keinen Einwand, der das Verhalten des Verwalters rechtfertigen könnte. Daher: erneut zurückbuchen!

    Der Verwalter kann sich allenfalls bei der Bank des Insolvenzschuldners (erste Inkassostelle) schadlos halten. Denn diese trägt nach dem LSA das Risiko, dass sie den an Euch zurückgebuchten Lastschriftbetrag nicht mehr dem Schuldnerkonto belasten kann (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.1979 - II ZR 85/78; BGH, Urt. v. 27.11.1984 - II ZR 294/83) oder wegen § 96 Abs. 1 InsO nicht mehr wirksam aufrechnen kann.

    Zum Ganzen recht lesenswert und bei Euch (hoffentlich) vorrätig: Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 3.502ff.

    Hänge mich hier mal aus gegebenem Anlass dran (was nichts mit dem vorliegenden Fall, aber mit dem Punkt 1 in Deiner Antwort zu tun hat):

    Ist es nicht eher so, dass das mit der genehmigten Lastschrift auch schon lange vor der Rspr.-Änderung galt, sich das "Neue" an der Rspr. vielmehr darauf bezieht, dass der Inso-Verwalter früher einfacher mal pauschal widersprechen konnte als er's heute kann?

  • Hänge mich hier mal aus gegebenem Anlass dran (was nichts mit dem vorliegenden Fall, aber mit dem Punkt 1 in Deiner Antwort zu tun hat):

    Ist es nicht eher so, dass das mit der genehmigten Lastschrift auch schon lange vor der Rspr.-Änderung galt, sich das "Neue" an der Rspr. vielmehr darauf bezieht, dass der Inso-Verwalter früher einfacher mal pauschal widersprechen konnte als er's heute kann?

    Ja und nein:

    Früher wurde der pauschale Widerspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters vom IX. (Insolvenzrechts-)Zivilsenat zugelassen, während der XI. (Bankrechts-)Zivilsenat ihn als rechtsmissbräuchlich einstufte (sog. Fußstapfentheorie). Die Senate einigten sich dann (BGH, Urteile v. 20.07.2010 - XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09) und lassen den Widerspruch seither auch ohne sachlich berechtigte Einwendungen zu.

    Allerdings wurde im Gegenzug - quasi als Zugeständnis des IX. an den XI. Zivilsenat - die Möglichkeit des Verwalters zum Widerspruch erheblich eingeschränkt, was zu einem deutlichen Rückgang von Lastschriftwiderrufen führen wird:

    Zum einen ist eine deutliche Ausweitung der konkludenten Genehmigung erfolgt, wodurch der Widerspruch ins Leere greift. So wurden in mehreren Urteilen seit 2010 verschiedene Konstellationen herausgearbeitet, in denen - im Gegensatz zum früheren Rechtsstand - nunmehr eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten anzunehmen ist, etwa bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften und Ablauf einer angemessenen Bedenkzeit (BGH, Urt. v. 20.07.2010 - XI ZR 236/07) oder wenn der Schuldner durch konkrete Einzahlungen die Ausführung von Lastschriften sicherstellt (BGH, Urt. v. 26.10.2010 - XI ZR 562/07).


    Zum anderen wird dem (vorläufigen) Verwalter kein Widerspruchsrecht mehr zugestanden, wenn die Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens, des sog. Schonvermögens, eingelöst worden ist (BGH, Urt. v. 20.07.2010 - IX ZR 37/09).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Aus Sicht der Verwalter ist das Thema mit der Änderung der Bank-AGB ja nun durch. (Lange genug hat's gedauert; der BGH hatte in diesem Sinne doch schon vor Jahren mit einem ganzen Jägerzaun Richtung Bankenverbände gewinkt.)

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