Miete als einziges Einkommen gepfändet

  • Hallo, ich mache die M-Sachen noch nicht sehr lange und habe folgendes Problem:

    Die Schuldnerin ist 88 Jahre alt und Vermieterin von 3 Wohnungen. Mieteinnahmen in Höhe von 360 EUR, 199 EUR und 352 EUR. Die Mieteinnahmen stellen ihr einziges Einkommen dar. Keine gesetzliche Rente, keine private Rente und wegen des Grundbesitzes nach eigenen Angaben auch kein Anspruch auf Sozialleistung, sie selbst hat Wohnrecht und zahlt lediglich die Nebenkosten. Aufgrund Erinnerung beabsichtige ich jetzt, auf jeden Fall gemäß § 851 b ZPO die Nebenkostenvorauszahlungen (40 EUR, 70 EUR und 200 EUR) freizugeben, weil zweckgebunden. Aber weiterhin? Kann ich noch einen Betrag für die Lebenshaltung freigeben? Und wenn ja, welchen und worauf stütze ich das? Gepfändet wird übrigens wegen nicht bezahlter Heizkosten...

    Ich hoffe auf Hilfe.... :oops: Dankeschön!

  • der BGH sieht ursprünglich keine Chance, Beschluss vom 21. Dezember 2004, - IXa ZB 228/03.


    Aufgrund der letzten inhaltlichen Änderung des § 850i ZPO gibt es vereinzelte Stimmen und (soweit ich weis ein LG), dass die Anwendung des § 850i ZPO für Mieteinnahmen bejaht.

    Die Problematik § 850i ZPO ja/nein wurde auch ganz aktuell und ausführlich vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt thematisiert (mit dem Ergebnis -> nein):
    http://jportal.bybn.de/jportal/?quell…ax=true&uid=byp

  • der BGH sieht ursprünglich keine Chance, Beschluss vom 21. Dezember 2004, - IXa ZB 228/03.


    Aufgrund der letzten inhaltlichen Änderung des § 850i ZPO gibt es vereinzelte Stimmen und (soweit ich weis ein LG), dass die Anwendung des § 850i ZPO für Mieteinnahmen bejaht.

    Die Problematik § 850i ZPO ja/nein wurde auch ganz aktuell und ausführlich vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt thematisiert (mit dem Ergebnis -> nein):
    http://jportal.bybn.de/jportal/?quell…ax=true&uid=byp

    Danke für den Link

  • Gepfändet wurden die Mieteinnahmen bei den jeweiligen Mieter als Drittschuldner...

    Danke für den Hinweis auf den Beschluss des BGH: Genau meine Fallkonstellation... Auf den Link bezüglich der Entscheidung aus Sachsen-Anhalt kann ich leider nicht zugreifen!? :confused:

  • Nun brauche ich dazu kurz Hilfe:

    Die Schuldnerin hat Arbeitseinkommen und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie ein unterhaltsberechtigtes Kind. Die Mieteinnahmen wurden gepfändet.
    Der Freibetrag für sie und das Kind beträgt insgesamt 1.523,88 €. Einkommen und Miete zusammen liegen unter diesem Betrag.

    Deshalb hat die Schuldnerin nach § 850i ZPO die Freigabe der Mieteinnahmen beantragt. Gläubiger ist angehört. Ich würde ihr den Betrag jetzt freigeben.

    Mein Problem:
    Freigabe nur für diesen Monat oder auch für folgende Monate bzw. Aufhebung der Pfändung?

    Ich kann ja nicht vorhersehen, ob und wann sich an ihrem Arbeitsverhältnis etwa (zum Positiven) ändert und die Mieteinnahmen dann evt. doch der Pfändung unterliegen.
    Oder muss sie den Antrag jetzt jeden Monat stellen? Oder muss der Gläubiger eine evt. Verbesserung der Einkommenssituation der Schuldnerin geltend machen?

    :confused: Völlig verwirrt :confused:

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Wie wäre es mit einer befristeten Freigabe?

    Vorteil wäre, dass der Pfüb als solcher und die Beschlagnahme zugunsten des Gläubigers bestehen bleiben - Aufhebung der Pfändung erscheint mir mit den Gläubigerinteressen nicht vereinbar. Freigabe nur für einen Monat ist mit Sicherheit nicht falsch, aber m. E. nicht zielführend, da Du dann jeden Monat einen neuen Antrag zu erwarten hättest. Die Entscheidung über den jeweiligen Antrag dauert ja schon mehrere Wochen...

    Hatte auch bei einem solchen SV überlegt, ob man freigeben "bis zum Betrag XX monatlich" und anzuordnen, dass dabei sämtliche Einkommen zusammen zu berücksichtigen sind. Aber wer soll das überprüfen? Andere Überlegung war, ob man in dem Beschluss dem Schuldner aufgeben kann, monatlich die Einkommensbelege an den Gläubiger herauszugeben, um ihm die Möglichkeit zu geben, ggf. eine Aufhebung der (Dauer-)Freigabe zu erreichen.

    Die Kommentierung ist bzgl. dieser "praktischen" Fragen leider nicht hilfreich.

  • Wie wäre es mit einer befristeten Freigabe?

    Vorteil wäre, dass der Pfüb als solcher und die Beschlagnahme zugunsten des Gläubigers bestehen bleiben - Aufhebung der Pfändung erscheint mir mit den Gläubigerinteressen nicht vereinbar. Freigabe nur für einen Monat ist mit Sicherheit nicht falsch, aber m. E. nicht zielführend, da Du dann jeden Monat einen neuen Antrag zu erwarten hättest. Die Entscheidung über den jeweiligen Antrag dauert ja schon mehrere Wochen...

    Hatte auch bei einem solchen SV überlegt, ob man freigeben "bis zum Betrag XX monatlich" und anzuordnen, dass dabei sämtliche Einkommen zusammen zu berücksichtigen sind. Aber wer soll das überprüfen? Andere Überlegung war, ob man in dem Beschluss dem Schuldner aufgeben kann, monatlich die Einkommensbelege an den Gläubiger herauszugeben, um ihm die Möglichkeit zu geben, ggf. eine Aufhebung der (Dauer-)Freigabe zu erreichen.

    Die Kommentierung ist bzgl. dieser "praktischen" Fragen leider nicht hilfreich.

    Nach dem Wortlaut des § 850i ZPO sind bei der Entscheidung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen.

    Zu dem derzeitigen AE und dazu, wie sich dieses in der Zukunft entwickeln kann ist nichts gesagt. Auch nicht zu weiteren Verdienstmöglichkeiten. Grundsätzlich müsste man doch davon ausgehen, dass keine wesentlichen Änderungen eintreten, wenn keine erkennbaren Gründe dafür sprechen. Also ist die Frage, ob eine Befristung der Freigabe überhaupt sinnvoll ist oder nicht. Das würde ich nicht annehmen. Warum soll der Schuldner nach ein paar Monaten seine Verhältnisse offenlegen wenn sich voraussichtlich nichts geändert haben wird? Außerdem wird bei Erhöhungen des unpfändbaren Betrages (z.B. § 850f Abs. 1 ZPO) auch keine Befristung vorgegeben, wenn bei Antrag oder Beschlussfassung nicht absehbar ist, wann sich die Voraussetzungen ändern werden. Zudem würde sich das Gericht durch die Befristung vermeidbare Arbeit machen. Soll der Gläubiger die Verdienstmöglichkeiten ggfs. überwachen.

    Allerdings für eine Aufhebung des Pfändung spricht auch nichts, sehe ich also genau so.

    Eine Gesamtberücksichtigung der laufenden Miete mit dem Arbeitseinkommen würde meiner Meinung nach eine unzulässige Zusammenrechnung bewirken. Außerdem - wie Du richtig schreibst - wem soll das aufgegeben werden?

    Aufgabe an den Schuldner, dem Gläubiger Einkommensnachweise vorzulegen, verstößt meiner Meinung nach gegen § 308 ZPO, wenn es nicht beantragt wurde, was ich auch für bedenklich halten würde. Eine andere Frage wäre hier (weil das AE bei der Entscheidung berücksichtigt wurde), ob der Gläubiger die Herausgabe der Lohnabrechnungen bei dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO pfänden kann um entsprechende Änderungen zu beantragen.

    Ein guter Vorschlag wäre meiner Meinung nach nur die Miete in der derzeitigen Höhe freizugeben. Damit wäre der Schuldner zumindest dann gefordert die Voraussetzungen des § 850i ZPO neu nachzuweisen, wenn sich die Mieteinnahmen erhöhen und damit automatisch eine Änderung des Gesamteinkommens eintritt, ggfs. auch ohne dass es zu pfändbaren Beträgen kommen kann.

  • Ich hatte dabei aber eher mit einer möglichen Steigerung des Arbeitseinkommens gerechnet, etwa durch Erhöhung der Arbeitsstundenzahl oder Wechsel in ein anderes Arbeitsverhältnis. Oder Wegfall des noch unterhaltsberechtigen Kindes durch Beginn eines Ausbildungsverhältnisses. Dann wäre die Miete nicht mehr oder nur noch teilweise pfandfrei zu belassen.

    In entsprechender Anwendung zu den sonstigen Freigaben und Erhöhungen des unpfändbaren Betrages lässt sich durchaus vertreten, dass der Gläubiger ggfs. geltend machen muss, dass sich die Einkommensverhältnisse so geändert haben, dass der jetzt zu erlassende Freigabebeschluss dann abgeändert oder aufgehoben werden muss.

    Eine monatliche oder vierteljährliche Antragstellung durch die Schuldnerin würde ich mir schon gern ersparen.

    Ich habe mich jetzt dafür entschieden, einen unbefristeten Freigabebeschluss zu erlassen.

    Ich habe dazu eine Vorlage mit der folgenden Passage gefunden: "In pp. wird auf den Vollstreckungsschutzantrag de___ Schuldner___ vom _______________angeordnet, dass die _________________ pfandfrei bleibt und de__ Schuldner___ zur Auszahlung zu bringen ist, mit der Maßgabe, dass die Wirksamkeit des Beschlusses erst mit seiner Rechtskraft eintritt."

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • .......mit der Maßgabe, dass die Wirksamkeit des Beschlusses erst mit seiner Rechtskraft eintritt."

    Auf welcher gesetzlichen Grundlage kann man solche Zusätze anbringen?

    Grundsätzlich werden Beschlüsse mit deren Bekanntmachung an die Parteien (sofort) wirksam, hier betrifft es die Bekanntgabe/Zustellung an den Drittschuldner. (siehe BGHZ 164, 347)

    In einzelnen Fällen regelt das Gesetz, dass die Wirksamkeit erst mit der Rechtskraft eintritt, wie z.B. § 765a Abs. 5 ZPO, § 40 Abs. 2 FamFG, § 116 FamFG.

    Auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage man darüberhinaus die Wirksamkeit der Beschlüsse - z.B. die des Vollstreckungsgerichts - von der Rechtskraft abhängig machen kann, weil man sich etwa nicht ganz sicher in seiner Entscheidung ist und meint ggf. im Rechtsmittelverfahren aufgehoben zu werden, hat bis jetzt bei mir nur Nachdenken ohne Ergebnis hervorgerufen. :gruebel:

  • Zu dem Thema fällt mir diese Entscheidung ein: OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16.12.2014, Az.: 1 W 61/14 (juris)

    Für ein Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO, in dem abgeholfen wird, findet sich hierzu etwas bei Zöller in der Kommentierung.

    Passt beides nicht 100%ig, aber hilft vielleicht wg. der Begründung weiter...

  • Es ist nun einmal Tatsache:
    Gegen meinen Beschluss gibt es das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Mache ich die Wirksamkeit nicht vom Eintritt der Rechtskraft abhängig, kann die Mieterin der Schuldnerin die Miete sofort auszahlen. Diese hebt sie vom Konto ab und weg ist das Geld. Legt der Gläubiger die sofortige Beschwerde ein, ist das Geld zumindest für den aktuellen Monat weg.

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Es ist nun einmal Tatsache:
    Gegen meinen Beschluss gibt es das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Mache ich die Wirksamkeit nicht vom Eintritt der Rechtskraft abhängig, kann die Mieterin der Schuldnerin die Miete sofort auszahlen. Diese hebt sie vom Konto ab und weg ist das Geld. Legt der Gläubiger die sofortige Beschwerde ein, ist das Geld zumindest für den aktuellen Monat weg.

    Du hast gesagt, dass der Gläubiger angehört wurde, aber nicht, was er zu dem Antrag gesagt hat.

    Die Wirkung des Beschlusse von der Rechtskraft abhängig zu machen habe ich oft gesehen, nicht nur in den Fällen, die Andy angesprochen hat, wo es in der ZPO steht. Warum soll das nur bei Aufhebung (s. Stöber Rdn. 742) gehen und nicht in anderen Fällen?

    Allerdings, was soll der Gläubiger einwenden? § 850i ZPO ist doch eindeutig. Allenfalls Gläubigerinteressen, die gegen die Interessen des Schuldners stehen.

    Das wäre doch genau so, als wenn man RM gegen die unpfändbaren Beträge nach § 850c ZPO einlegen würde.

  • Es ist nun einmal Tatsache:
    Gegen meinen Beschluss gibt es das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Mache ich die Wirksamkeit nicht vom Eintritt der Rechtskraft abhängig, kann die Mieterin der Schuldnerin die Miete sofort auszahlen. Diese hebt sie vom Konto ab und weg ist das Geld. Legt der Gläubiger die sofortige Beschwerde ein, ist das Geld zumindest für den aktuellen Monat weg.

    Das mag alles sein, aber damit lässt ich nicht die rechtliche Begründung für die Zulässigkeit einer Entscheidung herleiten, deren Wirksamkeit von der Rechtskraft abhängt. Ich habe jedenfalls noch keine richterliche Entscheidung gesehen, in die eine solche Klausel in den Tenor aufgenommen wurde, auch wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben wäre. Ich entscheide so, habe das Recht so zu entscheiden, wenn das Recht ordentlich angewandt und eine entsprechende Begründung geliefert wird - warum sollte ich dann aus lauter Ängstlichkeit, meine Entscheidung könne aufgehoben werden, eine solche Klausel anbringen. Dann ist die Folge eben so wie du sie beschreibst, in dem Fall betrifft es ja sogar nur den "aktuellen Monat". Dort wo der Gesetzgeber eine solche Abhängigkeit wollte, hat er dies auch im Gesetz verankert.

  • Bin ich etwas anderer Ansicht.

    Ich habe so eine Klausel kürzlich mal verwendet, als ich gemäß § 299 ZPO Akteneinsicht an einen Dritten gewährt habe. Ziffer 1 war die Entscheidung über die Gewährung, Ziffer 2 die Zurückstellung der Ausführung bis zur Bestandskraft der Entscheidung. Natürlich kam der Antrag nach § 23 EGGVG.

    Generell würde ich dort, wo eine Ausführung der Entscheidung unwiederbringlich ist, über eine solche Klausel nachdenken. Es hat ja seinen Grund, dasseine vorläufig vollstreckbare Entscheidung (meist) nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckt werden kann. Oder dass eine Willenserklärung erst mit Rechtskraft fingiert wird. Das zeigt doch den im Gesetz angelegten Schutz gegen vorläufige Entscheidungen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!