Rechtsform einer Eigentümergemeinschaft "zur gesamten Hand"

  • So jetzt hab ich mal einen GBO-Kommentar vorliegen (Hügel).

    Rn. 86 zu § 47 GBO
    Wurde die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses (...) weggelassen, kann die Eintragung nachgeholt werden. Voraussetzungen: erforderliche Angaben sind in den Eintragungsgrundlagen enthalten + keine zwischenzeitliche Rechtsänderung anzunehmen + einfacher Antrag eines Berechtigten

    Sind Berechtigte neben den eingetragenen Personen auch weitere Personen, die durch eine öffentliche Urkunde das Eigentum nachweisen können (z.B. Erbschein)?

    Die Berichtigung würde dem Zweck des Flurbereinigungsverfahrens dienen und müsste - sofern wir dem Antragsteller dies bescheinigen - für ihn gebührenfrei sein (Flurbereinigungsgesetz Standardkommentar, Rn. 7 zu § 108 FlurbG).

    Einmal editiert, zuletzt von Flurbereiniger (16. November 2012 um 10:10)

  • Da eine der eingetragenen Personen "Eigentum des Volkes" ist, hatte ich heute ein aufschlussreiches Telefonat mit einem Mitarbeiter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Nach meinem Eindruck wusste er wovon er redet.

    Das Problem sei dort als "GbR-Problem" bekannt.

    Es sei tatsächlich so, dass die eingetragenen Personen rechtlich eine GbR bilden. Eigentümer sei die GbR, bei den einzelnen Personen untereinander befinde man sich im Gesellschaftsrecht. Verfügungen können nur gemeinschaftlich vorgenommen werden. Wenn ein Gesellschafter verstirbt, wie zwischenzeitlich meist der Fall, gelte die Gesellschaft als aufgelöst und befinde sich in Liquidation. Es gäbe hunderte bis tausende solcher Fälle.

    Zur Historie: Es gäbe keinen Gesellschaftervertrag. Die Bodenreformkommission sei über die Felder marschiert, habe die Grundstücke zugeteilt und bei Wegen erklärt, wer diese gemeinschaftlich bekommt. Was schließlich in die Eintragung "zur gesamten Hand" mündete. Es ist also wenig von den Recherchen in den Grundakten zu erwarten.

    Eine pragmatische Lösung der Problematik sei aus vielerlei Gründen wünschenswert und angezeigt, aber (noch) nicht bekannt/existent.

    Flurbereiniger

  • Es sei tatsächlich so, dass die eingetragenen Personen rechtlich eine GbR bilden. Eigentümer sei die GbR, bei den einzelnen Personen untereinander befinde man sich im Gesellschaftsrecht. Verfügungen können nur gemeinschaftlich vorgenommen werden. Wenn ein Gesellschafter verstirbt, wie zwischenzeitlich meist der Fall, gelte die Gesellschaft als aufgelöst und befinde sich in Liquidation. Es gäbe hunderte bis tausende solcher Fälle.

    Eine pragmatische Lösung der Problematik sei aus vielerlei Gründen wünschenswert und angezeigt, aber (noch) nicht bekannt/existent.

    Flurbereiniger

    Gibt es hierzu inzwischen neue Erkenntnisse?
    Bei uns werden seit 25 Jahren die Erben eingetragen. Ich bin vor wenigen Jahren hier neu eingestiegen und habe das halt auch so übernommen. :gruebel:


    Und wie läuft das, wenn Beteiligte ihren Anteil verkaufen? Habe ich auch schon gesehen, dass da normale Auflassungen eingetragen worden sind.
    Jetzt ist mir aber eine Entscheidung unseres OLG in die Finger gekommen, die zumindest die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für unzulässig gehalten haben, da nicht alle Miteigentümer bewilligt haben. Zur Auflassung selber haben die sich nichts gesagt.
    Habe nämlich nun in einer anderen Sache einen ähnlichne Antrag.

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Beim Eigentum einer GbR kann nur die rechtsfähige GbR den Grundbesitz veräußern und der einzelne Gesellschafter kann - soweit zulässig - lediglich seinen Gesellschaftsanteil übertragen. Das sich Letzteres nicht im Wege der Auflassung vollziehen kann, ist nichts Neues. Und eine AV im Hinblick auf einen Gesellschaftsanteil ist schon begrifflich nicht denkbar, sondern nur eine AV im Hinblick auf die Veräußerung des Grundbesitzes. Und eine solche AV wird natürlich nicht von den Gesellschaftern bewilligt, sondern von der GbR, die dabei von ihren Gesellschaftern vertreten wird.

    Dass die GbR durch den Tod eines ihrer Gesellschafter aufgelöst wird, ist lediglich der von den Beteiligten im Gesellschaftsvertrag - und sogar noch durch Fortsetzungsvereinbarung - abdingbare Regelfall.

    So wie sich die Sachverhalte lesen, dürfte es wohl unrichtige Grundbücher in unübersehbarer Zahl geben.

  • Beim Eigentum einer GbR kann nur die rechtsfähige GbR den Grundbesitz veräußern und der einzelne Gesellschafter kann - soweit zulässig - lediglich seinen Gesellschaftsanteil übertragen. Das sich Letzteres nicht im Wege der Auflassung vollziehen kann, ist nichts Neues. Und eine AV im Hinblick auf einen Gesellschaftsanteil ist schon begrifflich nicht denkbar, sondern nur eine AV im Hinblick auf die Veräußerung des Grundbesitzes. Und eine solche AV wird natürlich nicht von den Gesellschaftern bewilligt, sondern von der GbR, die dabei von ihren Gesellschaftern vertreten wird.

    Dass die GbR durch den Tod eines ihrer Gesellschafter aufgelöst wird, ist lediglich der von den Beteiligten im Gesellschaftsvertrag - und sogar noch durch Fortsetzungsvereinbarung - abdingbare Regelfall.

    So wie sich die Sachverhalte lesen, dürfte es wohl unrichtige Grundbücher in unübersehbarer Zahl geben.

    Das es sich hier aber um eine GbR handelt soll, kann ich aber nicht so nachvollziehen. Da dies mit Sicherheit auch nicht dem Willen der damaligen Eigentümer entspricht, die ja nur durch die Bodenreform zu ihren Anteil am Weg etc. gekommen sind.
    Und das habe ich auch bisher in keinen Kommentar oder Aufsatz gelesen, wobei man sagen muss, aktuell wird dies ja kaum noch irgendwo diskutiert und die alten Sachen liegen mir auch nicht alle vor.
    Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.;) Gibt es zu der These der GbR in diesem Fall Aufsätze? Denn von Kollegen weiß ich, dass selbst der Herr Böhringer von keiner GbR gesprochen haben soll. :confused:

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Ich habe nicht behauptet, dass es sich jeweils um GbR's handelt, sondern nur die Darstellung von Flurbereiniger nachvollzogen und hieran die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen geknüpft.

    Eine zur Zeit der Existenz der DDR vorgenommene Eigentumszuordnung konnte wohl nur Eigentumsverhältnisse schaffen, die nach damaligem (Ost-)Recht möglich waren. Es erscheint zweifelhaft, ob dies auch eine (West-)GbR sein konnte, es sei denn, die §§ 705 ff. BGB hätten im Zeitpunkt der Zuordnung auch noch in der DDR gegolten oder ein bestehendes Eigentumsverhältnis wäre in eine GbR übergeleitet worden. Beides dürfte im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit der GbR kaum angenommen werden können.

    Aber das hat der BGH bei der Anerkennung der Rechtsfähigkeit sicherlich alles bedacht.

  • ... So wie sich die Sachverhalte lesen, dürfte es wohl unrichtige Grundbücher in unübersehbarer Zahl geben.

    Das sehe ich auch so.

    Leider kann ich selber nichts zu Lösung beitragen.

    Nur so viel: Das Problem mit diesen „Eigentümergemeinschaften zur gesamten Hand“ tritt doch recht häufig auf. Oft, aber nicht immer, handelt es sich bei den betreffenden Flurstücken um (ehemalige) Wege zu Bodenreformgrundstücken. Regelmäßig ist es dann so, dass die Eigentumsverhältnisse der zugehörigen Ackerflurstücke, welche an den Weg grenzen, geklärt sind. Die Eigentumsverhältnisse am Wegeflurstück entsprechen häufig dem Zustand zum Zeitpunkt der Entstehung. Meist ist das dann hoffnungslos, die Eigentumsverhältnisse so aufzuklären, dass grundbuchgängige Verfügungen über das Flurstück möglich werden. Ursache ist hierfür nicht nur, dass eine Vielzahl Erbgänge außerhalb des GB stattgefunden haben, sondern dass das Eigentum von Ackergrundstücken und Wegflurstück völlig auseinander gefallen ist. Und welcher Erbe eines Bodenreformnehmers soll es sich antun, seinen Beitrag zur Richtigstellung der Eigentumsverhältnisse für ein wirtschaftlich bedeutungsloses Grundstück zu leisten? Den zugehörigen Acker hat sich ja (oft) der Fiskus angeeignet. Dass dieses Ackerflurstück übrigens regelmäßig keinerlei Anbindung an einen öffentlichen Weg hat stört in der Praxis nicht.

    Ich bin sehr gespannt, ob sich jetzt hier eine praktikable Lösung finden wird. Flurbereiniger hat sich ja in #22 auch eine Lösung gewünscht, doch mir scheint, dass sich seither nichts getan hat. Vielleicht meldet er sich hier nochmal.

  • Hallo, ja wir haben sie möglicherweise gefunden, die praktikable Lösung.

    Bedingung ist lediglich, dass ein Flurbereinigungsverfahren oder ein Verfahren nach § 53 ff. Landwirtschaftsanpassungsgesetz angeordnet ist bzw. wird.

    Hier können wir § 13 Flurbereinigungsgesetz nutzen: „Ist der Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich, so gilt der Eigenbesitzer als Beteiligter.“

    Aus dem Grundbuch nicht ersichtlich bedeutet, dass die Eintragung im Grundbuch nicht der wahren Rechtslage entspricht, z.B. der eingetragene Eigentümer ist verstorben (Rn. 1 zu § 13 Flurbereinigungsgesetz Standardkommentar).

    Der Eigenbesitzer hat alle Verfahrensrechte. Er kann u.a. auf Landabfindung verzichten, bspw. zugunsten eines Dritten. Denn er wird wie ein im Grundbuch eingetragener Eigentümer behandelt (a.a.O.).

    Ablauf:

    1. Wir ermitteln, ob die eingetragenen Eigentümer noch leben oder bereits verstorben sind (Sterbenachweis).
    2. Die noch lebenden eingetragenen Eigentümer sind auf jeden Fall Beteiligte.
    3. An die Stelle der verstorbenen Eigentümer tritt der bzw. treten die Eigenbesitzer als weitere Beteiligte. Als Eigenbesitzer gelten regelmäßig die aktuellen Eigentümer der anliegenden Feld- oder Waldgrundstücke. Gegebenenfalls kann noch die Gemeinde als weiterer Eigenbesitzer hinzutreten (insbesondere bei entsprechender Öffentlichkeit des Weges).
    4. Jetzt hat man alle Beteiligten zusammen und es kann an die Neuordnung des Grundstückes bzw. den Eigentums- und Rechtsverhältnissen daran gehen. Hier gibt es je nach Interessenslage viele denkbare Varianten. Günstig wäre z.B. ein gemeinsamer Verzicht auf Landabfindung nach § 52 Flurbereinigungsgesetz, möglicherweise zugunsten der Gemeinde, d.h. die Gemeinde wird neuer Eigentümer. Was auf keinen Fall gemacht werden sollte, ist wieder eine namentliche Eigentümergemeinschaft einzutragen. Denn das wäre wieder das Gleiche in grün und würde langfristig erneut schiefgehen.
    5. Im Flurbereinigungs-/Zusammenlegungs-/Tauschplan wird das Grundstück einschl. der Eigentums- und Rechtsverhältnisse entsprechend neu geordnet. Mit dessen Ausführung ist der Fall geklärt.


    Ich würde bei Vorliegen eines solchen Falles regelmäßig einen eigenständigen Anordnungsgrund für ein Verfahren nach § 53 ff. Landwirtschaftsanpassungsgesetz sehen (Freiwilliger Landtausch bzw. Bodenordnungsverfahren). Einer der Beteiligten müsste also einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Flurneuordnungsbehörde stellen und mit einem überschaubaren behördlichen und privaten Aufwand wäre so ein Fall geklärt. Meistens wird das Grundstück ja nicht mal vermessen werden müssen. § 62 Landwirtschaftsanpassungsgesetz: „Die Kosten des Verfahrens … trägt das Land (Staat).“

    Eine andere Lösung sehe ich nicht.

    Flurbereiniger

  • @Flurbereiniger:daumenrau

    Danke, das klingt gut.

    Wie ist es bei fehlenden Sterbenachweisen, z.b. wenn die Adressen der (wohl verstorbenen) Eigentümer nicht ermittelbar sind und folglich keine Sterbedaten zu erhalten sind? Verwalterbestellung nach EGBGB?

  • Wie ist es bei fehlenden Sterbenachweisen, z.b. wenn die Adressen der (wohl verstorbenen) Eigentümer nicht ermittelbar sind und folglich keine Sterbedaten zu erhalten sind? Verwalterbestellung nach EGBGB?

    Danke @Wegerechtler für den Hinweis.

    Da bin mir (noch) nicht ganz sicher, ob das evtl. auch vom § 13 FlurbG erfasst sein könnte. Auf der sicheren Seite ist man wohl, wenn man für diese/n Eigentümer nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB um Vertreterbestellung beim Landkreis ersucht.

  • ... es sei denn, die §§ 705 ff. BGB hätten im Zeitpunkt der Zuordnung auch noch in der DDR gegolten ...

    In der DDR wurde das BGB nur schrittweise außer Kraft gesetzt. Vollumfänglich erst mit dem Zivilgesetzbuch der DDR 1976. Ich meine zur Zeit der Bodenreform (bis 1948) hat das BGB im Großen und Ganzen gegolten.

  • Brauche mal einen Rat wie ich hier weitermachen soll.
    A-F sind als Miteigentümer zur gesamten Hand eingetragen. D hat seinen Anteil an G und H verkauft.
    Das ganze ist 2012 im Grundbuch vollzogen worden.
    Durch eine Überprüfung wurde mir die Akte jetzt zur Eintragung eines Amtswiderpruches vorgelegt, da die Zustimmung der anderen Miteigentümer fehlt.

    Durch Recherche bin ich auf einen Fall aus dem Jahre 2001 gestoßen, in der genauso ein Fall unseres GBA vom OLG Dresden entschieden wurden. Die damalige Rechtspflegerin hatte den Antrag wegen fehlender Zustimmung der Miteigentümer zurückgewiesen (Zurückweisung, weil die Zustimmung verweigert wurde) mit der Begründung, dass Gesamthandsgemeinschaften ein gesamthänderisch verbundenes Vermögen haben, über das die Beteiligten nur gemeinschaftlich verfügen können. Das LG und das OLG haben die Beschwerden abgewiesen (OLG Dresden vom 04.09.2001, 3 W 12 38/01 iVm. LG Görlitz vom 05.06.2001, 2 T 52/01). Die Einwände, dass es sich um Bodenrefornland handelt, dass unter anderen Gesichtspunkten zu bewerten ist, wurden abgeschmettert.

    Nun ist aber die Frage, was wird mit der mir nun vorgelegten Sache. Die Eintragung ist inzwischen 4 Jahre her. Ich würde die Notarin zwar zwecks Zustimmung der Miteigentümer anschreiben, aber ob die bekomme, ist fraglich. Einen Amtswiderspruch eintragen, gut und schön, aber haben die Käufer nicht auch gutgläubig erworden, zumal die ganze Angelegenheit nun schon lange her ist? In dem Grundbuch gibt es auch noch eine Auflassung aus dem Jahre 1996. Was ist dann damit?
    Ich weiß nicht wie ich hier mit der Sache umgehen soll.

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Ich bin heute auf einen Fall aus 2007 gestoßen. Aufgrund eines Bodenordnungsverfahrens nach dem LwAnpG i.V.m. FlurbG wurden 29 Personen für ein Grundstück (Teich für die Abwassereinleitung mehrerer Hausgrundstücke) Eigentümer und das Gemeinschaftsverhältnis wurde mit "zur gesamten Hand" bestimmt. Dies kam auch ohne Zwischenverfügung zur Eintragung. Ein Hausgrundstück wurde zwangsversteigert, jedoch steht für das Teichgrundstück noch die alte Eigentümer weiter Grundbuch. Wie würdet Ihr die fehlerhafte Eintragung des Gemeinschaftsverhältnisses bewerten (ist ja in der Neuzeit passiert)? Kann das Gemeinschaftsverhältnis einfach korrigiert werden (Antrag Flurbereinigungsbehörde oder Miteigentümer?) oder wird es umgedeutet (GBR?) werden oder ist aufgrund des Fehlers das Eigentum nicht entstanden? Da der Fehler durch uns ausgelöst wurde, würde ich wenigstens versuchen das Gemeinschaftsverhältnis in eine Bruchteilsgemeinschaft zu ändern. Mir wäre sowieso am Liebsten, dass das Grundstück einer Person (möglichst Kommune) gehört und alle anderen bekommen eine Grunddienstbarkeit.

  • Nachdem Böhringer in der NotBZ 1/2 2017 auf die in Sachsen-Anhalt vorgesehene landesgesetzliche Regelung für Personenzusammenschlüsse alten Rechts hinwies, hat mich die Recherche nach dem (allerdings noch nicht veröffentlichten) Referentenentwurf zufällig auf diesen Thread geführt, wo ich feststellen musste, dass mein älterer Aufsatz zu Personenzusammenschlüssen alten Rechts aus dem Jahr 2000 (veröffentl. 2001) wie folgt diskutiert wurde:

    Diese gibt es nicht mehr aufgrund des sächsischen "Gesetzes über die Aufhebung von Altgemeinden und Beräumung alter Vorrechte" von 1948 (siehe Publikation: http://www.frank-reichert.de/altrecht.html).

    Von diesem Aufsatz sollte man die Finger lassen. Fehler über Fehler und überholte Rechtsauffassungen. Reichert gilt als unbelehrbar. Der BGH und das BVerwG haben sich Böhringer angeschlossen.

    Kannst du kurz schreiben, inwiefern der falsch ist?

    Reichert: „In diesen Fällen kann die Gemeinde als rechtmäßiger Eigentümer einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 13 i.V.m. § 22 GBO nachholen. Der erforderliche Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit kann mit dem Hinweis auf die gesetzliche Grundlage geführt werden.“
    Das ist falsch. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Die Grundstücke sind mit der Verwaltungsreform von 1952 in DDR-Staatsvermögen übergegangen = Eigentum des Volkes. Die 1990 entstandenen Gemeinden sind keine Rechtsnachfolger, waren aber restitutionsberechtigt. Zur Umschreibung dieser Grundbücher ist ein Vermögenszuordnungsbescheid erforderlich.
    Reichert behauptet, daß die „Altrechtlichen Personenzusammenschlüsse“ im Freistaat Sachsen alle aufgehoben sind.
    Das ist genauso falsch. Die „Altrechtlichen Personenzusammenschlüsse“ sind nur in den Bereichen Sachsens aufgehoben, die am 09.10.1948 zum alten Land Sachsen gehört haben. In allen Gebieten Sachsens, die bis 1952 zum alten Land Sachsen-Anhalt gehört haben, bestehen die „Altrechtlichen Personenzusammenschlüsse“ fort, da sie nie aufgehoben wurden (Altkreise Eilenburg, Torgau, Delitzsch, Bad Liebenwerda, Herzberg). Dort vertritt die Gemeinde nach Art. 233 § 10 EGBGB.

    Dazu ist (auch wenn es hier ein bisschen off-topic ist) anzumerken:

    Man darf den Entstehungszeitpunkt des Aufsatzes nicht außer Acht lassen. Bis zum Jahr 2000 war es die einhellige Auffassung in Schrifttum und Verwaltungspraxis, dass ausschließlich im Land Brandenburg die Gemeinschaften der Separationsinteressenten aufgelöst worden seien und für die anderen Länder der SBZ/DDR keine vergleichbaren Regelungen existierten. Hintergrund des kritisierten Aufsatzes war es daher vordringlich, überhaupt erst einmal darauf hinzuweisen, dass auch im damaligen Land Sachsen die alten Zusammenlegungsgenossenschaften u. dgl. auf gesetzlicher Grundlage aufgehoben worden sind. Auf die dabei zunächst vernachlässigte räumliche Beschränkung der Aufhebungsgesetze hat Gerd Janke dann etwa zeitgleich in der Neuen Justiz 12/2000, 637ff. erstmals hingewiesen.

    Auf welchem Wege die Berichtigung/Umschreibung der Grundbücher erfolgen sollte, war damals weder in Schrifttum noch Rechtsprechung geklärt. Janke (a.a.O.) empfahl: "Wo dies [Umschreibung in Volkseigentum] im Einzelfall nicht erfolgt ist, wäre von der Stadt oder Gemeinde, in deren Vermögen die Grundstücke bzw. Grundstücksrechte übergegangen waren, ein Antrag auf Grundbuchberichtigung nachzuholen; außerdem sollte in jedem Fall die Vermögenszuordnung beantragt werden." Dass auch hier die Vermögenszuordnung nur (zur Sicherheit) empfohlen wurde, zeigt schon, wie wenig gefestigt damals die Rechtsauffassungen waren.

    Hintergrund ist die alles entscheidende Frage, ob die 1961 angeordneten Grundbuchberichtigungen Volkseigentum begründet haben oder nur lediglich deklaratorischen Charakter hatten. Noch 2007 ist z.B. das BVerwG (3 C 27.06) davon ausgegangen, dass die Überführung kommunalen Altvermögens in Volkseigentum erst auf der Grundlage der „Gemeinsamen Anweisung über die Berichtigung der Grundbücher und Liegenschaftskataster für Grundstücke des ehemaligen Reichs-, Preußen-, Wehrmachts-, Landes-, Kreis- und Gemeindevermögens“ vom 11. Oktober 1961 erfolgte (RNr. 21). Im Übrigen ging das BVerwG im o.g. Urt. davon aus, dass die heutigen Gemeinden durchaus als Rechtsnachfolger (und nicht bloß als Funktionsnachfolger) der alten, von der Enteignung der Separationsinteressenten begünstigten polit. Gemeinden anzusehen seien: "Dort [in Brandenburg] wurden die Gemeinschaften der Separationsinteressenten durch Gesetz vom 11. Mai 1951 (GVBl S. 8) aufgelöst, ihr Vermögen wurde in das Eigentum der politischen Gemeinden überführt. Ehemaliges Gemeinheitseigentum solcher altrechtlicher Gemeinschaften stand damit seit 1952 im Eigentum der politischen Gemeinde. Sollten im vorliegenden Falle buchungsfreie Gräben und Wege also im Eigentum von Separationsinteressenten gestanden haben, so wären sie 1952 ins Eigentum der Rechtsvorgängerin der Klägerin gelangt. Die Klägerin ist - entgegen der Ansicht der Beigeladenen - auch nicht gehindert, sich auf dieses Eigentum zu berufen ..." (RNr. 22).

    Insofern waren seinerzeit zumindest Zweifel zuzulassen, ob zur Umschreibung der Grundbücher ein Vermögenszuordnungsbescheid erforderlich war, mit dem (deklaratorisch, nicht konstitutiv!) geklärt würde, wem mit Wirkung vom 3.10.1990 Volkseigentum zugefallen ist. Ohne Volkseigentum: keine Vermögenszuordnung.

    Erst nach und nach hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass bereits nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens vom 15.12.1950 (GBl. I, S. 1201) die Vermögenswerte aller[!] ehemaligen selbstständigen (Gebiets-) Körperschaften und Anstalten der DDR, also auch die der damaligen Gemeinden, auf den zentralisierten Einheitsstaat als Subjekt des Volkseigentums übergegangen seien. Insofern wurde dann auch bei kommunalem Altvermögen (und nicht wie zuvor laut BVerwG, U. v. 28.09.1995 - 7 C 57/94 nur bei ehem. Reichsvermögen usw.) den späteren Eigentumsumschreibungen im Grundbuch nur noch deklaratorische Bedeutung beigemessen.

    Aber wer sollte diese Rechtsfortbildung 2000 so vorhersehen? Selbst der Freistaat Thüringen ist noch 2007 davon ausgegangen, dass die Ansicht, dass öffentliches Eigentum an Grundstücken in der DDR unabhängig von der konkreten Eintragung im Grundbuch immer als Volkseigentum angesehen worden sei, rein spekulativ wäre (vgl. VG Meiningen 1 K 596/01.Me).

    Fazit: überholte Rechtsauffassungen - Ja, unbelehrbar: Nein.

  • Da eine der eingetragenen Personen "Eigentum des Volkes" ist, hatte ich heute ein aufschlussreiches Telefonat mit einem Mitarbeiter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Nach meinem Eindruck wusste er wovon er redet.

    Das Problem sei dort als "GbR-Problem" bekannt.

    Es sei tatsächlich so, dass die eingetragenen Personen rechtlich eine GbR bilden. Eigentümer sei die GbR, bei den einzelnen Personen untereinander befinde man sich im Gesellschaftsrecht. Verfügungen können nur gemeinschaftlich vorgenommen werden. Wenn ein Gesellschafter verstirbt, wie zwischenzeitlich meist der Fall, gelte die Gesellschaft als aufgelöst und befinde sich in Liquidation. Es gäbe hunderte bis tausende solcher Fälle.

    Zur Historie: Es gäbe keinen Gesellschaftervertrag. Die Bodenreformkommission sei über die Felder marschiert, habe die Grundstücke zugeteilt und bei Wegen erklärt, wer diese gemeinschaftlich bekommt. Was schließlich in die Eintragung "zur gesamten Hand" mündete. Es ist also wenig von den Recherchen in den Grundakten zu erwarten.

    Seit diesem Beitrag ist schon ein Jahrzehnt vergangen, aber die Problematik ist wohl noch aktuell

    Welche Ansicht bzw. Handhabung gibt es inzwischen zu diesem Problem bei den Grundbuchämtern in Fällen wie diesen:

    Bodenreformland; eingetragen im GB sind A, B und C als Gesellschafter zur gesamten Hand (also GbR?)

    C = Eigentum des Volkes/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben; A und B lange vor 1990 verstorbene Bauern

    Nun sollen die Erben von A und B eingetragen werden; Eingang des Antrages im Jahr 2024.

    Kann die Berichtigung überhaupt noch erfolgen oder ist stattdessen nach vorheriger Registrierung im Gesellschaftsregister ausschließlich die eGbR einzutragen?

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