§ 765 a ZPO - Krebs im Endstadium

  • Hallo,

    habe hier folgendes Begehren:

    Schuldnerin beantragt Aufhebung des Versteigerungstermins nach §765 a wegen Krebs im Endstadium. Die Voraussetzungen sehe ich als gegeben an, insbesondere ist nach mdl. Facharztaussage noch eine Rückkehr in das Haus möglich. Kann ich diesen Antrag als Antrag auf einstweilige Einstellung mit folgender Terminsaufhebung auslegen oder ist Terminsaufhebung auch isoliert als Maßnahme nach § 765 a ohne Einstellung möglich? Ggfls. müsste die Schuldnerin dann noch ihren Antrag um die einstweilige Einstellung erweitern.

    Zweites Problem ist, sofern ich dann auf die Dauer von 6 Monaten einstelle (was ich vorliegend tun würde) und die Schuldnerin sollte dann versterben, kann ich dann den Beschluss aufheben? Die Grundlage für § 765 a ist ja dann entzogen ?!

    Für Anregungen wäre ich dankbar! :gruebel:

  • Wann ist der Termin?
    Wenn noch Zeit besteht, Schuldnerin klarstellen lassen, ob nur der Termin aufgehoben werden soll (mit der Folge der unmittelbaren Neuterminierung) oder ob auch eine einstweilige Einstellung gemeint ist und ggf. für wie lange. Wenn das Endstadium nicht schon wirklich ganz am Ende ist, ist nur Aufhebung des Termins wenig hilfreich.

    Wenn Krebs im Endstadium nicht reicht, was fällt denn dann noch unter sittenwidrige Härte?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Geht's noch? Was an der Formulierung "Krebs im Endstadium" ist denn irgendwie unklar?

    Da liegt vieles im Unklaren. Verstirbt sie wirklich innerhalb der nächsten Monate? Verstirbt sie zu Hause oder im Krankenhaus, Hospitz? Ist sie denn jetzt überhaupt noch in der Lage ohne fremde Hilfe in der Immobilie zu wohnen? Hat sie vielleicht ein Gehirntumor und kann weder klar denken noch überhaupt richtig hören und sehen? Kannst du das beantworten? Wohl eher nicht. Vielleicht solltest du dann einfach mal deinen Ton anderen gegenüber mäßigen.

    Und zum Sachverhalt: Eine mündliche Facharztaussage würde mir nicht genügen. Ich hatte in der Betreuung auch Fälle, bei denen die Ärzte am Telefon mitteilten, die Patienten würden schon wieder werden und der Betreuer muss die Wohnung nicht kündigen, weil der Betreute dort wieder einziehen wird. Die Betreuten sind dann am Ende nur noch einmal Umgezogen, auf den Friedhof und schneller als die Ärzte dachten. Grundsätzlich könnte man auch darüber nachdenken, den Versteigerungstermin durchzuführen, um dann bei der Räumung der Immobilie den § 765a zu stellen. Damit würde auch dem Gläubiger geholfen, wobei zu bedenken bleibt, dass ggf. keine oder nur unzureichende Gebote abgegeben werden. Wobei im hiesigen Gerichtsbezirk selbst Suizidandrohungen die Bieter nicht vom Kauf abhalten und Gebote weit über dem Verkehrswert eingehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Bumani (14. November 2012 um 14:08)

  • Bei allem Respekt, aber das ist in der Tat die i. m. A. denkbar gemäßigste Antwort gewesen. Ich sehe auch nicht, dass eine einzige Deiner neuen Sachverhaltsvarianten (Glaubhaftmachung meinetwegen unterstellt - der ursprüngliche Fragesteller sieht die Voraussetzungen ja ebenfalls als gegeben an) das Verneinen einer besonderen sittenwidrigen Härten rechtfertigen könnte.

    Es ist mit den Guten Sitten im Sinne des § 765a ZPO und der dahinter stehenden Werten einer aufgeklärten, humanistisch-christlich geprägten Sozialgesellschaft in aller Regel schlicht unvereinbar, jemanden, der sehr konkret vorm Abkratzen steht, vor die Tür zu setzen (zu räumen, zuzuschlagen oder was auch immer) und damit ihm und seinen Angehörigen das verbleibende Leben unverhältnismäßig zu erschweren.

  • Was mich da auch interessieren würde ist die Aussage "insbesondere ist noch eine Rückkehr in das Haus möglich" in Verbindung mit "Krebs im Endstatium". WIe ist das zu verstehen?
    Sie lebt aktuell also gar nicht in dem Haus das Versteigert werden soll, sondern ist dauerhaft im Krankenhaus/Hospitz?
    Soll sie kurz vor dem Tod nochmal Heimgeschickt werden, oder wann soll sie denn in ihr Haus zurückkehren?

  • Also der Termin ist am Montag. Ich denke, ich werde eine Klarstellung/Ergänzung verlangen, ob auch einstweilige Einstellung beantragt wird.

    Ich habe bewusst auf weitere Angaben, die mir bereits das schriftliche hausärztliche Attest lieferte, verzichtet (Lungenkarzinom mit Metastasen in Knochen und Gehirn, massivst ausgezehrt, kürzliche Hüftfraktur mit folglicher Gehunfähigkeit, Verwirrung durch Krebs- und Schmerzmittel), aber offensichtlich nach wenn auch nur tel. Facharztaussage rückkehrfähig und noch nicht kurz vor dem Tod stehend. Dass ich die Voraussetzungen des § 765 a daher als gegeben ansehe, habe ich demnach bewusst nicht zur Debatte gestellt.

    Ich wollte daher hier keinen Streit vom Zaun brechen :(

    Sorry nochmals für die Unklarheit, momentan ist die Schuldnerin im Krankenhaus wegen des eben genannten Hüftbruches und verbleibt dort geplant noch ca. eine Woche, vorher hat sie anscheinend schon noch zuhause gewohnt.
    Nach dieser Woche ist dann die Rückkehr geplant. Wenn man natürlich so ausgezehrt ist, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass man überhaupt noch zuhause bleiben kann, aber was weiß ich, bin kein Mediziner.

    Interessant wäre für mich nur, wie Ihr das nach einer Einstellung auf bestimmte Zeit lösen würdet, sollte die Schuldnerin in der Frist versterben:confused:

  • Wenn ich auf 6 Monate einstelle und Sie verstirbt in einem Monat, kann ich dann den Beschluss wegen Wegfall des Schutzbedürfnisses aufheben?

  • Ich würde das Problem wie folgt umgehen:
    "...Termin wird aufgehoben, Verfahren wird eingestellt (ohne Frist), Gl. kann bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse binnen 6 Monaten nach Kenntniserlangung die Fortsetzung beantragen..."
    Den Antrag auf Aufhebung des Versteigerungstermins würde ich als Antrag auf gleichzeitige Einstellung des Verfahrens ausdeuten.

  • Da das Verfahren gem. § 765a ZPO nicht subsidiär gegenüber den anderen Einstellungsmöglichkeiten des ZVG anzusehen ist, kann m. E. eine eigenständige Entscheidung nach dieser Vorschrift ergehen.
    In anderen Fällen könnte man die Entscheidung bedingt bzw. befristet erlassen, würde vorliegend allerdings etwas pietätlos sein (Einstellung befristet bis zum Ableben der Schuldnerin ...)
    Eigene Überprüfung der Entscheidung geht aus meiner Sicht auch nicht so einfach.
    Jedoch kann der Gläubiger doch zur gegebenen Zeit einen neuen Antrag auf Aufhebung gem. § 765a Abs. 4 ZPO stellen, dem dann durch das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) stattgegeben werden könnte.

    Ein Flugzeug zu erfinden ist nichts - es zu bauen ein Anfang - Fliegen, das ist alles.

    (Otto Lilienthal/Ferdinand Ferber)

  • Danke für die guten Anregungen, das Einstellung mit dem Hinweis auf Fortsetzungsantrag/Aufhebungsantrag bei Kenntniserlangung von einer Änderung der Sachlage erscheint mir eine ganz gute Lösung.

    Die Frage ist dann nur noch ob es eines Fortsetzungsbeschlusses bedarf, wenn ich den Einstellungsbeschluß aufhebe auf Antrag?

    Wohl nicht oder? Das Verfahren müsste dann wieder normal weiterlaufen.

    Wie würdet Ihr dann das machen im Todesfall? Zustellbevollmächtigten bestellen, sofern kein Nachlasspfleger da, oder wartet Ihr erste Ansätze der Erbenermittlung ab, wobei die ja auch schon dauern?

  • ...wenn ich den Einstellungsbeschluß aufhebe auf Antrag?

    ...


    Dieser Aufhebungsbeschluss würde dann ja einen Fortsetzungsbeschluss darstellen ("...das durch Beschluss vom ... eingestellte Verfahren wird fortgesetzt...")


    ...Wie würdet Ihr dann das machen im Todesfall? Zustellbevollmächtigten bestellen, sofern kein Nachlasspfleger da, oder wartet Ihr erste Ansätze der Erbenermittlung ab, wobei die ja auch schon dauern?

    ZU-Bevollmächtigter geht m.E. nicht, da der Sch. ja nicht unbekannten Aufenthaltes, sondern tot ist. Stattdessen käme ein einstweiliger besonderer Vertreter der unbekannten Erben nach § 779 ZPO in Betracht. Dieser setzt aber - wie der sperrige Name schon sagt - voraus, dass die Erben unbekannt sind. Erbenermittlungsversuche in tragbarem Umfang müssten schon unternommen werden. soviel Zeit muss sein...

  • Ich würde die Einstellung so formulieren
    ... wird bis zum xx.05.2013 gemäß § 765 a ZPO einstweilen eingestellt. Bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse kann die vorzeitige Fortsetzung beantragt werden.
    Die Fortsetzung erfolgt nur auf Antrag der Gläubigerin. Wird der Antrag nicht binnen 6 Monaten gestellt, ist das Verfahren aufzuheben. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Einstellung angeordnet ist, somit mit dem xx.05.2013. (§ 31 ZVG).

    Zum einen muss man auch bei der Einstellung nach § 765 a ZPO die Fortsetzungsmodalitäten nach § 31 ZVG einhalten und hat dann klare Linie, wann aufgehoben werden muss. So kann der Gl. auch mit dem Fortsetzungsantrag zuwarten, bis der Schuldner tatsächlich nicht mehr ist. Evtl. kann man ihn noch separat darauf hinweisen, dass beim Forsetzungsantrag ggfls. evtl. Erben anzugeben sind.

  • Mal eine dumme Frage: was bringt denn ein ZV-Termin für eine unzumutbare Härte für dem Schuldner mit sich, auch wenn dieser schwer krank ist? Es ist doch die Räumung, vor der der Schuldner hier Angst hat und ein Räumungsschutzantrag wäre das richtige Mittel der Wahl, falls es denn einen Zuschlag geben sollte und der Erwerber auch tatsächlich räumen will. Aber derzeit weiß doch noch keiner, ob der Termin einen Zuschlag bringt und ob anschließend auch die Räumung vollstreckt werden soll.

    Bereits den Versteigerungstermin nicht stattfinden zu lassen halte ich für deutlich überzogen.

    Anders wäre es sicherlich, wenn z.B. eine Herzerkrankung vorläge, bei der bereits die Aufregung über einen Zuschlag den Gesundheitszustand verschlechtern könnte. Das ist aber nach #1 nicht der Fall.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Für abwegig erachte diese Überlegungen eigentlich auch nicht. Ein konkreter und tatsächlicher Verlust der Wohnung droht alleine durch die Abhaltung des Termins nicht. Ebenso bedeutet ein Zuschlag ebenfalls noch nicht den direkten Verlust der Wohnung. Und im vergleichbaren Fall würde der Richter wohl seine Verhandlung über die Räumungsklage durchführen....
    Entscheiden möchte ich dennoch nicht über die Sache müssen...

  • Es ist mit den Guten Sitten im Sinne des § 765a ZPO und der dahinter stehenden Werten einer aufgeklärten, humanistisch-christlich geprägten Sozialgesellschaft in aller Regel schlicht unvereinbar, jemanden, der sehr konkret vorm Abkratzen steht, vor die Tür zu setzen (zu räumen, zuzuschlagen oder was auch immer) und damit ihm und seinen Angehörigen das verbleibende Leben unverhältnismäßig zu erschweren.

    Das liegt hier so aber nicht zwingend vor. Allein die Versteigerung incl. Zuschlag bedingt nicht die Räumung der Immobilie, denn die Schuldnerin kann jederzeit noch gegen die Räumung einen Schutzantrag gem. § 765a stellen. Vorliegend wären auch die Interessen des Gläubigers zu berücksichtigen und dieser könnte ein Interesse daran haben, dass jetzt versteigert wird. Immobilien bringen zur Zeit in der Zwangsversteigerung einen guten Erlös ein. Wie sich das in sechs Monaten darstellt weiß man nicht. Deshalb sehe ich vorliegend durch einen Zuschlag im Verfahren keine besondere Härte für die Schuldnerin, wobei auch nach der Sachverhaltsschilderung anzunehmen ist, dass die Schuldnerin ggf. die Situation auch selbst nicht mehr wirklich erfassen kann.

    Ich würde vorliegend den Schutzantrag zurückweisen und im Beschluss den Hinweis zum § 765a in der Räumung geben. Weiterhin gäbe es einen Verkündungstermin über den Zuschlag mit dem Hinweis im Termin auf einen Schutzantrag, ohne hierbei über die Umstände der Schuldnerin auszuführen. Das geht keinem Außenstehen etwas an. Somit hätte dann aber auch der Gläubiger die Möglichkeit von sich aus eine Einstellung des Verfahrens zu beantragen, falls keine oder nicht hinreichende Gebote abgegeben werden. Und der Schuldnerin steht eine RM Frist gegen meinen Zurückweisungsbeschluss zur Verfügung.

    Wobei ich dir dahingehend zustimme, dass solche schwer erkrankten Menschen einen besonderen Schutz benötigen und auch erhalten sollen. Alles andere wäre auch mit meinem Verständnis von Recht und Gesetz und Menschlichkeit nicht vereinbar.

  • Für die Schuldner ist es doch aber so, dass der Zuschlag den Verlust bedeutet und nicht erst eine spätere Räumung. Das ist dann natürlich mit der entsprechenden Sorge/Aufregung verbunden. Dem Schuldner nutzt es dann wenig, wenn im Zurückweisungsbeschluss auf einen möglichen Räumungsschutzantrag verwiesen wird.

    Dies kann sich auch nicht nur bei Herzerkrankungen auf den Krankheitsverlauf auswirken.

    Wenn das Problem generell erst bei der Räumung angesehen wird, dürfte nie ein Antrag nach § 765a ZPO zur Terminsaufhebung führen. Das ist sicher nicht gewollt. Neben den Gläubigerinteressen kommt es auf den Schuldner an. Welche Gründe führen denn sonst zum Erfolg, wenn nicht mal das?

    Was sagt denn der Gläubiger? Vielleicht ist er sogar einverstanden. Die Verzögerung dürfte ja eher relativ kurzfristig sein.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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