Vj. vollstreckt aus Titel, der bis zum 18. Lebensjahr beschränkt ist

  • Hallo!

    Meine Kollegin hat folgenden Fall auf dem Tisch, bei dem wir nicht weiterkommen:

    Gläubiger vollstreckt aus Jugendamtsurkunde (aktuelle) Unterhaltsforderungen gegen den Vater. Der Gläubiger ist jedoch schon volljährig und in dem Titel steht ausdrücklich die Befristung "bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" - wie gesagt, es soll der laufende Unterhalt vollstreckt werden, Rückstände sind keine vorhanden.
    Die Kollegin hat um Antragsrücknahme gebeten, weil der Titel nach Vollendung des 18. Lebensjahres keine Grundlage für die Vollstreckung von laufenden Unterhaltsforderungen sein kann. Nun sagt der Gl-V, dass das auf jeden Fall ginge und nimmt Bezug auf § 244 FGG. Aber wir können doch von hier aus nicht in die materiell-rechtliche Prüfung einsteigen, ob der Kindsvater tatsächlich noch verpflichtet ist, dem Kind (GL.) Unterhalt zu zahlen?!?

    Oder können wir den Titel soweit gar nicht prüfen und muss der Schuldner sich dann gegen den PfÜB wehren? Ich hab bei der Suchfunktion nichts gefunden und hoffe auf Eure Meinungen. Danke schon mal im Voraus!

  • Ist eine Beschränkung im Titel enhalten, kann kein Unterhalt, der nach Volljährigkeit entstanden ist, mehr vollstreckt werden (so auch Musielak/Borth FamFG 3. Aufl. § 244 Rn. 2). Fehlt insoweit ein vollstreckungsfähiger Inhalt, kannst Du nicht erlassen, in der zitierten Kommentierung heißt es sinngemäß: Wenn der Titel auf den Zeitpunkt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes begrenzt wurde (so etwa bei Titeln, die vor Inkrafttreten des KindRG geschaffen wurden), greift die Vorschrift des § 244 FamFG nicht ein, weil die dem Titel immanente Begrenzung nicht durch § 244 FamFG abgeändert werden kann. Die Vorschrift betrifft lediglich unbefristete Titel, die während der Minderjährigkeit des Kindes geschaffen wurden, und nicht etwa befristete Titel.
    Siehe auch Hk-ZV/Kim J. Müller 1. Aufl. § 244 FamFG Rn. 5; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 1888. Ist die Titulierung ausdrücklich auf die Zeit der Minderjährigkeit begrenzt, was möglich ist, findet § 244 FamFG keine Anwendung.
    Im Zweifelsfall würde ich es daher in derartigen Fällen auf ein Rechtsmittel ankommen lassen

    Einmal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (20. November 2012 um 12:17) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Man kann es sich nicht ganz so einfach machen, aber in der Regel wird man zum gleichen Ergebnis kommen:

    § 798a ZPO (jetzt § 244 FamFG) ist nur auf solche Vollstreckungstitel anwendbar, die Unterhaltsansprüche im Sinne von § 1612a BGB in der seit 1.7.1998 geltenden Fassung feststellen oder die gemäß Art. 5 § 3 KindUG auf das seit 1.7.1998 geltende Rechts umgestellt worden sind, siehe BGH, Beschluss vom 4.10.2005, VII ZB 21/05.

    Ich gehe aber mal davon aus, dass der Titel aus der Zeit vor 1998 stammt (bestimmt feste Beträge und damals immer beschränkt auf die Vollendung des 18. Lebensjahres, jedenfalls bei nichtehelichen Kindern). Dann wäre das Ergebnis richtig. Erging der Titel aber nach dem seit 1998 geltenden Recht in dynamisierter Form, ist der Einwand, dass die Unterhaltspflicht nicht mit dem 18. Lebensjahr endet (jetzt § 240 FamFG) durchaus zielführend, selbst wenn da was anderes dasteht.

  • Man kann es sich nicht ganz so einfach machen, aber in der Regel wird man zum gleichen Ergebnis kommen: § 798a ZPO (jetzt § 244 FamFG) ist nur auf solche Vollstreckungstitel anwendbar, die Unterhaltsansprüche im Sinne von § 1612a BGB in der seit 1.7.1998 geltenden Fassung feststellen oder die gemäß Art. 5 § 3 KindUG auf das seit 1.7.1998 geltende Rechts umgestellt worden sind, siehe BGH, Beschluss vom 4.10.2005, VII ZB 21/05. Ich gehe aber mal davon aus, dass der Titel aus der Zeit vor 1998 stammt (bestimmt feste Beträge und damals immer beschränkt auf die Vollendung des 18. Lebensjahres, jedenfalls bei nichtehelichen Kindern). Dann wäre das Ergebnis richtig. Erging der Titel aber nach dem seit 1998 geltenden Recht in dynamisierter Form, ist der Einwand, dass die Unterhaltspflicht nicht mit dem 18. Lebensjahr endet (jetzt § 240 FamFG) durchaus zielführend, selbst wenn da was anderes dasteht.

    Dann wäre er ja wohl nicht befristet, aber das ist er ja ganz offensichtlich.

  • Ich gehe aber mal davon aus, dass der Titel aus der Zeit vor 1998 stammt (bestimmt feste Beträge und damals immer beschränkt auf die Vollendung des 18. Lebensjahres, jedenfalls bei nichtehelichen Kindern). Dann wäre das Ergebnis richtig. Erging der Titel aber nach dem seit 1998 geltenden Recht in dynamisierter Form, ist der Einwand, dass die Unterhaltspflicht nicht mit dem 18. Lebensjahr endet (jetzt § 240 FamFG) durchaus zielführend, selbst wenn da was anderes dasteht.

    mh, leider nicht. Der Titel ist vom 29.09.2010, es ist aber eine Abänderungsurkunde (Ursprungstitel aus 2003). Der Unterhalt ist auch schon dynamisiert festgesetzt. Das ist ja kompliziert - jetzt muss der PfüB erlassen werden, obwohl die Beschränkung bis zum 18. Lebensjahr drin steht? Darf das Jugendamt in die neuen Beschlüsse diese Formulierung überhaupt noch aufnehmen?

  • Das JA kann nur das aufnehmen, was freiwillig ! erklärt wird. Ist dies ungenügend, weil mat. ein höherer und unbefristeter Anspruch besteht, muss dies im Rechtsweg verfolgt werden.

    Egal, ob dynam. oder fest und egal von wann, ausdrücklich ! befristet endet mit Volljährigkeit, daher Titelwegfall.

    Ich habe aber die leise Vermutung, dass dies gar nicht so ist, sondern ein Fall, wie OLG Brandenburg, 12.07.2011, 10 UF 115/10 (juris)vorliegt.

    "Allein die Bezugnahme auf den Regelbetrag, den es nur für minderjährige Kinder gegeben hat, rechtfertigt nicht die Annahme, der Unterhaltstitel sei befristet. Denn Unterhaltstitel, die aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes stammen, gelten grundsätzlich über den Zeitpunkt der Vollendung der Volljährigkeit hinaus weiter, da es ..."

    Teile daher bitte mal den genauen Wortlaut der Ursprungs- und Abänderungsurkunde mit.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ja wenn das so ist, hat das JA absoluten Mist gebaut, denn § 1612a BGB sieht eine Begrenzung in der dritten Altersstufe auf das 18 Lebensjahr gerade nicht vor. Davon geht auch die von mir genannte BGH-Entscheidung aus. Ich habe auch so eine Urkunde oder so eine gerichtliche Entscheidung nach neuem Recht mit einer Begrenzung noch nicht zu Gesicht bekommen. Hier ist einfach was gemacht worden, was das Gesetz nicht vorsieht.:oops:
    Ich glaube nicht, dass der U-Schuldner auf dieser Formulierung bestanden hat, wie der Vorbeitrag zum Ausdruck bringt. Denn hierfür werden letztlich immer Vordrucke verwendet. Nur wenn man an diesem sieht, dass nachträglich irgendwo eingetragen wurde, dass ausdrücklich die Begrenzung bestehen soll, kann man davon ausgehen, dass es der Schu so gewollt hat. Ansonsten schreibe ich es eher dem JA zu bzw. der Stelle, die es mit diesen Vordrucken oder entsprechender fehlerhafter Software versorgt.

  • Das Problem dabei ist doch, dass es dem JA egal ist was nach dem 18. Lj. ist. Dann sind sie nicht mehr zuständig und ich habe oft den Eindruck, dass nach dem Motto "Nach mir die Sintflut" gearbeitet wird.

    Ich höre immer wieder von Arbeitgebern, dass das JA mitteilt, dass sie aus der Kiste raus sind, weil das Kind das 18. Lj. vollendet hat. Man (der Arbeitgeber) solle sich mit dem Kind in Verbindung setzen, aber das ist dann nicht erreichbar. Arbeitgeber hält den Unterhalt zurück, weil er nicht weiß, wohin er zahlen soll. Kind meldet sich nicht und Unterhaltspflichtiger hat keine Ahnung wo sich der Nachwuchs rum treibt.

    Wenn ich so einen Fall mal hätte, würde ich den gepfändeten Betrag so lange an das JA schicken, bis sie auf die Rechte aus der Pfändung verzichten. Können ja jeden Monat schön das Geld zurück überweisen. Müsste halt das Kind neu pfänden. Aber so etwas kann ich einem Arbeitgeber nicht empfehlen, der sich nicht gut mit ZV auskennt, leider.

  • Der Titel lautet wie folgt:
    Ich verpflichte mich, an das Kind xy in Abänderung der Urkunde des Kreises AB vom ... (Az...) ab dem 01.07.2010 monatliczh 120 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe monatlich abzüglich des anteiligen Kindergeldes in der jeweils gesetzlichen Höhe gemäß § 1612b BGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres im Voraus zu Händen seines jeweiligen gesetzlichen Vertreters bis zum 05. eines jeden Monats zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort.

    ... (Zwangsvollstreckungsunterwerfung)

    Also hat das Jugendamt die Befristung zu Unrecht aufgenommen und ich muss den Titel als unbefristet ansehen? Ist das kompliziert.

  • Nein, du solltest dich schon an das halten was da steht, auch wenn es der Gesetzgeber so nicht vorgesehen hat (1612a BGB). Aus einem rechtkräftigen Urteil kann man ja auch vollstrecken, auch wenn es zu Unrecht ergangen sein sollte.

    Vielleicht war es ja auch schon in dem vorgehenden Titel falsch und man hat mit der Änderung nur den Prozentsatz abändern wollen.

    Es weiß ja jetzt sowieso niemand, was der Schuldner denn nun genau beurkunden wollte. Ich gehe aber nicht davon aus, dass er zum JA kam und gesagt hat, er wolle nur beurkunden, wenn eine Beschränkung auf das 18 LJ aufgenommen wird.

  • Ist ja alles rein Spekulation. Am besten hält man sich dann eben doch an den Wortlaut. Der Unterhaltsberechtigte kann sich ja bei diesem Jugendamt mal ordentlich beschweren, vielleicht nehmen die ja heute noch immer sowas auf.

    Ich verdeutliche es nochmal:

    Der Gesetzgeber hat in § 1612a BGB, bei dem es eigentlich nur um an Minderjährige zu zahlenden Unterhalt geht, eine Begrenzung auf das 18. Lebensjahr nicht festgelegt. Der Schuldner könnte ja nun einwenden, dass dieser Titel auf Basis von § 1612a BGB ja nur Minderjährigen-Unterhalt betrifft. Damit er dies nicht kann, hat der Gesetzgeber § 798a ZPO bzw. § 244 FamFG geschaffen. Wenn hier der Schuldner ausdrücklich bei der Beurkundung darauf bestanden hat, dass er nur bis zum 18. Lebensjahr anerkennen und beurkunden lassen will (er hätte ebenso ja auch das "16. Lebensjahr" benennen können), kann man daraus jetzt nach Eintritt der Volljährigkeit nicht mehr vollstrecken. Handelt es sich aber um ein Formular, wonach aus "bis zum 18. Lebensjahr" (überflüssig) nur hervorgehen soll, dass es Unterhalt für Minderjährige ist, was so ja aus § 1612a BGB schon gesetzlich hervorgeht, kommt § 244 FamFG wieder ins Spiel und man könnte darauf vollstrecken.
    Das kann man nun aber in der Tat nicht auseinanderhalten. Im Zweifel muss man hier wohl zugunsten des Schuldners sich entscheiden, weil in der Regel eben dieser Zusatz in den Titel gerade nicht verwendet wird.

  • ... des anteiligen Kindergeldes in der jeweils gesetzlichen Höhe gemäß § 1612b BGB, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres im Voraus zu Händen seines jeweiligen gesetzlichen Vertreters, bis zum 05. eines jeden Monats zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort.

    ....

    Mit den Kommata erscheint es klarer. Ist da keine Trennung, Kommata, Absatz oder ähnl. in der Urkunde?


    Zahlung an den gesetzl. Vertr. während Mdjk., im übrigen an Kind selbst, also keine Befristung des Titels vorhanden.

    Wie lautet die erste Urkunde?

    (@Andy K.: der einzige, der SV-quetsche betreibt, bist du.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • Mit den Kommata erscheint es klarer. Ist da keine Trennung, Kommata, Absatz oder ähnl. in der Urkunde?


    Zahlung an den gesetzl. Vertr. während Mdjk., im übrigen an Kind selbst, also keine Befristung des Titels vorhanden.

    Wie lautet die erste Urkunde?

    (@Andy K.: der einzige, der SV-quetsche betreibt, bist du.)

    Keine Kommata, außer den Erwähnten... Die Ursprungsurkunde haben wir nicht. Ist das ein Problem? Für mich sieht die Abänderungsurkunde wie ein eigenständiger Titel aus. (Ich mag M-Sachen nicht...)

  • Hmm, ich sag mal, nicht wirklich gelungen, aber wohl gerade noch im von mir beschriebenen Sinne auslegungsfähig. Kannst dich damit anfreunden? :)

    Wegen der 1. Urkunde. Diese ist zwar nicht unbedingt notwendig, aber wäre hilfreich, wenn sich aus dieser eindeutig die Nichtbefristung ergibt, weil dann eine nachträchliche einseitige Abänderung/ Befristung des Unt.schu. unbeachtlich wäre.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ist ja alles rein Spekulation. Am besten hält man sich dann eben doch an den Wortlaut. Der Unterhaltsberechtigte kann sich ja bei diesem Jugendamt mal ordentlich beschweren, vielleicht nehmen die ja heute noch immer sowas auf.

    Ich verdeutliche es nochmal:

    ..... Wenn hier der Schuldner ausdrücklich bei der Beurkundung darauf bestanden hat, dass er nur bis zum 18. Lebensjahr anerkennen und beurkunden lassen will .....

    Ist das dann keine Spekulation?

    :gruebel:

  • Ja natürlich, was anderes habe ich ja auch gar nicht behauptet. Auf Grund des Sachverhaltes bleibt auch nichts anderes übrig. Man kann ja Beweis erheben und die Urkundsbeamtin des Jugendamtes laden ...., dann weiß man es vielleicht etwas genauer. ;)


    (@Andy K.: der einzige, der SV-quetsche betreibt, bist du.)

    keine Ahnung, was du damit ausdrücken willst - da kann man auch nur spekulieren.

    Im Übrigen mag verstehen wer will, was mit "Zahlung an den gesetzl. Vertr. während Mdjk., im übrigen an Kind selbst, also keine Befristung des Titels vorhanden" ausgedrückt werden soll. Dass ab dem 18. LJ nicht mehr an die Mutter zu zahlen ist, ist ja eine Selbstverständlichkeit und steht in keinerlei Zusammenhang mit §§ 1612a BGB, 798a ZPO, 244 FamFG.

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