Ausschlagung des Vermächtnisses

  • Hallo,
    ich bräuchte mal ein paar weitere Meinungen zu meinem Sachverhalt:

    Meiner Betreuten wurde laut Testament folgendes Vermächtnis zugedacht:

    a) der Hausrat und die persönlichen Gegenstände
    b) ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an der Wohnung.

    Mir liegt nun die Ausschlagung des Vermächtnisses über das lebenslange Nießbrauchsrecht zur betreuungsrichtlichen Genehmigung vor.
    Meine Frage: Ist es möglich, nur das Vermächtnis zu b) auszuschlagen? :confused:
    Nach § 1950 BGB, der auch für die Ausschlagung von Vermächtnissen greift, kann die Ausschlagung nicht auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden.

    Vielen Dank schon mal für eure Hilfe!!

  • Ein Vermächtnis ist doch nur ein schuldrechtlicher Anspruch. Muss man das ausschlagen? :confused: Ist es da nicht mit einer Nicht-Geltendmachung getan? :gruebel:

  • Wie die Vorposter.
    Man kann höchstens im Innenverhältnis dem Erben gegenüber auf das Vermächtnis verzichten, damit dieser Rechtssicherheit hat.

    Ansonsten wäre mir auch neu, dass § 1950 was mit Vermächtnissen zu tun hat. Wie kommst Du denn darauf?

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Doch ein Vermächtnis kann man ausschlagen.
    Die Ausschlagung des Vermächtnisses ist in § 2180 BGB geregelt.
    § 2180 Abs. 3 BGB verweist auf § 1950 BGB.

    Und ich muss das ganze nach § 1822 Nr. 2 BGB genehmigen.

    Das meinte ich mit #5 - dass das aber auch Ausschlagung heißt, wußte ich nicht. Wieder was gelernt.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Als ich -gleich mehrfach- las, dass Vermächtnisse nicht ausgeschlagen werden können, war ich schon nahe daran, vom erbrechtlichen Glauben abzufallen.

    Ob das Vermächtnis für den einen Vermächtnisgegenstand angenommen und für den anderen ausgeschlagen werden kann, richtet sich danach, ob es sich nach dem Willen des Erblassers um Einzelvermächtnisse oder um ein gemeinschaftliches Vermächtnis handelt. Es empfiehlt sich daher, diese Frage im Testament ausdrücklich zu regeln, weil sie auch pflichtteilsrechtlich zu erheblichen Konsequenzen führen kann (dazu weiter unten).

    Für die Ausschlagung eines Vermächtnisses gibt es weder eine bestimmte Form noch eine bestimmte Frist (Ausnahme: § 2307 Abs.2 BGB). Die Ausschlagung erfolgt auch nicht gegenüber dem Nachlassgericht, sondern gegenüber dem Beschwerten, also in der Regel gegenüber dem oder den Erben.

    Von erheblicher Bedeutung ist die Vermächtnisfrage, wenn ein Pflichtteilsberechtigter mit Vermächtnissen bedacht ist. Er kann dann nämlich nach § 2307 Abs.1 BGB wählen, ob er das Vermächtnis annimmt und nur den auf seine Pflichtteil fehlenden Betrag als Pflichtteil beansprucht oder ob er das Vermächtnis ausschlägt und seinen Pflichtteil in voller Höhe geltend macht. In diesem Zusammenhang spielt dann natürlich auch die eingangs erörterte Frage eine Rolle, ob ein Vermächtnis nur insgesamt oder auch nur für bestimmte Vermächtnisgegenstände angenommen (und für andere Vermächtnisgegenstände ausgeschlagen) werden kann.

    Wenn sich der pflichtteilsberechtigte Vermächtnisnehmer nicht über die Annahme des Vermächtnisses erklärt, kann ihm der Erbe (bei mehreren Erben: alle) eine Frist zur Annahme setzen (§ 2307 Abs.2 S.1 BGB.). Insoweit gilt dann die Besonderheit, dass das Vermächtnis als ausgeschlagen gilt, wenn nicht innerhalb der Frist dessen Annahme erklärt wird (§ 2307 Abs.2 S.2 BGB).

  • Zitat

    Als ich -gleich mehrfach- las, dass Vermächtnisse nicht ausgeschlagen werden können, war ich schon nahe daran, vom erbrechtlichen Glauben abzufallen.

    Ich weiß ja nicht, ob und an welchem Gericht Du tätig warst, bevor Du Deine derzeitige Tätigkeit im Speckgürtel aufgenommen hast - aber:
    Nicht gleich wissen oder kennen heißt ja nicht, dass man nicht Neues lernen oder etwas wieder auffrischen kann.
    Ich arbeite an einem recht überschaubaren Gericht. Da kennt jeder Kollege den anderen und die Ausschlagung eines Vermächtnisses würde hier jeden vor das bekannte Buch mit sieben Siegeln in böhmischen Dörfern stellen.
    Deine Aussage, dass Du vom erbrechtlichen Glauben (welche Kirchengemeinde ist das?) nahezu abgefallen wärest, ist schon recht arrogant und abfällig.
    Ich sehe ein, dass Du recht gute Kenntnisse in vielen Bereichen der rechtspflegerischen Tätigkeit hast. Du hast sie Dir erarbeitet und sie seien Dir gegönnt - zumal ich auch davon profitiere.
    Doch die Art und Weise Deiner Kommunikation darfst Du gern ab und an überdenken.

    Ich lerne gerne jeden Tag dazu. Die Weisheit wurde mir nämlich nicht mit dem Schöpflöffel gegeben.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Mir liegt jetzt genau so ein Fall vor, in dem die Erteilung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung beantragt ist:

    Der Erblasser hat dem Betreuten ein Vermächtnis ausgesetzt, wonach dieser monatlich 60 € aus der Vermietung des Hauses, das die Erbin erhalten hat, erhält. Sollte die Erbin allerdings keinen Mieter finden, entfällt die Zahlungsverpflichtung.
    Die Betreuerin hat sich daher entschieden, das Vermächtnis auszuschlagen und den Pflichtteil geltend zu machen. Sie legt mir eine Abschrift eines Schreibens vor, das sie an die Erbin gerichtet hat und in dem sie die Ausschlagung des Vermächtnisses erklärt und den Pflichtteil geltend macht. Außerdem fordert sie die Erbin aus, die Höhe des gesamten Nachlasses nachzuweisen, damit die genaue Höhe des Pflichtteils berechnet werden kann. (Grob ist dies schon bekannt, es sind etwa 110.000 € Nachlassmasse vorhanden, es gibt insgesamt zwei Pflichtteilsberechtigte, sodass der Pflichtteil etwa 27.500 € betragen müsste.)
    Da dieser Betrag erst nach knapp 50 Jahren durch die Zahlung aus dem Vermächtnis erreicht würde (vorausgesetzt, dass immer gezahlt wird), bin ich der Meinung, dass ich die Genehmigung der Ausschlagung erteilen kann.

    Wie sieht diese denn aus? Eine Bezugnahme auf eine Urkunde etc. scheidet ja aus, da sie formlos dem Erben gegenüber zu erklären ist. Und würdet ihr das Sozialamt beteiligen, das vermutlich sowieso sämtliche Beträge erhält? Gibt es sonst noch etwas, was ich berücksichtigen muss?
    Vielen Dank schon mal...

  • Zu genehmigen ist die Ausschlagung, die in dem vorliegenden Schreiben an die Erbin erklärt wurde.

    Die Geltendmachung des Pflichtteils ist allerdings auch im Zuge der Annahme des Vermächtnisses möglich, nämlich in Höhe des Differenzbetrages, der dem Wert des Vermächtnisses und dem Wert des Pflichtteils entspricht (§ 2307 Abs. 1 S. 2 BGB). Es verhält sich also nicht so, dass der Betreute seinen Pflichtteilsanspruch im genannten Umfang durch die Annahme des Vermächtnisses verlieren würde. Demzufolge stellt sich auch nicht die Frage, wie lange die Vermächtniszahlungen erbracht werden müssten, bis der volle Pflichtteil erreicht würde (dies wäre übrigens nicht erst nach mehr als 50 Jahren, sondern nach gut 38 Jahren der Fall)

    Allerdings ist die Ausschlagung im vorliegenden Fall wirtschaftlich vernünftig. Denn der Vermächtnisanspruch müsste auf die Lebensdauer des Betreuten kapitalisiert werden (was den Restpflichtteil reduziert) und zudem ist er noch mit der Unwägbarkeit der Nichtvermietung verbunden.

    Ob das Sozialamt den Pflichtteilsbetrag erhält, erscheint mir nicht ausgemacht, es sei denn, die Leistungen wären nur darlehensweise gewährt worden. Der Betreute muss ist aber in Zukunft Selbstzahler, solange der Pflichtteil nicht bis auf den Freibetrag aufgebraucht ist.

  • Vielen Dank für die Antwort und entschuldigung für den Schreibfehler (aus knapp 40 sind knapp 50 Jahre geworden).

    Über die Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzbetrages hatte ich auch schon nachgedacht, bin aber auch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ausschlagung und Geltendmachung des vollständigen Vermächtnisses sinnvoller ist.
    Da der Betreute sich nicht zu dem Sachverhalt äußern kann und auch der Verfahrenspfleger daher nicht den Willen des Betreuten beurteilen kann (ob er aus verwandschaftlichen Gründen etc. doch lieber eine monatliche Zahlung wünscht) werde ich nach Vorlage der genauen Angaben zur Erbschaft wohl genehmigen.

  • So, die Unterlagen liegen vor, jetzt kann die Genehmigung erteilt werden. Sehe ich das richtig, dass wir hier einen Fall des § 1831 BGB haben und die bereits dem Erben gegenüber erteilte Ausschlagungserklärung unwirksam ist und nun nach Vorliegen der Genehmigung erneut erklärt werden muss?

  • Ich dachte, die Sache sei nun erledigt, jetzt kommt jedoch ein weiteres Problem...
    Und zwar teilt die Erbin dem Betreuer, der den Pflichtteil für den Betreuten geltend gemacht hat, mit, dass sie nur die Hälfte des Pflichtteils sofort zahlen könne. Der Rest könne in geringeren Raten (Gesamtlaufzeit 8 Jahre!) gezahlt werden.
    Der Betreuer möchte nun von mir wissen, was er machen soll. Die Erbin trägt vor, das geerbte Grundstück nicht weiter belasten zu können, da ihr keine Bank einen Kredit geben wird. Andere Barmittel waren im Nachlass nicht vorhanden. Sie selber hat auch kein Vermögen um den Pflichtteil auszuzahlen.
    Was würdet ihr dem Betreuer nun raten? Für einen etwaigen Vergleich müsste ja wieder eine Genehmigung erteilt werden, da tue ich mich derzeit aber noch schwer mit.

  • In so einem Fall hat das NL-Gericht auf Antrag ein Verfahren nach § 2331 a BGB durchgeführt. NL-Gericht, weil Anspruch selbst nicht strittig war, sonst Prozessgericht. Verfahren lief zu FGG-Zeiten. Ob die Zuständigkeit des NL-Gerichts noch gegeben ist seit einige Dinge auf Notare übertragen worden, müsste ich nachlesen.

  • Es kommt darauf an:
    In unserem Fall gab es nach erster mündlicher Verhandlung eine Stundung bis zum Zeitpunkt X, mit der alle Beteiligten einverstanden waren.
    Nach Zeitpunkt X erlaubten die Umstände nur eine weitere Stundung aber mit Ratenzahlungen, der gesamte Betrag wäre eine unbillige Härte gewesen.
    Bis hier alles ohne Genehmigungsverfahren, kein Rechtsverlust, nur eine zeitliche Verzögerung.
    Das Problem löste sich mit dem Verkauf eines Grundstücks, Erbe konnte dann zahlen.

    Wenn ein Vergleich protokolliert wird nach §§ 159-165 ZPO bin ich mir nicht sicher, kommt sicher auf den Inhalt an.
    Im Palandt ist der 2331 a weder bei Nr, 2 noch bei Nr. 12 im 1822 aufgeführt. Da müsste ich mich erst wieder einlesen, Betreuung ist zu lange her.
    Mein Bauch sagt keine Genehmigung, solange keine Schenkung oder ein Verzicht protokolliert wird.

  • Ich hatte parallel einen GB-Auszug von dem geerbten Grundbuch angefordert um die Aussagen der Erbin überprüfen zu können. Und siehe da, das GB ist unbelastet! Bei einem Marktwert von 120.000 € sollte da ja eigentlich ein geringer Kredit mit dinglicher Absicherung drin sein...
    Meint ihr, dass ich dem Betreuer diesen Sachverhalt mitteilen darf, oder hat ihn schlichtweg nichts anzugehen, welche Belastungen auf dem von der Erbin geerbten Grundbesitz eingetragen sind? Ich habe gerade etwas Angst, mich in die Nesseln zu setzten, wenn ich meine Amtsermittlungsergebnisse offenlege.

  • Unter den Umständen würde ich mir vom Betreuer das Nachlassverzeichnis vorlegen lassen oder am eigenen Gericht Einsicht nehmen und dann unter Verweis darauf auftragen den vollen Pflichteil zu fordern. Der Zahlungspflichtige müsste den Stundungsantrag stellen und in dem Zusammenhang kann man auf die Lastenfreiheit hinweisen. Die Geister scheiden sich bei der Frage: was ist für wen eine unbillige Härte.
    Der Betreuer hätte die Erkenntnis schon lange selber aus dem Nachlassverzeichnis gewinnen können. Der Erbe ist auskunftspflichtig.

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