Wieder mal § 85a ZVG

  • Habe am kommenden Dienstag Versteigerungstermin. Ich stelle den Fall im Folgenden etwas vereinfacht dar, auch ohne Kosten, Zinsen usw.:
    Teilungsversteigerung. Verkehrswert: 100.000,00 €. Bestehenbleibende Rechte: 2 Zwangshypotheken, nämlich: Nr. 1 auf der Miteigentumshälfte des Ehemanns: 20.000,00 € für Bausparkasse. Nr. 2 auf der Miteigentumshälfte der Ehefrau: 20.000,00 € Zwangshypothek für die gleiche Bausparkasse. Ich vermute, beide Hypotheken sichern dieselbe Forderung. Die Bausparkasse teilt nun mit, dass beide Hypotheken nicht mehr valutieren. Wenn jetzt am kommenden Dienstag der Ehemann ein Bargebot von 20.000,00 € abgibt, ist dann die 5/10-Grenze überschritten oder nicht?

  • :confused:Wie geht es an, dass in der TEilungsversteigerung beide Zwasis bestehen bleiben?

    Aber der Reihe nach:
    Mir fehlt zunächst die Info, wer denn der Betreibende ist.
    Anhand dessen müsste man schauen, wie sich das geringste Gebot berechnet, § 182 ZVG. Einschließlich eines eventuellen Ausgleichsbetrags.

    Und dann erst kämen wir zur spannenden Frage des § 85a, ggf. mit § 85a Abs. 3 ZVG.

  • eigentlich dürfte es sich nicht um die gleiche Forderung handeln, die durch 2 Zwangshypotheken gesichert ist. Dies ergibt sich aus 867 ZPO, oder? Wenn ein Gläubiger mehrere Grundstücke bzw. verschiedene Miteigentumsanteile einzeln belasten will, muss er seine Forderung verteilen.

  • eigentlich dürfte es sich nicht um die gleiche Forderung handeln, die durch 2 Zwangshypotheken gesichert ist. Dies ergibt sich aus 867 ZPO, oder? Wenn ein Gläubiger mehrere Grundstücke bzw. verschiedene Miteigentumsanteile einzeln belasten will, muss er seine Forderung verteilen.

    Nein, so einfach ist es nicht, weil es ja mehrere Schuldner sind. § 867 II ZPO verbietet nur die Eintragung der Zwasi an mehreren Grundstücken desselben Schuldners.
    Vgl. zum Beispiel auch hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…=Zwangshypothek

  • Lösungsvorschlag:

    Problem 1 (Bestehenbleiben oder nicht):
    Beide Zwangssicherungshypotheken bleiben bestehen (da beide Ehegatten das Verfahren betreiben und beide Hypotheken, jetzt Eigentümergrundschulden, betragsmäßig gleich hoch sind, siehe Stöber Ausführungen zu § 182 ZVG). Stöber führt aus: "Für jeden Miteigentümer gilt, dass er zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft Veräußerung des Grundstücks nur unbeschadet der auf seinem Miteigentumsanteil haftenden Rechte betreiben und durch Belastung des anderen einzelnen Anteils nicht beeinträchtigt werden kann. Einzelbelastungen bleiben bei Feststellung des geringsten Gebots nach dem Grundgedanken des § 180 Abs. 1 ZVG nur unberücksichtigt, wenn sie das Recht eines Antragstellers auf Aufhebung der Gemeinschaft beeinträchtigen. Wenn das nicht der Fall ist, brauchen sie dem Auseinandersetzungsanspruch des anderen Miteigentümers nicht weichen. Das gilt auch, wenn der Teilungsanspruch eines Miteigentümers durch die Belastung des anderen Anteils nicht stärker als bereits durch die eigene Anteilsbelastung beeincträchtigt ist....Nach dem Deckungsgrundsatz haben somit in diesem Fall alle Rechte in das geringste Gebot Aufnahme zu finden." Das leuchtet ein. Ein Ausgleichsbetrag nach § 182 Abs. 2 ZVG kommt nicht in Betracht, da beide Anteile gleich hoch belastet sind.

    Problem 2 (§ 85a Abs. 3 ZVG oder nicht):
    Da eine Eigentümergrundschuld kein Recht ist, das zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt, kommt § 85a Abs. 3 ZVG nicht zum tragen. Wenn ein Ehegatte selbst bietet, wird er deshalb behandelt wie jeder Dritte auch. Ein Zuschlag unter 5/10 wird es also nicht geben. Im Übrigen ist es schon deswegen kein Fall des § 85a Abs. 3 ZVG, weil beide Zwangssicherungshypotheken bestehenbleiben und deswegen nicht ausfallen können.

    Problem 3 (die Eingangsfrage, wenn der Ehemann 20.000,00 € bietet, kann er den Zuschlag erhalten oder nicht):
    Ich würde sagen ja, da beide ehem. Zwangssicherungshypotheken, jetzt Eigentümergrundschulden, als bestehenbleibend ins geringste Gebot aufgenommen werden müssen. Es ist ja gerade kein Gesamtrecht, es sind zwei verschiedene Grundschulden und müssen entsprechend berücksichtigt werden:
    Also: 20.000,00 € (EigGr an MEH Ehem) + 20.000,00 € (EigGr an MEH Ehefr) + 20.000,00 € Bargebot = 60% des Verkehrswerts, mithin kann der Zuschlag erteilt werden.

    Was haltet ihr von diesem Lösungsvorschlag?

    Einmal editiert, zuletzt von haharo (15. Dezember 2012 um 12:29)

  • Also hinsichtlich dem bestehen bleiben der beiden Rechte und dass es bei einem Bargebot von 20000 € keinen § 85a gibt, folge ich euch auch.

    Was ich nur überlegt habe, ob tatsächlich zwingend Eigentümergrundschulden vorliegen. Wenn nur einer der beiden Eigentümer die zugrundeliegende Forderung bezahlt hat, könnten evtl. Ausgleichsansprüche bestehen und eine Zwangshypothek zumindest teilweise Fremdrecht sein, §§ 426 II, 412, 401 BGB. Dann müssten ins Geringste Gebot zu den bestehen bleibenden Rechten evtl. noch Zinsen von Amts wegen aufgenommen werden.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Was ich nur überlegt habe, ob tatsächlich zwingend Eigentümergrundschulden vorliegen. Wenn nur einer der beiden Eigentümer die zugrundeliegende Forderung bezahlt hat, könnten evtl. Ausgleichsansprüche bestehen und eine Zwangshypothek zumindest teilweise Fremdrecht sein, §§ 426 II, 412, 401 BGB. Dann müssten ins Geringste Gebot zu den bestehen bleibenden Rechten evtl. noch Zinsen von Amts wegen aufgenommen werden.



    Berechtigte Überlegung. Ergeben sich die Eigentümerrechte aus dem Grundbuch, oder hast du nur eine einfache Anmeldung mit dem Inhalt, dass die Rechte nicht mehr valutieren? Im letzteren Fall bräuchtest du ja eigentlich eine löschungsfähige Quittung des Gläubigers, da du sonst nicht weißt, wer gezahlt hat. Könnte ja auch ein mildtätiger Dritter gewesen sein.

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Was ich nur überlegt habe, ob tatsächlich zwingend Eigentümergrundschulden vorliegen. Wenn nur einer der beiden Eigentümer die zugrundeliegende Forderung bezahlt hat, könnten evtl. Ausgleichsansprüche bestehen und eine Zwangshypothek zumindest teilweise Fremdrecht sein, §§ 426 II, 412, 401 BGB. Dann müssten ins Geringste Gebot zu den bestehen bleibenden Rechten evtl. noch Zinsen von Amts wegen aufgenommen werden.

    Berechtigte Überlegung. Ergeben sich die Eigentümerrechte aus dem Grundbuch, oder hast du nur eine einfache Anmeldung mit dem Inhalt, dass die Rechte nicht mehr valutieren? Im letzteren Fall bräuchtest du ja eigentlich eine löschungsfähige Quittung des Gläubigers, da du sonst nicht weißt, wer gezahlt hat. Könnte ja auch ein mildtätiger Dritter gewesen sein.

    Es findet sich folgendes Schreiben des Anwalts der Gläubigerin der Zwangshypotheken in den Akten:
    "Wir teilen mit, dass aufgrund der von uns eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen die Forderung unserer Mandantschaft vollständig bezahlt wurde. Wir haben beiden Schuldnern heute die von uns auf ihren 1/2 Miteigentumsanteil eingetragene Zwangssicherungshypotheken jeweils eine Löschungsbewilligung zugeschickt, mit dem Hinweis, dass sie die Löschung beim Grundbuchamt umgehend veranlassen sollen."

    Ich denke, dass ich als Vollstreckungsgericht davon ausgehen kann, dass Eigentümergrundschulden entstanden, sollten Fremdrechte entstanden sein, beispielsweise weil ein Dritter gezahlt hat, müsste das zum Verfahren angemeldet werden.

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