§ 2109 BGB - Nacherbfolge erloschen oder nicht?

  • Hallo an alle Experten,
    folgender Fall:
    1. gemeinsames öffentl. Testament 1974 (keine Befreiungsklausel): gegenseitig zu Vorerben, Überlebender kann Nacherben bestimmen, aber nur unter den beiden Söhnen (es gibt insgesamt 4 Kinder)
    2. Ehemann stirbt 1976
    3. Ehefrau verfügt 2004 privatschriftlich, dass Nacherbschaft aufgehoben ist und gesetzl. Erbfolge gelten soll (alle 4 Kinder gleich)
    4. Ehefrau stirbt 2012
    Wie ist jetzt die Erbfolge? Ist § 2109 BGB anwendbar?

    Einmal editiert, zuletzt von OP (9. Januar 2013 um 10:05)

  • "Wir setzen uns gegenseitig zu Vorerben ein. Der Längerlebende von uns kann unseren Nacherben bestimmen, aber nur unter unseren beiden Söhnen......."
    Bin inzwischen auf folgendem Stand:
    - kein Unwirksamwerden der Nacherbschaft, da Tod der Vorerbin "bestimmtes Ereignis" i. S. d. § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB
    - privatschr. Testament der Ehefrau unwirksam (Bindungswirkung des ersten Testaments)
    - Folge: die beiden Söhne sind jeweils zur Hälfte Nacherben nach dem Vater und Schlusserben nach der Mutter
    Einwände oder Bedenken?

  • Ehemann:

    Das freie Nacherbenbestimmungsrecht des überlebenden Ehegatten und Vorerben(wenn auch nur unter den Söhnen) verstößt gegen § 2065 Abs.2 BGB (OLG Oldenburg ZEV 2010, 635). Es fragt sich daher, ob nunmehr alle Kinder nach § 2104 BGB Nacherben sind (so im Fall OLG Oldenburg a.a.O.) oder ob die letztwilligen Verfügungen jedenfalls so zudeuten sind, dass nur die beiden Söhne als Nacherben berufen sind. Die beiden Töchter werden sich hierzu sicherlich im Wege der Anhörung äußern, da es für sie wegen der im Raum stehenden Verjährung ihrer Pflichtteilsansprüche um "alles oder nichts" geht.

    Ehefrau:

    Wer nach den o.g. Ausführungen Nacherbe ist, ist nach § 2102 Abs.1 BGB im Zweifel auch Ersatzerbe (hier: anstelle des vorverstorbenen Ehemannes). Eine andere Frage ist, ob die sich aus der Auslegungsregel des § 2102 Abs.1 BGB ergebende (Ersatz)erbeinsetzung auch wechselbezüglich ist. Dies wird man grundsätzlich zu bejahen haben (hierzu vgl. Palandt/Weidlich § 2102 Rn. 3 m.w.N.). Auch insoweit werden die Töchter im Wege ihrer Anhörung mitzureden haben.

  • "Wir setzen uns gegenseitig zu Vorerben ein. Der Längerlebende von uns kann unseren Nacherben bestimmen, aber nur unter unseren beiden Söhnen......."

    Sehe ich das richtig, dass die Ehefrau keine Wahl wer NE sin soll getroffen hat?

    Der Erblasser kann grds den Vorerben wie jeden anderen ermächtigen, die Nacherben zu bezeichnen, wenn er ihm die Auswahlkriterien fest vorgibt.

    Fraglich ob das bestimmt genuge Auswahlkriterien sind? Eig gibts ja gar keine AUswahlkriterien :)

  • Laut erstem (gemeinschaftlichen) Testament konnte der Längerlebende einen der beiden Söhne (oder beide) zum NE bestimmen. Die Ehefrau hat dann aber keinen NE bestimmt, sondern die Nacherbschaft aufgehoben. Sie hat sich dabei an einem 1976 erteilten Erbschein orientiert, der in etwa folgendermaßen formuliert war:
    "Die Nacherbschaft entfällt, wenn über den Nachlass testamentarisch verfügt wird." Meiner Meinung (und auch der meiner Kollegen) nach hat der Richter damals sehr eigenwillig ausgelegt...

  • Das scheint mir auch so.

    Zwar wäre eine auflösend bedingte Anordnung der Nacherbfolge in der genannten Form zulässig. Das vom Erblasser eingeräumte "Auswahlrecht" hat mit dieser Bedingungskonstruktion aber nichts zu tun.

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