Grundgebühr entstanden durch Anfrage, ob Ermittlungsverfahren vorliegt?

  • Der RA schickt im September 2011 ein Faxschreiben an die Poststelle der Staatsanwaltschaft (ohne Angabe eines Aktenzeichens) und bittet um Mitteilung, ob gegen seinen Mandanten M Ermittlungsverfahren vorliegen. Anbei eine Vollmacht des M, die keinen konkreten Vorwurf oder ein Aktenzeichen angibt, sondern als Angelegenheit lediglich den Namen des M benennt. Die Staatsanwaltschaft hat 5 Ermittlungsverfahren gegen M vorliegen, in 2 der Ermittlungsakten heftet sie das Anschreiben des RA ein. Die 5 Ermittlungsverfahren werden am 10.10.2011 verbunden, RA erhält am 15.10.2011 Akteneinsicht und wird am 02.04.2012 als Pflichtverteidger beigeordnet.
    Nach Verfahrensbeendigung rechnet der RA ab: Er will für die 2 Verbundverfahren, denen sein Anschreiben aus September 2011 beigefügt wurde, eine gesonderte Grundgebühr sowie eine gesonderte Verfahrensgebühr.

    Meiner Meinung nach gibt es keine gesonderten Gebühren für die hinzuverbundenen Verfahren, da jeweils nicht einmal eine erste Einarbeitung vor Verfahrensverbindung erfolgt ist (keine ausführlichen Infos durch Mandanten, keine Akteneinsicht).

    Der RA sagt, die Grundgebühr entstehe mit der ersten Tätigkeit für den Mandanten und das war hier die Anfrage an die Staatsanwaltschaft. Es müssen keine ausführlichen Infos zum Tatvorwurf bekannt sein, es reiche zu wissen, dass Ermittlungsverfahren vorliegen, damit das Kriterium der ersten Einarbeitung erfüllt sei.

    Eure Meinung dazu?

  • Wir lernen in der Ausbildung, plakativ gesprochen, dass die Grundgebühr in Strafsachen entsteht, sobald der Mandant den Fuß in die Tür setzt. Wenn der RA "Hallo" gesagt hat, wird das schon mit der Grundgebühr entlohnt. Dafür muss der Anwalt noch nicht einmal nach außen hin Tätig geworden sein ;)

    Im Beschluss des LG Braunschweig 7 Qs 22/10 vom 19.07.2010 steht, dass für die Entstehung der Grundbegühr sich auf den Begriff des Rechtsfalles bezieht und das der Tatvorwurf, wie er in einem Ermittlungsverfahren erhoben wird, gemeinhin in der Rechtssprechung als Kriterium dafür herangezogen wird. Unabhängig davon würde ich hinsichtlich der Grundgebühr mit Bezug auf den selben Beschluss argumentieren, dass eine spätere Verbindung mit anderen Verfahren, nicht den ursprunglichen Ermittlungsverfahren die Qualität eines eigenständigen Rechtsfalls nimmt. Die Grundgebühr dürfte mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft in jedem der fünf Fälle entstanden sein. Das der Anwalt keine Aktenzeichen angegeben hat, kann kein Kriterium sein, da zum Zeitpunkt eines Ermittlungsverfahrens fragwürdig bleibt, ob er ohne weiteres davon Kenntnis gehabt haben konnte. Man telefoniert gelegentllich sehr lange nach einem Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft.

    Bei der Verfahrensgebühr wiederum würde ich es davon abhängig machen, wann der Zeitpunkt der Verbindung war, ob bereits eine anwaltliche Erörterung stattgefunden hat oder nicht. Aber die Grundgebühr halte ich für rechtens.

    Mal so überlegt...

    Einmal editiert, zuletzt von clementaine (29. Januar 2013 um 07:11)

  • Die GG entsteht für die erste Einarbeitung in den Rechtsfall. M.E. kann man sich nicht in einen Fall einarbeiten, von dem man noch gar keine Kenntnis hat. Durch das Schreiben an die StA sollte erst in Erfahrung gebracht werden, ob überhaupt Verfahren gegen den Mandanten geführt werden. Der Auftrag kann sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf eine Vertretung in den einzelnen Verfahren gerichtet haben. Jedenfalls war es lediglich ein bedingter Verteidigungsauftrag (weil ja noch gar nicht klar war, ob überhaupt Verteidigung benötigt wird). Durch das bloße Beiheften ist dann auch immer noch keine Einarbeitung erfolgt. Wenn der RA bis zur Verbindung der Verfahren noch keine Mitteilung über Aktenzeichen und Tatvorwürfe erhalten hatte, dann ist die GG aus meiner Sicht nicht vor Verbindung entstanden.

  • Soweit ich weiß, gehört das erste Gespräch mit dem Mandanten einschließlich einer ersten überschlägigen Rechtseinschätzung bereits in den Abgeltungsbereich der Grundgebühr? Ich finde es zwar in einigen Fällen etwas fragwürdig, aber das Betreiben gegenüber Dritten ist ja nicht Entscheidend für die Entstehung der Grundgebühr. Wenn die Formulierung und Schilderungen des Sachverhaltes durch den Mandanten z. B. ein Ermittlungsverfahren zu den einzelnen Tatvorwürfe vermuten lässt bzw. nicht ausschließt und die Beauftragung des Mandanten "sämtliche Tatbestände" beinhaltet bzw. die Bevollmächtigung "umfassend" stattgefunden hat, dann ist m. E. die Grundgebühr für jeden ermittelten Rechtsfall anzusetzen. Entscheidend wäre daher in meinen Augen nicht, ob eine Einarbeitung nach außenhin erkennbar stattgefunden hat (?), sondern ob die Bevollmächtigung nach oder vor Verbund der einzelnen Ermittlungsverfahren stattgefunden hat und welche Bedeutung der Verbund der Verfahren für den Begriff des Rechtsfalls besitzt? Weil, dann müsste doch die Frage entscheidend sein, ob der Verbund der einzelnen zu ermittelnden Tatvorwürfe dazu führt, dass die entsprechenden Vorwürfe als ein Rechtsfall behandelt werden? Zumindest wäre das mein Gedankengang.

  • Hallo, wo steht, dass eine ausführliche Information druch den Mandanten erfolgen muss? Wo steht, dass der RA Akteneisnciht gehabt haben muss? Die GG entsteht für alle Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Übrnahme des Mandats und der ersten Einarbeitung. Und dazu gehört auch die Infor, ob überhaupt ein Strafverfahren anhängig ist/war. Allerdings ist m.E. nur die Grundgebühr entstanden, nicht auch die VG. Der Abgeltungsbereich der GG ist/war noch nicht überschritten.

  • Hallo, wo steht, dass eine ausführliche Information druch den Mandanten erfolgen muss?

    Ich hoffe, ich habe das nicht geschrieben?

    Die Mandatierung genügt. Was ja ein erste Gespräch mit dem Mandanten notwendigerweise einschließt? Und auch die Feststellung, dass die Schilderungen des Mandanten gar nichts taugen und bei der StA angefragt werden sollte, ist ja schon einmal eine überschlägige Rechtseinschätzung?

    Allerdings glaube ich schon, dass bei fünf Ermittlungsverfahren eine explizite, für einen Vorfall formulierte Mandatierung des Anwalts mit dem Auftrag herauszufinden, ob für diesen Vorfall ein Ermittlungsverfahren läuft, nicht genügen würde, um in allen Ermittlungsverfahren eine Grundgebühr entstehen zu lassen? Daher meine Formulierung, dass die Formulierungen und Schilderungen des Mandanten z. B. ein Ermittlungsverfahren zu den einzelnen Tatvorwürfe vermuten lassen sollte bzw. nicht ausschließen darf und die Beauftragung des Mandanten "sämtliche Tatbestände" beinhaltet sollte bzw. die Bevollmächtigung "umfassend" stattgefunden haben sollte. "Umfassende Bevollmächtigung" meinte ich in diesem Fall im Sinne von "eine Bevollmöchtigung, die die einzelnen Verfahren nicht ausschließt". Ist die Formulierung falsch, unsauber oder nur zu umständlich? Kann man den Begriff "umfassend" nicht in diesem Sinne gebrauchen?

    Die Mandatierung genügt. Aber ich glaube schon, dass bei fünf Verfahren für die Entstehung der Grundgebühr in allen Verfahren entscheidend ist, ob die Mandatierung inklusive aller möglichen Ermittlungsverfahren oder explizit für eines erfolgt ist. Und das hängt in meinen Augen von der Mandatierung ab.

    Weil man aber nicht dabei war, kann man davon ausgehen, dass es "quasi" so war und die Grundgebühr ansetzen. Der RA wird ja nichts anderes behaupten? Nehme ich an... Waren meine Formulierungen falsch? Oder unsauber?

    2 Mal editiert, zuletzt von clementaine (30. Januar 2013 um 06:34)

  • Der RA hatte aber doch vom Mandanten erstmal nur den Auftrag, zu erforschen, ob gegen ihn Verfahren überhaupt geführt werden. Das ist ja nun nicht so selten, daß ein Mandant mit diesem Anliegen kommt, weil er eine Weile untergetaucht war oder so. Ich bin ja immer gern für die wundersame Gebührenvermehrung, aber in diesem Fall sehe ich nicht, wie die Grundgebühr in verschiedenen Verfahren entstanden sein kann, während der RA davon noch keine Kenntnis hatte. Nach dem Sachverhalt wurde seine Anfrage lediglich in mehreren Verfahren in die Akte geheftet. Kenntnis von den Verfahren hat er aber erst nach Verbindung erhalten.

  • Ich denke da genau, wie Adora Belle. Zwar muss das Tätigwerden des Rechtsanwalts nicht nach außen ersichtlich werden, damit die Gebühr zur Entstehung gelangt, aber wie schon mehrfach erwähnt, honoriert die GG die erste Einarbeitung in den Rechtsfall, aber eine Einarbeitung in etwas, von dem ich keine Kenntnis habe, funktioniert ja nicht. Da die Strafprozessvollmacht als Angelegenheit lediglich den Namen des Mandanten aufführt, gehe ich mal davon aus, dass zum Zeitpunkt der Mandatierung weder dem Mandanten noch dem Rechtsanwalt bekannt war, welche Verfahren konkret vorliegen könnten.

  • Aber mal so gefragt: Wenn ich dem Rechtsanwalt schreibe, dass aus meiner Sicht vor Verfahrensverbindung noch keine Einarbeitung in die einzelnen Rechtsfälle stattgefunden hat, weil diese scheinbar noch nicht bekannt waren, kann er mir dann einfach antworten, dass der Mandant bereits bei Vollmachterteilung gesagt hatte, dass es Verfahren wegen Tat A, B, C,... geben könnte, und dann gibts die GG?

  • Das könnte sein. Es kann ja auch wirklich eine Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden haben, in der erwähnt wurde, daß es folgende Vorfälle 1.,2.,3. gab und möglicherweise entsprechend ermittelt wird. Das ist dann schon konkreter. Dürfte hier auf den Vortrag des RA ankommen.

  • Beitrag zurück gezogen. Weil, ich kriege den Gedanken nicht treffend formuliert, auf den ich hinaus will und so zerfranst der Thread nur und ich verrenne mich spätestens mit dem Versuch, mich verständlich zu mache, wirklich. Ich lasse es mir demnächst mal von jemandem verständlich formulieren.

    4 Mal editiert, zuletzt von clementaine (31. Januar 2013 um 01:22)

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