Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung

  • Hallo
    ich habe folgenden Fall.

    Ehegatten setzen sich in einem notariellen Testament vom 21.1.1977 gegenseitig zu Erben ein.
    Schlusserben sind die Kinder A,B und C der Ehefrau aus früheren Ehen. Keine gemeinsamen
    Abkömmlinge.
    Ehefrau bestimmt in einem privatschriftlichen Testament vom 21.3.2004:
    Ich vermache meiner Tochter A mein gesamtes Vermögen.
    Ehemann verstirbt 2010; Ehefrau Alleinerbin
    Ehefrau verstirbt 2012; Tochter A liefert das privatschriftliche Testament vom 21.3.2004 ab und beantragt auf Grund dieses Testamentes einen Erbschein, der Sie als Alleinerbin ausweist.
    Die Kinder B und C widersprechen. Sie sind der Meinung, das Testament vom 21.3.2004 ist unwirksam.

    Ich bin geneigt, dem Erbscheinsantrag stattzugeben.
    Das privatschriftliche Testament vom 21.3.2004 war zunächst ungültig, da die Erblasserin an die gegenseitige
    Erbeinsetzung mit dem Ehemann gebunden war und dieses Testament nicht durch eine letztwillige Verfügung
    widerrufen bzw. ändern konnte.

    Das privatschriftliche Testament dürfte aber durch den Tod des Ehemann Wirksamkeit erlangt haben.
    Durch den Tod des Ehemann ist er als Erbe der Ehefrau weggefallen und seine Erbenstellung ist durch
    das privatschriftliche Testament nicht mehr beeinträchtigt Pallandt Rn 12 - 14zu § 2271 BGB, Rn 6 zu § 2289 BGB.
    Die Ehefrau war auch an die Schlusserbeneinsetzung der Kinder nicht gebunden. Als Schlusserben
    wurden nur ihre Kinder eingesetzt, Pallandt Rn 7 zu § 2270 BGB

  • Ich würde sagen: Das kommt darauf an. Wie war denn das Verhältnis des Ehemannes zu seinen Stiefkindern? Wenn sie bei ihm aufgewachsen sind, dann kann es durchaus sein, dass er unbedingt wollte, dass sie erben. Dann wäre eine Wechselbezüglichkeit gegeben.
    Was sagen denn die Kinder B und C dazu?

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)

  • Dazu wurde bisher nichts vorgetragen.
    Die Erblasserin hat in dem Testament die Änderung der Schlusserbeneinsetzung damit begründet,
    dass die Tochter A die Erblasserin und deren Ehemann versorgt und immer unterstützt hat und die beiden anderen
    Töchter finanziell versorgt seien.

  • :daumenrau Wie Krotti. Es kommt nicht auf das Motiv für die Testerrichtung 2004 an. Also das Verhältnis von B und C zum Stiefvater ermitteln, falls nichts feststellbar, dann gilt die allgemeine Regel und die Erblasserin konnte ändern.

  • Oft ist in diesen Fällen nur eine sog. einseitige Wechselbezüglichkeit gewollt, und zwar in dem Sinne, dass der überlebende Ehegatte die Schlusserbeneinsetzung zugunsten seiner Stiefkinder nicht ändern kann, dass er sie aber ändern kann, wenn es seine eigenen Kinder sind.

    Aber wie schon geschrieben wurde: § 2270 Abs. 2 BGB ist -wenn die individuelle Auslegung versagt- nicht nur anwendbar, wenn die Schlusserben mit dem erstverstorbenen Ehegatten verwandt sind, sondern auch, wenn sie ihm "nahe standen". Die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind zu ermitteln und ansonsten geht die Sache eben in die Beschwerde.

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