Umfrage: Welche Reisekosten sind erstattungsfähig?

  • Inwieweit sind Reisekosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig? 41

    1. Kosten eines bezirksinternen RA stets erstattungsfähig, auswärtiger nur Wohnort Partei - Gericht (12) 29%
    2. Reisekosten immer beschränkt auf die Distanz Wohnort Partei - Gericht (13) 32%
    3. Reisekosten interner RA stets erstattungsfähig, auswärtiger RA zumindest bis zur Bezirksgrenze (16) 39%

    Hallo,

    mich interessiert, in welcher Höhe nach eurer Meinung die Reisekosten eines Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig sind und dabei insbesondere die Unterscheidung zwischen bezirksansässigem /bezirksauswärtigem Rechtsanwalt.


    Der BGH hat in seiner Entscheidung BGH NJW 2011, 3520 bekanntlich ja offengelassen, ob die Reisekosten eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO stets erstattungsfähig sind oder ob auch bei einem im Bezirk ansässigen Rechtsanwalt eine Prüfung vorzunehmen ist, ob die "Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war", sodass die Reisekosten regelmäßig nur fiktiv vom Wohnort des Mandanten zum Gerichtsort erstattungsfähig wären.


    Meines Wissens werden zu dieser Frage drei Ansichten vertreten:

    1.) Reisekosten eines im Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalts sind stets erstattungsfähig, die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts lediglich fiktiv vom Wohnort des Mandanten des Gericht.
    Vertreten von: Reck Rpfleger 2012, 419; BeckOK-Jaspersen/Wache § 91 ZPO Rn. 168b; Entschieden lediglich bezüglich den Kosten eines bezirksansässigen Rechtsanwalts außerdem LG Krefeld JurBüro 2011, 307; AG Siegburg, Beschluss vom 13.11.2012, 103 C 64/12; wohl auch BGH NJW 2011, 3520 ("sogar eher dafür spricht")
    Argument: Gesetzerwortlaut

    2.) Sowohl die Reisekosten eines bezirksansässigen als auch eines auswärtigen Rechtsanwalts sind lediglich fiktiv vom Wohnort des Mandanten zum Gericht erstattungsfähig
    Vertreten von: MünchKomm-Schulz, § 91 ZPO Rn. 65 (mit Verweis auf Zöller/Herget, § 91 ZPO Rn. 13 - allerdings nicht geprüft)
    Argument: Nach Intention des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/1971, S. 233) sollen auswärtiger und bezirksinterner Rechtsanwalt nicht ungleich behandelt werden

    3.) Die Reisekosten eines im Bezirk ansässigen Rechtsanwalts sind stets erstattungsfähig, die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts zumindest vom Gericht bis zur Gerichtsbezirksgrenze und lediglich darüber hinaus findet eine Beschränkung auf die fiktiv vom Wohnort des Mandanten zum Gericht angefallenen Reisekosten statt
    Vertreten von: Wohl Prütting/Gehrlein-Schneider, § 91 ZPO Rn. 5
    Argument: Berücksichtigt, dass gerichtbezirkinterner und -externer Rechtsanwalt nicht unterschiedlich behandelt werden sollen.

    Welche dieser drei Auffassungen vertretet ihr?


    Interessant finde ich das besonders deshalb, da Schneider im Prütting/Gehrlein ausführt, dass viele Rechtspfleger irrtümlich meinen würden, der BGH hätte diese Streitfrage bereits entschieden.

    Außerdem wird Auffassung 2. gefühlt von vielen Rechtspflegern vertreten, die (veröffentlichte) richterliche Rechtsprechung tendiert dagegen eher zu Variante 1.

    Würde mich über eine reiche Beteiligung an der Umfrage freuen ;)

    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Die Fragestellung ist mir zu eingeschränkt. Tendiere grundsätzlich auch zu 2, aber auch dazu gibt es zuviele Ausnahmen. z.B. Sortenrecht

  • Also ich vertrete hier immer die Variante 1, weil sich das für mich direkt aus § 91 II Satz 1 ZPO ergibt. Der Rest ergibt sich m. E. aus der ständigen BGH-Rechtssprechung.

    Allerdings muss ich zugeben, dass bei der Variante sehr unbefriedigende Ergebnisse zu Stande kommen können...

  • Ich nehme immer Variante 2) und bin vom LG und auch meinem OLG bislang immer bestätigt worden. Dass das die richtige Variante ist, will ich jetzt nicht behaupten.

    :dito:, jedoch bei PKH/VKH gibt es Entscheidungen zugunsten Var. 3.

  • Allerdings!
    Mit ein Grund, weshalb ich diese Regelung für - gelinde gesagt - unglücklich finde.

  • ich wähle in amtsgerichtlichen verfahren variante 1, in landgerichtlichen verfahren variante 2 (anmerkung: im wege einer abordnung kann die volle stelle auf verschiedene gerichte verteilt werden) :D

    Womit begründest Du diesen Unterschied?

    , jedoch bei PKH/VKH gibt es Entscheidungen zugunsten Var. 1.


    ja, und da gibt es auch Probleme - z.B. herauszufinden, welches der am weitesten entfernt gelegene Ort im Bezirk ist...

    Das ist dann doch aber 3. und nicht 1.? :confused: :gruebel:

  • Immer die Variante 2.
    Der BGH hat es auch in der von Dir genannten Entscheidung bewußt offen gelassen. Den Passus: " ... sogar eher dafür spricht .. ." würde ich nicht überbewerten, denn etwas weiter unten weist der BGH in derselben Entscheidung auf die BT Drucksachen hin, so dass man im Wege der historischen Gesetzestextauslegung und vom Sinn und Zweck her zu dem Ergebnis der Variante 2 kommt. Habe hierzu aber noch keine Beschwerdeentscheidung von meinem LG, weder dafür, noch dagegen.

  • diesen unterschied nehme ich vor allem deshalb vor, weil verfahren am landgericht dem anwaltszwang unterliegen und der bezirk eines landgerichts deutlich größer ist als der eines amtsgerichts (zumindest, soweit es die bezirke betrifft, die ich bisher bearbeitet habe; ggf. mag dies in anderen bundesländern anders sein).
    des weiteren kann in kleinen orten im amtsgerichtsbezirk dort ggf. entweder kein anwalt sein oder nur ein einziger, sodass dann großstädtler bevorteiligt würden, weil es dort viel mehr anwälte gibt.
    im übrigen verwenden die richter am amtsgericht oft die bezeichnung des bezirks in ihrem beiordnungsbeschluss, sodass in pkh-sachen ich den weitentferntesten ort gewähre (bzw. gewähren muss). da ich dann aber nicht einsehe, zu einer partei ohne beiordnung einen unterschied zu machen, bekommt auch diese die fahrtkosten bis zu der bezirksgrenze erstattet.


  • Das ist dann doch aber 3. und nicht 1.? :confused: :gruebel:

    :eek:Da haste richtig! Vertippt und korrigiert. :oops:

  • diesen unterschied nehme ich vor allem deshalb vor, weil verfahren am landgericht dem anwaltszwang unterliegen und der bezirk eines landgerichts deutlich größer ist als der eines amtsgerichts (zumindest, soweit es die bezirke betrifft, die ich bisher bearbeitet habe; ggf. mag dies in anderen bundesländern anders sein).
    des weiteren kann in kleinen orten im amtsgerichtsbezirk dort ggf. entweder kein anwalt sein oder nur ein einziger, sodass dann großstädtler bevorteiligt würden, weil es dort viel mehr anwälte gibt.
    im übrigen verwenden die richter am amtsgericht oft die bezeichnung des bezirks in ihrem beiordnungsbeschluss, sodass in pkh-sachen ich den weitentferntesten ort gewähre (bzw. gewähren muss). da ich dann aber nicht einsehe, zu einer partei ohne beiordnung einen unterschied zu machen, bekommt auch diese die fahrtkosten bis zu der bezirksgrenze erstattet.


    Um 5 km klopp ich mich nicht. Wenn ich sehe, dass die Partei aus einem kleinen Ort kommt und einen RA aus einem benachbarten, etwas größeren Ort beauftragt, gebe ich die Reisekosten. Auch der BGH verlangt nicht, dass der RA mit im Haus wohnt.

  • Auch der BGH verlangt nicht, dass der RA mit im Haus wohnt.

    :wechlach::genauso:

  • Vielen Dank für eure bisherigen Antworten!

    Ich hätte nicht gedacht, dass Variante 2 tatsächlich bei euch so stark überwiegt!

    Besonders, da es sich ja hierbei um eine reine Literaturmeinung des Herrn Giebel handelt, die in der veröffentlichten Rechtsprechung bisher keinen Niederschlag gefunden hat.

    So heisst des z.B. in einer Anmerkung zu der o.g. genannten AG Siegburg Entscheidung (Thiel AGS 2012, 595), dass die ungeprüfte Erstattung der Reisekosten des bezirksansässigen RA der "einhelligen Rechtsprechung" entspräche.

    Es bleibt spannend, bis der BGH einmal Stellung zu dieser Frage nimmt ;)

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Die Formulierung von § 91 Abs. 2 Satz 1 drückt einen doch schon mit der Nase auf die richtige Auffassung.

    Man kann ja viel vertreten, aber in dieser Frage verstehe ich nicht, wie man unterschiedlicher Meinung sein kann, denn:

    Die Grenze der Auslegung ist stets der Wortlaut der Norm.

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