Testamentsvollstreckung, Nacherfolge, Adoption

  • Folgender Fall bereitet mir erhebliche Kopfschmerzen::gruebel:
    Die Erblasserin E hat ihre Tochter T durch notarielles Testament zur alleinigen, nicht befreiten Vorerbin eingesetzt. Nacherbin ist die Enkelin der E und Tochter der T namens Y, noch minderjährig und mittlerweile anonym adoptiert. Der Nacherbfall tritt mit dem Tod der Vorerbin ein. Stirbt der Nacherbe vor dem Nacherbfall, so treten an seine Stelle seine ehelichen wie nichtehelichen, leiblichen wie angenommenen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet u.a. mit der Aufgabe, den Nachlass bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Nacherbin mindestens aber bis zum Eintritt der Nacherbfolge zu verwalten und dabei die Rechte des Vor- wie des Nacherben wahrzunehmen. Der Tochter soll aus dem Nachlass eine Wohnung ohne Nutzungsentgelt überlassen werden und eventuelle Erträge für ihren angemessenen Unterhalt.
    Zum Nachlass gehört ein Mehrfamilienhaus und eine Eigentumswohnung. Es ist jeweils ein Nacherben- und Testamentsvollstreckervermerk eingetragen.
    Der Testamentsvollstrecker überträgt nunmehr unter Mitwirkung der Tochter das Mehrfamilienhaus auf die Nacherbin E und die Eigentumswohnung auf die Tochter T "unter Verzicht auf das Nacherbenrecht der E". Die Tochter erhält darüber hinaus als Ausgleichszahlung einen Geldbetrag und eine Lebensversicherung aus dem Nachlassvermögen.
    Die Nacherben- und Testamentsvollstreckervermerke sollen auf dem gesamten Grundbesitz nach Umschreibung des Mehrfamilienhauses aufgrund Bewilligung des Testamentsvollstreckers gelöscht werden.
    Zur Zeit ist nur die Eintragung einer Eigentumsvormerkung betr. das Haus beantragt. Hier bestehen wohl keine Probleme, wenn man der Auffassung ist, dass die Entgeltlichkeit der Verfügung des Testamentsvolltreckers noch nicht zu prüfen ist.
    Randproblem: M.E. muss der heutige Name der Enkelin im Grundbuch eingetragen werden. Lediglich bei den Eintragungsbekanntmachungen an die Tochter T kann dieser unkenntlich gemacht werden. Wird meine Meinung geteilt?
    Hauptproblem: Kann die Entgeltlichkeit der Verfügung des TV spätestens für die Umschreibung nachgewiesn werden? Oder ist eine Verfügung nur unter Mitwirkung der gesetzlichen Vertreter der Y und dann auch familiengerichtlicher Genehmigung möglich, da auf jeden Fall eine unentgeltliche Verfügung vorliegt, die nicht den Anordnungen der Erblasserin entspricht -der Nachlass wird "entleert"-? Können die Löschungen bei Umschreibung erfolgen (hier ist nur das Hausgrundstück eingetragen)?
    Für Lösungsvorschläge bzw. Hilfe wäre ich sehr dankbar!!

  • Hab den Sachverhalt gelesen und bin etwas verwirrt.

    Zunächst gehe ich mal davon aus, dass es hier

    Der Testamentsvollstrecker überträgt nunmehr unter Mitwirkung der Tochter das Mehrfamilienhaus auf die Nacherbin E und die Eigentumswohnung auf die Tochter T "unter Verzicht auf das Nacherbenrecht der E".

    statt E jeweils Y heißen müsste. Denn E = Erblasserin und Y die Nacherbin.


    Dann stellt sich mir die Frage, wer jetzt genau eine Erklärung abgegeben hat. Denn wenn der Y das Haus überschrieben werden soll, ist ja eine Auflassung erforderlich. Und bei der Auflassung muss Y bzw. die gesetzlichen Vertreter ja in jedem Fall mitwirken. Und deshalb versteh ich jetzt grad das Problem nicht...

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Da habe ich mich tatsächlich geirrt. Das Haus wird natürlich auf die Enkelin Y :mad:(=Nacherbin) übertragen. Bei der Auflassung tritt der Testamentsvollstrecker für die Vor- und Nacherbin auf. Mitgewirkt hat selbst aber nur die Tochter.
    Eine Mitwirkung der gesetzlichen Vertreter ist eventuell erforderlich bei einer unentgeltlichen Verfügung des TV.

  • Entgegen der h. M. (dafür mit Amann MittBayNot 2012, 267 und Bestelmeyer Rpfleger 2012, 666, 680) bin ich mittlerweile der Ansicht, dass die Entgeltlichkeit bereits bei der Vormerkung nachzuweisen ist (bald auch BeckOK GBO § 52 Rn. 77; derzeit ist die neueste Fassung aber noch nicht eingespielt). Ist nämlich die Verfügung nicht entgeltlich, so ist der TV nicht an sie gebunden, womit der, der verpflichtet sein sollte, den gesicherten Anspruch jederzeit zu Fall bringen könnte. Es läge dann - bei Nicht-Entgeltlichkeit - kein vormerkungsfähiger Anspruch vor.

    Gesetzt, dass die Nacherbin Y namentlich eingesetzt ist, so dass weiter Nacherben nicht in Betracht kommen können:

    Der TV hat klare Anweisungen gemäß dem Testament. Da/solange er sich an die hält, erfüllt er den Erblasserwillen und handelt damit entgeltlich.

    Die Übertragung der Eigentumswohnung an die Tochter T erfolgt bestimmungsgemäß und ist damit eine entgeltliche Verfügung. Mit dem Eigentumübergang derselben auf T (aber auch nicht früher!) entfallen an dieser Wohnung die Nacherbfolge und die Testamentsvollstreckung, nachdem - so verstehe ich das zumindest - die T diese Wohnung zu ihrer freien Verfügung erhalten soll.

    Da der TV sowohl die Rechte der Vor- wie auch der Nacherbin wahrnimmt (s. Testament), kann er unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für T und für Y handeln.

    Die Übertragung des Mehrfamilienhauses an die Y hingegen entspricht derzeit nicht dem Willen des Erblassers. Damit kann hier nicht von einer entgeltlichen Verfügung ausgegangen werden. Der TV kann damit nur dann wirksam handeln, wenn die Erbin und (so der BGH) sämtliche Vermächtnisnehmer dieser Verfügung zustimmen. Wenn Y noch nicht 7 Jahre alt ist (so deute ich den Sachverhalt), wird für Y ein Ergänzungspfleger nebst familiengerichtlicher Genehmigung handeln (= den Vertrag genehmigen) müssen.

    Der Nacherbenvermerk wäre infolge dieser Auseinandersetzung zwischen Vor- und Nacherben dann Makulatur und kann mit Eigentumsumschreibung gelöscht werden. Das gilt jedoch nicht für den Testamentsvollstreckervermerk, weil hier u. a. Verwaltungsvollstreckung vorliegt ("den Nachlass bis zum 21. Lebensjahr der Y zu verwalten") und die Beendigung der TV nicht nachgewiesen ist; dieser Vermerk muss am Mehrfamilienhaus bestehen bleiben.

    Die Eintragung der Vormerkung erfolgt für Y mit ihrem aktuellen Namen. Ich würde auch auf der Eintragungsmitteilung nichts schwärzen. Das mögen die Beteiligten selbst tun, wenn sie meinen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Vielen Dank für die Antwort so kurz vor dem Wochenende. Die Erblasserin hat mit Überlassung der Wohnung an die Tochter wohl keine Übertragung gemeint, wie sich aus dem weiteren Wortlaut des Testamentes ergibt (hatte ich nicht komplett zitiert). Dann wäre auch diese Verfügung unentgeltlich (eine eigentliche Übertragung ist es ja nicht, da die Tochter ja schon Eigentümerin ist -als Vorerbin-). Die Frage der Eintragungsfähigkeit der Vormerkung werde ich in Hinblick auf die zitierten Meinungen noch einmal überdenken. Hinsichtlich der Adoption ist doch § 1758 Abs. 1 BGB zu beachten. Vielleicht gibt es jetzt nach dem Wochenende noch weitere Meinungen???

  • Der Fall hat sich (natürlich) inzwischen weiterentwickelt. Meine Zwischenverfügung auf Vorlage der Genehmigung durch die Adoptiveltern und dazu familiengerichtliche Genehmgiung wurde seinerzeit durch das OLG Köln bestätigt und die geforderten Erklärungen dann nachgereicht. Jetzt soll auf die -inzwischen volljährige- Nacherbin umgeschrieben werden unter Löschung des Nacherben- und TV-Vermerks. Die Testamentsvollstreckung war angeordnet u.a. "zur Verwaltung des Nachlasses bis zu Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens aber bis zum Eintritt der Nacherbfolge" und dabei die Rechte des Vor- wie des Nacherben wahrzunehmen. In der Auseinandersetzungsvereinbarung war das Ziel, "dass die Nacherbin zur Vollerbin werden soll". "Einigkeit besteht insbesondere, dass das durch die Vorerbschaft nicht mehr beeinträchtigte Eigentum der Enkelin übertragen wird unter Löschung des TV-Vermerks". Der Testamentsvollstrecker bewilligt dann auch dessen Löschung. Wegen der Befristung ist die TV durch die "Auseinandersetzung" m.E. nicht beendet; würdet ihr in den Erklärungen eventuell eine Freigabe gemäß § § 2217 BGB sehen? Es wäre schön, wenn ich diesen Fall entgültig abschließen könnte....

  • Als die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, war die Nacherbin noch minderjährig. Vermutlich stand auch ihre Adoption bereits an. Angeordnet wurde die Testamentsvollstreckung mit der Aufgabe, (Zitat) „den Nachlass bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Nacherbin mindestens aber bis zum Eintritt der Nacherbfolge zu verwalten und dabei die Rechte des Vor- wie des Nacherben wahrzunehmen“. Ich nehme daher an, dass die Erblasserin eine Verwaltungsvollstreckung anordnen wollte. Diese kann zum einen darin bestehen, den Erben gegen seine eigene Unzulänglichkeit in Schutz nehmen oder auch den Zugriff der Eigengläubiger des Erben auf den Nachlass zu verhindern (§ 2214, § 863 Abs 1 S 2 ZPO), zum anderen darin, einen geschäftsuntüchtigen oder verschuldeten Elternteil oder einen unerwünschten Vormund des Erben von der Verwaltung des Nachlasses ausschließen (s. dazu Reimann im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 2209 RNern 6, 7 mwN). Diese Motivlage scheint mir vorliegend gegeben zu sein, weil die Testamentsvollstreckung nicht bereits mit dem Erreichen des 21. Lebensjahres der Nacherbin, sondern erst mit dem Tode der Vorerbin enden soll.

    Im Falle der Verwaltungsvollstreckung nach § 2209 BGB kommt jedoch eine Freigabe nach § 2217 BGB nicht in Betracht (Staudinger/Reimann, § 2209 BGB RN 12; Zimmermann im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013; § 2209 RN 17 unter Zitat RG HRR 1929 Nr. 1652; Lange JuS 1970, 101, 106 und Staudinger/Reimann (2012) Rn. 16 in Fußnote 49). Ferner: Haegele/Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 16. Auflage 2001, RN 495 mwN in Fußn. 8; BGH, Rpfleger 1971, 349; Keim: „Die freiwillige Freigabe von Nachlassgegenständen durch den Testamentsvollstrecker“, ZEV 2012, 450 unter Zitat in Fußnote 6: BGH v. 18. 6. 1971, V ZB 4/71, BGHZ 56, 275, 284, NJW 1971, 1805; Zimmermann (Fn. 1), § 2217 Rn. 3.

    Auch eine Löschung des TV-vermerks scheidet mE aus, weil ersichtlich ist, dass die Testamentsvollstreckung derzeit noch nicht beendet sein kann (die Vorerbin lebt noch).

    Wenn die Testamentsvollstreckung jedoch noch nicht hinfällig ist, endet das Amt grundsätzlich nur durch einen gesonderten Beendigungsakt durch Kündigung als Amtsniederlegung (§ 2226 BGB) oder Entlassung (§ 2227 BGB) (s. Walloschek, „Die Bedeutung der Testamentsvollstreckung im Grundbuchverkehr“, ZEV 2011, 167). Beides scheint vorliegend bislang nicht der Fall, zumindest jedoch nicht -als Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO- nicht formgerecht nachgewiesen zu sein. Allein anhand der Löschungsbewilligung des Testamentsvollstreckers kann der TV-vermerk nach hM nicht gelöscht werden (s. Gutachten des DNotI im DNotI-Report 3/2001, 21 ff)
    http://www.dnoti.de/dnoti-report/

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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