Von der Betreuungsbehörde beglaubigte Vorsorgevollmacht

  • Hallo,

    mir liegt hinsichtlich eines Kaufvertrages für die Vertretung auf Verkäuferseite eine Vorsorgevollmacht vor. Die Unterschrift wurde von der "Betreuungsstelle" beglaubigt.

    Diese darf gem. § 6 Abs. 2 BtGB nur Unterschriften auf Vorsorgevollmachten beglaubigen. Die Vorsorgevollmacht soll ja verhindern, dass eine Betreuung eingerichtet werden muss.
    Jetzt frage ich mich, ob der Betreuungsfall eine aufschiebende Bedingung für die Ausübung der Vollmacht ist (unabhängig von den Regelungen im Innenverhältnis). Aber deren Eintritt könnte dem Grundbuchamt praktisch nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.

    Mich würde auch interessieren, wie es bei anderen Grundbuchämtern gehandhabt wird.

  • Jetzt frage ich mich, ob der Betreuungsfall eine aufschiebende Bedingung für die Ausübung der Vollmacht ist (unabhängig von den Regelungen im Innenverhältnis)


    Wenn sich aus der Vollmacht selbst dahingehend nichts ergibt, würde ich das nicht annehmen. Wegen der angesprochenen Nachweisproblematik machte eine solche Beschränkung im Außenverhältnis ja auch wenig Sinn.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Noch gefunden (aus Hügel/Otto § 29 Rn 188):


    "Nach anderer Meinung enthält schon die Bezeichnung als Vorsorgevollmacht die implizite Beschränkung auf den Vorsorgefall. Wer dem Grundbuchamt die Prüfung überantwortet, ob eine aufschiebende Bedingung (Betreuungsfall) hinsichtlich der (Innen-)Berechtigung zur Ausübung der Vollmacht besteht (so Spanl Rpfleger 2006, 455 und Rpfleger 2007, 372, 374; wohl auch Demharter § 29 Rn 42 und Renner ZNotP 2009, 371, 384), muss für den Gebrauch der behördenbeglaubigten Vollmacht dann auch den Nachweis des eingetretenen Betreuungsfalls verlangen. Der kann praktisch nicht geführt werden (...; vgl auch OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2011, 00380)."

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (14. März 2013 um 15:10)

  • "Nach anderer Meinung enthält schon die Bezeichnung als Vorsorgevollmacht die implizite Beschränkung auf den Vorsorgefall.


    Ich würde es eher als Beschreibung des Motivs, welches zur Vollmachtserteilung geführt hat, verstehen. Außerdem hat sich der Begriff inzwischen eingebürgert und gerade Krankenhäuser, Heime und selbst das Betreuungsgericht fragen immer, ob denn eine "Vorsorgevollmacht" besteht. (Nach einer Generalvollmacht wird hingegen selten gefragt.)
    Sicherlich gibt es allerdings durchaus auch die Anweisung im Innenverhältnis, von der Vorsorgevollmacht nur unter bestimmten Bedingungen Gebrauch zu machen. Aber auch das gibt es ja bei Generalvollmachten nicht selten.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich würde es eher als Beschreibung des Motivs, welches zur Vollmachtserteilung geführt hat, verstehen.

    Ich hab`s bisher auch noch nicht beanstandet.

    Wo verlinkt das da oben eigentlich hin? Funktioniert das nur bei mir nicht? Andere Fundstelle: OLG Frankfurt a.M. DNotZ 2011, 745

    Edit:
    Obige Links überarbeitet bzw. entfernt.
    Ulf, Admin

  • Vielen Dank für die Antworten.

    Mein Problem ist aber immer noch folgendes:
    Die Betreuungsbehörde darf nur "Vorsorgevollmachten" beglaubigen. Weiter geht ihre Kompetenz nicht.
    Muss das Grundbuchamt dann nicht prüfen, ob es sich bei der vorgelegten Vollmacht inhaltlich auch tatsächlich um eine Vorsorgevollmacht handelt ?
    Und reicht eine Beschränkung im Innenverhältnis, um die Voraussetzung der "Vorsorgevollmacht" zu erfüllen oder muss die Vollmacht auch im Außenverhältnis als "Vorsorgevollmacht" für den Betreuungsfall ausgestaltet sein ?

    Aber aufgrund der Nachweisproblematik, die die von der Betreuungsbehörde beglaubigte Vorsorgevollmacht im Grundbuchverfahren ja praktisch ausschließen würde, tendiere ich dazu, die Beschränkung auf den Betreuungsfall nur im Innenberhältnis zu verlangen.

  • Na ja, spätestens wenn sich Cromwells Ansicht durchsetzen sollte, führt auch bei einer Vorsorgevollmacht für Grundstücksverfügungen kein Weg mehr an einer Betreuerbestellung vorbei.

    Vorliegend würde ich schon inhaltlich prüfen, ob die Vollmacht einer "üblichen" Vorsorgevollmacht ähnelt und damit insbesondere nicht nur Befugnisse im Bereich der Vermögenssorge erteilt sondern auch den Bereich Gesundheitssorge, Wohnen usw. abdeckt.

    Ulf

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  • Ich halte die aufgeworfene Frage durchaus für berechtigt. Um sie klar herauszuarbeiten, formuliere ich sie wie folgt neu:

    Die Betreuungsbehörde darf nur Vorsorgevollmachten beglaubigen. Ist eine Vorsorgevollmacht, die im Außenverhältnis unbeschränkt ist, überhaupt noch eine Vorsorgevollmacht, für welche die besagte Beglaubigungsbefugnis besteht oder ist sie dies nur, wenn sie auch im Außenverhältnis nur für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers gilt?

    Wenn Ersteres -wohl durchaus zu Recht- zu verneinen ist, dann sind im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmachten im Grundbuchverfahren mangels wirksamer Beglaubigung nicht verwendbar. Ist die Vollmacht dagegen im Außenverhältnis durch den Eintritt des Vorsorgefalls bedingt, ist die Vollmacht zwar wirksam beglaubigt, aber im Grundbuchverfahren ebenfalls nicht verwendbar, weil der förmliche Nachweis des Eintritts der Bedingung nicht möglich ist.

    Ergebnis: Von den Betreuungsbehörden beglaubigte Vollmachten sind im Grundbuchverfahren nie verwendbar, weil es entweder an der Form mangelt oder der Nachweis des Bedingungseintritts nicht möglich ist.

    Eine ganz andere Frage ist, ob ein wirksam und formgerecht Vorsorgebevollmächtigter nach dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers den gleichen gesetzlichen Genehmigungstatbeständen unterliegt wie ein Betreuer.

  • Das Ergebnis vermag nicht zu überzeugen, denn dann wäre eine Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde grundsätzlich ohne Wert. Entsprechendes gilt für die Auffassung, dass eine Vorsorgevollmacht im Außenverhältnis nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ist. Deren Eintritt wäre dann nicht nur im Grundbuchverfahren sondern immer nachzuweisen und zwar auch unabhängig davon, ob es eine Beglaubigung der Betreuungsbehörde oder eines Notars oder eine Beurkundung durch einen Notar gibt oder die Vollmacht nur schriftlich erteilt ist. So ein Nachweis könnte nicht geführt werden und als Folge würden Vorsorgevollmachten immer ins Leere laufen.

  • Das Ergebnis vermag sehr wohl zu überzeugen, weil das, was gegen dieses Ergebnis vorgebracht wird, nur darauf beruht, dass die Vollmachten nicht vernünftig formuliert sind oder die Beteiligten eine Behördenbeglaubigung wählen, die den Formerfordernissen nicht entspricht. Ich bin kein Anhänger der Auffassung, die alles genügen lassen will, nur weil das, was genügt, von den Beteiligten nicht gewählt wird.

    Wenn eine Vorsorgevollmacht notariell erteilt wird und sie klipp und klar -wie es sich gehört- zum Ausdruck bringt, dass sie im Außenverhältnis unbeschränkt ist, dann gibt es bei ihrer Verwendbarkeit -auch im Grundbuchverfahren- keine Probleme.

    Im Übrigen übersieht mein Vorredner, dass der Eintritt der Bedingung des Vorsorgefalls im außergrundbuchlichen Bereich durchaus nachgewiesen werden kann, nur eben nicht förmlich im Sinne des Grundbuchrechts.

  • Tatsächlich? Wie würde man den Vorsorgefall zweifelsfrei nachweisen? Jeder Außenstehende könnte jedes Attest, Gutachten etc. anzweifeln und Vorsorgevollmachten wären wertlos.

    Zitat von Cromwell

    Ich bin kein Anhänger der Auffassung, die alles genügen lassen will, nur weil das, was genügt, von den Beteiligten nicht gewählt wird.

    Und was genügt, entscheidet wer? Für mich ergibt sich aus den Hintergründen und dem Entstehen von Vorsorgevollmachten und der Beglaubigungsmöglichkeit durch die Betreuungsbehörden hinreichend klar, was der Gesetzgeber wollte.

  • Der Gesetzgeber hätte, Willen vorausgesetzt, das Problem mit einem Federstrich lösen können. Hat er aber nicht, weder von vornherein noch später irgendwann mal.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn Ersteres -wohl durchaus zu Recht- zu verneinen ist,


    Ich würde das hingegen nicht verneinen. Woraus soll sich ergeben, dass eine Vorsorgevollmacht auch im Außenverhältnis entsprechend beschränkt zu sein hat? Warum soll eine Anweisung im Innenverhältnis nicht genügen, um den Charakter einer Vorsorgevollmacht zu erfüllen?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Tatsächlich? Wie würde man den Vorsorgefall zweifelsfrei nachweisen? Jeder Außenstehende könnte jedes Attest, Gutachten etc. anzweifeln und Vorsorgevollmachten wären wertlos.


    Wenn die Vollmacht nicht im Außenverhältnis sondern nur im Innenverhältnis beschränkt ist, muss doch der Bevollmächtigte gegenüber dem Vertragspartner den Eintritt der Bedingung nicht nachweisen. :gruebel:

  • Der Gesetzgeber hätte, Willen vorausgesetzt, das Problem mit einem Federstrich lösen können. Hat er aber nicht, weder von vornherein noch später irgendwann mal.

    Dass der Gesetzgeber nicht immer gute Arbeit liefert, ist nicht neu, aber hier hat er vermutlich einfach nicht mit den Denkweisen einiger Grundbuchrechtspfleger gerechnet. Die Klarstellung durch die Ergänzung des Worts "öffentlich" in § 6 Abs. 2 BtBG erfolgte nicht ohne Grund, genügt jedoch einigen Rechtspflegern immer noch nicht.

    Zitat von Frog

    Wenn die Vollmacht nicht im Außenverhältnis sondern nur im Innenverhältnis beschränkt ist, muss doch der Bevollmächtigte gegenüber dem Vertragspartner den Eintritt der Bedingung nicht nachweisen.

    Das ist schon richtig, aber dann könnte die Betreuungsbehörde nach von Cromwell beschriebener Auffassung nicht beglaubigen, weil es sich bei einer Vollmacht ohne Beschränkung auf den Vorsorgefall im Außenverhältnis nicht um eine Vorsorgevollmacht handeln soll und die betreuungsbehörde nur diese beglaubigen kann.
    Im Außenverhältnis auf den Vorsorgefall beschränkte Vollmachten wären jedoch praktisch wertlos, weil jeder (nicht nur das Grundbuchamt) den Nachweis des Vorsorgefalls fordern könnte und im Interesse der Rechtssicherheit auch müsste, was letztlich nicht möglich wäre.

  • Kann es sein, dass Schöner/Stöber bzgl. der Vorsorgevollmachten verpasst haben, dass der Wortlaut des § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG im Jahre 2009 um das kleine Wort "öffentlich" ergänzt wurde?!

    Oder warum wird es dort in der 15. Auflage unter Rn. 162 noch immer als "zweifelhaft" angesehen, dass eine Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde eine öffentliche Beglaubigung darstellt?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Da es scheinbar weiterhin oft nicht so gesehen wird:

    OLG Dresden vom 04.08.2010. 17 W 0677/10, 17 W 677/10
    NotBZ 2010, 409-410 (red. Leitsatz und Gründe)[h=4]Orientierungssatz[/h]
    1. Der von dem Herausgeber auf einem Formular für eine Vorsorgevollmacht klein gedruckt angebrachte Hinweis auf die Notwendigkeit einer notariellen Vollmacht für Immobiliengeschäfte schränkt die im Vollmachtsformular enthaltene umfassende Bevollmächtigung zur Verfügung „über Vermögensgegenstände jeder Art“ nicht ein (Rn.5).
    2. Eine i.S.v. § 6 Abs. 2 BtBG öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht genügt seit der Änderung der Vorschrift durch Art. 11 des Gesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 1696) den Anforderungen des § 29 GBO (Rn.4).

  • Ich halte die aufgeworfene Frage durchaus für berechtigt. Um sie klar herauszuarbeiten, formuliere ich sie wie folgt neu:

    Die Betreuungsbehörde darf nur Vorsorgevollmachten beglaubigen. Ist eine Vorsorgevollmacht, die im Außenverhältnis unbeschränkt ist, überhaupt noch eine Vorsorgevollmacht, ...

    Ich würde sie anders formulieren: Ist eine Vorsorgevollmacht, die nur im Innenverhältnis beschränkt ist, überhaupt eine Vorsorgevollmacht? Selbstverständlich ja, habe auch noch nichts anderes gelesen. Das ist Tagesgeschäft bei den Notaren und dem GBA und völlig ausreichend. Da BB und Notar öffentlich beglaubigen, reicht das auch.

    Der einzige vormalige Streitpunkt "öffentlich" oder nicht, wurde ausdrücklich beseitigt, um auch für Grundstücksgeschäfte zu genügen, BtDrs. 16/13027 S. 8, Klick.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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