Pfändung von Bitcoins

  • Wer hat sich schon einmal mit der Pfändung von Bitcoins beschäftigt? M.E. müsste hierfür § 857 ZPO Anwendung finden (es handelt sich bei Bitcoins ja nicht um eine Forderung, die mittels PfüB gepfändet werden könnte; auch passt weder § 821 ZPO noch § 831 ZPO) und ein drittschuldnerloser Pfändungsbeschluss erlassen werden. Die Verwertung müsste dann mittels § 844 ZPO geschehen. Wer hat bereits Praxiserfahrungen?

  • Ich denke, solange der Computer samt wallet.dat nicht weggenommen wird, wird so eine Pfändung wohl ohne Erfolg bleiben...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Zunächst einmal würde ich ein "Bitcoin-Guthaben" als immaterielles Wirtschaftsgut einordnen. Für einen vollstreckungsrechtlichen Zugriff müsste dieses m. E. möglichst schnell vom Zugriff des Schuldners weg transferiert werden. Dann könnte die Verwertung in Form eines Umtausches in echtes Geld in Ruhe angegangen werden. Fraglich ist, ob der GV im Rahmen einer Hausdurchsuchung das Recht hat, auf Daten eines Computers des Schuldners zuzugreifen? Darf er das und ist das immaterielle Wirschaftsgut "Bitcoins" gepfändet worden, so könnte er m. E. die Bitcoins des Schuldners an sich selbst transferieren (lassen wir mal evtl. Passwort- und Verschlüsselungsproblematiken außen vor). Anschließend anderweite Verwertung.

    Dergleichen kann ich mir derzeit in der zivilrechtlichen Vollstreckung gar nicht vorstellen (den GV möchte ich mal sehe, der sich dazu bewegen lässt), weswegen mir eine konkrete rechtliche Herleitung auch schwerfällt. Selbst bei der verwaltungsrechtlichen Vollstreckung bzw. bei strafrechtlichen Sicherungs- und Rückgewinnungs- bzw. Verfallsmaßnahmen dürfte dergleich nur realistisch sein, wenn von ganz erheblichen Bitcoin-Guthaben die Rede ist.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Diese Probleme sehe ich auch. Fraglich ist, wie man den GV im Rahmen der Pfändung ins Spiel bringen will - es handelt sich schließlich nicht um die Pfändung körperlicher Gegenstände. Erst im Rahmen der Verwertung käme er zum Zuge (ggfs. auch durch Beschlagnahme des PCs?) - wobei der Schuldner da über die Bitcoins schon verfügt haben kann. Bisher ist mir auch kein Fall bekannt, in dem eine solche Pfändung nebst Verwertung beantragt/ durchgeführt worden wäre. Auch in den einschlägigen Datenbanken findet sich nichts. Allerdings ist die Relevanz -auch wenn es sich bei diesen Bitcoins oft noch um ein Spielzeug für Freaks handelt- nicht zu unterschätzen. In Schuldnerkreisen soll schon der "Trick" kursieren, vorhandenes Vermögen in Bitcoins anzulegen und so dem vollstreckungsrechtlichen Zugriff zu entziehen.

  • Ich will diesen Faden noch einmal hochholen. Kann man eventuell Parallelen zu den Linden Dollars ziehen? Weiss jemand, ob es Versuche gab, diese zu pfänden; wenn ja nach welchen Vorschriften?

  • Vielleicht solltest Du dieses wichtige Thema in einer Habilitationsschrift wissenschaftlich bearbeiten, zumal Du - wie aus einem anderen Thread ersichtlich - an einer Dozententätigkeit an einer Fachhochschule interessiert bist. Damit könntest Du Dir doch schon einen Namen in der Fachwelt machen.

  • In der Tat habe ich mich schon mit derlei Gedanken beschäftigt. Trotzdem würde mich auch deine Meinung zu diesem Thema interessieren.

  • In der Habilitationsschrift aber bitte den Ausschluss der Sachpfändung nicht wie hier als bloße Behauptung stehen lassen, sondern auch begründen ;)

    es handelt sich schließlich nicht um die Pfändung körperlicher Gegenstände. Erst im Rahmen der Verwertung käme er zum Zuge (ggfs. auch durch Beschlagnahme des PCs?)

    Gerade die Sachpfändung könnte dem pfändungswilligen Gläubiger ja auf den ersten Blick als gangbarer Weg erscheinen, nach dem Motto man könnte es ja mal versuchen: Sachpfändung PC + andersartige Verwertung (= Einlösen der Coins mittels auf dem PC hinterlegtem Schlüssel)

  • Vielleicht solltest Du dieses wichtige Thema in einer Habilitationsschrift wissenschaftlich bearbeiten, zumal Du - wie aus einem anderen Thread ersichtlich - an einer Dozententätigkeit an einer Fachhochschule interessiert bist. Damit könntest Du Dir doch schon einen Namen in der Fachwelt machen.



    Ich habe mir die Sache mit den Bitcoins auch schon mal angeschaut, weil es eine alternative Zahlungsmethode für das Internet ist. Aber ich muss zugeben, dass es mir die Sache nicht wert war ...
    Ganz offensichtlich werden die Bitcoins neben Paysafecard als Zahlungsmethode im Internet verwendet, bei der man fast 100%-ig anonym bleiben kann.
    Das Thema einer solchen Schrift könnte man also durchaus weiter stecken und all die Karten, Nummern, .... mit betrachten, womit man irgendwo im Internet etwas kaufen kann, also etwa "Virtuelles Geld und Zwangsvollstreckung".
    Das sollte man dann bei der Vermögensauskunft auch alles angeben (müssen), sodass dann der GV sicher vor dem ein oder anderen Problem stehen wird, welches er bis dato noch nicht kannte.

  • Habe mir die Sache auch mal durch den Kopf gehen lassen.

    Zunächst ist da das Problem der wallet.dat. Ohne die Zugangscodes wird man an das Guthaben nicht gelangen.
    Vielleicht kann man folgenden Vergleich ziehen: Wie pfändet man 20.000,00 € in bar, die sich in einem passwortgeschützten (ansonsten nicht knackbaren) Tresor, der fester Bestandteil des Grundstücks des Schuldners ist, befinden?
    Ohne Mithilfe des Schuldners überhaupt nicht. Den Schuldner müsste man daher nach §888 ZPO auf Gewährung von Zugang zu dem Tresor verklagen.
    Im Fall der Bitcoin wäre der Tresor die Datei auf dem Computer des Schuldners.

    Nächstes Problem: Sind Bitcoins Geld im Sinne einer Währung? Ein Zahlungsurteil wird üblicherweise auf Euros lauten. Bitcoins werden genutzt wie Geld, allerdings virtuell. Eine Währung sind sie (derzeit) jedoch offensichtlich nicht. Kann ich daher aus einem Urteil, das auf Zahlung von XXX,XX € lautet, Bitcoins auf mein eigenes (Bitcoin-)Konto transferieren lassen? Ich denke nicht. Zumindest solange nicht, bis Bitcoins als offizielle Währung anerkannt werden. Das Urteil müsste bis dahin vielmehr auf Übertragung von XXX Bitcoins lauten.

    Ich werfe daher mal folgenden Denkansatz in den Raum:
    Könnte man den Schuldner nicht gemäß §888 ZPO darauf verklagen, sein Bitcoin Guthaben in reales Geld umzuwandeln und dieses dann sofort pfänden?

    Einmal editiert, zuletzt von Mars (4. April 2013 um 16:06)

  • Nächstes Problem: Sind Bitcoins Geld im Sinne einer Währung? Ein Zahlungsurteil wird üblicherweise auf Euros lauten. Bitcoins werden genutzt wie Geld, allerdings virtuell. Eine Währung sind sie (derzeit) jedoch offensichtlich nicht.

    Zu diesem Thema auch hier:

    http://www.ferner-alsdorf.de/2011/06/bitcoi…rung-oder-ware/

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Ohne Mithilfe des Schuldners überhaupt nicht. Den Schuldner müsste man daher nach §888 ZPO auf Gewährung von Zugang zu dem Tresor verklagen.

    Nein, der Tresor würde zur Not einfach nach § 758 II ZPO durch den GV geöffnet werden (bzw. durch professionellen Tresorknacker).

    Ich meinte einen von keiner Menschenseele auf der Welt knackbaren Tresor. Ansonsten taugt das Beispiel natürlich nicht.

  • und frage in die Runde, ob es diesbezüglich schon Erfahrungen in die ZV in BitCoin gibt.

    Habe gerade eine solchen Fall auf dem Tisch, mit 70.000 Euro Schulden, laut VA nix zu holen.

    Pflichtgemäss hat er in der VA aber angegeben, 190.000 Euro in BitCoins zu halten. Nun kommt der Antrag auf PfÜb auf den Tisch.
    Doch wer ist DS und wohin damit... es bleiben Fragen und wenn das erst die Runde macht, dann sieht es schwarz aus mit ZV in das Barvermögen...

    Meines Erachtens dürfte 888 ZPO nicht ziehen, weil er Gäubiger dann schon in der Lage wäre, auch vom Schuldner die PIN der ausländischen Kreditkarte zu verlangen und mit 888 ZPO Druck auszuüben.

    Des Weiteren stellt sich meiner Ansicht nach auch das Argument der ZV in den Weg, dass man höchstens Forderungen in BitCoin berücksichtigen kann.
    Sobald die Forderung z.B. in Euro tituliert wird, dürfte das auch nicht greifen.

    Kommentare und Hinweise sehr willkommen und sicher nicht auch von allgemeinem Interesse.

  • Der Gläubigervertreter hat den Auftrag bekommen, auf Grund des VU einen PfÜb der BitCoins zu beantragen.
    Er hinterfragte, was er beim DS eintragen soll und ebenso die Sinnhaftigkeit.

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