Notarbescheinigung über rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht

  • Ich fürchte, dass gerade etwas an den Grundbuchkollegen vorbeigeht und deshalb will ich auch im Grundbuchforum darauf aufmerksam machen, dass der Notar ab 01.09.2013 auch dafür zuständig ist, die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu bescheinigen, sodass dem Grundbuchamt künftig jede Prüfung der betreffenden Vollmachten entzogen ist, weil diese gar nicht mehr vorgelegt werden müssen.

    Vgl. hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post871608

    Die Kritik an diesem Vorhaben wurde -wie üblich- nicht gehört.

    Es werden also künftig massenweise unrichtige Grundbucheintragungen erfolgen, weil die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zwar vom Notar bescheinigt wurde, sie aber objektiv nicht vorliegt, weil die Vollmacht von ihrer Reichweite her nicht ausreicht (von bedingten und befristeten Vollmachten, der Problematik der Beschränkung im Innen- oder Außenverhältnis und von einer Befreiung Verbot des Selbstkontrahierens gar nicht zu reden). Denn alles, was bisher in Vollmachtsfragen beanstandet wurde, wird nunmehr problemlos "durchrutschen", weil die Notare, die bislang trotz bestehender Vollmachtsmängel vorlegten, in all diesen Fällen auch die ordnungsgemäße rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht bescheinigt hätten und dies dann natürlich auch künftig tun werden. Zudem sind die Notare künftig auch Richter in eigener Sache, weil sie im Rahmen der Vollmachtsbescheinigung auch über Vollmachten zu befinden haben, die sie selbst beurkundet haben.

  • Ich habe das sehr wohl mitgekriegt und sehe die Sache genau so negativ wie Du. Wenn ich daran denke, was unsere Notare alles bescheinigen werden, kriege ich schon jetzt Pickel. Aber was hilft´s, der Gesetzgeber hat entschieden, wir sparen uns einiges an Prüfarbeit und der Kunde muss es ausbaden. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee, dann wären einige Planstellen im Grundbuchamt einzusparen.

  • Ich sehe das wie Grundbüchler!

    Glücklich bin ich mir der Regelung aus den schon genannten Gründen absolut nicht. Auf der anderen Seite will es der Gesetzgeber - wohl aus klientelpolitischen Gründen - nun aber mal so. Also werden wir das alle so hinnehmen müssen.

    Und ein "Gutes" hat das für die Grundbuchämter schon:
    Wir sparen uns künftig dann das Lesen unzählicher Vollmachtsurkunden und sicherlich auch viele Zwischenverfügungen, was unser Leben damit einfacher macht.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das mag ja alles sein, aber was hilft das, wenn die Grundbücher dann "massenweise" unrichtig werden? Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo man die Möglichkeit des Gutglaubenserwerbs auf den Prüfstand stellen muss, weil es keinen Sinn macht, den guten Glauben an etwas zu knüpfen, auf das man sich systembedingt ohnehin von vorneherein nicht mehr verlassen kann.

    Im Übrigen halte ich die Regelung über die Notarbescheinigung der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht für verfassungswidrig, weil sie orginäre Prüfungspflichten des Gerichts auf außerhalb der Gerichtsorganisation stehende Personen überträgt. Das ist ohne Änderung des Grundgesetzes nicht möglich.

    Bislang "betet" der Notar in seinen Bescheinigungen (deklaratorisch) nur den Inhalt öffentlicher Register nach. Bei der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht nimmt er aber im Gegensatz hierzu künftig eine rechtliche Wertung vor, die sich darauf bezieht, ob die Vollmacht für das beabsichtigte Rechtsgeschäft ausreicht oder nicht. Dies ist aber -ohne Grundgesetzänderung- ausschließlich die Sache des Gerichts.

  • Zitat

    Bislang "betet" der Notar in seinen Bescheinigungen (deklaratorisch) nur den Inhalt öffentlicher Register nach. Bei der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht nimmt er aber im Gegensatz hierzu künftig eine rechtliche Wertung vor, die sich darauf bezieht, ob die Vollmacht für das beabsichtigte Rechtsgeschäft ausreicht oder nicht. Dies ist aber -ohne Grundgesetzänderung- ausschließlich die Sache des Gerichts.


    Das stimmt m. E. nicht. Wäre es so, dann bedürfte es nicht des § 21 BNotO, sondern könnte mit § 20 BNotO sein Bewenden haben. Er schreibt eben nicht einfach ab, was er da liest, sondern wertet selsbt, was er liest, und bescheinigt "nur" noch, dass xy die Gesellschaft als Geschäftsführer allein zu vertreten berechtigt ist. Auch in der Bescheinigung nach § 21 BNotO liegt bereits eine rechtliche Wertung, selbst wenn sie oft (sehr oft?) einfacher zu führen sein mag als bei rechtsgeschäftlichen Vollmachten. Ganz deutlich wird das, wenn der Notar bescheinigt, dass der Prokurist das Grundstück veräußern darf.

    Ich sehe das in einem Bereich positiv und in einem Bereich negativ:

    Bei den unzähligen Vollmachten von Banken ist das m. E. eher positiv, da die (von einer massiven Ausnahme abgesehen, die aber tatsächlich nur formell gewesen sein dürfte) einmal richtig erstellt und dann tausendfach immer wieder aufs Neue vorgelegt und durchgeprüft werden. Da ergibt die neue Verfahrensweise schon einen Sinn.

    Bei den übrigen rechtsgeschäftlichen Vollmachten sehe ich das sehr kritisch. Bei den Vollmachten zugunsten von Bauträgern oder Käufern (Finanzierung) oder Verkäufern (Messungskauf) besteht das Problem, dass wir die Grundakten nicht mehr nach der eigentlichen Vollmacht durchsuchen müssen (aber immerhin können), wenn der Notar das vollmachtgemäße Handeln bescheinigt. Bei den Vorsorgevollmachten besteht ebenfalls Anlass zur Annahme, dass nicht jeder Notar sie allzu kritisch durchleuchtet.

    Aber wenn wir ehrlich sind, hat das bislang auch nicht jeder Rechtspfleger getan. Gerade bei unbeschränktem Außenverhältnis waren die Vollmachten allzu oft durchgewunken, egal wie eklatant das Handeln bisweilen gegen das Innenverhältnis verstoßen hat. Und dass das Grundbuch unrichtig wird - diese Gefahr besteht auch bei der Bescheinigung aus dem Handelsregister.

    Vielleicht reguliert es sich auch nach ein paar Schadensfällen von selbst. Wenn etwas schiefgegangen ist, lassen sich die Leute nicht mehr so viel gefallen wie früher. Die überwiegende Zahl der Fälle (unter Einbezug der Bankvollmachten) wird allerdings meiner Ansicht nach zu einem richtigen Grundbuch führen.

    (Übrigens habe ich gerade eine Bescheinigung eines österreichischen Notars über das Bestehen einer Vollmacht auf dem Tisch. Nach § 89b NO geht das wohl. Allerdings bin ich der Auffassung, dass das aus mehreren Gründen nicht die Wirkung wie eine Bescheinigung aus dem österreichischen Firmenbuch hat. Ob das aber in die Beschwerde geht, bezweifle ich, auch wenn es interessant wäre.)

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Danke an Cromwell für den Hinweis !

    Also muss jetzt nur noch der Bundesrat zustimmen und das Gesetz (Änderung BNotO ?)
    ist durch ?

    Nun, wenn das tatsächlich so durchgewunken wird und kommen sollte:
    Vielleicht lesen sich die Notare ja zukünftig die ihnen vorliegenden Vollmachten dann doch mal etwas genauer durch mit dem gebotenen Maß an Sorgfalt ! ;)

    (schließlich wären sie dann auch mehr in der Haftung bzw. Verantwortung)


    Eine gewisse Erleichterung für die Grundbuch- Praxis wäre das allemal, wenngleich man eine dahingehende, fortschreitende Entwicklung (Verlagerung von gerichtlichen Kompetenzen auf freie Berufe- der FDP sei Dank ?) mit wachem Auge und kritisch verfolgen muss.

  • Ich fürchte, dass gerade etwas an den Grundbuchkollegen vorbeigeht und deshalb will ich auch im Grundbuchforum darauf aufmerksam machen, dass der Notar ab 01.09.2013 auch dafür zuständig ist, die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu bescheinigen, sodass dem Grundbuchamt künftig jede Prüfung der betreffenden Vollmachten entzogen ist, weil diese gar nicht mehr vorgelegt werden müssen.


    Es werden also künftig massenweise unrichtige Grundbucheintragungen erfolgen, weil die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zwar vom Notar bescheinigt wurde, sie aber objektiv nicht vorliegt, weil die Vollmacht von ihrer Reichweite her nicht ausreicht ....

    Ich verstehe die Aufregung ehrlich gesagt nicht. Wer glaubt denn wirklich daran, dass Notare von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, sobald ein entsprechender Wert (Haftung) oder Vollmachten von Brockhaus-Dicke dahinterstehen? Auch dann wird das Grundbuchamt wieder zig Vollmachten prüfen dürfen. Der Notar "kann", er "muss" jedoch nicht.


  • Ich verstehe die Aufregung ehrlich gesagt nicht. Wer glaubt denn wirklich daran, dass Notare von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, sobald ein entsprechender Wert (Haftung) oder Vollmachten von Brockhaus-Dicke dahinterstehen? Auch dann wird das Grundbuchamt wieder zig Vollmachten prüfen dürfen. Der Notar "kann", er "muss" jedoch nicht.

    Ich bin aus diesen Gründen auch skeptisch, ob sich die Vertretungsbescheinigungen in der Praxis durchsetzen werden.

  • Unabhängig von den angesprochenen Einzelfragen geht es im Grundsätzlichen darum, ob es verfassungsgemäß ist, originäre gerichtliche Prüfungsaufgaben ohne Grundgesetzänderung auf die Notare zu übertragen.

    Nach meiner Ansicht ist dies von Verfassungs wegen nicht zulässig.

  • Nach meiner Ansicht war es schon ein Versäumnis, im Gesetzgebungsverfahren nicht auf diese Problematik hingewiesen und versucht zu haben, das Vorhaben mit dieser Begründung aufzuhalten.

    Sofern der Bundespräsident das Gesetz ausfertigt, gelten die allgemeinen Regeln, die Platz greifen, wenn man ein anzuwendendes Gesetz für verfassungswidrig hält.

  • Ja, nun sind sie dann doch da, die Probleme bei der Bescheinigung des Inhalts einer Vollmacht.

    Wie seht Ihr das:
    Der Verkäufer wird im Kaufvertrag aufgrund Vollmacht vertreten.
    Beantragt ist die Eintragung einer Auflassungsvormerkung und einer Grundschuld - aufgrund der dem Erwerber erteilten Untervollmacht im Kaufvertrag. Die Grundschuld soll nach § 800 ZPO vollstreckbar sein.

    Die Bescheinigung über den Inhalt der Vollmacht lautet lediglich:
    "Aufgrund meiner heutigen Einsicht in die mir in Ausfertigung vorliegende Vollmacht vom......beurkundet vor mir, der amtierenden Notarin, bescheinige ich, dass Herr X zur Vertretung des Vollmachtgebers einzeln und uneingeschränkt berechtigt ist."

    Ist damit die Erteilung der Untervollmacht auf den Käufer wegen der Grundschuldbestellung abgedeckt und auch die Bestellung der Grundschuld mit Vollstreckungsunterwerfung nach § 800 ZPO?
    :gruebel:

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • M.E. muss sich sowohl eine Befreiung von § 181 BGB als auch eine Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten aus der Vollmacht und somit auch aus der Bescheinigung ergeben. Daher ist hier die Möglichkeit der Unterbevollmächtigung nicht ausreichend nachgewiesen.

    Ein spezielles Problem in Bezug auf die 800er Unterwerfung sehe ich aber nicht.

    Ulf

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  • Ich gehe davon aus, dass sich die Vollmachtsbescheinigung gem. § 21 Abs. 3 BNotO hier im Kaufvertrag befindet. Dann würde ich diese dahingehend verstehen, dass der den Kaufvertrag beurkundende Notar bescheinigt, dass der Bevollmächtigte zur Abgabe sämtlicher im Vertrag von ihm abgegebenen Erklärungen bevollmächtigt ist, also auch zur Unterbevollmächtigung. Mir würde das daher reichen!

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