Österreichischer Titel soll in Deutschland vollstreckt werden

  • Hallo liebe Kollegen,

    ich habe heute einen Antrag auf Erlass einen Pfänungs- und Überweisungsbeschlusses bekommen. Antragsteller leben in Österreich. Diese sind die volljährigen Kinder des in Deutschland lebenden Schuldners.
    Vom Bezirksgericht in Österreich liegt mir nun ein Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vor.
    Auf diesem Beschluss ist ein Stempelaufdruck mit den Worten: Dieser Beschluss ist rechtskräftig und vollstreckbar. Versichert wird dies durch die dortige Geschäftsleitung des Bezirksgerichts.
    Ein Zustellungsnachweis an den Schuldner liegt mir nicht vor. Insofern ergeht Aufklärungsverfügung nach § 139 ZPO.
    Meine Frage richtet sich nach der Vollstreckungsklausel. Dieser Vermerk wird doch sicher nicht die Klausel ersetzen oder?

    Gemäß § 1082 ZPO findet aus einem Titel, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf.

    Ist dieser Stempel mit Versicherung die Bestätigung oder ergibt sich sich diese aus dem Gesetz nach Art. 3 der o. g. VO?
    Muss gar der Richter einer Kammer des Landgerichts die Vollstreckbarkeit erklären? Dies ergibt sich aus Artt. 38, 39 EuGVVO.

    Ich bin der Meinung, das ich keine Vollstreckungsklausel nachfordern muss. Meine Kollegin sieht es nicht so.
    Aber ich bin ganz ehrlich. Ich habe auch keine Ahnung. Ich habe solch eine Sache das erste Mal bekommen.

    Kann mir jemand von euch einen Tipp geben

  • Die Vollstreckungsunerlagen sind noch nicht komplett.

    Welche Unterlagen benötigt werden, hängt vom Datum des Erlasses des Schuldtitels ab.

    Falls der Schuldtitel nach dem 17.06.2011 erlassen worden ist, wird noch das Formblatt in Anhang I VO (EG) Nr. 4/2009 (EuUnterhVO) benötigt.
    Das österreichische Gericht ist für die Erteilung der vorgenannten Bescheinigung zuständig.

    Sofern der Schuldtitel in der Zeit vom 21.01.2005 bis 17.06.2011 erlassen worden ist und es sich um eine unbestrittene Unterhaltsforderung handeln sollte, bedarf es noch der Vorlage der Bestätigung des Schuldtitels als Euroäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen nach der VO (EG) Nr. 805/2004.

    Falls der Schuldtitel in der Zeit vom 01.03.2002 bis 17. 06. 2011 erlassen worden ist, wäre das Formblatt in Anhang II VO (EG) Nr. 4/2009 (EuUnterhVO) und die Vollstreckbarerklärung des inl. Landgerichts vorzulegen.
    Das Formblatt in Anhang II EuUnterhVO ist vom österreichischen Gericht zu erteilen.
    Soll der Überweisungsbeschluss ebenfalls erlassen werden, bedarf der Beschluss des inl. Landgerichts (Vollstreckbarerklärung) der Rechtskraft oder die Bescheinigung, dass die Zwangsvollstreckung uneingeschränkt stattfinden darf.

    Weitere Einzelheiten können den entsprechenden Infos des Amtsgerichts Warendorf entnommen werden:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/service/infos/…us_eu/index.php

  • Hallo,
    die Unterlagen vom AG Warendorf habe ich gelesen. Ich habe dennoch ein paar kleinere Fragen zu einem mir vorliegenden österreichischen (Unterhaltsfestsetzungs-)Beschluss aus dem Jahr 2013 (anzuwenden ist daher die VO (EG) Nr. 4/2009) der vollstreckt werden soll (PfÜb). Mangels Zustellnachweis muss ich den Antrag bereits beanstanden.

    Die Entscheidung wird anerkannt und ist vollstreckbar, wenn sie in Österreich auch vollstreckbar ist. Es ist dem Vollstreckungsgericht eine Ausfertigung der Entscheidung vorzulegen, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
    Auf dem Titel befindet sich ein Stempelaufdruck mit integriertem österreichischem Wappen, der wie folgt lautet: „Diese Ausfertigung ist rechtkräftig und vollstreckbar“. Daraufhin hat ein Rechtspfleger unterschrieben unter Verwendung der Stempels „Für die Richtigkeit dieser Ausfertigung der Leiter der Geschäftsleitung“.
    Auf der letzten Seite des vorgelegten Beschlusses steht „Elektronische Ausfertigung gemäß § 79 GOG.“

    1. Frage: Muss der o. g. Stempelaufdruck, der einerseits den Ausfertigungsvermerk darstellt und andererseits die Vollstreckbarkeit erklärt, nicht auch ordentlich gesiegelt werden? Das in dem Stempelaufdruck vorhandene österreichische Wappen dürfte nach meiner Auffassung kein Siegel darstellen. Aus § 79 GOG ergibt sich auch keine Siegelpflicht. Derartige Vermerke wären bei uns zu siegeln.

    2. Frage: Bei uns ist es üblich, dass mehrseitige Ausfertigungen fest miteinander verbunden sind. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ist dies nicht erforderlich?

    Es ist ein Auszug der Entscheidung vorzulegen, den die zuständige Behörde des Ursprungsmitgliedstaats unter Verwendung des vorgesehenen Formblatts erstellt hat (Artikel 20 Abs. 1b der VO (EG) Nr. 4/2009 vom 18.12.2008).
    Vorgelegt wurde tatsächlich ein Anhang I. Dieser Anhang wurde ebenfalls von einem Rechtspfleger unterschrieben.

    3. Frage: Auch hier hatte ich mich gefragt, ob nicht ein Dienstsiegel erforderlich ist. Hier würde ich jedoch kein Siegel voraussetzen, weil das Formblatt am Ende ein(e) „Unterschrift und/oder Dienstsiegel des Ursprungsgerichts“ verlangt. Wie seht ihr das?

    Vielen Dank und bereits jetzt ein schönes Wochenende.

  • Ich hatte vor ein paar Jahren damit zu tun, aus einem österreichischen Titel zu vollstrecken.
    In Österreich sind die Gerichte etwas weiter und erstellen z.T. Titel nur elektronisch. Eine schriftliche Ausfertigung mussten wir daher erstmal anfordern. Diese war versehen mit einem Stempel "Landeswappen Versäumungsurteil. Im Namen der Republik" dann sinngemäß die beklagte Partei wird gem. Antrag zzgl. Zahlung der Prozesskosten i.H.v. an die klagende Partei verurteilt. Gericht, Datum.

    Die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel erfolgte problemlos durch das gleiche Gericht und war auch nur mit einem Stempel versehen. Die hiesige Vollstreckung durch den GVZ war dann kein Problem. Ob der mehrseitige Titel damals fest verbunden war, kann ich nicht mehr sagen, die Forderung wurde bezahlt und der Titel ausgehändigt.

  • Wir in Deutschland müssen uns langsam an den elektronischen Rechtsverkehr noch gewöhnen.
    Die Österreicher sind viel weiter.
    Es werden in Österreich regelmäßig elektronische Ausfertigungen hergestellt.

    Die vorgelegten Unterlagen entsprechen vielleicht nicht uneingeschränkt den deutschen Formvorschriften, vor dem Hintergrund des elektronischen Rechtsverkehrs in Österreich hätte ich bei der Zwangsvollstreckung in Deutschland insoweit keine Bedenken, zumal die Ausfertigung der Bestätigung allen Anforderungen genügt.

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