§ 283c StgB Gläubigerbegünstigung / Aufrechnungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit

  • Guten Tag,

    ich habe hier folgenden Fall und wäre froh um jeden Hinweis bzw. Input dazu:

    Mandant hat Beitragsrückstände in Höhe von 36.000,- Euro bei privater Krankebversicherung, die sich bereits seit 2009 anhäuften.

    Krankenversicherer stellte im Jahr 2012 das Ruhen des Vertrages dar, wonach nur noch Behandlungskosten Akutnotfälle und Schmerzzustände erstattet werden.

    Im Dezember 2012 erfolgte eine Behandlung in einem Krankenhaus. Dieses macht hieraus Behandlungskosten in Höhe von 23.000,- Euro geltend.

    Im Mai 2013 hat der Mandant mit der Privaten Krankenversicherung einen Vergleich dergestalt geschlossen, dass die von der pkv anerkannten Erstattungskosten in Höhe von 23.000,- Euro nicht erstattet, sondern mit den bestehenden Beitragsrückständen von 36.000,- Euro "verrechnet" werden. Im Gegenzug verpflichtete sich die PKV dazu das Ruhen des Vertrages (trotz weiter bestehender Rückstände) umgehend aufzuheben und künftige Behandlungen wieder voll zu erstatten.

    Ist durch diese Verrechnungsvereinbarung der Straftatbestand des § 283c StGB (Gläubigerbegünstigung) berührt?

    Vorliegend kommte es wohl darauf an, ob die Befriedigung der PKV (als Gläubiger des Mandanten) als kongruente oder inkongruente Deckung zu beurteilen ist.

    Ich selbst habe bereits auf § 394 BGB hingewiesen, wonacht wohl Aufrechnungen seitens des Krankenversicherers grds. möglich sind.

    Die AVB der Versicherung sagen zu solchen Aufrechnungen nichts.

    Weiss jemand, wie der Fall zu beurteilen ist. Soweit ich ersehen kann, ist Rspr. zu identischen Fällen nicht verfügbar.

    Gruß

    Andrea

  • Hallo,

    grundsätzlich ist die Bezahlung von Geld geschuldet und eine Aufrechnung kann nach § 96 InsO anfechtbar sein. Ich verstehe nur nicht ganz - hat der Mandant die 23KEUR aus der eigenen Tasche bezahlt und deswegen die Aufrechnung?!

  • Hallo James,

    der Mandant hat keine 23.000,- EUR gezahlt. Vielmehr werden diese von der Versicherung als anerkannter Erstattungsbetrag bezeichnet (heisst dieser Betrag wäre grds. an den Mandanten auszuzahlen gewesen, welcher damit die Behandlungskosten des Krankenhauses beglichen hätte). Nun wurde aber mit der PKV der Vergleich geschlossen mit dem Inhalt: Verrechnung der Erstattungskosten mit Beitragsrückständen, und wiederaufnahme der Vollversicherung.

    Die Frage ist, ob dadurch eine Gläubigerbegünstigung zu sehen ist, weil dadurch der andere Gläubiger (Krankenhaus) ins Leere schaut...

    Anmerkung: Ein Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Mandanten läuft nicht...

  • Grundsätzlich stellt die Abtretung eine Nachbesicherung dar und ist somit als inkongruent zu werten. Die Kenntnis der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit dürfte sich der Versicherung nach dem Vortrag regelrecht aufgedrängt haben. Die Verrechnung halte ich für anfechtbar, insoweit bei einem IK Verfahren die Gläubiger den Verwalter zur Anfechtung ermächtigen. Ich habe mit Strafrecht nicht viel am Hut, würde aber die Gläubigerbegünstigung bejahen.

  • Hallo James,

    danke für die Ausführungen.

    Ich habe da nur folgende Erwägung angestellt, die meines Erachtens die InsO-Anfechtung und auch § 283c StGB verdrängen sollte:

    Der Anspruch der Versicherung besteht schon lange. Sie hat daher durch die Verrechnung nur das erhalten, was ihr zustand und zwar dadurch dass sie ihrerseits die leistung erbracht hat (nämlich verwertung der 23.000,- zugunsten des Mandanten).

    Darüber hinaus steht einer Anfechtung / aber auch einer Strafbarkeit aus meiner Sicht folgendes entgegen:

    Die Versicherung hätte - mangels Verrechnungsabrede - den Erstattungsbetrag auf das Konto des Mandanten überwiesen. Hiernach hätte der Mandant (wohl unproblematisch) eine Überweisung zurück an die Versicherung vornehmen können um die dortigen Rückstände (zumindest teilweise) zu tilgen. Weshalb soll also die unmittelbare Verrechnung, die den identischen Erfolg herbeiführt, anders zu bewerten sein, als die Überweisung und Rücküberweisung?

  • Hypothetische Kausalverläufe gibt es im Anfechtungsrecht nicht (BGH). Die Abtretung sollte wohl den Anspruch sichern. Die Abtretung ist anfechtbar. Eine Verrechnung hat möglicherweise berechtigt stattgefunden (alter Zustand vor Abtretung), jedoch unter der Kenntnis der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit. Die Versicherung kannte ja wohl auch andere Gläubiger, zumindest das Krankenhaus. Wenn also der Versicherte schon jahrelang nicht zahlen konnte und sich die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei der Versicherung durch diese Nichtzahlung bestätigt hat, dann entfällt mit der Zahlung nicht notwendigerweise die Kenntnis des Anfechtungsgegners - er konnte nicht zwingendermaßen von der Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit ausgehen. Er müsste nachweisen, dass die anderen Gläubiger auch Zahlungen erhalten haben.

    Zur Strafbarkeit kann ich wirklich nichts aussagekräftiges beitragen.

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