Überbrückungsgeld

  • In dem Bundesland, in dem ich lebe, gibt es seit 1.6.13 ein eigenes StVollzG. Vorher gab es nur das StVollzG als Bundesgesetz. Da es in einigen Bundesländern schon länger eigene Strafvollzugsgesetze gibt, kann mir hoffentlich jemand helfen.

    In unserem neuen Strafvollzugsgesetze taucht kein Überbrückungsgeld mehr auf und ich habe jetzt schon 2 Anträge auf "Vollstreckungsschutz" nach § 850c ZPO für das Eigengeld.
    Vorher gab es ja einen nach § 51 Abs. 4 StVollzG unpfändbaren Teil des Eigengelds in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem nach § 51 I StVollzG zu bildenden und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld.
    Fällt dieser unpfändbaren Teil jetzt einfach weg, da sich nach BGH, Beschluss vom 16.7.2004 - IXa ZB 287/03, http://lexetius.com/2004,2001, die §§ 850 ff ZPO auf das Eigengeld nicht anwenden lassen?

    That Guy: "We are more like Germany, ambitious and misunderstood!"
    Amy: "Look, everyone wants to be like Germany."

  • Ich habe nach § 51 Abs. 5 StVollzG einen pfandfreien Betrag festzusetzen. Ob der Schuldner in der JVA einer Beschäftigung nachgeht weiß ich nicht. Es besteht eine Unterhaltspflicht. Der Schuldner kommt dieser Unterhaltspflicht natürlich nicht nach. Gepfändet wird das Überbrückungsgeld wegen Unterhaltsrückständen.

    Als pfandfreien Betrag würde ich nunmehr nur 391,00 EUR Regelsatz festsetzen. Es heißt aber "dem entlassenen Gefangenen". Muss ich dann jetzt schonmal fiktive Wohnkosten und/oder Mehrbedarf Berufstätig hinzusetzen? :gruebel:

    Der Schuldner beruft sich auf den vierfachen Regelsatz des Sozialgeldes für den Gefangenen und den doppelten Regelsatz für seine Unterhaltspflicht :gruebel:

  • Nicht wirklich, aber ich versuch's mal:

    Das Überbrückungsgeld soll "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern".

    Bei dessen Pfändung aufgrund Unterhaltsrückstände ist ihm "so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf."

    Da die Pfändung bereits während seiner Inhaftierung und damit vor Entlassung erfolgt, ist ihm m. E. der für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung sonstiger gesetzlicher Unterhaltspflichten notwendige Betrag für den Zeitraum Entlassung bis 4 Wochen nach Entlassung zu belassen.

    Darunter würde ich auf jeden Fall die notwendigen - fiktiven - Wohnkosten zählen.

    Hinsichtlich des Mehrbetrages für Berufstätige würde ich vielleicht darauf abstellen, ob er damit rechnen kann, sofort nach der Haftentlassung erwerbstätig zu sein (Beruf erlernt? Vor der Inhaftierung berufstätig?). Mögen die Parteien hierzu weiter vortragen ...

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Ehrlich gesagt bin ich da auch erstmal überfragt. Hinsichtlich des Betrages für die Zeit "Entlassung bis Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung" hätte ich den üblichen § 850d Betrag genommen, nur eben als einmal-Betrag (im Zweifel mit Berufstätigenbonus).

    Wo ich mir unsicher bin ist, ob man nach dem Wortlaut aber auch irgendwie den Zeitraum "Pfändung bis Entlassung" ("für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung") berücksichtigen müsste? :gruebel:
    Da wüsste ich nicht was, und wie man da was berücksichtigen müsste (vor allem da der Entlassungszeitraum oft ja gar nicht so sicher feststeht...)

  • Ich habe nach § 51 Abs. 5 StVollzG einen pfandfreien Betrag festzusetzen. Ob der Schuldner in der JVA einer Beschäftigung nachgeht weiß ich nicht. Es besteht eine Unterhaltspflicht. Der Schuldner kommt dieser Unterhaltspflicht natürlich nicht nach. Gepfändet wird das Überbrückungsgeld wegen Unterhaltsrückständen.

    Dann ist egal, ob er arbeiten geht.
    Absatz 5 nimmt inhaltlich auf Absatz 4 Bezug. Auszahlungsanspruch ist gepfändet. Das heißt: Bei Entlassung bekommt er nicht den ganzen Betrag, sondern nur das, was Coverna schrieb.



    Als pfandfreien Betrag würde ich nunmehr nur 391,00 EUR Regelsatz festsetzen. Es heißt aber "dem entlassenen Gefangenen". Muss ich dann jetzt schonmal fiktive Wohnkosten und/oder Mehrbedarf Berufstätig hinzusetzen? :gruebel:

    Der Schuldner beruft sich auf den vierfachen Regelsatz des Sozialgeldes für den Gefangenen und den doppelten Regelsatz für seine Unterhaltspflicht :gruebel:

    Jetzt eben schauen, wen er zu unterhalten hat, wenn er rauskommt.
    Ggf. bleibt "bloß", ihm den Erwerbstätigenbonus innerhalb des Überbrückungsgeldes zu kürzen.

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  • In dem Bundesland, in dem ich lebe, gibt es seit 1.6.13 ein eigenes StVollzG. Vorher gab es nur das StVollzG als Bundesgesetz. Da es in einigen Bundesländern schon länger eigene Strafvollzugsgesetze gibt, kann mir hoffentlich jemand helfen.

    In unserem neuen Strafvollzugsgesetze taucht kein Überbrückungsgeld mehr auf und ich habe jetzt schon 2 Anträge auf "Vollstreckungsschutz" nach § 850c ZPO für das Eigengeld.
    Vorher gab es ja einen nach § 51 Abs. 4 StVollzG unpfändbaren Teil des Eigengelds in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem nach § 51 I StVollzG zu bildenden und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld.
    Fällt dieser unpfändbaren Teil jetzt einfach weg, da sich nach BGH, Beschluss vom 16.7.2004 - IXa ZB 287/03, http://lexetius.com/2004,2001, die §§ 850 ff ZPO auf das Eigengeld nicht anwenden lassen?

    Wie kein Überbrückungsgeld oder ähnliches? Ist doch m.E. sonst überall in den Landesvorschriften drin

  • Eigengeld unterliegt nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 20.06.2013 -IX ZB 50/12- veröffentlich in juris und DGVZ 2014, 14 - 17) auch weiterhin nicht den Beschränkungen der §§ 850 ff ZPO, allenfalls die Anwendung des § 765a ZPO ist unter Umständen denkbar.

    Eigengeld (§ 52 StVollzG) und Überbrückungsgeld (§ 51 StVollzG) sind aber zwei Paar Schuhe.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Ist mir durchaus bekann, dass Eigengeld und Überbrückungsgeld zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Pfändungsschutz wurde aber nach obigen Vortrag fürs Eigengeld beantragt. M.E. gilt die von mir weiter oben zitierte BGH-Rechtsprechung. Zumal zumindest in Niedersachsen weiterhin Überbrückungsgeld zu bilden ist, vgl. § 47 NVollzG.
    Sollte es tatsächlich Bundesländer geben, wo kein Überbrückungsgeld zu bilden wäre und das StVollzG insoweit durch Landesrecht ersetzt worden sein, könnte man über § 765a ZPO nachdenken, um dem Schuldner ein Überbrückungsgeld zu sichern


  • Ist mir bekannt. Pfändungsschutz wurde aber wohl fürs Eigengeld beantragt. M.E. gilt die oben zitierte BGH-Rechtsprechung. Zumal zumindest in Niedersachsen weiterhin Überbrückungsgeld zu bilden ist, vgl. § 47 NVollzG

    Kann es sein dass du Beitrag #1 meinst, während sich der Rest jetzt über die Frage in Beitrag #2 bezieht?

  • Laut SV in #2 geht's aber gerade um das Überbrückungsgeld.

    MEIN Post bezog sich insoweit auf Nr. 1, nicht auf Nr. 2, darauf wird erst im Anschluss eingegangen
    Sollte das StVollzG durch Landesrecht ersetzt sein, sind die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, die unter Umständen ergänzende oder abweichende Vorschriften enthalten können, zu beachten, vgl. auch Stöber Forderungspfändung 16. Aufl. Rn. 132

    2 Mal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (12. November 2014 um 14:32) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ich habe nach § 51 Abs. 5 StVollzG einen pfandfreien Betrag festzusetzen. Ob der Schuldner in der JVA einer Beschäftigung nachgeht weiß ich nicht. Es besteht eine Unterhaltspflicht. Der Schuldner kommt dieser Unterhaltspflicht natürlich nicht nach. Gepfändet wird das Überbrückungsgeld wegen Unterhaltsrückständen.

    Als pfandfreien Betrag würde ich nunmehr nur 391,00 EUR Regelsatz festsetzen. Es heißt aber "dem entlassenen Gefangenen". Muss ich dann jetzt schonmal fiktive Wohnkosten und/oder Mehrbedarf Berufstätig hinzusetzen? :gruebel:

    Der Schuldner beruft sich auf den vierfachen Regelsatz des Sozialgeldes für den Gefangenen und den doppelten Regelsatz für seine Unterhaltspflicht :gruebel:

    Mehrbedarf wegen Berufstätigkeit würde ich weglassen, da -sollte ein Arbeitsverhältnis nach Haftentlassung bestehen- ausreichend geschützt ist, jedoch dürfte sich darüber streiten lassen, da -sollte sofort im Anschluss an die Haft ein Arbeitsverhältnis aufgenommen werden- auch berufsbedingte Aufwendungen entstehen und das Einkommen in aller Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt wird. Fiktive Wohnkosten würde ich nach den ortsüblichen Sätzen berücksichtigen, da er ja irgendwo wohnen muss

  • Mir hat das Ding noch keine Ruhe gelassen. Eine bis zu Ende durchdachte Lösung habe ich auch noch nicht, also denke ich jetzt mal laut:

    Gepfändet wird der Anspruch auf Auszahlung des (ansich unpfändbaren) Überbrückungsgeldes während der Dauer der Inhaftierung. Gedacht ist das Ü-Geld, um dem entlassenen Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten 4 Wochen nach der Haftentlassung seinen notwendigen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Die jeweilige Höhe wird von der Landesjustizverwaltung festgelegt und dürfte sich (habe ich jetzt aber nicht geprüft) auch nach der Anzahl der Unterhaltsverpflichtungen richten. Ausgezahlt wird das Ü-Geld erst bei Entlassung. Welche und wieviele Unterhaltsverpflichtungen der Gefangene/Schuldner im Zeitpunkt der Entlassung hat, steht im Zeitpunkt der Pfändung nicht unbedingt bereits fest (kann ja noch eine Vaterschaftsklage um die Ecke kommen) - kommt aber vielleicht auch darauf an, welche Zeitspanne zwischen Pfändung und voraussichtlicher Entlassung liegt.

    Im Schöner/Stöber habe ich in Rn. 139 gefunden: "Eine vorzeitige Fälligkeit des Überbrückungsgeldes begründet die Pfändung nicht." Danach würde Auszahlung an den Pfändungsgläubiger auch erst im Zeitpunkt der Entlassung erfolgen. Macht m. E. auch irgendwie Sinn, da das Ü-Geld ja bei einer vorzeitigen Auszahlung an den Pfändungsgläubiger wieder aufgefüllt werden müsste und dem Gefangenen/Schuldner damit auch wieder weniger Eigengeld zur Verfügung stünde und der Unterhaltsgläubiger bei erneutem Auffüllen des Ü-Geldes wieder pfänden könnte und man in eine schöne Spirale kommt. Das kann so nicht gewollt sein :gruebel: :cool:.

    Zur Höhe des als unpfändbar festzusetzenden Betrages sind im Schöner/Stöber in Rn 139 auch nur Andeutungen vorhanden.

    Kann man nicht argumentieren, dass die Auszahlung zum derzeitigen Zeitpunkt sowieso nicht erfolgen kann und für eine Festsetzung des unpfändbaren Betrages derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis besteht?
    Damit kommt man zwar um eine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt nicht drumherum, aber kurz vor der Entlassung hat man zumindest klarere Fakten.

    Man kann natürlich auch mal die Zahlstelle der JVA seines Vertrauens anrufen und die Leute da fragen, wie so etwas sonst gehandhabt wird. Meistens wissen die bei derartigen fragen ganz gut Bescheid, weil es dort naturgemäß häufiger vorkommt.

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  • Laut SV in #2 geht's aber gerade um das Überbrückungsgeld.

    MEIN Post bezog sich auf Nr. 1, nicht auf Nr. 2.
    Sollte das StVollzG durch Landesrecht ersetzt sein, sind die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften zu beachten.

    Du bist ca. 1 1/2 Jahre zu spät...

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  • Ist mir bekannt. Pfändungsschutz wurde aber wohl fürs Eigengeld beantragt. M.E. gilt die oben zitierte BGH-Rechtsprechung. Zumal zumindest in Niedersachsen weiterhin Überbrückungsgeld zu bilden ist, vgl. § 47 NVollzG

    Kann es sein dass du Beitrag #1 meinst, während sich der Rest jetzt über die Frage in Beitrag #2 bezieht?

    ja

  • Bela:

    Ich finde, Deine Herleitung kann man im Gesetz wiederfinden.
    Da steht doch, dass der Auszahlungsanspruch unpfändbar ist - Absatz 4. Also erst, wenn er das Geld auf die Hand bekommt, ist was für den Gläubigerzugriff vorhanden. Dann greift aber Absatz 5, was das Bargeld angeht.
    :daumenrau

    Ermitteln daher, wie hoch das Übergangsgeld ist, welche Unterhaltpflichten berücksichtigt sind, dazu die durchschnittlichen Wohnkosten und fertig ist die Suppe.

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  • Mit der Festsetzung des pfandfreien Betrages ist das bei Pfändung immer ein Problem, wenn man die BGH-Rechtsprechung zu § 850d ZPO heranzieht, da die Regelsätze regelmäßig mittlerweile zum Jahresbeginn angepasst werden. Dürfte öfter vorkommen, dass dann ggf. im Hinblick auf die Höhe auf Antrag nachzubessern sein wird. Regelmäßig setzt man ja bei den Pfändungen nach § 850d ZPO einen pfandfreien Sockelbetrag fest. Der wird in aller Regel doch auch nur auf Antrag des Schuldners angepasst.

    Einmal editiert, zuletzt von Der Vollstrecker (12. November 2014 um 14:57) aus folgendem Grund: Ergänzung

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