Vermächtnisnehmer wird Erbe?

  • Hallo,
    habe einen total komplizierten Fall:
    Erblasserin ist kinderlos und verwitwet verstorben und hinterlässt ein Einfamilienhaus. Sie verfügt in Ihrem TEstament, dass X Erbe sein soll und B als Vermächtnis lebenslanges Wohnrecht am Haus erhalten soll.
    B hat aber zu Lebzeiten schon das Nießrauchsrecht am Grundstück eingetragen im Grundbuch zu Lebzeiten.
    Jetzt bekomme ich die Ausschlagung des Erben X. Habe keine Verwandten erster und keine zweiter Ordnung, da alle vorverstorben. Weitere Verwandte nicht bekannt.
    Soll ich jetzt als Erben den Fiskus feststellen oder gibt es irgendwo eine Auslegungsregel die besagt, dass der Vermächtnisnehmer nun Vollerbe wirdß
    Vielleicht könnt ihr mir ja helfen...
    Gruß Hanna

  • Ich sehe keine Möglichkeit, den Vermächtnisnehmer im Wege der Auslegung als Erbe anzusehen. In einem hiesigen Fall ist die Sache daher im Ergebnis auf die Feststellung des Fiskuserbrechts hinausgelaufen. Allerdings hatte ich vorher auch noch die gesetzlichen Erbprätendenten der dritten Erbordnung ermittelt und diesbezüglich sämtliche Erbausschlagungen (für die gesamten Stämme) abgewartet. Das Hausgrundstück hatte allerdings auch einen Wert von mindestens 600.000 €.

  • Man weiß nicht, warum der Erbe die Erbschaft ausgeschlagen hat. Ich vermute aber mal, dass neben der mit dem Wohnrecht belasteten Immobilie wohl auch noch Kontenvermögen vorhanden war und man nur wegen des Wohnrechts noch nicht zu einem überschuldeten Nachlass kommt.

    Auch eine mit Nießbrauch belastete Immobilie ist ja nicht wertlos und so ist es meines Erachtens ohne die Durchführung weiterer Recherchen nach Erben noch nicht angezeigt, das Fiskuserbrecht festzustellen. Ich denke, hier muss mal ein Nachlasspfleger ran...der Erbe war wohl schlecht beraten, denn statt der Ausschlagung wäre hier wohl eine Nachlassverwaltung das Beste gewesen.

    Letztlich läuft es auch hier wieder darauf hinaus, dass es einige Kollegen geben wird, die ohne weitere Ermittlungen sofort "Fiskus feststellen" und einige Kollegen, die das nicht tun. Ist eine Glaubensentscheidung und wozu ich tendiere ist sicher klar :)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Man könnte schon im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung dazu kommen, dass der Vermächtisnehmer Erbe sein sollte, bevor der Fiskus erbt. Das erfordert dann aber schon etwas Ermittlungsarbeit. Das Testament hat eine Lücke, weil die Erblasserin nicht bedacht hat, dass X ausschlägt. (Bitte ermitteln, ob das so ist). Jetzt ist das Testament der Erblasserin zu Ende zu denken. Was hätte sie geregelt, wenn Sie das bedacht hätte? Hierfür wäre es schön, wenn sich Briefe, Zeugenaussagen oder sonst etwas finden lassen, mit dem man arbeiten kann.

  • Darf ich darauf hinweisen, dass ein kleiner Unterschied ist, ob ich etwas lebenslang nutzen darf oder es mein Eigentum ist. Deshalb gesetzliche Erbfolge und wenn man niemand findet, Staatserbrecht.

  • Das Stichwort lautet ergänzende Testamentsauslegung. Dazu gibt es Bücher, Vorträge und Vortragsskripte.


    Wobei neben der ergänzenden Testamentsauslegung auch die "wohlwollende" Testamentsauslegung existiert.;)

    Aber wie Cromwell : Etwas weit hergeholt die Alleinerbenstellung ohne weitere Anknüpfungspunkte .

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