Vollmacht und Erbausschlagung

  • Hallo!

    Ich habe eine Erbausschlagung vorliegen.

    Frau A schlägt am 26.08. die ihr angefallene Erbschaft nach ihrem am 05.08. verstorbenen Onkel aus, nachdem ihr die Erbschaft durch Ausschlagung ihres Vaters vom selben Tage angefallen ist.
    Das Erbe fällt daraufhin den Kindern K1, K2, K3 und K4 an. Frau A ist beim Notar erschienen, handelnd für sich und auf Grund mündlicher Vollmacht auch für ihren Mann B als gesetzliche Vertreter der genannten Kinder.

    Frau A schlägt also auch für die 4 Kinder die Erbschaft aus.

    Mit notarieller Urkunde vom 06.09. genehmigt Herr B die von seiner Frau als Vertreterin in der Urkunde gemachten Erklärungen sowie den gesamten Inhalt der Urkunde, erklärt, dass diese Genehmigung allen Beteiligten übersandt werden soll und erteilt auch die Befreiung gem. BGB § 181.

    :haewiejet

    Also, ich bin ja schon soweit, dass ich herausgefunden habe, dass Ausschlagung mit Vollmacht möglich ist (auch wenn ich das in der Ausbildung und drei Jahren Praxis noch NIE gesehen habe !!), BGB § 1945 III.

    Meine Fragen:
    - Kann B die Erklärungen nachträglich genehmigen?
    - Hätte die Vollmacht vorher schon in notarieller Form vorliegen müssen?
    - Müssen die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht beide in der Form des BGB § 1945 ausschlagen, also beide beim Notar persönlich vorsprechen? So verstehe ich zumindest die mir vorliegenden Kommentare ...
    :bahnhof:

    Daher meine Bitte:

    :hastntipp

  • Es gibt unterschiedliche Auffassungen dazu, ob eine Vollmacht bereits beim Zugang der Ausschlagungserklärung wegen § 180 Satz 1 BGB formgerecht erteilt sein muss oder ob es bei einer noch nicht erteilten Vollmacht ausreicht, dass sie innerhalb der Ausschlagungsfrist formgerecht nachgebracht wird. § 180 Satz 1 BGB gilt nach letzterer Meinung nicht, weil durch § 1945 Absatz 3 Satz 2 BGB für ausreichende Rechtssicherheit gesorgt sein soll. Beide Ansichten haben bekannte Kommentare auf ihrer Seite.

    Zitat

    Müssen die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht beide in der Form des BGB § 1945 ausschlagen, also beide beim Notar persönlich vorsprechen?

    Warum? Wenn jemand eine Vollmacht erteilt, muss er nicht selbst ausdrücklich ausschlagen. Und die notariell beglaubigte Form ist auf jeden Fall einzuhalten. Und offenbar waren doch beide Elternteile beim Notar.

  • Moin.

    Also ihr habt immer Fälle... ich mache das ja nun auch schon ein paar Jahre aber so merkwürdige Konstellationen hatte ich noch nicht...

    Folgendes aus dem Bauch (und mit Hilfe meines guten alten MüKo BGB) ohne Garantie auf Richtigkeit und ohne, dass es eine Rechtsberatung im Sinne des RBerG darstellen soll :

    Wie du richtig erkannt hast, ist eine Bevollmächtigung nach § 1945 III BGB zulässig. Die notwendige beglaubigte Form wurde nach deinem Sachvortrag hinsichtlich beider Erklärungen (Mutter und Vollmacht des Vaters) von der (höherwertigen) Form der Urkunde ersetzt, § 129 II BGB.

    Da der Erbanfall an die Kinder erst durch die Ausschlagung der Kindesmutter erfolgt ist, begann erst am Tage des Eingangs der Ausschlagungserklärung der Kindesmutter die sechswöchige Ausschlagungsfrist für die Kinder zu laufen.

    Die Ausschlagung für die Kinder hat durch beide Elternteile als gemeinsame Inhaber der elterlichen Sorge form- und fristgerecht zu erfolgen.

    Die Ausschlagung der Mutter für die Kinder liegt zugleich mit ihrer eigenen Ausschlagung form- und fristgerecht vor; bleibt die Frage der Zulässigkeit der Form der nachträglichen Bevollmächtigung durch den Vater. Die Vollmacht ist in beurkundeter Form und somit formgerecht erfolgt, § 129 II BGB.


    Müko-BGB (2. Auflage - grrr....) sagt in Rdn. 11 zu § 1945 BGB : "Auch § 180 S. 1 [BGB] gilt nicht, da durch § 1945 Abs. 3 S. 2 [BGB] hinreichend für Rechtssicherheit gesorgt ist : Wenn bei Abgabe der Ausschlagungserklärung noch keine Vollmacht erteilt war, genügt es, dass innerhalb der Ausschlagungsfrist die Vollmachtsurkunde nachgebracht wird."

    [zitiert wird : a.A.: Staudinger-Otte-Marotzke Rdnr. 9 !]

    Da § 1945 III S. 2 BGB die Nachreichung der Vollmacht innerhalb der Ausschlagungsfrist ausdrücklich ermöglich und der Kommentar ausdrücklich erwähnt, dass die Vollmacht bei Abgabe der Willenserklärung noch nicht erteilt gewesen sein muss, sehe ich keinen Hinderungsgrund an der Wirksamkeit der nachträglichen Bevollmächtigung.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • :2danke für Eure Antworten!
    Werde die Ausschlagungen jetzt abrechnen und ad acta legen!

    @ the bishop:
    Ja, lustich, nich, was es alles geben tut .... Ich mache Nachlass auch schon drei Jahre ohne jemals über dieses Problem gestolpert zu sein (auch in der Ausbildung wurde nicht darüber gesprochen). Aber wie heißt es so schön: Man wird alt wie 'ne Kuh, man lernt immer dazu! :klugschei

  • Zitat

    Ich mache Nachlass auch schon drei Jahre ohne jemals über dieses Problem gestolpert zu sein (auch in der Ausbildung wurde nicht darüber gesprochen).

    Das ist ja auch ein überaus seltener Fall und die Verfahrensweise der Eltern ist für mich nicht verständlich bis unsinnig. Es werden weder Kosten oder Wege gespart, noch ist sonst ein Vorteil erkennbar.

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