Mal wieder P-Konto und Insolvenz

  • Der Schuldner kann ohne Freigabe des Differenzbetrages bzw. § 850i ZPO Beschluss seine Rechnungen nicht bezahlen und damit der freigegebenen selbständigen Tätigkeit nicht nachkommen. Z.B. braucht er hier unbedingt die Berufshaftpflichtvers. und Benzingeld.

    Der soviel gepriesene fresh start bedeutet für mich aber nicht, dass man die Insolvenzverbindlichkeiten hinter sich läßt, die Forderungen, die zweifelsfrei aber Masse sind (und ihrerseits Masseverbindlichkeiten auslösen, sei es § 55 IV InsO, seien es Umsatzsteuerverbindlichkeiten und Einkommensteuer,...) zur Finanzierung zur Verfügung gestellt bekommt.

    Der Grundgedanke der Freigabe der selbständigen Tätigkeit ist doch aber, wenn wir mal positiv denken, dass der Schuldner fiktive pfändbare Beträge abführt und die Insolvenzmasse nicht mit Masseverbindlichkeiten belastet wird.
    So war es doch auch vom Verwalter gedacht. Jetzt haben wir Masseverbindlichkeiten und erstmal keinen pfändbaren Betrag, evtl. noch die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit, weil der Schuldner die Welt nicht mehr versteht.

    Rechtlich gesehen gebe ich dir voll und ganz Recht. Richtig ist es für mich aber trotzdem nicht. Die selbständige Tätigkeit freigeben und dann den Schuldner ausbluten lassen, kann nicht richtig sein.

  • Auf Nachfrage meinerseits erklärt er mir, dass die Zahlungseingänge aus der selbständigen Tätigkeit zwar nach EÖ am 01.12.2015 auf dem P-Konto eingegangen sind, die Rechnungen aus Lieferungen und Leistungen jedoch vom 16.11 und 19.11 stammen und damit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind.

    Die selbständige Tätigkeit freigeben und dann den Schuldner ausbluten lassen, kann nicht richtig sein.

    Im Ergebnis hat der Schuldner nach Freigabe noch nichts erwirtschaftet. Da kann man nicht von ausbluten reden. Die Masse ist doch nicht die Caritas.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wie wäre es denn beim Schuldner mit "normalen" Girokonto gelaufen?
    Da hätte der IV doch keinen Zugriff auf die Gelder gehabt, oder?


    Mal das Problem des § 116 InsO außen vor, könnte man unter großzügiger Auslegung der Entscheidung IX ZR 75/11 schon davon ausgehen, dass der Schuldner auf das Alt-Girokonto Zugriff haben könnte. Das bedeutet aber nicht zwangläufig, dass er auf die Altforderungen zugreifen kann. Möglich, dass die Bank die dem IV überweist, siehe IX ZR 164/14. Oder aber der IV holt sich das Geld von den Drittschuldnern noch einmal, weil sie nicht schuldbefreiend bezahlt haben.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Auf Nachfrage meinerseits erklärt er mir, dass die Zahlungseingänge aus der selbständigen Tätigkeit zwar nach EÖ am 01.12.2015 auf dem P-Konto eingegangen sind, die Rechnungen aus Lieferungen und Leistungen jedoch vom 16.11 und 19.11 stammen und damit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind.

    Die selbständige Tätigkeit freigeben und dann den Schuldner ausbluten lassen, kann nicht richtig sein.

    Im Ergebnis hat der Schuldner nach Freigabe noch nichts erwirtschaftet. Da kann man nicht von ausbluten reden. Die Masse ist doch nicht die Caritas.

    Der IV kann doch auf den Einzug der Altforderungen gar nicht verzichten. Wie soll er denn den Gläubigern gegenüber begründen, daß er diese dem Schuldner zur Finanzierung seiner neuen Tätigkeit überlassen hat?

  • Wie wäre es denn beim Schuldner mit "normalen" Girokonto gelaufen?
    Da hätte der IV doch keinen Zugriff auf die Gelder gehabt, oder?


    Mal das Problem des § 116 InsO außen vor, könnte man unter großzügiger Auslegung der Entscheidung IX ZR 75/11 schon davon ausgehen, dass der Schuldner auf das Alt-Girokonto Zugriff haben könnte. Das bedeutet aber nicht zwangläufig, dass er auf die Altforderungen zugreifen kann. Möglich, dass die Bank die dem IV überweist, siehe IX ZR 164/14. Oder aber der IV holt sich das Geld von den Drittschuldnern noch einmal, weil sie nicht schuldbefreiend bezahlt haben.

    Woher zauberst du nur die ganzen Entscheidungen und wann bearbeitest du deine Akten??
    Vielen Dank an dieser Stelle für deine hilfreichen Beiträge. :daumenrau

    Das Gesetz gibt dir eindeutig Recht, das weiß ich. Ich denke nur rein praktisch ist dies Konstellation s..... sonderbar.
    Ich werde die Sache dann über § 850i ZPO lösen.

  • Woher zauberst du nur die ganzen Entscheidungen und wann bearbeitest du deine Akten??
    Vielen Dank an dieser Stelle für deine hilfreichen Beiträge. :daumenrau

    Dies sind häufig die Probleme in meinen Akten. :heul: . Ich schreibe quasi nur ab :flucht:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wann hat derSchuldner dem IN von dem Weiterwirtschaften berichtet und die Freigabe "beantragt"?

    Das weiß ich leider nicht. Ich habe nur das Freigabeschreiben des IV`s mit Empfangsbestätigung des Schuldner`s in der Akte.
    Wieso?

    Weil es für das Einziehen durch den IV vom P Konto - das als Geschäftskonto genutzt wird - um die Frage geht, ob Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit freigegeben waren, als die Gutschrift erfolgte. Die dort gutgeschriebenen Beträge sind mit der Freigabe der Tätigkeit freigegeben.

    Wenn die Schuldner (des Schuldners) den EÖBeschluss nicht beachtet haben, ist das übliches Peck. Das sollte man dadurch lösenkönnen, dass der Schuldner die Beträge sukzessive freiwillig rausrückt.

    Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit nach der Freigabe stehen dem Schuldner auch zu, wenn die Einnahmen aus L und L aus der Zeit vor Insolvenzeeröffnung hervorgegangen sind.

    Ich hatte Dir dazu eine PN geschickt.

  • Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit nach der Freigabe stehen dem Schuldner auch zu, wenn die Einnahmen aus L und L aus der Zeit vor Insolvenzeeröffnung hervorgegangen sind.

    Könntest Du dies bitte vertiefend erläutern ? Schaue ich mir die Entscheidung IX ZR 165/12 an, so kann ich, eine Rückwirkung von Hause aus, nicht erkennen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Meinst Du die Ausführungen des BGH ab Rdz 9??

    Ab Freigabeerklärung stehen die Gutschriften auf dem P-Konto mE auch nach den Ausführungen des BGH in dieser Entscheidung dem Schuldner zu.

    Ich halte das für Ansprüche des selbständig tätigen Schuldner gegen die Bank aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Und diese Forderung des Schuldners ist doch nach der Freigabe entstanden.


    Verstehts Du den Sachverhalt und den BGH anders?


    Die Beträge oberhalb des Freibetrages stehen mit Freigabeerklärung dem Schuldner auch dann zu, wen ihnen L undL aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung zugrunde liegen und der Schuldner des Schuldners diesen Anspruch aus der noch nicht freigegebenen Tätigkeit tilgen will - aber wegen 80/81 nicht mehr befreiend an den Schuldner leisten konnte.

    Die Freigabeerklärung wird doch meist so verstanden, dass sie alles umfasst und nicht weiter differenziert wird.

    Aber schöner wäre es gewesen, ich hätte

    "Diese Zahlungsansprüche (Einnahmen) aus Gutschriften nach der Freigabe..."

    geschrieben.

  • ich denke, es sind 2 Dinge auseinanderzuhalten:

    die Freigabe der Selbständigkeit und die Freigabe von Konten.
    Z.T. wird die Auffassung vertreten, von der Freigabe der Selbständigkeit sei automatisch das Schuldnerkonto mitumfasst. Das halte ich für nicht schlüssig, da denkbar ist, dass der Schuldner mehrere selbständige Tätigkeiten ausübt, jedoch zunächst nur eine dieser Tätigkeiten freigegeben wird.

    Die zitierte BGH-Entscheidung ist letztlich ein möglicher Verwaltterregress (vorschnelle Freigabe !). In dem zugrundeliegenden Fall hätte der Verwalter eine Abgrenzung vornehmen müssen, um ihm Rahmen der Werthaltigkeitsmachungs-Entscheidung des BGH zumindest für einen gewissen Zeitraum Masse zu generieren.

    Witzig ist, dass der BGH eine rückwärtige Freigabe offenbar gutheißt..... seltsam, seltsam.......

    Was aber nicht angeht: ich geb mal frei und beanspruche den über den Sockelbetrag hinausschießenden Betrag zur Masse. Dies ist m.E. ein venirie contra factum proprium ! Da würd ich doch als Massegläubiger so richtig böse werden :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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