Erteilung RSB 12 Jahre ab Eröffnung, BGH Beschluss vom 18.07.13 (IX ZB 11/13)

  • Liebe Insolaner,

    ich wurde heute auf die obige BGH- Entscheidung hingewiesen. Leider haben wir hier noch eine handvoll Verfahren mit Eröffnung vor dem 01.12.2001, die noch in der WVP sind.
    Ich wollte fragen, wie Ihr jetzt in diesen Verfahren vorgehen werdet? Akten rausziehen und Abschlussbericht anfordern und anhören nach § 300 InsO?
    Was mich an der Entscheidung noch etwas stutzig macht, ist die Tatsache, dass das Verfahren an das Landgericht Regensburg zur Entscheidung zurückverwiesen wurde. Kann das LG Regensburg jetzt noch anders entscheiden als der BGH, was zur Folge hat, dass die BGH- Entscheidung dann doch nicht zu beachten ist? :gruebel:

  • Was mich an der Entscheidung noch etwas stutzig macht, ist die Tatsache, dass das Verfahren an das Landgericht Regensburg zur Entscheidung zurückverwiesen wurde.

    Das ergibt sich aus den Ausführungen unter II.1. (in für grundsätzlich befundenen Sachen muss das LG in Kammerbesetzung entscheiden, was hier nicht der Fall war).

    Hier gibt es noch zwei Verfahren: einmal sind die zwölf Jahre schon um, das wird dann jetzt alsbald der Beendigung zugeführt; einmal dauert es noch bis Herbst.

  • Dürfte doch genauso laufen wie mit den Verfahren, die noch nicht abgeschlossen sind, wo zwingend nach sechs Jahren die RSB zu erteilen ist.



    Die meisten der Altverfahren dürften sich ja bereits in der WVP befinden (was nicht heißt, dass auch noch welche rumdümpeln, bei denen die WVP noch nicht begonnen hat), sprich Anhörung, Erteilung (Versagung), Weglegen...

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Was mich an der Entscheidung noch etwas stutzig macht, ist die Tatsache, dass das Verfahren an das Landgericht Regensburg zur Entscheidung zurückverwiesen wurde.

    Das ergibt sich aus den Ausführungen unter II.1. (in für grundsätzlich befundenen Sachen muss das LG in Kammerbesetzung entscheiden, was hier nicht der Fall war).

    Hier gibt es noch zwei Verfahren: einmal sind die zwölf Jahre schon um, das wird dann jetzt alsbald der Beendigung zugeführt; einmal dauert es noch bis Herbst.



    Das mit der falschen Besetzung habe ich schon verstanden. Mir ist es wichtig, dass unterm Strich jetzt keine gegenteilige Entscheidung mehr rauskommen kann :gruebel:?

  • Was mich an der Entscheidung noch etwas stutzig macht, ist die Tatsache, dass das Verfahren an das Landgericht Regensburg zur Entscheidung zurückverwiesen wurde.

    Das ergibt sich aus den Ausführungen unter II.1. (in für grundsätzlich befundenen Sachen muss das LG in Kammerbesetzung entscheiden, was hier nicht der Fall war).

    Hier gibt es noch zwei Verfahren: einmal sind die zwölf Jahre schon um, das wird dann jetzt alsbald der Beendigung zugeführt; einmal dauert es noch bis Herbst.



    Das mit der falschen Besetzung habe ich schon verstanden. Mir ist es wichtig, dass unterm Strich jetzt keine gegenteilige Entscheidung mehr rauskommen kann :gruebel:?



    Es könnte schon eine andere Entscheidung rauskommen, die dann aber flugs zum BGH wandern würde und aufgehoben werden würde.. (vermute ich mal)

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Wir verfahren hier auch so wie bei Verfahren, die nach 6 Jahren RSB erhalten müssen. Wo Verfahren schon in der WVP sind, Deckel drauf und fertig. Es kam nur die Frage auf, was mit den eingezogenen pfändbaren Beträgen ist. Bleibt das alles Masse oder muss hier irgendwas zurück an den Schuldner. Da sagt der BGH natürlich nix zu. Wir behalten jetzt erst mal alles. Soll sich der Schuldner ggf. beschweren.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Es kam nur die Frage auf, was mit den eingezogenen pfändbaren Beträgen ist. Bleibt das alles Masse oder muss hier irgendwas zurück an den Schuldner.

    Für das hiesige Verfahren, in dem die zwölf Jahre schon abgelaufen sind, waren der Treuhänder und ich uns einig, dass die seit Ablauf vereinnahmten Beträge zurückgezahlt werden. Bei RSB im eröffneten Verfahren nach sechs Jahren würde ja auch nichts über die sechs Jahre hinaus eingezogen.

  • Es kam nur die Frage auf, was mit den eingezogenen pfändbaren Beträgen ist. Bleibt das alles Masse oder muss hier irgendwas zurück an den Schuldner.

    Für das hiesige Verfahren, in dem die zwölf Jahre schon abgelaufen sind, waren der Treuhänder und ich uns einig, dass die seit Ablauf vereinnahmten Beträge zurückgezahlt werden. Bei RSB im eröffneten Verfahren nach sechs Jahren würde ja auch nichts über die sechs Jahre hinaus eingezogen.


    Aber nur weil es dazu eben eine BGH-Entscheidung gibt.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ihr nehmt das alle alles einfach so hin ...


    Ich muss sagen, ich finde die Entscheidung furchtbar. Auch der BGH ist doch eigentlich an das geltende Recht gebunden und eine Änderung von Gesetzen kann nur der Bundestag beschließen. In dem Beschluss wird schön ausgeführt, dass die gesetztliche Regelung eindeutig ist und Altverfahren weiter nach bisherigen Recht abgewickelt werden. Und dann - einfach so, machen wir es halt anders nur weil wir der BGH sind.

    So eine schlechte Entscheidung habe ich noch nie gelesen (eigentl. ähnlich mit der zur Erteilung nach 6 Jahren im eröffneten Verfahren wofür es auch keine gesetzl. Grundlage gibt.)

    Am BGH anhängig ist ein Beschwerdeverfahren wo der Schuldner Einstellung nach § 213 wg. Wegfall des EÖ-Grundes beantragt hat. Dies war zurückgewiesen , der Schuldner beschwert sich. Aber nach Erteilung sind die Forderungen nicht mehr durchsetzbar, der EÖ-Grund ist wirklich weg. Wie der BGH aus diesem Dilemma herauskommt kann man gespannt sein.

    Ich denke in diesen Entscheidungen übergeht man immer § 1 I 1 InsO.

  • Ihr nehmt das alle alles einfach so hin ...


    Ich muss sagen, ich finde die Entscheidung furchtbar. Auch der BGH ist doch eigentlich an das geltende Recht gebunden und eine Änderung von Gesetzen kann nur der Bundestag beschließen.

    Der BGH hat doch auch eine 3-Jahres-Frist erfunden, die es im Gesetz nicht gab. Und schwupss, ab 01.07.2014 ist diese Frist Gesetz! Umgekehrt wird offenbar ein Schuh draus: Der BGH entscheidet und erfindet und dann kommt´s ins Gesetz. ;)

  • Ich nehme das so hin, weil ich die Entscheidung befürworte. 12 Jahre sind eine lange Zeit und es ist wohl tatsächlich anzunehmen, dass der Gesetzgeber sich das seinerzeit nicht vorstellen konnte.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • was ich an der ganzen Sache nur völlig ungerecht finde - es gibt auch Inso-Verfahren ohne Restschuldbefreiungsantrag und da fällt der Neuerwerb auch so lange in die Masse wie das Verfahren dauert und wird nicht irgendwann wieder dem Schuldner überlassen

  • Ich finde es einfach etwas unglücklich, wenn ich die Ankündigung veröffentlicht habe, aus der hervorgeht, dass die WVP noch ein paar Jährchen dauern wird.
    Die Gläubiger müssen auch erst mal auf den Trichter kommen, früher ins Internet zu schauen. Obwohl ich mir in diesen Verfahren ausnahmsweise echt überlege, die Anhörung zuzustellen.

  • bin grad durch Euch auf die Entscheidung aufmerksam geworden. Mir ist noch eine Diskussion erinnerlich, in der ich behauptet habe, dass die Übergangsregelung zum 2001'er Änderungsgesetz im Hinblick auf den Beginn der WVP verfassungsrechtlich bedenklich ist und diese Regelung in der Gerichtspraxis kaum vermittelbar sei. An der Diskussion nahm auch BMJ teil :D . Die haben sich da nicht wirklich drangetraut damals !.
    Was der BGH hier macht, mag zwar dem Gedanken der materialen Gerechtigkeit entsprechen, ist aber mit dem Gesetz schlechterdings unvereinbar. Im Gegensatz zum BVerfG haben BGH-Entscheidungen jedoch keine Gesetzeskraft, da § 31 BVerGG eben nicht auf den BGH anzuwenden ist. Der BGH hat sich auch nicht zum Ersatzgesetzgeber aufzuspielen, wenn eine glasklare und eindeutige gesetzgeberische Entscheidung gefallen ist ! Dass der Gesetzgeber "Scheiße-zu-bauen-pflegt" ist so, und wenn er dies sehenden Auges tut, gibt es da nix mehr dran zu deuteln !

    Oki, ich weiß, Rechtspositivismus ist nicht "in", aber die Beachtung einer strikt rechtspositivistischen Sicht hätte vieles in diesem Lande verhindert.......... (ja, den Aufsatz von G. Radbruch - den ich für einen der größten Juristen des 19. Jdh. halte - in der SJZ 1956 treibt mir heute noch fast die Tränen in die Augen;)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Gemäß BGH-Beschluss vom 18.07.2013, Az.: IX ZB 11/13 ist in vor dem 01.12.2001 eröffneten Insolvenzverfahren zwöf Jahre nach Insolvenzeröffnung über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten ist fortan 12 Jahre nach Insolvenzeröffnung gemäß § 300 InsO nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters/Treuhänders und des Schuldners die Restschuldbefreiung zu erteilen.

    Wir werden unsere Altverfahren jetzt zum Abschluss bringen und Termine zur Anhörung über die Erteilung der Restschuldbefreiung bestimmen.

    So, nun meine Frage:
    Was mache ich jetzt mit den abgeführten pfändbaren Beträgen, die nach dem Zeitraum von 12 Jahren ab Eröffnung gezahlt worden sind (evtl. schon an die Gläubiger verteilt im Rahmen der Jahresverteilung).
    Bis wann muss mein Schuldner nun die pfändbaren Beträge abführen?

    :gruebel:

  • Ganz schön mutig, vor einer erneuten Entscheidung des LG - diesmal als Kammer - damit schon anzufangen. Die Kammer könnte sich an den Grundsatz der Gewaltenteilung erinnern :D
    Aber unabhängig welchen Standtpunkt mensch zu der Einscheidung hat, wichtig ist, einen Standpunkt zu vertreten.
    Zur Frage:
    ich denke, es gilt zu differenzieren nach noch eröffneten Verfahren und solchen, die sich in der WVP befinden.
    In den noch eröffneten Verfahren wären die Grundsätze des BGH betreffend der asymetrischen Verfahren (6 Jahre nach neuem Recht um) anwendbar. D.b., für den Fall der rechtskräftigen Erteilung der RSB im laufenden Verfahren stünde das laufende Arbeitseinkommen dem Schuldner zu. Ergo müsste der Verwalter die nach dem 12. Jahr aus lfd. Arbeitseinkommen eingenommenen Beträge "bunkern". Sollte er bereits im Rahmen einer Vorabausschüttung Masse ausgefolgt haben, ist dieses Geld "weg" oder besser: da wo es hingehört. Bereicherungsrechtliche Ansprüche sehe ich nicht (kann auf Anforderung näher ausgeführt und begründet werden).

    Spannend wird die Sache in den Verfahren, die bereits aufgehoben sind. Hier kann ich wirklich nur aus der Hüfte schießen. Gedanke: wird vor Ablauf der 7 (5) Jahren rechtskräftig über die WVP entschieden, ist die Laufzeit der Abtretung beendet. Ergo dürfte alles, was bis zur rechtskräftigen Entscheidung der WVP aufgrund der Zession oder im Rahmen der Erfüllung schuldnerischer Obliegenheiten vom Treuhänder eingenommen worden ist, der nachverfahrendlichen Haftungsverwirklichung zugunsten der Gläubigergemeinschaft unterliegen. Mit Entscheidung über die RSB (ob Erteilung oder Versagung) endet die Laufzeit der Abtretung.
    Solltet ihr wirklich jetzt schon BGH umsetzen, könnte sich die Anhörung zur RSB per Einzelzustellung an die Gläubiger (azP) empfehlen.

    Die InsO und unser Beruf bleibt spannend :D

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