Neben Ergänzungsbetreuer noch Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich?

  • Hallo,
    wir haben uns hier gefragt, ob es denkbare Fälle gibt, in denen neben der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers (wegen Verhinderung des eigentlichen Betreuuers) noch zusätzlich ein Verfahrenspfleger zur Wahrung der Rechte des Betreuten bestellt werden muss? Wäre da eine Konstellation denkbar?
    Vielen Dank für ein paar Impressionen...

  • M.E.: In jeder Konstellation ist ein Ergänzungspfleger im Genehmigungsverfahren erforderlich.
    Der Ergänzungsbetreuer (Verhinderungsbetreuer) muss bestellt werden, da der Hauptbetreuer nicht zur Vertretung befugt ist (z.B. wegen Vertretungsausschluss § 1795 BGB). Das heißt ja letzten Endes nur, dass jemand anders als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen die Handlung vornehmen muss.
    Dieses Handeln muss ggf. gerichtlich genehmigt werden - und im Genehmigungsverfahren müssen die Interessen des Betroffenen gewahrt werden.
    Kann dieser nicht selbst angehört werden, ist somit ein Verfahrenspfleger zu bestellen.

    Daran ändert auch die Bestellung eines Verhinderungsbetreuers (Ergänzungsbetreuer) nichts.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • :daumenrau

    Genau so ist das das eine ist der Aussschluß der Vertretungsmacht und damit die Betreuerfrage --> BGB

    Das andere ist eine Verfahrensrechtliche Sache im Genehmigungsverfahren --> FamFG

  • Hallo,
    ergänzende Frage:
    Für was für eine Tätigkeit bestelle ich denn den Verfahrenspfleger?

    Der konkrete Fall sieht folgendermaßen aus:
    Großmutter wird von Enkel betreut. Beide sind in einer Erbengemeinschaft neben anderen. Ein Haus als alleiniger Bestandteil der Erbmasse soll jetzt verkauft werden.
    Eine Verhinderungs(Ergänzungs-) betreuer ist bereits bestellt für den Enkel. Jetzt wollte ich den Verfahrenspfleger bestellen. Ich hätte den jetzt für die Genehmigung hinsichtlich des Hausverkaufs bzw. der Erbteilung bestellt. Hier hat die Betreute ja ein Beschwerderecht, welches Ihr beschnitten würde. Nach meiner eigenen Überzeugung (Anhörung), versteht Sie den Sinn und Zweck des Verkaufs nicht. Ihr Gedächtnis ist allenfalls nur noch "flüchtig" vorhanden. Die Tragweite der Entscheidung wird nicht überblickt.
    Seht Ihr das auch so? Vielen Dank für eine nette Antwort... :gruebel:

  • Der Verfahrenspfleger wird in Deinem Fall für die Wahrung der Verfahrensrechte sowie das Ergründen des Willen der Betroffenen bestellt.
    Er schaut also, ob das Verfahren richtig läuft und überlegt, ob die Oma den Vertrag des Ergänzungsbetreuers genehmigen würde.


    Und jetzt komme ich noch zu meinen evergreens: BGH in XII ZR 77/06 sowie BGH in XII ZB 474/11. Immer wieder gut.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich hätte da auch noch eine Frage zu.

    Bei uns werden eigentlich immer Rechtsanwälte als Ergänzungsbetreuer bestellt. Kann in diesem Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterbleiben wg. § 276 Abs. 4 FamFG?

    Diese Frage stellt sich nicht so Allgemein. Das hängt davon ab, ob Du dem Betroffenen seine Verfahrensrechte geben kannst bzw. dieser sie wahrnehme kann. Auch Alternativen zur Entscheidung spielen sicherlich eine Rolle.

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Ich hätte da auch noch eine Frage zu. Bei uns werden eigentlich immer Rechtsanwälte als Ergänzungsbetreuer bestellt. Kann in diesem Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterbleiben wg. § 276 Abs. 4 FamFG?


    M. E. nein, da der Ergänzungsbetreuer wegen der Verhinderung des Hauptbetreuers den Genehmigungsantrag stellt und das Rechtsgeschäft abschließt.

    Dieser kann damit nicht sein Handeln im Sinne des Betroffenen im Verfahren und hinsichtlich des Rechtsgeschäfts überprüfen, auch nicht als RA. Sonst bräuchte auch keinen Verfahrenspfleger, wenn nur ein Betreuer bestellt ist.

    Vom Verfahrenspfleger kann nach der zitierten Vorschrift nur abgesehen werden, wenn der Betroffene selbst einen RA mit seiner Vertretung beauftragt hat.

  • Rechtsanwalt hin oder her... Ich habe jetzt einen berufsmäßigen Verfahrenspfleger bestellt. Der ist ebenfalls wie der durch den Richter bestellte Ergänzungs-(Verhinderungs)betreuer Rechtsanwalt.
    Wie vom Vorschreiber schon richtig bemerkt: an der Qualifikation kann es nicht liegen. Man muss hier ziemlich klar die Verfahrensteile auseinanderhalten. Der eine ersetzt den eigentlichen Betreuer und gibt in seinem Namen die benötigten Erklärungen ab. Wie in jedem anderen Genehmigungsfall stellt sich für mich als Betreuungsgericht sodann die Frage, muss ich anhören ja oder nein. Gehe ich nun hin und stelle fest, dass die Betreute gegenüber dem Gericht ihren Willen nicht mehr kundtun oder ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht mehr verwirklichen kann, so benötige eine weitere Person. Nämlich den Verfahrenspfleger. Nach meinem Dafürhalten und nach meiner Interpretation der Textstelle aus dem Beschluss des BGH: ... Anders als der Betreuer in den jeweiligen Aufgabenkreisen gem. § 1902 BGB ist er (der Verfahrenspfleger) jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Betreuten. Gesetzlicher Vertreter ist immer nur der Betreuer. Dieses spricht dafür, dass es sich um zwei verschiedene Personen handeln muss.
    Ob beide dabei Anwälte sind oder nicht, spielt wohl keine Rolle.

  • Hallo,
    ergänzende Frage:
    Für was für eine Tätigkeit bestelle ich denn den Verfahrenspfleger?

    Der konkrete Fall sieht folgendermaßen aus:
    Großmutter wird von Enkel betreut. Beide sind in einer Erbengemeinschaft neben anderen. Ein Haus als alleiniger Bestandteil der Erbmasse soll jetzt verkauft werden.
    Eine Verhinderungs(Ergänzungs-) betreuer ist bereits bestellt für den Enkel. Jetzt wollte ich den Verfahrenspfleger bestellen. Ich hätte den jetzt für die Genehmigung hinsichtlich des Hausverkaufs bzw. der Erbteilung bestellt. Hier hat die Betreute ja ein Beschwerderecht, welches Ihr beschnitten würde. Nach meiner eigenen Überzeugung (Anhörung), versteht Sie den Sinn und Zweck des Verkaufs nicht. Ihr Gedächtnis ist allenfalls nur noch "flüchtig" vorhanden. Die Tragweite der Entscheidung wird nicht überblickt.
    Seht Ihr das auch so? Vielen Dank für eine nette Antwort... :gruebel:

    Ich sehe für den Grundstücksverkauf keine Notwendigkeit einer Ergänzungsbetreuerbestellung, wenn an einen Dritten verkauft werden soll. Ein Fall des § 1795 Abs. 2 BGB liegt jedenfalls nicht vor. Ein Verfahrenspfleger ist im Genehmigungsverfahren erforderlich, wenn die Betreute nicht angehört werden kann.

    Für die Erbauseinandersetzung ist dann einen Ergänzungsbetreuer bestellen.

  • ...
    Für die Erbauseinandersetzung ist dann einen Ergänzungsbetreuer bestellen.

    Falls dann nur noch Geld als Nachlass vorhanden ist und ein Erbschein (oder ein anderes Dokument wo man die Quoten ablesen kann), kann man sich sogar das sparen wenn nach den gesetzlichen Regeln real aufgeteilt wird, einfach Kontoauszug anfordern reicht.

    Wer sich traut kann bei dieser Konstellation je nach den Umständen des Einzelfalls sogar bei der Veräußerung auf den Verfahrenspfleger verzichten, weil die Gemeinschaft an sich und damit auch die nichtbetreuten Miterben ein Interesse an einer ordnungsgemäßen Abwicklung haben und der Miterbe die Veräußerung ggf. ja auch erzwingen könnte.
    Faktisch kann die Genehmigung also ohnehin nicht versagt werden, da kann man's auch gleich durchwinken ;) (Es sei denn natürlich es ist was faul).

  • Hallo ihr Lieben!
    Ich hoffe, ich darf hier meine aktuelle Frage/Problematik mal anreihen.
    Ich bin noch recht neu in der Betreuung und habe nun folgenden Sachverhalt auf dem Tisch:

    Meine Betreute (Tochter) ist Miterbin nach ihrem Vater (ehemaliger Betreuer) geworden.
    Weitere Miterben sind die Mutter (Betreuerin) und weitere Geschwister der Betreuten.

    Im Nachlass befindet sich ein Grundstück, Barvermögen und eine GbR.

    Als Ergänzungsbetreuerin wurde ein Bekannter der Familie bestellt / Vertrauensperson.

    Nun meine Frage:

    Wann komme ich ins Spiel?
    Heißt:
    Muss mir die Ergänzungsbetreuerin nicht einen Erbauseinandersetzungsvertrag vorlegen,
    welchen ich dann genehmigen kann/könnte/soll (dann bestelle ich einen Verfahrenspfleger und fange an zu prüfen,...)?

    Oder muss ich ihr erklären/sie belehren/beraten, was sie in Erfahrung bringen muss? Wert der Firma, etc.?

    Hier sind nun Unterlagen betreffend der Nachlasswertermittlung (Erbschaftssteuererklärung,...) von der Betreuerin (nicht Ergänzungsbetreuer) eingereicht
    und es wurde vor meiner Zeit schon ein Verfahrenspfleger bestellt, welcher sich schon mal mit diesen Unterlagen auseinandergesetzt hat und mir nun ermittelte Werte mitteilt.

    Jeder geht nun irgendwie davon aus, dass der Verfahrenspfleger für die Erbauseinandersetzung zuständig ist?!

    Irgendwas läuft hier doch schief?
    Ich hätte gerne einen Berufs-Ergänzungsbetreuer, der mir irgendwann ein Ergebnis vorlegt und ich prüfe und genehmige dann?!

    Kurz: Hilfe.

  • Zunächst: Bei Erbfällen gilt der § 1802 (über 1908i Absatz 2) BGB.
    Wenn ich Erbschaft höre, will ich also zeitnah ein Verzeichnis. Das kann die Betreuerin oder auch gern weitere Betreuerin erstellen.

    Dann vergegenwärtigen wir uns, warum ein weiterer Betreuer dazu kam. Stichwort Vertretungsausschluss bei der Erbauseinandersetzung.

    Sobald also der weitere Betreuer was mit der Erbschaft anfangen will, ist der Katalog der §§ 1821 und 1822 BGB zu prüfen. Hast Du denn konkrete Anträge auf dem Tisch?

    [Sollte ein notarieller Auseinandersetzungsvertrag der weiteren Betreuerin vorliegen, ists an Dir in hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Wird dies bejaht, ist die betreute Person anzuhören - bei Nichtanhörungsfähigkeit kommt der Verfahrenspfleger ins Spiel.]

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  • Genau da liegt mein Problem :(
    Ich habe keine Anträge von dem Ergänzungsbetreuer auf dem Tisch, er hat mir bisher nichts eingereicht etc.

    Die Betreuerin (Mutter) hat die Unterlagen vom Steuerberater bzgl. der Erbschaftssteuererklärung eingereicht und uns an den Steuerberater verwiesen.
    (ein konkretes Verzeichnis nicht, denn sie weiß ja selbst nicht, was die Firma und das Grundstück wert ist)
    Aber muss ich mich denn durch diesen Wust wühlen ohne ein zu genehmigendes Rechtsgeschäft?

    Muss mir nicht der weitere Betreuer etwas Produktives/notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag einreichen?

  • Hallo ihr Lieben!
    ....und es wurde vor meiner Zeit schon ein Verfahrenspfleger bestellt, welcher sich schon mal mit diesen Unterlagen auseinandergesetzt hat und mir nun ermittelte Werte mitteilt.
    Kurz: Hilfe.

    Für welchen Wirkungskreis wurde der Verfahrenspfleger bestellt ?
    Aufgaben des materiellen Rechts - wie die Beschaffung irgendwelcher Nachlasswerte - hat dieser jedenfalls nicht.
    Es ist insbes. nicht seine Aufgabe, die Amtsermittlung des Gerichts nach § 26 FamFG zu ersetzen.

    Würde mal beim Ergänzungsbetreuer nach dem Stand der Erbauseinandersetzung fragen ; vielleicht kann ggf. ein Vertragsentwurf zur Vorprüfung eingereicht werden.

  • Um wieder auf mein vielgeliebtes Verzeichnis zu kommen: Steuerunterlagen können bedingt helfen, wenn Dir das aber alles zu krude ist, dann zurück an die (erste) Betreuerin; es muss klar sein, welche Vermögenswerte durch die Erbschaft anfielen.

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  • Der Aufgabenkreis des Ergänzungsbetreuers umfasst: alle Erbschaftsangelegenheiten nach XY.
    Unglücklicherweise steht beim Verfahrenspfleger: Erbauseinandersetzung nach XY.
    - war sicher anders gedacht und gewollt (Vertretung der Interessen der Betr. etc.)

    Nun habe ich diese Akte geerbt und komme nicht so richtig weiter.

    Amtsermittlung in wie weit? - muss ich Sachverständige etc. bzgl. der Bewertung der Firma befragen/beauftragen & teile dies dann dem Ergänzungsbetreuer mit,
    der diese Angaben in einen etwaigen Vertrag reinklimpert?

    Ich dachte (kurzgefasst):
    der Ergänzungsbetreuer legt mir irgendwann einen Erbauseinandersetzungsvertrag vor und dann beginnt meine Arbeit
    bzw. auch die des Verfahrenspflegers, da meine Betreute nicht ausreichend anhörungsfähig ist.

  • Der Aufgabenkreis des Ergänzungsbetreuers umfasst: alle Erbschaftsangelegenheiten nach XY.
    Unglücklicherweise steht beim Verfahrenspfleger: Erbauseinandersetzung nach XY.
    - war sicher anders gedacht und gewollt (Vertretung der Interessen der Betr. etc.)

    Nun habe ich diese Akte geerbt und komme nicht so richtig weiter.

    Amtsermittlung in wie weit? - muss ich Sachverständige etc. bzgl. der Bewertung der Firma befragen/beauftragen & teile dies dann dem Ergänzungsbetreuer mit,
    der diese Angaben in einen etwaigen Vertrag reinklimpert?

    Ich dachte (kurzgefasst):
    der Ergänzungsbetreuer legt mir irgendwann einen Erbauseinandersetzungsvertrag vor und dann beginnt meine Arbeit
    bzw. auch die des Verfahrenspflegers, da meine Betreute nicht ausreichend anhörungsfähig ist.

    Der Verfahrenspfleger kann nur den Wirkungskreis der Vertretung im Genehmigungsverfahren XY haben. Und XY hast Du noch nicht.
    Reichlicher Mist , den Du da geerbt hast.:daumenrun
    Selbstverständlich besteht wegen der Amtsermittlung notfalls die Verpflichtung zur Einholung von Sachverständigen- bzw. Wertgutachten, falls die Beteiligten ( nicht der Verfahrenspfleger ! ) nicht selbst geeignete Unterlagen vorlegen können oder wollen.
    Deren Mitwirkungspflicht nach § 27 FamFG besteht nur bis zu einem gewissen Umfang.

    Die Aufgabe des Verfahrenspflegers ist auf die Wahrnehmung der Rechte der nicht anhörungsfähigen Betreuten ausgerichtet und nicht auf anderen Kram.

    Was habt Ihr eigentlich zu dem Ganzen im Studium gehört ?:gruebel:

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