Gründungsaufwand

  • Ich möchte mal eure Meinungen zu folgender Problematik erfragen:

    Regelfall bei (Standard)GmbH-Gründungen dürfte nach Praxislage sein, dass ein pauschaler Betrag von 'bis zu 2.500,-€' in die Satzung eingesetzt wird. Diese Formulierung habe ich jedoch jetzt aus mehreren Gründen beanstandet

    • Das wahrscheinlich allseits bekannte LG Essen Urteil lässt zwar Schätzungen zu, dies rechtfertigt aber m.E. gerade keine Mondbeträge.
    • Die neue HRP-Auflage spricht nunmehr von einem realistischen Aufwand von 800,-€, d.h. die üblichen 2.500,-€ dürften regelmäßig überhöht (bzw. überschätzt) sein. (Hier möchte ich mir die Anmerkung erlauben, dass viele Notare noch immer nicht mitbekommen haben, dass unsere Veröffentlichungskosten nicht mehr 300,-€ betragen)
    • Durch Beschluss des OLG Zweibrücken vom 25.06.2013 (3 W 28/13) wurde ausdrücklich bestätigt, dass bloße Obergrenzen nicht zulässig sind, es muss vielmehr der konkrete Gesamtbetrag ermittelt werden. Hierdurch akzeptiere ich auch nicht mehr die 'bis zu' Formulierung.

    Die notariellen Reaktionen auf meine Verfügung gehen leider zum Teil von unfreundlich über unsachlich bis unverschämt. Zumeist wird mir entgegengehalten, das mache man schon seit Jahren so und deutschlandweit hätte noch kein Gericht dies beanstandet (auch wenn mir dieses Argument nicht besonders weiterhilt, war es noch eines der sachlicheren).

    Daher hoffe ich auf diesem Wege zu erfahren, ob noch andere meine Ansicht teilen. Wäre für jeden Denkanstoß dankbar.

  • Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, was ich dazu sagen soll.

    1. der Gründungsaufwand umfaßt nicht nur Notar- und Gerichtskosten, sondern auch sonstige Beratungskosten und auch Auslagen der Gründer, kann also die Summe von Notar- und Gerichtskosten im Einzelfall auch deutlich übersteigen.
    2. steht die genaue Höhe des Gründungsaufwands bei Beurkundung des Gesellschaftsvertrags typischerweise nicht genau fest. Die Behauptung "bis zu" sei unzulässig, ist eine ganz besonders lebensfremde Auslegung des Wortlauts. Gemeint ist, dass Beträge, die noch nicht genau feststehen, geschätzt werden können (und müssen), BGHZ 107, 1 (6). Gleichzeitig ist ein bestimmter Betrag beziffert anzugeben (BGH a.a.O.).
    3. es handelt sich bei der Angabe des Gründungsaufwands in der Satzung um eine Vorschrift zum Schutz der Gläubiger, die sich unproblematisch über die (maximale) Höhe der Vorbelastungen informieren können sollen, ohne erst noch selbst Berechnungen anstellen zu müssen (BGH a.a.O., S. 7). Daher ist die Angabe des Gesamtbetrags erforderlich. Ob die Aufwendungen tatsächlich gerechtfertigt waren, erschließt sich erst ex-post (mit der Folge, dass überhöhte tatsächliche Zahlungen zurückgefordert werden können). Ein Freibrief für beliebige Ausgaben ist die Angabe des "geschätzten Gründungsaufwandes" also nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich akzeptiere nach wie vor die 2.500,00 €.
    Zu den Gründungskosten zählen nämlich nicht nur die Gerichts- und Notarkosten, sondern auch Kosten für Rechtsberatung und Kosten des Steuerberaters und weitere Kosten, die durch die Gründung angefallen sind.
    Wichtig ist nur, dass die Gründungskosten nicht über den Betrag hinausgehen.
    was bringt es denn, wenn man den Gründungsaufwand bis auf den letzten Cent ausrechnet?
    Meines Erachtens rein gar nichts.
    Sind tatsächlich nur 800,00 € Gründungskosten angefallen, dann zahlt die Gesellschaft auch nur die 800,00 €. Ob da jetzt im Vertrag 2.500,00 € stehen ist doch dann egal. Die Gesellschaft kann nur die Kosten tragen, die auch angefallen sind.
    Liegen die Kosten dagegen über den 2.500,00 €, dann müssten die Kosten entweder belegt werden, oder die übersteigenden Kosten haben die Gesellschafter zu tragen.

  • Dass zum Gründungsaufwand auch andere als gerichtliche und notarielle Kosten gehören können, ist mir klar. Diese beiden Posten machen zusammen wohl keine 800,-€ aus (150,-€ Gericht, etwa 300,-€ Notar bei Mindeststammkapital).

    Soweit man die Beträge nicht aus Gebührentabellen ablesen kann, darf und muss man sie so genau wie möglich schätzen (Kostenvoranschläge, Erfahrungswerte). Hierüber sind wir uns denke ich alle einig.

    Wenn ich als Gläubiger in eine Satzung gucke und dort steht 'bis zu' dann weiß ich doch immer noch nicht, wie hoch die Vorbelastung jetzt tatsächlich ist. Bei der Formulierung kann der Gründungsaufwand auch 300,-€ oder 1000,-€ betragen. Eine Offenlegung ist das m.E. nicht. Daher hatte ich mich dem Beschluss des OLG Zweibrücken angeschlossen, der Obergrenzen ablehnt. 'Bis zu 2.500,-€' ist doch unstreitig eine Obergrenze?

    Die (möglichst) konkrete Ermittlung des Gründungsaufwands mag aufwändiger sein, als in hundert Verfahren den gleichen Musterbetrag einzusetzen, für lebensfremd halte ich mich deswegen noch nicht. Danke schonmal für die Antworten!

  • 300 Euro für den Notar? Das war aber vor dem 01.08.2013.

    Bei einer GmbH mit € 25.000 Stammkapital haben wir einen Geschäftswert von € 30.000.
    Allein die Gebühr für die Beurkundung bei mehr als einem Gründer sind € 250. Dazu kommt noch die Anmeldung, die Erstellung der XML-Strukturdaten, ggf. Vollzugsgebühren bei Einholung von gerichtlichen Genehmigungen, Auslagen, Umsatzsteuer, der eigene Anwalt für € 500/Stunde, Fahrtkosten zum Notartermin,...
    Es hat schon seinen Grund, warum € 2500 so weit verbreitet ist.

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  • Ich glaube, dass deine Berechnungen eher utopisch sind.
    300 € Notarkosten? So "billig" sind Gründungen seit der Kostenreform bestimmt nicht mehr.

    Und im Musterprotokoll wurde die Formuierung "bis zu einem Gesamtbetrag von..." ja auch aufgenommen.
    Die Gläubiger kommen mit dieser Formulierung daher mit Sicherheit zurecht. Beim Musterprotokoll müssen sie ja eh mit dieser Formulierung leben.

    Ich habe lieber diesen Pauschalbetrag von 2.500,00 € in meinen Gesellschaftsverträgen, als Gründungskosten von 5.000,00 €, die mir im einzelnen nachgewiesen werden müssen.
    Und sehr oft werden die Gründungskosten weit mehr als 2.500,00 € betragen.

    Den Beschluss des OLG Zweibrücken kann ich übrigens nirgendwo finden.
    Du kannst die Formulierung selbstverständlich weiterhin beanstanden. Vielleicht findest du ja einen Notar, der gegen deine Verfügung Beschwerde einlegt und dann wird dir dein OLG schon sagen, ob diese Formulierung noch zulässig ist oder nicht.

  • Bei dem besagten OLG handelt es sich um 'mein' Beschwerdegericht, daher hab ich die Entscheidung in Papierform. Gibt es hier im Forum die Möglichkeit, eine anonymisierte Version hochzuladen? Das ist echt ärgerlich, dass der Beschluss nicht im Netz ist! Der hat ja erst hier die Wellen geschlagen...

  • Da kann ich dir leider nicht weiter helfen.
    Müsste aber möglich sein. Anonymisierte Version einscannen, auf deinem PC abspeichern und dann über die "Büroklammer" als Anlage einfügen.
    Oder du wartest noch ein paar Wochen. Dann dürfte der Beschluss auch bei Beck-Online erscheinen.

    Aber unabhängig von der Entscheidung werden wir hier die Pauschale von 2.500,00 € weiterhin akzeptieren. Macht nämlich weniger Arbeit :D
    Es gibt meines Wissens mehrere Entscheidungen, aus denen hervorgeht, dass 10 - 15 % vom Stammkapital als Gründungskosten zulässig sind. Im Vertrag darf aber nicht der Prozentsatz stehen, sondern ein bezifferter Betrag.
    Stelle ich mich auf den Standpunkt, dass diese Pauschalen nicht mehr zulässig sind, muss ich mir jeden Betrag, der als Gründungsaufwand angesetzt wird, nachweisen lassen.
    Schätzungen muss ich auf ihre Richtigkeit prüfen. Ne ne ne...dafür haben wir hier keine Zeit.

  • Das mit dem Hochladen ist noch in Arbeit. Habe nochmal in den neuen HRP (Rn. 941) geschaut. Mit den 800,-€ soll hier nach meinem Verständnis nur eine neue Orientierungshilfe gegeben werden, in welchem Rahmen sich die Kosten bei Ein-Personen-Gründungen bewegen können. Nachweisen lasse ich mir auch nicht jeden Betrag, das wäre gar nicht zu schaffen.
    Um eine Frage der Zulässigkeit geht es bei der Höhe des Betrags m.E. ja auch gar nicht, sondern um die Plausibilität. Irgendwo muss man halt eine Grenze ziehen, wann man nochmal nachhakt. Das war und ist wahrscheinlich noch die 10 % Grenze von früher, die sich eingebürgert hat.
    Was die Formulierung 'bis zu' angeht, da wünschte ich mir tatsächlich noch eine ausdrückliche Entscheidung zwecks Klarheit. Bis dahin habe ich mich für eine Linie entschieden. Falls das OLG sich damit nochmal auseinandersetzt, werde ich natürlich hier berichten.

  • Zum Gründungsaufwand und dessen (pauschale) Höhe gibt es eine Aufsatz von Eising in DNotZ 2011, 245.
    Außerdem einen von Wachter in NZG 2010, 734 (zugl. Bespr. OLG FFM, B. v. 07.04.2010, 20 W 94/10).

  • Ich hänge mich mal an das Thema dran - erachtet ihr es für ausreichend, wenn im Gesellschaftsvertrag steht: "Die Kosten der Gründung (...) in Höhe von voraussichtlich ca. 1.500 EUR trägt die Gesellschaft."

    Muss nicht zumindest ein Höchstbetrag angegeben werden (z.B.: maximal aber bis 2.000 EUR)?

    :gruebel:

  • Keiner eine Meinung dazu? :confused:

    Ich finde die Kommentierung nicht eindeutig, da eine Schätzung der Gründungskosten grds. zulässig ist - aber ohne Angabe einer Höchstgrenze kann ein Gläubiger doch nicht einschätzen, in welcher Höhe das Stammkapital auf keinen Fall vorbelastet ist...

  • Eine solche Schätzung ist zwar eher unüblich (i.d.R. Höchstbetrag), dürfte aber auch genügen.

    LG Gießen, Beschl. v. 15.11.1994 - 6 T 15, 16/94 (GmbHR 1995, 453): "ca. 2500 DM" zulässig; Leitsatz: "Wird der Gründungsaufwand in noch nicht abwegigem Umfang (hier: ca. 2500 DM) zu hoch geschätzt und satzungsmäßig festgelegt, können Gläubigerinteressen im Regelfall nicht beeinträchtigt sein; die Eintragung der GmbH darf in einem solchen Falle nicht zurückgewiesen werden."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Schon mal vielen Dank für die Antwort.

    Ich habe allerdings eher Sorge, dass der Gründungsaufwand höher sein könnte als die angegebenen 1.500 EUR und - aufgrund der Regelung in der Satzung - von der Gesellschaft übernommen wird, ohne dass ein Gläubiger weiß, dass das Stammkapital mit einem Betrag von über 1.500 EUR vorbelastet ist... :gruebel:

  • Das ist dann aber das Problem der Gesellschafter, die entsprechenden Rückgriffsmöglichkeiten ausgesetzt sind. Bei der UG (haftungsbeschränkt) ist das übrigens standardmäßig so...

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  • Wenn doch aber wie im vorliegenden Fall eine Höchstgrenze eben gerade nicht gesetzt ist ... ? Dann dürfte doch die Gesellschaft z.B. auch haften, wenn die Gründungskosten tatsächlich 1.600 EUR betragen?

  • Was spricht denn dagegen, die ca.-Angabe als Höchstbetrag im Sinne der Haftungsregelungen auszulegen? Folge: die Gründer haften für die überschießenden 100,- €.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Aus Sicht des Praktikers kommt es zunächst auch darauf an, ob sich die ca.-Angabe im Rahmen bewegt, dh. bei einem Kapital von 5.000 EUR wären ca. 1.500 EUR zu hoch.
    Bei einer Normalgründung mit 25.000 EUR hätte ich keine Bedenken - die 1.500 EUR wären fast zu niedrig angesetzt.

    Eine Faustregel gibt es eigentlich nicht (mehr). Wichtig ist, dass Gläubiger wissen bzw. errechnen bzw. abschätzen können, wieviel vom Kapital bei Eintragung tatsächlich noch "da" ist.

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